Die Alpine Enduro Series lud mit königlichem Wetter und Stages, die jeden Unterarm zum Glühen brachte. Auf insgesamt 8 dieser Hammer-Abfahrten hatten rund 250 Teilnehmer ihre Renngaudi – Eindrücke vom Rennen und Ergebnisse gibt es hier im Artikel von unserem Redakteur Oli.
Alpine Enduro Series #1: Paganella
Alpin Enduro-Rennen fahren – das geht hier besonders gut. Im italienischen Bike-Gebiet Paganella fand die erste Runde der Alpine Enduro Serie 2019 statt. Eine aufstrebende Bike-Region – zu Recht, denn hier kommt man hinsichtlich der zu sammelnden Tiefenmeter pro Tag auf so einige und das auf erstklassigen naturbelassenen Baller-Trails. Zudem verfügt der Park auch über einige gut gebaute Flowtrails und einen Bikepark in der Region „Fei“. Mit Liftanlagen gut erreichbar ist auch der etwas tiefer liegende Ort Molveno mit seinem erfrischendem See und irrem Bergpanorama.
Doch nun genug geschwärmt, zurück zur Rennveranstaltung. Anders als im Vorjahr, bei dem es wie aus Eimern geregnet hatte und die Stages zur Mutprobe durch rutschige Steinplatten und Wurzeln wurden, hatte es der Wettergott gut mit uns gemeint und bescherte uns ein durchgehend sonniges Wochenende mit angenehmen Temperaturen – perfektes Enduro-Race-Wetter!
Freitag – Training und Prolog
Einige der Teilnehmer waren schon am Donnerstagabend angereist, um die zum Training empfohlenen Stages zu trainieren. Wenn man mal ehrlich ist – diesen Tag Urlaub plant man sich gerne noch mit ein, denn für die meisten ist die Anfahrt nach Paganella nicht gerade kurz. Doch wie gesagt, es hat sich gelohnt. Alle Stages am Trainingstag abzufahren wäre technisch bestimmt irgendwie gegangen, doch die Jungs vom Veranstaltungsteam haben schon die richtigen ausgesucht und den Teilnehmern empfohlen. Zwar waren keine unmöglich fahrbaren Stellen dabei, doch in den Hohlwegen mancher Stages, auf denen man mal locker 50 km/h drauf hatte, war es schon gut zu wissen, dass dort keine abrupten Felskanten kamen oder Kurven, bei denen nur noch Gebüsche gebremst hätten.
So fuhren wir also die Trainingsstages gemütlich ab und mussten trotz einiger Pausen feststellen, dass diese ordentlich lang und körperlich fordernd waren. Krass! Wie soll man das im Rennlauf durchhalten? Das fragten sich einige der Jungs und Mädels. Am Nachmittag nach dem Training konnten alle Teilnehmer freiwillig am Prolog teilnehmen, um sich für angenehmere späte Startzeiten zu qualifizieren. Eine ca. 2 Minuten lange entspannte Stage oberhalb vom Eventgelände war dafür auserkoren. Insgesamt eher flach, doch trotzdem schnell, wenn man einige der Wellen zum Pushen benutzte und ordentlich an der Kette zog. Eine enge Rechts/Links Schikane und ein ekelhafter Zielsprint bergauf, dann war man durch.
So ging ein genialer Tag am Rad so langsam dem Ende zu und alle waren happy mit den Stages, auch wenn man im Training mal die ein oder andere Abzweigung verpasst hatte, da diese noch für den öffentlichen Bikeverkehr freigegeben waren.
Samstag – Renntag 1
Für die Fahrer mit etwas langsameren Prolog-Zeiten ging es am Samstagmorgen an den Start. In kleineren Gruppen wurden die Teilnehmer auf die 5 Stages losgelassen. Per Gondel ging es entspannt den Berg nach oben in Richtung Stage 1.
Stage 1
Bei Geschwindigkeiten über Mach wird jeder wach!
Einmal Vollgas zum Frühstück bitte! Die rund 2 km lange erste Stage, die zu Beginn eine kleine Tretpassage bereithielt, bestand aus einer Hochgeschwindigkeitsabfahrt in einem wurzlig-steinigem Karrenweg. Weniger entscheidend war hier die Linienwahl, mehr jedoch die Fähigkeit, sich gut am Lenker festzuhalten.
Stage 2
Nach einer kurzen und notwendigen Verschnaufpause im Lift nahmen wir einen kurzen Transfer auf uns, um zu Stage 2 zu gelangen. Etwas kürzer als Stage 1, dafür ging es wesentlich ruppiger zu und zu Beginn hatte auch Stage 2 einige technische Stellen, die verschiedene Linien bereithielten und rasant zu durchfahren waren. Ab der Hälfte wurde die Stage etwas enger und noch technischer. Hier war man froh, wenn man so grob die Linien erwischt hatte, die man sich im Training vorgenommen hatte. Ziemlich eng und stolprig manövrierten alle mit gedrosseltem Speed in Richtung Ziellinie.
Stage 3
Jetzt wird’s hochalpin: Einmal mit der Gondel komplett nach ganz oben bitte! Sehr passend für die etwas späteren Starter, denn so ging es gegen Mittag auf den Berg und man kam bei der Berghütte zu Lasagne und Kaffee vorbei. Zum Glück fielen die Portionen, anders als bei der „Schlemmertrophy“, etwas kleiner aus – denn um zu Stage 3 zu gelangen, hieß es zuerst steil hochtreten oder schieben und dann „hike a bike“. Mit atemberaubender Aussicht in Richtung Brennerautobahn war auch der Aufstieg selbst atemberaubend. Teils lag auch noch etwas kühlender Schnee herum, richtiges Bikebergsteiger-Feeling. Doch das änderte sich, als die Startpieptöne der Zeituhr von Stage 3 abgelaufen waren. Jetzt hieß es nämlich: Reintreten, was das Zeug hält. Die Beine brannten schon nach kurzer Zeit, denn es ging ständig Gegenanstiege hinauf und gemeine Blöcke standen überall heraus, um die man vorsichtig herumzirkeln musste.
Gegen Ende wurde die Stage noch etwas enger und steiler. Ein Glück, denn meine Beine hätten mich nicht mehr beschleunigen können. Die Konzentration war offensichtlich auch schon etwas dahin, denn um einen fetten Felsbrocken zirkelte ich nicht vorsichtig genug herum – so tat es auf einmal einen Riesenschlag, als wäre ein polnischer Böller explodiert. Ein massiver Einschlag mit meiner Kettenstrebe am Fels zog das Carbon gut in Mitleidenschaft. Etwas bedrückt rollte ich mit den Leuten um mich herum weiter zur nächsten Stage. Aufmunternde Worte wie „wird schon halten, zumindest solange bis es bei 50 Sachen abreißt” durfte ich mir anhören. Das sind eben die guten Freunde …
Stage 4
Noch vom Training bekannt und mit dem Wissen, das diese Abfahrt mit ihren über 3 km Länge und knapp 600 Tiefenmetern eine echte Fitnessleistung abverlangt, startete ich etwas gemächlicher als sonst, denn das mit den 50 Km/h und der in Mitleidenschaft gezogenen Kettenstrebe nahm ich mir doch etwas zu Herzen. Am Start etwas enger und mit offenen hängenden Kurven versehen, wurde die Stage zu einer Highspeed-Autobahn mit krassen Wurzelfeldern und Felspassagen, die man bei richtigem Abziehen jedoch meist überspringen konnte. Inzwischen komplett in Vergessenheit geraten, das mein Rad nicht mehr in technisch einwandfreiem Zustand war, nutzte ich meine Bremsfinger auch mehr dazu, mich am Lenker festzuhalten. Richtig geile und schnelle Stage, bei der die Unterarme zum Glühen gebracht wurden. Ein krasses Teil!
Stage 5
Mal was zum Entspannen – ein Flowtrail. Der „Hustle and Flow“ ist ein gebauter Flowtrail mit schönen Wellen zum Pushen, gut gebauten Anliegerkurven ohne Bremswellen und einigen Table Jumps. Gegen Hälfte der Abfahrt nahm der Streckenverlauf einen Abzweig auf den Trail „Oompa Loompa“, nun war wieder Naturtrail-Geballer angesagt. Teils etwas steiler warteten unzählige Wurzeln darauf, uns Teilnehmer aus dem Konzept zu bringen. Wer hier richtig schnell fahren wollte, war schon nah dran, einen Gebüschköpfer zu machen. So ging’s mir nämlich und ich segelte Kopf voraus ins Gebüsch, welches mich mit seinen Dornen eher unangenehm kitzelte. „Hast da das Gebüsch mit dem Molvenosee verwechselt, du Depp“ dachte ich mir und hüpfte schnell wieder aufs Rad, um nicht unnötig viel Zeit zu verlieren.
Am Abend saßen alle gemütlich zusammen am Event-Gelände und ließen bei herrlichem Wetter und Gegrilltem den Tag entspannt ausklingen.
Sonntag – Renntag 2
Am Vorabend noch mit Panzertape, einem Messer und Kabelbindern provisorisch repariert, machte ich mir inzwischen keine Gedanken mehr, ob mein Hinterbau halten würde. Schließlich bin ich die letzten zwei Stages am Samstag auch ohne weitere Rücksichtnahme nach unten gekommen. Anscheinend waren nur die oberen 3 Layer des Carbons beschädigt – easy also, gibt ja noch 8 weitere …
Stage 6
Dieser Trail ist inzwischen sicher kein Geheimnis mehr. Der „Secret Trail“ stellte auf alle Fälle die Königsetappe der Alpine Enduro Rennens in Paganella dar. Mit Abfahrtszeiten jenseits von 8 Minuten und bis auf ein kurzes Stück bergauf verlangte diese Abfahrt wirklich alles an Fahrkönnen und Fitness von den Teilnehmern ab. Nach dem kurzen Transfer am Morgen waren die Muskeln schon etwas aufgewärmt; doch das diese in kürzester Zeit so hart strapaziert werden würden, damit haben sie wohl nicht gerechnet. Jedenfalls ließ diese Stage keine Zeit für Pausen, da durchgehend Wurzeln und Steinplatten von unten gegen die Laufräder hämmerten. Mein Fahrwerk komfortabel abzustimmen, war hier für mich der Schlüssel zum Erfolg. Mit meinem gewohnt eher hartem Setting wäre ich hier niemals an einem Stück oder ohne Pause nach unten gekommen. Der Zwischensprint in der Mitte der Stage sorgte dafür, dass ich wieder diesen blutigen Geschmack in Hals und Lungen hatte. Was für eine krasse Abfahrt – sehr zu empfehlen!
Stage 7
Die Veranstalter hatten sich den „Blade Runner“ aus dem Bikepark zu Nutze gemacht, um den Wettkampf auf der vorletzten Abfahrt des Rennens auszutragen. Genau wie Stage 5 begann sie mit einem flowigen Trail, superspaßigen Push-Wellen und einigen Table Jumps, die jedoch bei Renntempo enorm nach unten gedrückt werden wollten – sonst: Landen in der nächsten Absprungkante. Im unteren Teil ging es dann auch in einen Naturtrail über – weniger steil, aber dafür mit mehr Optionen für verschiedene Linien, wenn man sie denn sah.
Stage 8
Die Lungen pfiffen noch und zum Start von Stage 8 mussten wir einige Kilometer bergauf strampeln und schieben. Die Wasservorräte gingen zur Neige, der Schweiß tropfte. „Eine noch, dann haben wir’s geschafft!“ Also nochmal alles geben und im eher sprint-lastigen Start versuchen, Speed aufzubauen. Zwar nicht sonderlich lang, doch da so viel getreten werden musste, war auch diese Stage super-anstrengend. Am Schluss ging es noch durch eine von Wurzeln gespickte technische Sektion, bei der man auf der guten Linie entweder gut durch-pushen konnte, bei schlechter Linie aber gefühlt stehenblieb. Yeah – High Five mit dem zusammenstehenden Kollegen! Wir haben’s geschafft!
Am frühen Nachmittag kamen alle Teilnehmer im Ziel an und freuten sich über einen kühlen Drink. Nach der feierlichen Siegerehrung machten sich einige dann schon auf den Weg nach Hause, denn für viele galt es, ein gutes Stück zu fahren. Ein paar clevere Bürschchen entschieden sich, das gute Wetter und die genialen Trails noch einen weiteren Tag zu genießen und blieben noch bis Montag. Danke an euch für die coole Session!
Siegerehrung
Es gab einige weitere Klassen – auch in Zweierteams und verschiedenen Altersklassen. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle! Alle weiteren Ergebnisse gibt es unter diesem Link.
Fazit @MTB-News.de
Warum an den Gardasee, wenn man 60 Kilometer weiter nördlich den Molvenosee und das Bikegebiet Paganella hat? Hervorragende Liftanlagen und erstklassige Trails hat der Veranstalter Bike Projects ins schöne Andalo gelockt. Hoffentlich nicht zum letzten Mal! Das Rennen war ein absoluter Hit und von einigen Teilnehmern hörte man Sprüche wie: „Das war das coolste Rennen, was ich bisher mitgefahren bin“. Sicherlich war das auch eines meiner besten Rennen. Da kommt man gerne wieder!
Wer von euch war mit am Start? Würdet ihr auch sagen, dass dieses Rennen eines eurer bisher besten war?
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