Ganz viel Carbon, edle und extrem leichte Anbauteile, eine kabellose SRAM Eagle eTap-Schaltung und neuerdings auch eine Bluetooth-Variante der RockShox Reverb: Das Ghost Lector der schweizerischen Cross Country-Überfliegerin Sina Frei ist vollgepackt mit spannender Technik. Wir haben uns das Arbeitsgerät der erfolgreichen Nachwuchsfahrerin im Bike Check ausführlich angeschaut!
Keine Nation hat den Cross Country World Cup 2018 so sehr dominiert wie die Schweiz. Während sich Nino Schurter und Jolanda Neff in den Elite-Kategorien jeweils den Titel in der Gesamtwertung sichern konnten, wurde die U23-Klasse von einer schnellen Nachwuchsfahrerin aus Uetikon in der Nähe von Zürich dominiert: Sina Frei vom Ghost Factory Racing Team stand in sechs von sieben World Cups ganz oben auf dem Podest und wurde zum Abschluss ihrer erfolgreichen Saison auch noch Weltmeisterin im Team Relay und U23-Vizeweltmeisterin.
Unterwegs ist die Schweizerin dabei stets auf dem Ghost Lector, bei dem nicht nur der federleichte Carbon-Rahmen mit Speziallackierung sofort ins Auge sticht. Spannend am Bike von Sina Frei ist insbesondere das, was man nicht sieht – allen voran die elektronische SRAM Eagle eTap Prototypen-Schaltung und die brandneue RockShox E-Reverb, die wir erstmals beim World Cup im kanadischen Mont-Sainte-Anne entdecken konnten. Diese kommt dank Bluetooth LE-Übertragung komplett ohne Kabel aus und trägt zur extrem sauberen Optik des Arbeitsgeräts von Sina Frei bei. Veredelt wird das federleichte Gesamtpaket außerdem durch zahlreiche Carbon-Komponenten aus dem Hause tune – und auch hier finden sich einige spannende Details …
Arbeitsgerät: Ghost Lector von Sina Frei
- Fahrerin Sina Frei (1,51 m, 46 kg)
- Rahmen Ghost Lector LC, Größe XS, Carbon
- Geometrie Reach: 395 mm / Lenkwinkel: 69,5 ° / Kettenstreben: 430 mm
- Federweg 100 mm
- Fahrwerk RockShox SID World Cup
- Laufräder tune Black Burner Skyline / 29″ / Carbon
- Reifen Schwalbe Racing Ralph / 1,15 bis 1,3 bar / Pepi’s Tire Noodle
- Lenker tune Turnstange / 650 mm Breite
- Bremsen SRAM Level ULT
- Schaltung SRAM Eagle eTap / 1 x 12
Rahmen und Geometrie
Mit einer Körpergröße von 1,51 m setzt die schnelle Schweizerin wenig überraschend auf einen Ghost Lector LC-Rahmen in der kleinsten Rahmengröße XS. Dieser bietet einen Reach von kompakten 395 mm, einen 69,5° steilen Lenkwinkel und für 29″-Verhältnisse eher kurzes Heck. Um das Gewicht so gering wie möglich zu halten, kommen besonders leichte Carbon-Fasern zum Einsatz. Die Lackierung ist ein Hinweis auf die großen Erfolge, die Sina Frei in ihrer noch jungen Karriere bereits feiern konnte: Weltmeister-Streifen hat nicht jeder an seinem Bike …
Obwohl die Strecken im Cross Country World Cup immer anspruchsvoller werden und sich der Fokus in den vergangenen Jahren eher zur Abfahrt verschoben hat, ist Sina Frei grundsätzlich auf einem Hardtail-Rahmen unterwegs. Das liegt einerseits daran, dass Ghost zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kein Cross Country Race-Fully im Angebot hat – doch auch so geben die Erfolge der Ghost Factory Racing-Teamfahrerin recht. Das Lector, auf dem Sina Frei an den Start geht, bringt etwa 8,5 kg auf die Waage. Je nach Strecke, Ausstattung und individuellen Anpassungen schwankt das Gewicht um einige hundert Gramm. Generell sei das Gesamtgewicht der Cross Country-Bikes im World Cup heutzutage kein so wichtiger Faktor mehr wie noch vor einigen Jahren, als das Gewicht um nahezu jeden Preis gedrückt wurde. Vielmehr spielen mittlerweile die Performance und die Haltbarkeit eine deutlich größere Rolle, erklärt der Team-Manager Thomas Wickles. Dennoch zählt das Ghost Lector von Sina Frei zu den leichtesten Bikes im Cross Country World Cup und das Gewicht kann sich definitiv sehen lassen.
Fahrwerk und Setup
Eine leichte RockShox SID World Cup bietet 100 mm Federweg an der Front von Sina Freis Arbeitsgerät – das muss ausreichen! Trotzdem ist es wichtig, dass das Bike auch in technischen Abfahrten und ruppigen Sektionen genügend Komfort und Kontrolle bietet. Insbesondere ein feines Ansprechverhalten ist in Anbetracht ihres geringen Körpergewichts von hoher Bedeutung. Damit die Federgabel so sensibel wie möglich auf kleinste Unebenheiten reagiert, sind die Dichtungen der RockShox SID speziell modifiziert.
Grundsätzlich bespricht sich das Team vor jedem Rennen über das ideale Setup. Trotz unterschiedlicher Streckencharakteristiken war Sina Frei in der abgeschlossenen Saison aber fast immer mit einem Luftdruck von 65 psi in der Federgabel unterwegs – dieser Wert hat sich für sie in der Vergangenheit als ideal erwiesen. Bei Strecken, auf denen es einige hohe und stumpfe Drops gibt, wird der Luftdruck aber gegebenenfalls leicht angepasst. Früher war außerdem ein Token in der Federgabel der schnellen Nachwuchsfahrerin verbaut. Dieser wurde im Verlauf des zurückliegenden Jahres allerdings wieder entfernt. Per TwistLoc-System lässt sich die Federgabel für Uphill-Passagen und Zwischensprints außerdem blitzschnell vom Lenker aus blockieren. Der Drehgriff sorgt vor allem in Kombination mit der kabellosen Schaltung und Vario-Stütze für ein extrem aufgeräumtes Cockpit – doch dazu später mehr …
Laufräder und Reifen
Die wichtigsten Elemente an ihrem Arbeitsgerät sind für Sina Frei die Laufräder: Diese müssen einerseits haltbar sein, damit das Rennen nicht vorzeitig durch einen Defekt beendet wird. Gleichzeitig muss sich das Gewicht der rotierenden Masse in Grenzen halten. Vor allem muss die Kombination aus Felgen und Reifen für Sina aber den größtmöglichen Komfort bieten. Deshalb setzt die Schweizerin auf vergleichsweise breite Schwalbe-Reifen und einen Luftdruck, der je nach Strecke und Bodenverhältnissen zwischen 1,15 und 1,3 bar variiert. Auf Veränderungen beim Luftdruck in den Reifen reagiert die Schweizerin sehr sensibel, ist aber zumindest im Training vor dem Rennen gemeinsam mit ihrem Team experimentierfreudig. Der Luftdruck wird so lange in inkrementellen Schritten angepasst, bis er auf der jeweiligen Strecken die perfekte Kombination aus Komfort und Geschwindigkeit bietet.
Die Laufräder stammen aus dem Schwarzwald: Der tune Black Burner Skyline-Laufradsatz bringt dank Carbon-Felgen, bei dem die Leichtbau-Schmiede aus dem Süden auf die Expertise der fränkischen Kohlefaser-Spezialisten von bike ahead composites setzt, Sapim CX-Ray-Messerspeichen und hauseigenen Naben gerade einmal knapp 1.200 Gramm auf die Waage – ein beeindruckender Wert! Für den nötigen Grip sorgen Reifen aus dem Hause Schwalbe. Am Vorderrad kommt am Arbeitsgerät der Schweizerin nahezu immer ein Schwalbe Racing Ralph mit Addix Speed-Gummimischung zum Einsatz. Hinten entscheidet sich Sina Frei in Abhängigkeit von Witterung und Bodenbeschaffenheit normalerweise zwischen Racing Ralph und dem (noch) schneller rollenden Thunder Burt. Außerdem sind die tune-Naben mit besonders leichtgängigen Speziallagern von Ceramic Speed getunt, um das letzte Quäntchen Performance aus den Laufrädern zu holen.
Im Inneren der Schwalbe-Reifen befindet sich außerdem ein spannendes Detail: Vorne und hinten ist Pepi’s Tire Noodle-Schutzsystem verbaut. Die Schweizerin ist nicht die einzige Fahrerin des Ghost Factory Racing Teams, die auf den Schutz der roten Nudeln vertraut. Im Verlauf der Saison hat die Nachwuchsfahrerin ausprobiert, die Tire Noodle nur am Hinterrad zu verbauen. Dieses Experiment wurde aber recht schnell wieder beendet – inzwischen ist die Tire Noodle wieder ein fester Bestandteil beider Laufräder. Die Gewichtsnachteile, die das System mit sich bringt, werden laut Aussage des Teams deutlich durch die Vorteile kompensiert. So kann Sina einen deutlich niedrigeren Luftdruck als üblich fahren, außerdem werden die edlen tune-Laufräder gut geschützt. So gab es beispielsweise im Training beim World Cup in Mont-Sainte-Anne eine Situation, nach der sich die Schweizerin sicher war, den Hinterreifen auf die Felge durchgeschlagen und diese dabei wohl auch zerstört zu haben. Nach genauer Inspektion stand jedoch fest: Die Felge ist unversehrt geblieben, das Laufrad musste nicht ausgetauscht werden – und statt wertvolle Zeit beim Pit Stop in der Boxengasse zu verschwenden, konnte sich die Ghost-Fahrerin wieder dem Training widmen.
Komponentencheck
Auch das Cockpit besteht überwiegend aus Komponenten von tune: Der 75 mm lange Geiles Teil 4.0-Vorbau mach nicht nur dank goldener Eloxierung, die sich perfekt ins Farbschema des edlen Hardtails einfügt, seinem Namen alle Ehre. Der tune Turnstange-Lenker ist auf eine Breite von 650 mm gekürzt, weiße ESI Silikon-Griffe in der Chunky-Ausführung stellen den Kontaktpunkt der Hände zum Lenker dar – und dann wird es besonders spannend. Wo normalerweise vom Shifter und dem Hebel der Dropper Post jeweils ein Kabel wegführt, befindet sich am Bike von Sina Frei: Nichts. Möglich machen es brandneue Prototypen-Komponenten aus dem Hause SRAM.
Während die elektronische eTap-Schaltung bereits früh in der Saison am Bike von Nino Schurter erstmals entdeckt wurde, war der World Cup in Mont-Sainte-Anne die Premiere für die kabellose RockShox Reverb-Sattelstütze. Bislang hat sich SRAM noch nicht offiziell zu den kabellosen Produkten geäußert. Ein Blick auf die Unterseite des auffällig designten Reverb-Hebels verrät jedoch, dass hier Bluetooth-Technologie zum Einsatz kommt. Auch die Form der beiden Hebel ist recht auffällig. Bei einem kurzen Praxistest von uns hat sich die RockShox E-Reverb als extrem leichtgängig und responsiv erwiesen: Eine Verzögerung zwischen Betätigung des Hebels und Ausfahren der Sattelstütze, die am Bike von Sina Frei einen Verstellweg von 100 mm bietet, war nicht festzustellen. Sowohl im Trainingsrad als auch im Race Bike fährt die schnelle XC-Pilotin immer eine Dropper Post. Die elektronische Reverb war für sie selbst ein Experiment, das allerdings auf Anhieb extrem gut funktioniert hat. Ob wir die kabellosen SRAM-Produkte bald auch in Serie sehen werden? Nähere Informationen liegen uns derzeit nicht vor, doch allzu sehr würde es uns nicht überraschen.
Die Kraft aus Sina Freis Waden wird von extrem edlen, leichten und leider auch sündhaft teuren crankbrothers Eggbeater 11-Pedalen in den Antrieb des Ghost Lector übertragen. Dank Titan-Konstruktion bringen die minimalistischen Klickpedale gerade einmal 179 Gramm auf die Waage – rekordverdächtig! Experimente beim Kettenblatt macht die Schweizerin eher selten – für gewöhnlich ist an ihrem Bike ein 32 Zähne großes Kettenblatt verbaut. Lediglich bei extremen Kursen oder zu Saisonbeginn wird formabhängig das Kettenblatt gewechselt. SRAM Level ULT-Bremsen sorgen für die nötige Verzögerung, der Sattel stammt von Selle Italia. Auch hier hält sich das Gewicht dank Streben aus Carbon sehr in Grenzen. Kurz vorm auf dem Vorbau befestigten Sigma ROX 12.0 GPS-Computer ist außerdem die Startnummer montiert – fast schon serienmäßig prangt die Nummer 1 am Arbeitsgerät der schnellen Schweizerin. Fest steht: Auch in Zukunft wird man von Sina Frei noch viel hören!
Viel Elektronik, noch mehr Carbon und spannende Details: Wie gefällt euch das Ghost Lector von Sina Frei?
Hier findest du weitere Arbeitsgeräte von den Stars der Mountainbike-Szene:
- Arbeitsgerät – Cape Epic-Edition: Orbea Oiz OMX von Georg Egger
- Arbeitsgerät – Cape Epic-Edition: Scott Spark RC von Nino Schurter
- Arbeitsgerät Spezial: Pinnit Shredmaster V2 von IBC-User Grottenolm
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- Arbeitsgerät: Rose Scrub von Lukas Knopf
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