Trans Madeira 2019 Tag 4: Gleichauf mit Tag 1 gilt es heute ganze sieben Stages zu bewältigen. Mit dem Bus soll es morgens nach oben gehen, dann drei kurze Stages. Weiter mit dem Bus in Richtung Westen und hier noch weitere vier Stages. All das auf nur 35 km und 1250 Höhenmetern. Eigentlich ein kurzer Tag, hier auf Madeira…
…wäre da nicht das Wetter. Ich wache Nachts mehrmals auf, Regen prasselt auf die Zeltplane. Zum Glück habe ich gestern Abend noch alle meine Sachen ins Zeltinnere geholt und nichts zum Trocknen draußen gelassen. Ich schlafe wieder ein, wache gegen 6 Uhr ein weiteres Mal auf. Mein Zelt hängt etwas durch. Ich drücke die Plane nach oben, damit das Wasser ablaufen kann. Sie bewegt sich zurück in ihre Ursprungsposition. Als ich die Augen etwas weiter öffne, fällt mir siedend heiß ein, dass ich mein Handtuch draußen am Zelt abgelegt hatte, nachdem ich gestern erst super spät duschen konnte. An der Situation jetzt etwas zu ändern ist sinnlos, ich verstecke mich also noch eine halbe Stunde im warmen Schlafsack, bis der Wecker klingelt.
Meine Motivation aufzustehen hält sich in Grenzen. Meine Regenjacke ist noch im Rucksack von Chri, also im Zelt nebenan. Mein Schlafsack spendet Wärme. Ein paar Minuten später raffe ich mich dann doch auf, schreibe Chri per WhatsApp, ob er wach ist. Prompt kommt zurück: „Ja, aber ich will nicht aufstehen!“. All das hilft nix, also stehe ich irgendwann auf, schlüpfe in meine Schlappen und hole mir bei Chri die Regenjacke ab. Beim Frühstück gibt es heute nur Filterkaffee, der fad schmeckt, überall wird gemunkelt, ob der Tagesplan fürs Rennen nicht geändert wird. So wirklich in die Gänge kommt auch niemand, die Abfahrt um 8:30 Uhr naht. Antonio gibt dann bekannt, dass wir den Plan durchziehen, die Trails sollen wohl fahrbar sein. Plötzlich bricht Hektik aus, als alle ihre Taschen packen und sich fahrfertig machen.
Eine halbe Stunde später sind wir mit dem Bus irgendwo in den Weiten Madeiras, als mir auffällt, dass ich in der Hektik meinen Timing-Chip beim Wechsel auf die lange Hose vergessen habe. Ich Genie. Zum Glück gibt es extra Chips und ich kann mitfahren. Als der Bus hält, regnet es draußen wieder ordentlich. Heute zeigt sich die Insel wirklich von einer einladenden Seite. Naja, raus, ab in den Regen, ist ja eigentlich eh mein Wetter.
Stage 17
André schlägt deswegen ein hohes Tempo an, das Chri und ich mitgehen. Irgendwann wird es mir zu viel, das war etwas zu viel fürs warm werden. Im Stau stehen wir trotzdem. Niemand weiß wie lang die Stages am Vormittag sein werden, der Transfer hat uns nur einen Vorgeschmack auf den Boden gegeben. Lehm, wie zu Hause. Schön aufgeweicht. Das wird witzig.
Als vor mir immer weniger Fahrer stehen, lässt sich wieder beobachten, wie die meisten das Rennen angehen: Voll rein treten, dann auf Höhe der Startlinie den Trail einsehen können und voll in die Eisen. Ich nehme weniger Anlauf, rolle in die Stage rein, muss nicht bremsen und treffe die erste Rinne gut. Danach versuche ich mich einfach nur irgendwie auf dem Rad zu halten. Der Boden ist schmierig, der Trail gespickt mit Offcamber-Sektionen und offenen Kurven. Auch wenn ich schwer am Kämpfen bin, habe ich Spaß. Ein kleiner Gegenanstieg folgt, danach geht es steil zurück in den Trail. Ich ziele und treffe gut, kann bald darauf auch jemanden überholen. Der Tanz geht weiter, ich kann wieder jemanden überholen, der mich aber auf eine Offcamber-Linie zwingt, die nichts hält – den Vorfahrer rasiere ich fast mit meinem Hinterrad, kurz darauf komme ich wieder an jemandem vorbei, der sein Hinterrad befreien will.
Meines dreht sich auch nur noch widerwillig, ich bleibe kurz stehen, versuche es zu befreien, fahre weiter, springe ab und sprinte. Ein paar Kurven bergab sind es dann noch ins Ziel, die ich wieder schön treffe. So bekloppt die Stage war, so viel Spaß hat sie auch gemacht. In den Augen der Fahrer, die bereits im Ziel sind, steht eher blankes Entsetzen.
Stage 18
Der Weg zu Stage 18 ist wieder mehr Spaziergang als fahrbarer Transfer, auf dem Weg treffen wir ein paar Fahrer, die schon auf der nächsten Stage waren. Es soll kein Kampf werden, wie auf S17. Der Transfer ist auch recht kurz und wir stehen bald am Start. Wir werden gewarnt: Die ersten paar Kurven sollen noch extrem steil werden.
Ich fahre in den Trail, die ersten Kurven sind extrem steil, ich komme aber halbwegs gut durch. Dann nimmt der Trail Fahrt auf, matschig eingefahrene Anlieger fangen einen auf, wenn man sich traut sich reinzuwerfen. Einmal bin ich etwas zu übermütig und lande danach fast in einem Baum, komme aber noch zum Stehen. Für den folgenden Uphill fehlt aber Schwung und mein Hinterrad mag schon wieder nicht mitmachen. Ein paar Meter sprinte ich wieder, überhole Alfonso, der seit Anfang der Stage schiebt, springe wieder aufs Rad, weiter gehts. Der gebaute Trail macht viel Spaß, ins Ziel fliege ich aber fast, die Kurve davor ist super rutschig. Am Ende der Stage schaue ich in mehr freudige Gesichter als zuvor, aber auch hier waren viele überfordert.
Stage 19
Mein Rad wiegt gefühlte 20 kg, wir schieben also mehr, als dass wir fahren. Stage 19 soll vom Transfer zu S18 starten. Als wir dort ankommen heißt es: „die Zeitnahme wird hier gestrichen, zu gefährlich der Trail“. Fahren sollen wir ihn trotzdem. Die Organisatoren haben eine verdammt gute Entscheidung getroffen, der Trail ist nämlich extrem knackig und stellenweise sehr schwer zu fahren. Nachdem wir das Ziel erreicht haben, rollen wir Richtung Bus/Feedstation und schaffen es unterwegs noch unsere Bikes vom Schlamm zu befreien.
Während dem Mittagessen wird dann verkündet, dass nur zwei der geplanten vier Nachmittags-Stages gefahren werden. Mit dem Bus geht es wieder quer durch Madeira. Unser Busfahrer kennt sich wohl nicht wirklich gut aus, denn aus der einstündigen Busfahrt wird eine zweistündige. Wir steigen aus dem Bus, es ist A*****kalt. Zum Glück ist die nächste Stage nur wenige Meter entfernt und es klart etwas auf.
Stage 22
Einen komplett frischen Trail hatte Antonio uns angekündigt. So ist es auch – wieder offen, staubig und weit einsehbar. Die Navigation fällt trotzdem extrem schwer, nur ein paar gelbe Fahnen weisen den Weg. Irgendwann fahre ich mitten durch einen Busch, weil ich die Kurve nicht sehe. Die Busch-Linie ist eingefahrener als der eigentliche Trail. Dann führt der Trail in einen Eukalyptus-Wald und wird ruppiger. Staubige Anlieger führen bis ins Ziel. Ein kompletter Kontrast zum Vormittag. Abgefahren!
Stage 23
Ein kleiner Uphill und ein kurzes bergab Stück auf einer staubigen Forststraße trennen uns von Stage 23. Es gibt wieder eine kleine Schlange am Start. Der Trail soll ähnlich wie der letzte Teil von S22 sein, führt wieder durch Eukalyptus-Wald und soll mit ein paar Sprüngen gespickt sein. Ich finde meinen Flow und komme gut durch. Irgendwann geht es aus dem Wald, ein paar enge Kurven zwingen zum Treten. Dann wird es richtig steil und staubig, bevor man über ein paar kleine Rampen geschossen wird. Der Trail ist recht plötzlich zu Ende und war weniger lang als S22. Das wars dann auch schon.
Zwischenergebnisse
Heute konnte ich Chri etwas Zeit abnehmen, in der Tageswertung sind wir auf Platz 20 und 21 gelandet, in der Gesamtwertung bin ich auf Platz 16, Chri auf Platz 14.
03_overall_results_after_day_4Fazit Trans Madeira 2019 Tag 4
Heute war ein etwas anderer Tag. Nach dem langen Ausflug gestern wurde der heutige Tag durch die zweite Busfahrt etwas unterbrochen. Physisch waren die ersten beiden Stages extrem anstrengend, aber spaßig. Am Nachmittag dann das volle Kontrastprogramm: T-Shirt statt Regenjacke, kurze Hose statt langer Hose, Staub statt Matsch. Auch heute hat Madeira wieder Vielseitigkeit bewiesen: Diesmal aber emotionaler Art. Von Frustration, über Wut, bis hin zu ausgezeichneter Laune, war meinen Mitstreitern heute alles anzusehen.
Würdet ihr bei solchen Startgebühren einmal an einem Etappenrennen teilnehmen?
Alle Artikel zur Trans Madeira 2019 gibt es hier:
- Trans Madeira 2019 – Tag 5: Arm-Weichspüler zum Abschluss – das Finale!
- Trans Madeira 2019 – Tag 4: Achterbahnfahrt durch Matsch und Staub
- Trans Madeira 2019 – Tag 3: Tunnel, Traumtrails, tolle Aussicht
- Trans Madeira 2019 – Tag 2: Frühling, Sommer und Herbst kombiniert!
- Trans Madeira 2019 – Tag 1: Tagesausflug um die Welt
- Trans Madeira 2019: Fahrradurlaub mal anders – Live-Berichte vom Etappenrennen!
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