Und weiter geht’s nach Leogang! Und das Kontrastprogramm zum vergangenen Wochenende könnte nicht stärker ausfallen! Sonne, Sonne und noch mehr Sonne. Aber nicht nur das Wetter war traumhaft, auch mein gesamtes Wochenende fühlte sich mehr wie ein Traum als Wirklichkeit an. Hier ist der Rennbericht eines irren Wochenendes!
Unsere Reise vom verregneten Schottland Richtung Süden in die österreichischen Alpen führt uns wieder per Übernachtfähre (diesmal von Newcastle) zunächst nach Amsterdam. Von dort heißt es dann die knapp 1000 km in einem Ritt am Dienstag zu meistern.
1000 Kilometer im Zickzack durch Deutschland
Wir schmeißen Felix in Bonn raus, wo wir ihn letzte Woche eingesammelt haben. Er fährt von hier aus allein nach Leogang weiter. Ab jetzt heißt es bei uns leider Stauchaos und Google schickt uns alle halbe Stunde über eine andere Route. Im Zickzack durch Deutschland kommen wir nach einem kurzen Badestopp – meine Güte, ist das heiß geworden hier während meiner Abwesenheit :D – schließlich gegen Mitternacht in der Ferienwohnung in Leogang an.
Direkt ins Bett also und Schlaf tanken! Der Körper fühlt sich am nächsten Morgen richtig gut an – nicht! Auch wenn es für manche vielleicht komisch klingt, aber 2 Tage sitzen geht gar nicht. Meine Beine sehnen sich nach Bewegung und ich habe aus der Aktion gelernt – nächstes Jahr wird geflogen! Also gut, ändern kann ich’s jetzt auch nicht mehr und jetzt muss ich zusehen, dass ich meinen Körper in den nächsten zwei Tagen wieder auf Touren bringe. Lucas, der mich bis hierher begleitet hat, fährt heute weiter nach Innsbruck. Morgen kommt dann Sven vom Radladen aus Jena, der mich schon in Maribor sehr gut unterstützt hat. Mein heutiger Tag besteht schließlich aus Social Media-Arbeit, Pit aufbauen (ich darf wieder bei den Carbocage-Jungs stehen) und wenigstens 2 Stunden Radel fahren am Nachmittag.
Trackwalk
Und schon ist auch schon wieder Donnerstag und damit Trackwalk-Tag! Ich hole meine Startnummer – 4!!! Sooo verrückt, mit so einer niedrigen Nummer hier herumzuspazieren. Und das Allergeilste, Nummer 4 bedeutet A-Training! Ausschlafen und dann mit den richtig schnellen Boys trainieren, mega! Aber erstmal zur Streckenbesichtigung. Sven ist mittlerweile angekommen und wir gehen gemeinsam auf die Piste. Im Vergleich zum letzten Jahr wurden doch einige Passagen verändert und im Ganzen langsamer und enger gesteckt. Mein erster Eindruck ist sehr positiv, technische Stücke und nicht zu viel Bikepark, ich glaube das wird ganz cool! Am Nachmittag sucht mich Wyn Masters auf. Er hatte ja angekündigt, dass ich den Privateer Award in Fort William gewonnen habe und meinen Preis hier in Leogang bekommen würde. Ich habe eigentlich mit allem Möglichen gerechnet, man kennt ja Wyn … Aber als er plötzlich 50 € aus der Tasche zieht, bin ich etwas sprachlos. Geld? Das hätte ich null erwartet, aber sau geil – dann ab ins Mama Thresl damit und ein schönes Abendessen genießen. Danke Wyn!
Trainingstag: Motivation!
Gut gestärkt und hoch motiviert geht es Freitag ins Training. Und zum ersten Mal muss ich nicht um 6 Uhr aufstehen. Gemütliches Frühstück und um 10 am Pit, so lässt sich ein Weltcup deutlich entspannter angehen. Gleich die erste Abfahrt läuft richtig gut. Ich habe so viel Selbstvertrauen aus Fort William mitgenommen, dass ich keinen Druck verspüre, mit Bruni und Co. mein Training zu fahren. Im Gegenteil, die Anwesenheit der Crème de la Crème des Downhill-Sports motiviert mich und lässt mich Linien probieren, die ich wahrscheinlich sonst erst am Samstag versucht hätte. Außerdem ist die Strecke deutlich eingefahrener als im B-Training, was ein weiterer Vorteil ist. Und dann fährt Luca Shaw auch noch Lift mit mir und ich kann ein paar Tipps von ihm erhaschen, hihi. Ich genieße also meine Trainingszeit auf der Strecke, habe mega Spaß und fühle mich richtig gut auf dem Rad. Besser hätte das erste Training nicht laufen können.
Qualifikation: Schnell, aber nicht schnell genug?
Samstag Vormittag läuft es dann leider nicht mehr so flüssig. Die Strecke ist ganz schön zerfahren und vor allem die Stumpf-Sektion vor dem Motorway und die steilen Stufen am Ende machen mir Probleme. Ich habe das Gefühl schnell zu sein, aber nicht schnell genug – wenn ihr wisst was ich meine. Den Quali-Lauf gehe ich etwas angespannt an und wie es kommen sollte vermassel ich genau die zwei beschriebenen Sektionen. Dass dieser Lauf allerdings für Platz 3 reicht, hätte ich nie gedacht und stimmt mich enorm positiv. Scheinbar bin ich doch schnell genug und für morgen will ich unbedingt noch was drauf packen!
Sonntag: Race Day
Sonntag und die Sonne lacht wieder vom Feinsten. Heute geht’s dann doch etwas zeitiger in die Pits. Ich möchte einen Trainingslauf im B-Training machen und einen weiteren im A-Training, da die Zeit für reines A Training zu knapp wäre: 11 – 12 Uhr und 12:30 Uhr startet das Finale der Frauen, da ist ein einziger Lauf um 11 Uhr schon riskant, falls genau hier etwas am Material zu schaden kommt. Bei mir ist das glücklicherweise nicht der Fall und ich kann zwei gute Läufe runterbringen. Jetzt habe ich noch eine knappe Dreiviertelstunde zum Erholen. Ich ziehe mich in der Zeit kurz ins Zelt des Santa Cruz Syndicate zurück, denn hier ist heute deutlich mehr Ruhe und weniger Hitze als im schwarzen Carbocage Team-Zelt.
Die Jungs und Mädels vom Syndicate haben mir in Fort William ihre Unterstützung zugesagt, sobald bei mir Not am Mann ist. Das ist eine Riesen-Ehre für mich und gleichzeitig natürlich auch enorme Hilfe! In der Zwischenzeit checkt der Mechaniker von Österreicher David Trummer nochmal alle Schrauben an meinem Rad, damit auch ja nichts locker ist. Mein Bike ist damit ready to race, danke Jensen!!! Und ich werde es auch so langsam. Kurz vor 12 geht’s hoch mit dem Lift, Punkt 13 Uhr ist mein Rennstart. Red Bull fängt mich ab für ein fixes Interview – so läuft das jetzt also, wenn man da vorn mitfährt … Ich bin nervös und brauche heute relativ lang, um richtig an zu sein. Die Reaktionsübungen kurz vor Start schalten mein Hirn dann glücklicherweise auf Rennmodus und ich kann mich fokussieren. Unmittelbar im Startgate gehen mir allerdings tausend Dinge durch den Kopf und ich muss mich ein letztes Mal zusammenreißen. Nicht, dass es wie letztes Jahr bei meinem ersten Weltcup-Finale läuft und ich direkt in der ersten Kurve im Dreck liege.
Five – Four – ich rolle los und komme sauber durch die erste Kurve! Puuh :D. Die nächsten Turns erwische ich nicht wie gewollt und bin frustriert. „Jetzt musst du richtig pushen, damit das noch was wird“, sage ich mir und setze es in die Tat um. Vor allem über den Motorway pushe ich wo geht, schaffe es das erste Mal nicht zu bremsen nach der Holzbrücke und überschieße die zwei folgenden Sprünge völlig. Knappe Kiste, aber gehalten. Wallrides und in die neue Waldsektion, läuft! Auch das ehemalige Steinfeld passt. In den steilen Stufen nehme ich etwas raus, hier bin ich in der letzten Trainingsabfahrt nach links abgebogen, das sollte jetzt möglichst nicht passieren und tut es auch nicht.
Jetzt nur noch runter ins Ziel, fast noch abgelegt beim kleinen Step-Down kurz vor Schluss. Ich trete zum ersten Mal auf den Zielsprung zu, hebe ab und fliege … Meine Güte, ich bin noch nie so lang mit dem Bike durch die Luft gesegelt. Über die Ziellinie und rumdrehen – was sagt die Zeit? „Jaaaaaa!“ schreie ich in die Massen. Platz 1. Damit habe ich mein Ergebnis aus Fort William eingestellt und gezeigt, dass das keine Eintagsfliege war. Ich bin völlig aus dem Häuschen und freue mich wie ein Schneekönig. Ab in den Hotseat und … Was? Rachel in der ersten Zwischenzeit 23 Sekunden zurück??? Nein, no way! Ich schlage die Hände über den Kopf zusammen. Das bedeutet ich habe Platz 2 sicher, denn auch eine Rachel Atherton wird keine 23 Sekunden mehr aufholen.
Mir kommen die Tränen, was geht hier denn bitte schon wieder ab? Den Lauf von Tracey nehme ich gar nicht richtig wahr. Ich freue mich schon so über meinen zweiten Platz, habe gar nicht auf dem Schirm, dass zwischenzeitlich ja sogar nur 1,3 Sekunden zwischen uns liegen. Tracey kommt über die Ziellinie und gewinnt mit 2,4 s Vorsprung. Ich gratuliere ihr und stehe etwas neben mir. Ich glaub ich träume. Da fahre ich nun seit 4 Jahren Downhill und kann jetzt fast mit einer Tracey Hannah mithalten? Was zur Hölle …
Danach
Nach der Flower Ceremony dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis ich zum Pit komme. Interviews, Fotos und Autogramme. Ich unterschreibe auf dem Helm eines Jungen, er bedankt sich und sagt: „Jetzt fehlt nur noch Aaron.“ Haha, da wird man schon in einem Atemzug mit Aaron Gwin genannt. Ich schiebe mein Bike zurück zu den Pits und komme nicht am Syndicate-Zelt vorbei. Teammanagerin Kathy, Physio Laura, Mechaniker Marshy, Steve Peat. Alle sind total aus dem Häuschen und freuen sich unfassbar. Irgendwann komme ich mal kurz zur Ruhe, atme durch und versuche langsam zu realisieren. Unglaublich, einfach traumhaft …
Mir kommen ständig die Tränen, wenn ich daran denke, was das gerade alles bedeutet. Am schlimmsten wird schließlich die Siegerehrung. Ich kann meine Freudentränen null zurückhalten und gehe heulend aufs Podest. Was ein emotionaler und unvergesslicher Moment! Nach der Siegerehrung schnappt mich Greg Minnaar, der auch Zweiter geworden ist, und ich muss wohl oder übel ein Bier mit ihm trinken. Wie furchtbar :D. Danach gibt es im Syndicate Zelt einen Aperol Spritz nach dem anderen und ich bekomme schon wieder Muskelkater vom Grinsen … Da sitze ich nun also nach einem zweiten Platz beim Weltcup in Leogang hier inmitten von Profis und großen Persönlichkeiten, denen ich vor 2 Jahren noch selbst auf Red Bull TV die Daumen gedrückt habe!? Es fühlt sich alles an wie in einem perfekten Traum, den ich schon ab und zu vor meinem geistigen Auge geträumt habe. Heute ist es Realität geworden und ich glaube so richtig bin ich bis jetzt noch nicht aufgewacht aus meinem Traum von Leogang.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch ganz kurz bei jedem Einzelnen, der an meiner Leistung hier teilhat und hatte, bedanken! Nicht ich allein habe in den letzten 4 Jahren das erreicht, was heute passiert ist. Ohne die Unterstützung von vielen, vielen Menschen um mich herum, wäre das alles nicht einmal annähernd möglich. Das hier ist nicht mein Erfolg, das ist unser Erfolg!!!
DANKE, eure Nina.
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