Die BOS N’dee. Vor allem bei diesem Firmennamen werden die Leute aufmerksam, denn entweder kennen sie BOS nicht, oder sie wissen, dass die französischen Gabeln extrem gut funktionieren sollen – leider aber auch extrem teuer sind.

Vielen anderen werden noch ein paar weitere Details einfallen wie der Name Nicolas Vouilloz oder die Mitsubishi Werksteams für die Rally Paris Dakar oder die WRC-Serie.

Das alles tut jedoch nichts zur Sache – bestätigt jedoch, dass wir mit großen Erwartungen an die Gabel herangehen müssen.

Von den technischen Daten her haben wir es bei der N’dee mit einer 180mm Freeride Federgabel zu tun, die vom Hersteller jedoch auch direkt als leichte DH Gabel angepriesen wird. Leicht ist dabei ein offensichtlich dehnbarer Begriff, wie das Datenblatt [ONLINE VERSION] zeigt:

offenes Ölbad

180mm Federweg

Einstelloptionen: Vorspannung, Zug- und Druckstufe, Entlüftungsschrauben an der Oberseite

Standrohre: 7050 Alu, 36mm Durchmesser

Tauchrohre: Magnesium

Brücke: geschmiedetes und cnc bearbeitetes 6061 Alu

Schaft: 1 1/8″

Postmount

Gewicht: 2989g (selbst gewogen, mit Kralle, 205mm Schaft)

Soweit, so gut. Wie sieht es mit der Konkurrenz aus? Ganz klar kommt hier die Rock Shox Totem ins Gespräch, wobei die N’dee von der Einbauhöhe nur unwesentlich länger baut als Rock Shox Lyrik und Fox 36, weshalb auch zu diesen Gabeln ein Vergleich gezogen werden kann. Gewichtstechnisch und ohne Absenkung spielt die N’dee jedoch eher in der Abfahrtsliga mit als im Uphill-Sprint.

In der Hand

Serienmäßig kommt die BOS N’dee mit zwei Austauschfedern, die in kurzer Zeit (ca. 10min) einfach zu wechseln sind. Dadurch kann die Gabel gut auf das Gewicht des Fahrers eingestellt werden. Bei der ersten Betrachtung fällt sogleich auf, dass die Gabel ein wirklich dicker Brummer ist. Obwohl die Standrohre mit 36mm Durchmesser absolut im Rahmen der gewöhnlichen Maße liegen, baut die Gabel wie eine echte Downhillgabel. Das verwundert umso weniger, wenn man bedenkt, dass die N’dee eine Idylle (die Downhillgabel aus dem Hause BOS) mit nur einer Brücke ist.

Das Finish der Gabel wirkt sehr hochwertig, was bei einem stolzen Preis von UVP 1290€ ebenfalls erwartet werden konnte. Die Verwandtschaft zum Downhillsektor findet sich auch an den Einstellknöpfen: Für die Verstellung von Zug- und Druckstufe ist ein Schlitzschraubenzieher zu verwenden. Das hat den Vorteil, dass man die Gabel nicht unabsichtlich und sehr fein einstellen kann – aber den Nachteil, das es ohne Werkzeug leider nicht möglich ist. In meinen Augen kein wirkliches Problem, denn bei zwei Einstelloptionen gibt es kein Rumgespiele auf dem Trail, sondern eine Einstellung, die passt, wenn sie erst gefunden ist.

Auf dem Trail

Also nichts wie raus auf den Trail mit der Gabel. Von Sports Nut (Deutschland Vertrieb) wurde uns die Gabel mit einem empfohlenen Setup geschickt und in der Tat haben wir daran sehr wenig verändert. Ein bisschen weniger Druckstufendämpfung und eine etwas schnellere Zugstufe und schon ist das Setup geschafft – die Feder hat bei mir perfekt gepasst. Über den Schraubenzieher kann die Gabel sehr fein abgestimmt werden und das Setup ist insgesamt sehr schnell gelungen gewesen. Ich erinnere mich da nur zu gut an die Specialized Enduro Gabel von der Eurobike, bei der einfach kein Setup gelingen wollte. Weniger ist eben doch manchmal mehr.

Wie zu erwarten gibt es bei der Montage der Gabel keine Überraschungen – die Leitungsführung ist sicher und elegant und alles funktioniert problemlos.

Standesgemäßg verfügt die Gabel über eine 20mm Steckachse, die über vier Schrauben geklemmt wird. Auch hier zeigen sich wieder die Downhillgene der N’dee – die Ausbauzeit ist etwa drei Mal so lang wie mit z.B. Maxle von Rock Shox, andererseits klemmt dieser Aufbau bekanntermaßen gut und so lange dauert es nun auch wiederum nicht. Clean sieht die Achsaufnehme in jedem Fall aus.

Also los auf die erste Ausfahrt. Eigentlich ist eine größere Runde in den Alpen geplant gewesen, doch der beginnende Winter hat uns dazu gezwungen, im vergleichsweise flachen Bodensee Raum zu bleiben.

Doch auch da gibt es nette Trails, die um diese Jahreszeit extrem rutschig und tief sein können. Viele Grüße an dieser Stelle an Hannes (freesoul) – ich hab’s auf deinem Crash-Trail ordentlich fliegen lassen!

Wie macht sie sich also, die BOS N’dee? Das Federverhalten ist sehr linear und ein Losbrechmoment fast nicht wahrnehmbar, wodurch das Vorderrad stets am Boden zu kleben scheint und die Gabel weder durchsackt, noch mit zu wenig Federweg auf die Hindernisse reagiert. Das kann sich sehen lassen und ist auf jeden Fall ganz vorne mit dabei, was die Konkurrenz angeht – das ist echte Federperformance, die von kaum einer Luftgabel erreicht werden kann. Auch wenn ich die Gabel sicherlich nicht an ihre Grenzen bringen konnte, so ist doch das große Potential aufgefallen. Auf einem „normalen“ Freeridetrail ist die N’dee in jedem Fall unterfordert und das Gewicht somit nicht sinnvoll investiert – wird das Geläuf jedoch ruppiger und steiler, so kann die gefühlt steife Gabel sicherlich perfekt genutzt werden. Es ist einfach spürbar, dass das Innenleben aus einer Downhillgabel stammt – zum Abfahren ist die Funktion perfekt. Bergauf gibt es selbstverständlich die Kehrseite der Medaille präsentiert – das gute Stück wippt doch nicht unerheblich. Diesen Punkt jedoch hatte ich schon – mit einer 3kg 180mm Gabel ohne Absenkung kann man bergauffahren, erwartet dann jedoch auch keine Bergziege. Andererseits kann über die Druckstufeneinstellung deutlich mehr Ruhe in die Gabel gebracht werden, worauf wir jedoch verzichtet haben.

Was bei meinem vergleichsweise kurzen Test nicht getestet werden konnte, ist die Zuverlässigkeit. Hier ist es jedoch leicht, Rückschlüsse zu ziehen. In allen bislang veröffentlichten Tests (z.B. Dirt) der Idylle (gleiches Innenleben), wurde die Halbarkeit gelobt und auch die deutschen Downhillbrüder Falco und Gernot Ruppert haben nach eigenen Angaben in der vergangenen Saison keine Probleme mit ihren Gabeln gehabt. Die matschigen Bedingungen am Bodensee im Testzeitraum haben die Gabel jedenfalls nicht beeindrucken können.

Pro & Contra Betrachtung

Pro:

einfache Einstellbarkeit

hervorragende Funktion

Steifigkeit

Federwechsel leicht möglich

Verarbeitung

Contra:

Gewicht

Preis

keine Luftversion verfügbar

keine Absenkung verfügbar (ob das sein muss sei in Frage gestellt)

Fazit

Die BOS N’dee ist in meinen Augen die richtige Gabel für deutsche Bikeparks und Alpenfreerider, die gerne ruppiges Gelände unter die Räder nehmen und dafür eine zuverlässige, perfekt federnde Gabel benötigen, für die sie bereit sind, tief in die Tasche zu greifen. In einem MiniDH Bike kann diese Gabel ihr Potential voll ausspielen – die Funktion ist erstklassig. Wer auch gerne und viel bergauf fahren will, sollte auf ein paar Zentimeter verzichten und auf die bewährten Modelle Rock Shoy Lyrik oder Fox 36 zurückgreifen, ab 2010 kommt in dieser Klasse auch eine kleine BOS namens Deville auf den Markt.

Video:

Bos Ndee Gabel: im IBC TV ansehen

P.S.: Wer von euch eigene Erfahrungen mit der Gabel gesammelt hat darf diese gerne hier mit den anderen teilen!

P.P.S.: Entschuldigt die Windgeräusche im Video… das wichtigste ist auf jeden Fall verständlich und es war einfach zu ungemütlich, als das ich die Aufnahme noch 3x hätte machen wollen. War so schon die beste Version von fünf Versuchen^^

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Endlich nachgereicht: Das Bild auf der Waage und der Einbauhöhenvergleich. Das sind keine 2cm mehr Einbauhöhe bei der N’dee im Vergleich zu einer Lyrik.

  1. benutzerbild

    nuts

    dabei seit 11/2004

    wir haben ganz zu Beginn des Threads noch die Diskussion gehabt, wie es um die Einbauhöhe steht. Auf dem folgenden Bild sieht man sehr gut, dass die Gabel in der Tat mit einer Lyrik verglichen werden kann, auch wenn sie deutlich fetter ist:



    Das zeigt sich auch beim Gewicht:

  2. benutzerbild

    Koohgie

    dabei seit 11/2007

    naja der vergleich hinkt ein wenig, die eine ist für dh freigegen und die lyrik noch nicht mal für fr...wobei die amis ja kein enduro haben. also da sollte man sie eher mit der totem vergleichen. warum mit der lyrik? die ist ein anderes einsatzgebiet ausser vielleicht noch mit der neuen 170mm lyrik, nur die bos spielt allein schon von der steiffigkeit in einer anderen liga.
    aber ist ja auch 800g gewichtsunterschied fast kein wunder...

    ich persönlich hab ne 2step lyrik, und die ist schon von der steiffigkeit ne cc gabel gegen die bos,
    konnte aber die bos mit der 66 rc3, von 09, vergleichen...
    die schenken sich von der steiffigkeit her nix, nur von der performence.....also....die bos ist der 66´er meilenweit voraus. die bügelt alles weg ohne einen das gefühl für den untergrund wegzunehmen. am lenker sind deutlich weniger vibrationen zu spüren. und das obwohl sie, bis auf die luftunterstüztung, fast die gleichen einstellungen haben (rein von den beworbenen einstellmöglichkeiten).

  3. benutzerbild

    metalfreak

    dabei seit 12/2007

    hi,
    weiß jemand welches öl in die bos gabeln reinkommt? und welche menge? in der anleitung von bos gibt für eine seite ne volumenangabe für die andere nur eine angabe zur füllhöhe.

    gruß
    benni

  4. benutzerbild

    Kalle Blomquist

    dabei seit 04/2003

    Hat schonmal jemand probiert, ob die RS Lyrik Federn in der N'Dee passen?

    Bos bekommt es nach mehreren Monaten des Wartens immer noch nicht hin, mir eine passende härtere Feder (silber) auszuliefern.

    Saftladen.

  5. benutzerbild

    tobi-94

    dabei seit 12/2011

    Vielen dank für diesen tollen Bericht.
    Gruß

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