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Ausprobiert – ungleiche Brüder
Five Ten Impact vs. Freerider

Es ist ein Duell unter ungleichen Brüdern: Matador, Platzhirsch, seit Jahren beliebt und etabliert der Eine, jung, frisch, anders aber doch auch schon erwachsen der Andere. Es treten an: 5Ten’s Impact Sam Hill gegen den Freerider Blue Zebra.

Nuts mit dem Impact im Bikepark Winterberg / Foto von David Schultheiss (WHY gbr)

Aus der Box:

Sam Hill hat schon seit einigen Jahren eine Signature-Variante des Impacts – zu Recht, denn er gewinnt doch regelmäßig damit Rennen und gehört zu den schnellsten Fahrern auf Flat Pedals im Weltcup. Weil er es mag und es zu seinem Rad passte, hat der Schuh giftgrüne Details, weil er Weltmeister ist, einen Wimpel in den Farben des Champions und weil der Junge Leder mag, gibt es auch das. Insgesamt ist der Hill-Schuh etwas schlanker und leichter als der klassische Impact in der niedrigen Version. Die Zehenkappe besteht aus Gummi, die Sohle ist weit am Rand hochgezogen und aus dem sagenumwobenen Stealth-Rubber gefertigt.

Bereits beim ersten In-die-Hand-Nehmen stellt man fest: Leichter ist er, dieser Freerider. Und schön bunt ebenfalls. Was aber viel wichtiger ist und nach einem ersten Check für Beruhigung sorgt: Die ehemalige Schwachstelle, die sich lösende Sohle am Rand, ist ausgemerzt. Statt zwei Teile miteinander zu verkleben, bestehen Sohle und Sohlenrand jetzt aus einem einzigen Stück Gummi. Das Profil ist ähnlich dem des Impacts, aber am Rand glatter. Das Obermaterial ist Kunstleder, der Schuh ist generell etwas dünner und mit mehr Belüftungsmöglichkeiten ausgestattet.

Bei beiden Modellen ist die Verarbeitung tadellos. Das Material ist hochwertig, die Nähte sauber und die Verklebungen einwandfrei – das verspricht eine lange Haltbarkeit ohne böse Überraschungen. Im Alltag wird der dickere Schuh mindestens genau so sehr auffallen, wie der poppig gestaltete Freerider, einfach weil er überdurchschnittlich groß ist. Das Tragen der Schuhe im Alltag kann ich aber nur empfehlen, denn das vertraute Gefühl sorgt für mehr Kontrolle beim Biken.

Am Fuß:

Hier werden weitere Unterschiede deutlich: Der Impact kann zwar auch als Schlupfschuh geschnürt werden, es bietet sich aber nicht so sehr an, wie beim Freerider. Demzufolge sitzt der Impact ein wenig fester am Fuß. Die Fersenpassform ist bei beiden Modellen sehr gut gemacht: Schön ausgeformt, gepolstert, aber eben gut sitzend und nicht schwammig. Auch die Unterstützung des Fußgewölbes ist durch die stark kontuierte Einlegesohle klasse. Soweit die Gemeinsamkeiten, der Unterschied wird beim Gehen offensichtlich: Während der Impact ein ziemlich steifer Schuh ist, dessen Sohle sich kaum durchbiegt und auf hartem Boden zu einem deutlich hörbaren „tack-tack-tack“ Stöckelschuhgeräusch führt, ist der Freerider flexibler ausgelegt. Außerdem ist man dem Boden ein kleines Stückchen näher, Sam Hill wird durch seinen Schuh ein kleines Stückchen größer. Zusätzlich zur Härte der Sohle kommt hinzu, dass die Form des Impact-Gummis am Rand etwas tiefer ist, als in der Mitte, quasi konkav, was den Grip erhöhen sollte.

Ein paar Worte zum Stealth-Rubber: 5.10 – das ist der Schwierigkeitsgrad im Klettern, der vor einigen Jahren die Unmöglichkeit darstellte. Und dann kamen die ersten echten Kletterschuhe, die ihn möglich machten. 5:10min könnte aber auch die Zeit sein, die durch das gleiche Gummi wie an den Kletterschuhen in Kombination mit Flatpedals erst möglich wurde. Oft wird behauptet, das Gummi sei weich, doch dann ergäbe sich ein schwammiges Gefühl und ein hoher Verschleiß, beides ist nicht der Fall. Das Stealth-Rubber ist nur unwesentlich weicher als das normaler Schuhe, aber deutlich zäher, chemisch gesehen am ehesten eine sehr sehr zähe Flüssigkeit, das Gegenteil von Spröde. Die Pins der Pedale können sich ins Gummi bohren, sich dann aber nicht bewegen oder leicht rausrutschen.

Grip, Langlebigkeit und Performance werden maßgeblich beeinflusst durch die elastischen und plastischen Eigenschaften des Gummis. Der Gummi kann plastisch auf den Gegenpart ‘Pins’ reagieren und diese dauerhaft aufnehmen, kehrt dann aber auch wieder schnell in seine Ausgangsposition zurück, wenn er nicht mehr auf dem Pedal steht und kann bei veränderter Position des Fußes mit der gleichen Plastizität wieder Pins aufnehmen. Die Mischung der beiden Extreme ist schwierig zu erreichen – und beim Stealth-Rubber ziemlich gelungen.

Größenempfehlung: Ich trage die Schuhe in der selben Größe, wie andere Schuhe auch. Eventuell würde ich eine halbe Nummer kleiner als sonst empfehlen, aber das sind wirklich Nuancen, die auch durch die Schnürung genügend beeinflusst werden können.

Auf dem Rad:

Ich bin die Schuhe auf verschiedenen Pedalen gefahren (DMR V8, NC17 Sudpin III S-Pro, Atomlab, NC17 Mg Ti S-Pro) und kann sagen: Auf jedem Pedal boten mir beide Schuhe absolut genügend Halt und relativ einfach nur mehr als andere Treter. Allerdings ist das Gefühl, wenn man den Schuh aufs Pedal setzt, bei den Schuhen spürbar anders.

Den steifen Impact stellt man einmal auf das Pedal – und dann steht er da. Egal ob man landet, durch ein Steinfeld holpert oder abspringt. Die Sohle dämpft Schläge klasse, im Fuß kommt wenig davon an. Der Schuh hält am Bike, der Fuß am Schuh, Tatzenpedale gaben selten mehr Vertrauen. Aber, das muss gesagt werden: Wenn der Schuh einmal positioniert ist, lässt er sich nicht verdrehen oder bewegen, ohne ihn zu heben, und das ist Freud und Leid zugleich. Durch die eher dicke Sohle mangelt es nämlich manchmal am nötigen Feingefühl, wodurch der Fuß dann in einer suboptimalen Lage gehalten wird, bis eine Kurve oder eine einfache Passage ein Umstellen erlaubt.

Nuts mit dem Impact auf dem Downhill Rad / Foto von Johannes Künne (Team-BikeBauer)

Mehr Zehenspitzengefühl bietet da das blaue Zebra, das sich mit seiner nicht konkaven Sohle einfacher positionieren lässt und mehr Feedback weitergibt. Grip und Dämpfung bietet aber auch der Freerider für mich genug, selbst wenn man in Steinfeldern nicht ganz so bombenfest steht, wie mit dem Impact. Durch die bessere Belüftung wird sich der Träger hier aber wohler fühlen als im Impact, der Schutzbedingt für Wärme sorgt. Wirklich Wasserdicht ist keiner der beiden Schuhe, aber das robuste Außenmaterial hält Dreck und Spritzwasser zuverlässig von den Socken fern. Bei Platzregen oder chronischen Pfützen aber ist auch hier kein Gras gewachsen.

Zu guter Letzt:

Auch wenn das Zebra im Revier von Sam Hill, dem Bikepark, wildert – es kann ihm den Rang nicht ablaufen. Der Impact bleibt der beste Schuh für Flatpedals, wenn es nur darum geht, bergab zu fahren. Wer aber auch öfters selbst bergauf fährt, in den Schuhen geht oder einfach etwas mehr Gefühl will und stattdessen gerne auf die grenzenlose Führung des Impacts verzichten kann, dem empfehle ich den Freerider. Fazit: Beide Schuhe sitzen klasse und bieten superben Halt. Und beide Schuhe haben eine Daseinsberechtigung. Der Impact als abfahrtsorientierter Schuh für den Bikepark, der Freerider als Alleskönner auch für den Alltag.

Wer weder a) noch b) sagen will, der kann einfach zu c) oder d) greifen. Konkret gesagt: Wem ein Impact zu viel und ein Freerider zu wenig ist, für den gibt es auch noch ein Zwischenmodell: Der Five Ten Freerider White ist nicht einfach nur weiß statt blau, er zeichnet sich auch nur eine robustere Zehenkappe, mehr Schutz und glatteres Material aus. Wem all diese Schuhe zu Bikemäßig sind und eher auf der Suche nach einem Freizeitschuh ist, der dennoch gelegentlich guten Grip und gutes Aussehen bietet, dem sei das Modell Spitfire empfohlen, aus Wildleder, flach, leicht und atmungsaktiv. Das reicht immer noch nicht an Optionen? Okay, jeder der Basketball mag oder aus sonst irgendwelchen Gründen einen Schuh will, der über den Knöchel geht: Der Line King ist die hohe Version des Freeriders und bietet zur gleichen Sohle einen hohen Schaft und viel Stil. Wenn jetzt nicht für jeden etwas passendes dabei ist, weiß ich es auch nicht.

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