Actofive P-Train CNC im Test: Das Actofive P-Train CNC war eines der absoluten Produkthighlights des letzten Jahres. Extrem schick, aufwändig produziert und mit hohem Eingelenker-Drehpunkt, lässt das exklusive Bike aus Dresden die Herzen von Fräskunst-Fans höher schlagen. Nachdem wir das knallrote Bike bereits letztes Jahr kurz ausprobieren konnten, hat uns Actofive für unser Deutschland-Spezial erneut ein Rad für den ausführlichen Test zur Verfügung gestellt. Wir haben es von Hometrail bis Bikepark über alle erdenklichen Trails gejagt – hier ist der Test!
Steckbrief: Actofive P-Train CNC
Einsatzbereich | All-Mountain, Enduro |
---|---|
Federweg | 140-160 mm/135-145 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Gewicht (o. Pedale) | 16,1 kg |
Rahmengrößen | S1, S2, S3 (im Test: S3) |
Website | www.actofive.com |
Mit dem P-Train CNC bietet Actofive ein sehr variables Bike an, das vor allem im Trail- und Enduro-Bereich zu Hause sein soll. Dafür ist es wahlweise mit 135 mm oder 145 mm Federweg am Heck ausgerüstet und kann an der Front mit 140 bis 160 mm Federweg gefahren werden. Bei der Laufradgröße hat man die Wahl zwischen 29″ oder Mullet, bei der Rahmengröße zwischen den drei Größen S1, S2 und S3. Die Geometrie des Bikes fällt modern aus und ist durch verschiedene Bauteile und einen Flip Chip sehr variabel. Farblich wird dem Kunden die Wahl gelassen – eine definierte Farbpalette gibt es nicht, eingeschränkt wird man also höchstens durch die Auswahl an Eloxal-Farben. Optional gibt es das Rad auch unbehandelt als Raw-Version.
Alleinstellungsmerkmal des spannenden Bikes ist die Kombination aus der Herstellungsmethode und dem Hinterbau-Konzept. Actofive fräst den kompletten Rahmen. Der Hauptrahmen besteht aus zwei Hälften, die verklebt und verschraubt werden. Dazu gibt es einen hohen Eingelenk-Drehpunkt mitsamt Umlenkrolle, progressiver Hinterbaukennlinie und passend dazu einem Stahlfederdämpfer. Der gefräste Rahmen kann aber noch viel mehr und ist mit jeder Menge Features ausgestattet. Ob man es nun in die Trail Bike Test-Kategorie oder doch eher in die Enduro-Klasse einsortiert, ist bei diesen Eckdaten nicht ganz klar. Unser Test wird etwas mehr Klarheit schaffen!
Im Detail
Je genauer man sich das Actofive P-Train CNC anschaut, desto mehr spannende Details findet man. Natürlich ist das absolute Highlight – vor allem für Fans von Frästeilen – die Produktionsmethode. Fast einen ganzen Tag bearbeitet die Portalfräse einen 38 kg schweren Block aus 7075-T6 Aluminium. Nach 22 h spuckt das Gerät dann die beiden Hälften des Hauptrahmens und die beiden Teile des Hinterbaus aus. Den Rahmen zieren die Spuren des Werkzeugs, die Formensprache ist kaum limitiert, Fachwerk-artige Ausfräsungen befinden sich am Hinterbau – jede Ecke und Kante des Rahmens ist spannend und spiegelt die Kombination aus aufwändiger Fertigung und Liebe fürs Detail wider. Dieser Rahmen setzt ein Statement. Große Logos? Fehlanzeige. Das CNC-Bike steht für sich. Erst bei näherer Betrachtung erkennt man an verschiedenen Stellen des Rahmens kleine Logos.
Aber nicht nur optisch ist der Rahmen ein wahres Schmuckstück. Auch funktionell werden viele hilfreiche und interessante Features umgesetzt. Sei es das individuell wählbare Geometrie-Kit, die interne oder externe Zugführung, der Flip Chip und der Sag-Indikator an der Wippe oder der gerillte Schlagschutz für die Sitzstrebe. Dazu gesellen sich die moderne Geometrie und der abgestützte Eingelenk-Hinterbau mit hohem Drehpunkt. Hätten wir eine Checkliste, würde höchstens der Punkt „Carbon“ nicht abgehakt werden.
So schick der Rahmen ist und so fein er auch gearbeitet ist – ein Leichtgewicht ist er nicht. Laut Herstellerangabe wiegt der Rahmen satte 4.000 g in Größe S2 – ohne Dämpfer, Sattelklemme und Steckachse. Wir haben den Rahmen in Größe S3 mit Dämpfer (450 lbs Feder), Steckachse, der BikeYoke Revive Max, incl. Triggy, Sattelklemme und der Schaltzug-Aussenhülle auf 6,09 kg gewogen. Saftig.
Die Prüfstände des EFBE-Prüfinsituts konnten den Rahmen des P-Train CNC dafür nicht zerlegen. Laut Actofive ist das Bike damit auch für die härtesten Trails die richtige Wahl. Gebaut für die Ewigkeit. Dafür ist das Rad mit den jüngsten Standards ausgerüstet und die hohe Flexibilität im Fertigungsprozess könnte selbst bei neuen Standards die Möglichkeit eröffnen, rückwärtskompatible Updates für die Plattform zu erstellen.
Neben der Herstellung dürfte aber vor allem das Fahrwerk als absolutes Highlight des P-Train CNC hervorstechen. Das Rad setzt auf einen hohen Eingelenk-Drehpunkt, mit Abstützung und Kettenumlenkrolle. Dieses System zielt deutlich auf die Optimierung der Raderhebungskurve ab – nach hinten gerichtet gelingt es dem Hinterreifen mehr Schwung mitzunehmen, wenn man über Hindernisse fährt.
Mithilfe der Abstützung bzw. der Übersetzung zwischen Hinterbau und Dämpfer kann gleichzeitig das Hebelverhältnis so ausgelegt werden, wie man es sich wünscht. Und das hat Actofive gemacht: Das Rad ist mit ordentlicher Endprogression im 145 mm-Setting ausgestattet – und mit noch viel mehr im 135 mm Setting. Durch die Umlenkwippe kann gleichzeitig die Ketten-Längung umschifft werden und der Anti-Squat lässt sich fein abstimmen, ohne große Probleme mit Pedal-Rückschlag zu erzielen. Zwei Positionen der Umlenkrolle lassen dabei noch dem Endkunden die Möglichkeit im Detail zu optimieren. Die abfahrtslastige Position kommt mit etwas höher sitzender Rolle und weniger Anti-Squat, in der Uphill-Position sind es satte 160 %!
Geometrie
Bei wem jetzt noch nicht angekommen ist, dass das Actofive P-Train CNC bis ins letzte Detail ausgetüftelt ist, der kommt spätestens beim Adjustable Ride-System dahinter. Das P-Train CNC ist eigentlich weniger ein Fahrrad, sondern eine Plattform. Und die ist variabel. Tretlagerhöhe, Federweg, Kettenstrebenlänge, Lenkwinkel und die Laufradkonfiguration lassen sich beim Kauf auswählen oder aber im Nachhinein anpassen. Die Preise für die nachträglichen Anpassungen sind okay – während der Steuersatz nicht nach Schnäppchen aussieht, ist das Einpresswerkzeug dafür im Kaufpreis enthalten. Möchte man den Federweg umbauen, zahlt man in Relation zum Rahmenpreis einen extrem fairen Kurs.
In gigantischen Ausmaßen lässt sich die Geometrie aber nicht verändern, werfen wir also einen Blick auf die Standard-Konfiguration und unser Testrad. Ausgerüstet ist dieses mit dem neutralen Steuersatz, der 145 mm-Wippe und der langen Kettenstreben-Option. Ab Werk ist es in der flachen Einstellung und für den Einsatz eines 29″-Vorder- und Hinterrads vorgesehen. Größe S3 misst in Standard-Konfiguration 505 mm im Reach. Die Verwendung einer 160 mm Gabel verkürzt den Reach laut Hersteller um 7 mm. Die Tretlagerabsenkung steigt von 34 auf 31 mm – gemessen am Federweg tief, aber nicht extrem. Lenk- und Sitzwinkel werden durch die längere Gabel etwa 0,65° flacher – und messen damit 64,35° und 76,35°. Auf dem Papier wirkt auch der Sitzwinkel modern, außerdem sind realer und effektiver Sitzwinkel am Actofive P-Train CNC sehr nahe beieinander. Der Wert wird also auch bei längerem Sattelstützenauszug kaum verfälscht.
Rahmengröße |
S1
|
S2
|
S3
|
---|---|---|---|
Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 455 mm | 475 mm | 505 mm |
Stack | 618 mm | 627 mm | 636 mm |
STR | 1,36 | 1,32 | 1,26 |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel, effektiv | 77° | 77° | 77° |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm |
Sitzrohr | 420 mm | 450 mm | 470 mm |
Kettenstreben | 430 mm423 mm | 430 mm423 mm | 430 mm423 mm |
Radstand | 1.207 mm1.200 mm | 1.227 mm1.220 mm | 1.257 mm1.250 mm |
Tretlagerabsenkung | 29 mm34 mm | 29 mm34 mm | 29 mm34 mm |
Tretlagerhöhe | 343 mm338 mm | 343 mm338 mm | 343 mm338 mm |
Einbauhöhe Gabel | 561 mm | 561 mm | 561 mm |
Gabel-Offset | 46 mm | 46 mm | 46 mm |
Federweg (hinten) | 135 mm | 135 mm | 135 mm |
Federweg (vorn) | 150 mm | 150 mm | 150 mm |
Ausstattung
Actofive ist noch nicht sehr lange auf dem Markt – das P-Train CNC ist nach den ersten Versionen mit Stahl-Hauptrahmen das erste Produkt, das der Hersteller in Kleinserie fertigt. Aus diesem Grund gibt es bislang keine Kompletträder, sondern nur Rahmenkits mit verschiedenen Dämpfer-Optionen. Neben dem EXT Storia LOK V3, mit dem auch unser Testrad kam, sind unter anderem der Öhlins TTX M22, der Fox Float X2 und der Fox DHX2 verfügbar.
In unserem Test haben wir einiges ausprobiert: Neben vier verschiedenen Federgabeln und drei verschiedenen Laufradsätzen sind wir mit verschiedenen Reifen-Optionen unterwegs gewesen. Außerdem konnten wir einen ersten Eindruck des neuen Fox DHX-Dämpers gewinnen. Konstanten waren der Antrieb aus der SRAM GX Eagle-Baureihe sowie die Formula Cura 4 Bremsanlage. Bewährt gut außerdem: Das Newmen Evolution Alu-Cockpit und die BikeYoke Revive-Sattelstütze.
Was wurde also alles ausprobiert? Wir sind das Rad mit Formula Selva und der jüngsten Ausführung der Fox 36 gefahren. Zu den beiden anderen Federgabeln, die wir im Actofive P-Train CNC ausführlich gefahren sind, gibt es in den nächsten Wochen ausführlichere Infos. Bei den Laufrädern haben wir die kürzlich getesteten Bontrager Line Pro (zum Artikel: Bontrager Line Pro Laufräder Test) sowie die aktuellen Newmen Advanced-Carbon Laufräder ausprobiert. Als zusätzliche Referenz wurden die Zipp 3Zero Moto gefahren.
- Federgabel Formula Selva / Fox 36 / Intend Flash (160 mm)
- Dämpfer EXT Storia/Fox DHX (145 mm)
- Antrieb SRAM GX Eagle
- Bremsen Formula Cura 4
- Laufräder Bontrager Line Pro / Zipp 3Zero Moto / Newmen Advanced SL.30
- Reifen Kenda Hellkat, WTB Trail Boss
- Cockpit Newmen (780 mm) / Newmen (40 mm)
- Sattelstütze BikeYoke Revive (185 mm)
Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards zum Actofive P-Train CNC findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
Kinematik | Eingelenker mit hohem Drehpunkt (High Pivot) und progressiver Dämpferanlenkung | |
Verschiedene Lager-Größen | 2 | im Hinterbau |
Gesamtzahl Lager im Hinterbau | 6 | Anzahl |
Lagerbezeichungen | 4x 61904-2RS (20x37x9) / 2x IGUS Gleitlagerpaar | Herstellerangabe |
Hinterbau Einbaumaß | 148 x 12 mm | Einbaubreite x Achsdurchmesser |
Maximale Reifenfreiheit Hinterbau | 2,5" | |
Dämpfermaß | 210 mm x 55 mm | Gesamtlänge x Hub |
Trunnion-Mount? | Ja | |
Dämpferhardware erstes Auge | 25 mm x 8 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Dämpferhardware zweites Auge | 25 mm x 8 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Freigabe für Stahlfederdämpfer | Ja | |
Freigabe für Luftdämpfer | Ja | |
Empfohlener Hinterbau-SAG | 30 % | In % oder mm |
Steuerrohr-Durchmesser | Oversized | oberer Durchmesser, unterer Durchmesser |
Maximale Gabelfreigabe | 160 mm | Federweg bzw. bis zu welcher Einbauhöhe |
Tretlager | BSA 73 mm | welcher Standard, Durchmesser, Breite |
Kettenführungsaufnahme | ISCG 05 Tabs | |
Umwerferaufnahme | – | |
Schaltauge | Actofive 25 € | Typ, Kosten in € |
Optimiert auf welches Kettenblatt | wegen High Pivot unabhängig | Zahnzahl |
Bremsaufnahme | PM 180 mm | welcher Standard |
Maximale Bremsscheibengröße | 200 mm | |
Sattelrohrdurchmesser | 34,9 mm | |
Sattelklemmendurchmesser | 38 mm | |
Maximale Stützen-Einstecktiefe | S1: 202 mm, S2: 232 mm, S3: 252 mm | |
Kompatibel mit Stealth-Variostützen? | Ja | |
Messung Sitzwinkel | Auf durchschnittlicher Sitzhöhe | Herstellerangabe |
Flaschenhalteraufnahme | Ja, zwei, Oberseite Unterrohr und Unterseite Unterrohr | Eine, Oberseite des Unterrohrs |
Andere Extras, Werkzeugfächer | FlipChip, nachträglich anpassbare Geometrie und Federweg | |
Gewicht Rahmen | 4,0 kg | ohne Achse, Sattelklemme und Dämpfer, Größe S2 |
Gesamtgewicht Bike | 16-16,4 kg | Gr. S3, verschiedene Test-Aufbauten |
Garantie/Service | 5 Jahre Garantie |
Auf dem Trail
High Pivot-Bikes haben in den letzten Jahren einen gigantischen Aufschwung erhalten – der Erfolg im Downhill gibt ihnen recht. Aber geht das Konzept auch auf Allroundern wie Trail- oder Enduro-Bikes unter normalen Fahrern auf? Wir waren sehr gespannt auf die erste Testfahrt mit dem Actofive P-Train. Wie Kollege Gregor im ersten Actofive P-Train Kurztest aber bereits feststellen konnte: Beim ersten Aufsitzen drängt sich einem nicht direkt auf, warum dieses Fahrwerksdesign gerade so gehyped wird. Vielmehr stellt sich direkt ein angenehmes, aufrechtes Sitzgefühl ein. Wie beschrieben sind realer und effektiver Sitzwinkel nahezu gleich – und insofern angenehm steil. Die Hüfte wird dadurch schön weit vorne positioniert, der Reach ist nicht gigantisch, man sitzt entspannt.
Tritt man das erste Mal in die Pedale, gibt es dann aber den ersten Aha-Effekt: das P-Train CNC ist extrem antriebsneutral. Wippen? Fehlanzeige. Baut man die Umlenkrolle auf die DH-Position um, bleibt diese Eigenschaft auch weitestgehend bestehen. Je nach Druckstufen-Setup am Dämpfer war hier maximal im Wiegetritt ein Wippen festzustellen. Dank ruhigem Heck macht man mit dem Rad in der Ebene und auf flachen Anstiegen gut Tempo. Spannend und überraschend war für uns, dass das Rad durchaus Vortriebs-freudig und spritzig ist. Die Kombination aus hohem Anti-Squat, guter Traktion, Sitzposition und die – rund um den Sag – eher kurze Kettenstrebe macht sich bezahlt, wenn man in die Pedale hämmert. Das P-Train will schon nach vorne. Dem entgegen stehen aber die Umlenkrolle und das hohe Gewicht.
Vor allem im Wechsel mit herkömmlichen Rädern sind Unterschiede in der Antriebseffizienz nicht von der Hand zu weisen. Ja, es will nach vorne – aber das kostet etwas mehr Kraft. Natürlich kann man hier nicht 1:1 vergleichen, aber dass man mit Umlenkrolle etwas mehr drücken muss, war durch die Bank bei allen Vergleichsrädern und von allen Mitfahrern, die auch mal probieren wollten, festzustellen. Stört es? Uns störte es wirklich nur, wenn es steiler bergauf ging und sich Rolle und Gewicht gleichzeitig bemerkbar machen. Wie mit einem Geländewagen, den man in die Untersetzung schaltet, ist man hier automatisch ein gutes Stück langsamer unterwegs. Alternativ: fährt man sein normales Tempo, dabei saugt es einem aber regelrecht die Reserven aus dem Körper.
Kehrtwende – auf geht es in die Abfahrt! Ab den ersten Metern zeigt der EXT-Dämpfer, dass er mit einer massiven Grunddämpfung ausgestattet ist. Fühlt sich auf dem Parkplatz zu stramm an? Gar kein Problem, denn sobald man Tempo aufgenommen hat, arbeitet der Dämpfer sagenhaft. Sehr spannend ist: Das P-Train braucht nicht unbedingt konstant hohes Tempo und hartes Holzen – das Rad ist auch auf flacheren Trails und bei weniger Tempo nicht langweilig zu fahren. Langweilt man sich hier mit so manch anderem Bike, zeigt sich das P-Train CNC von einer direkten und flinken Seite. Auch einfache Trails machen mit diesem Rad Spaß. Während Kurvenfahren spielerisch und flink gelingt, braucht man aber fürs Abziehen (Gewicht) oder den gelegentlichen Manual (längende Kettenstrebe) etwas mehr Einsatz. Mit einem leichten Trailbike mit deutlich kompakterer Geometrie kann es hier nicht mithalten – wir sehen es aber auch nicht unbedingt in Konkurrenz zu solchen Rädern.
Warum? Weil es im Vergleich zu einem leichten Trailbike den großen Sprung in hartes Gelände deutlich besser kann. Hier fährt es mit problemlos mit schweren Federwegs-Monstern mit. Denn je härter und schneller die Strecke wird, desto klarer wird der Hype um das HSP-Fahrwerk. Anfängliches Zögern – soll ich hier nicht lieber langsamer machen? – verfliegt in kürzester Zeit. Linie suchen, Bremse auf und schauen wie viel Speed man sich selbst zutraut. Wann wir zuletzt mit 145 mm Federweg so schnell über Downhill-Strecken gefegt sind? Wahrscheinlich noch nie.
Mit dem P-Train kommt man zügig in Geschwindigkeitsbereichen an, in denen es hilft Erfahrung mit schnellen Bikes zu haben. Bremspunkte, Kurven-Speed, Geschwindigkeitsgefühl – all das erinnert eher an ein Downhill-Rad als an ein Enduro-Bike. Gibt man mit dem Actofive P-Train in hartem Gelände Gas, knallt es der Reihe nach alle seine Trümpfe auf den Tisch und fegt alle Konventionen zu 145 mm-Bikes vom Tisch. Ein phänomenaler Schnitt aus Feinfühligkeit, sattem Support und sanfter Endprogression stellt mit der nach hinten gerichteten Raderhebungskurve eine beeindruckende Fahrwerksperformance. Das steife Bike sorgt für hohe Präzision und zeigt sich sehr Linientreu. Zielen, reinhalten, festhalten. Brutal!
Hohe Steifigkeit hat aber nicht nur Vorteile. Wenn man nicht mit Vollgas fahren will, wegen Streckenführung und Bedingungen fahren kann oder unbekannte Trails auf Sicht fährt, bedarf es mit dem P-Train etwas mehr Arbeit zu leisten. Das Actofive funktioniert am besten, wenn man aktiv damit unterwegs ist – sprich – in Kurven drücken, abziehen, pushen. Darauf kann man sich einstellen, spontan gelingt es aber nicht immer und genau dann kostet das Rad etwas mehr Kraft, um Fehler zu vermeiden. Alternativ muss man auf die Bremse.
Und hier kommen wir zu einem weiteren Knackpunkt. Der hohe Eingelenker ist bekannt dafür, unter Bremseinfluss nicht die beste Performance abzuliefern. Bemerkbar macht sich das durch Verlust des Seitenhalts, wenn man seinen Bremspunkt in die Kurve verlegt. Bei Schrägfahrt reicht schon wenig, damit das Heck langsam aber sicher über die Seitenstollen zu schieben beginnt. Geht man in ruppigen Sektionen auf die Bremse, verhärtet der Hinterbau, die Schläge auf die Pedale fallen härter aus.
Auch hier kann es zu Traktionsproblemen kommen und man sollte die Fersen aktiv nach unten klappen, um den Halt auf dem Pedal zu behalten. Die Schwierigkeit an der Thematik: Großteils kann man seine Bremspunkte gut anpassen, um dieser Charakteristik entgegenzuwirken oder seinen Fahrstil leicht justieren und das ausbrechende Hinterrad aktiv für Flics nutzen oder wenn man Kurven andriften will. Auch hier gilt aber: bei spontanen Aktionen kann man aber nicht immer planen. Schanzt man auf Sicht in die ruppige Sektion, um dann hart in die Eisen zu gehen, damit man die nächste Kurve besser trifft? Gerade in solchen Situationen wird das Handling etwas schwierig.
Charakter hin oder her – vor allem in der Abfahrt glänzt das Actofive P-Train CNC. Dieses Rad ist prädestiniert für den richtig groben Einsatz. Wir sind auf die weitere Reise des Herstellers gespannt und freuen uns schon darauf zu sehen, was die Portalfräse als nächstes ausspuckt!
Das ist uns aufgefallen
- Rahmenfinish Schweiß und Blut waren im Testzeitraum gegenwärtig – und haben Spuren am Rahmen hinterlassen. So wird der unbehandelte Rahmen zum korrodierten, individuellen Werk – wir finden die Optik spannend. Aber das gefällt sicher nicht jedem. Wer sich daran stört, sollte einen anodisierten Rahmen bestellen.
- Steifigkeit Rahmensteifigkeit ist sicher ein individuelles Thema und wird je nach Fahrstil und Fahrergewicht unterschiedlich wahrgenommen. Das P-Train liegt eher auf der steifen Seite und war vor allem auf vorhersehbaren Strecken dadurch gut fahrbar. Fährt man auf Sicht und kennt Bremspunkte und Kurvenscheitelpunkte nicht genau, kann das steife Rad aber auch schnell etwas schwieriger zu handeln sein.
- Spaltmaße Über den Testzeitraum haben wir die Spaltmaße im Auge behalten und konnten keine Veränderung erkennen.
- Die Dämpferfrage Actofive empfiehlt im 145 mm Setting den Flip Chip in der steilen Position – uns war zwar die flache Position lieber. Wer beispielsweise den neuen Fox Float X fahren will, sollte sich an die Empfehlung halten, da Wippe und Dämpferkörper sonst kollidieren können. Der EXT-Dämpfer ist im Testzeitraum gebrochen, der Grund ist nicht eindeutig: Durchschlag bei einem Sprung, anschließender Sturz in der nächsten Kurve. Der Dämpfer wurde daraufhin eingeschickt und auf Kulanz repariert. Laut EXT waren starke Zugkräfte auf das Federbein die Ursache für den Defekt. Wir gehen davon aus, dass es sich hier um Pech gehandelt haben muss – weder Bruchpilot noch der folgende Fahrer konnten beobachten, dass das Rad kopfüber aufgeschlagen ist oder irgendwo hängen geblieben ist.
- Schleifspuren … am Bein Durch die niedrig gezogene Sitzstrebe können Bein und Reifen bei extremen Kurvenfahrten gelegentlich aneinander geraten. Im gesamten Testzeitraum ist das aber lediglich dreimal passiert.
- Reifenwahl Seine Bremscharakteristik sorgt am Hinterreifen hin und wieder zu Traktionsverlusten. Mit einem etwas gröberen Hinterreifen kann man dem in einem gewissen Rahmen entgegenwirken. Mit weniger aggressivem Hinterreifen sinkt dafür der Rollwiderstand bergauf und die wildere Charakteristik kann am Trail gezielt für spaßige Drifts eingesetzt werden.
Im Vergleich
Actofive P-Train CNC vs. Banshee Titan
Das Titan ist ein spannender Vergleich, weil Alu, ebenso nicht gerade leicht – und – es vor allem im Uphill deutlich entspannter ist und den Fahrer nicht permanent dazu anstichelt, schneller zu fahren. Das Titan fühlt sich im Uphill aufgrund längerer Kettenstrebe etwas gemächlicher an als das Actofive. Das Actofive fordert immer wieder dazu heraus, Gas zu geben – ist dann aber auch anstrengend zu fahren.
Auch bergab unterscheiden sich die Bikes im Detail – welches schneller ist, würden wir ohne Zeitnahme nicht sagen können. Das Titan ist etwas gelassener Unterwegs und aufgrund seiner Bremscharakteristik berechenbarer. Mit dem P-Train CNC kann man es aber trotz weniger Federweg auch ordentlich krachen lassen. Es beweist mehr Charakter, ist eine Spur agiler und macht auch bei weniger Tempo eine gute Figur.
Actofive P-Train CNC vs. Evil Offering
P-Train und Offering sind beide abgestützte Eingelenker und unterscheiden sich hinsichtlich der Geometrie nicht zu stark. Aber: Evil misst den effektiven Sitzwinkel auf Hohe des Sitzrohr-Endes. Der reale Sitzwinkel ist flacher, insgesamt ist man im Actofive also zentraler positioniert. Aufgrund des tiefen Eingelenk-Drehpunkts kann Evil aber auf die Umlenkrolle verzichten. Komfort – Punkt P-Train, Geschwindigkeit (bergauf) – Punkt Offering.
Auch im Downhill zeigen sich Parallelen, im Detail unterscheiden sich die Räder jedoch. Das Offering ist aufgrund des geringeren Gewichts etwas auf der verspielteren Seite, das Actofive schlägt es dafür auf harten Strecken.
Fazit – Actofive P-Train CNC
Was für ein erstes Produkt! Und wie stark es polarisiert. Das Actofive P-Train CNC zeigt Charakter und das nicht zu wenig. Mit der etwas behäbigen Performance in steilen Anstiegen und der hohen Rahmensteifigkeit muss man klarkommen. Bergab kann man mit dem P-Train dafür aber, ohne zu zögern, auf die Downhill-Strecke gehen und auf die Jagd gehen – pfeilschnell, ultra präzise und man zieht alle Blicke auf sich. Das Actofive P-Train ist teuer, nicht gerade leicht, aber ein wahrlich geiles Fahrrad!
Pro / Contra
Pro
- Optik, Herstellung, Made in Germany
- unglaublich schnelles Abfahrtsrad
- feinfühliges Fahrwerk mit sanfter Endprogression
- sehr variable Plattform
Contra
- sehr hoher Preis
- vergleichbar hohes Gewicht
- für so manchen wahrscheinlich zu viel Charakter
Wäre das Actofive ein gutes Match für euch?
Testablauf
Actofive hat uns das P-Train Rahmenset mit Dämpfer und Dropperpost für den Test kostenlos zur Verfügung gestellt. Wir sind das Rad in verschiedenen Konfigurationen mehrere Wochen gefahren.
Hier haben wir das Actofive P-Train CNC getestet
- Singletrails, BW: Hometrails, mit großer Bandbreite, von entspannt, bis verwinkelt, bis schnell
- Freiburg: schnelle, ruppige, gebaute Trails
- Bikepark Geißkopf: schnelle, ruppige Bikeparkstrecken mit größeren Sprüngen, steilen Abschnitten, aber auch Flowtrails
- Graz: steil, schmal, technisch
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
Hier findest du alle weiteren Artikel der Neuen Deutschen Welle:
- Müsing Specter im Test: Individuell und schnell?
- Actofive P-Train CNC im Test: P-Zug? D-Zug!
- Crossworx Dash290 Enduro-Bike im Test: Reinhalten wie ein Tankwart
- Last Tarvo im Test: Schlicht und ergreifend
- Kavenz VHP16 im Test: Nicht nur virtuell richtig schnell!
- Neue Deutsche Welle: 6 innovative Bikes aus Deutschland im Test
72 Kommentare