Unser äußerst erfolgreicher, schneller und gut aussehender Blogger Andreas Kolb war natürlich bei den beiden Übersee-World Cups in Snowshoe, USA, und Mont-Sainte-Anne, Kanada, am Start. Was der Österreicher mit dem prächtigen Oberlippenbart dort erlebt hat und wie die Rennen für ihn liefen, erfahrt ihr im Nordamerika-Doppel-Blog. Viel Spaß beim Lesen.
Servus, liebe MTB-News-Leser! Spät aber doch melde ich mich wieder bei euch. Mit dem engen Rennkalender habe ich es nach Snowshoe leider nicht geschafft, den Blog fertig zu schreiben. Dafür gibt’s jetzt einen Doppelpack von den beiden Downhill World Cup-Rennen in Nordamerika.
Snowshoe/USA
Mittwoch – Trackwalk
Snowshoe zeigte sich dieses Mal von einer ganz anderen Seite als in den letzten Jahren. Statt Sonne, Staub und Temperaturen von bis zu +30° C bekamen wir dieses Jahr fast nur Regen und Nebel zu sehen. Da die Strecke zu 50 % aus Steinfeldern besteht, wusste ich bereits vor dem Trackwalk, dass es dieses Jahr extrem schwierig werden würde – was meine Motivation aber keineswegs minderte. An diesen Kurs habe ich nur gute Erinnerung und ich konnte es kaum erwarten, ihnen weitere hinzuzufügen.
Die Trailcrew hat dieses Jahr richtig gute Arbeit geleistet und die Strecke sah noch besser aus als zuvor. Alle meine Lieblingssektionen waren immer noch gleich und das eher langweilige erste Waldstück wurde durch ein frisches und technischeres ersetzt. Ich wartete daher ungeduldig darauf, mich am nächsten Tag aufs Bike zu stürzen.
Donnerstag – Training
Die ersten paar Trainingsläufe liefen ziemlich bescheiden, um ehrlich zu sein. Je mehr Läufe auf der schlammigen Strecke gemacht wurden, umso rutschiger wurde es. Der ganze Schlamm aus den frischen Waldsektionen wurde in die unzähligen Steinfelder gezogen und die Steine wurden rutschiger als nasse Wurzeln.
Ich hatte wirklich große Probleme, am Bike zu bleiben und irgendwie die Linie zu halten. Jedes Mal, wenn ich stehen blieb und andere Fahrer beobachtete, sah ich jedoch, wie sehr auch sie Probleme hatten. Wenn man Leute wie Amaury Pierron an einem vorbeirutschen sieht und diese aussehen wie völlige Anfänger, fühlt man sich selbst wieder etwas besser, haha.
Dadurch, dass man so viel gegen das Rad kämpfen musste, um auf der Linie zu bleiben, war es körperlich extrem anstrengend, einen vollen Lauf zu machen. Ich habe mich im Timed Training dann hauptsächlich auf die ersten zwei Splits konzentriert, um meine Energie für die nächsten zwei Tage zu sichern.
Freitag – Qualifikation
Am Qualitag wurde es noch einmal rutschiger. Kurz vor dem Trainingsende hörte es auf zu regnen und der Schlamm wurde immer schmieriger und schwerer. Mein Qualifikationslauf war mein erster voller Lauf der Woche und fühlte sich an wie eine halbe Ewigkeit. Nach dem langen Tretstück in der Mitte war ich bereits angeschlagen und hatte stark zu kämpfen, um keine Fehler zu machen. Wenn man körperlich angeschlagen ist, wird es schwierig, die feinen Linien im unteren Rockgarden zu erwischen. Irgendwie habe ich es jedoch ganz gut gemeistert und einen erfreulichen 6. Platz belegt.
Was mich jedoch umso mehr gefreut hat, war der fünfte Platz von Ronnan Dunne. Mein Teamkollege Carlie Hatton und ich haben ihm nämlich am Anfang der Woche mit seinem Fahrwerkssetup geholfen. Im Endeffekt gaben wir ihm exakt unser Gabel- und Dämpfer-Setup und wie es scheint, funktionierte das einwandfrei für den jungen Irländer (unter Piefkes besser bekannt als Iren, Anm. d. Red.).
Samstag – Finale
Am Finaltag wurde es immer trockener und ich war sehr froh, mich gut qualifiziert zu haben, da die Strecke für die Top 10 sicher am schnellsten sein würde. Viele Fahrer sind im Training schon auf Trockenreifen umgestiegen. Ich entschied mich jedoch, auf dem Nassreifen zu bleiben, da ich mir diesem Reifen in Leogang bei ähnlichen Bedingungen mein erstes Podium gesichert habe. Zwei Stunden vor meinem Rennlauf hat mir die Nervosität schwer zu schaffen gemacht. Tief in mir wusste ich, dass ich heute um den Sieg fahren könnte, und das hat mich fertig gemacht – ich konnte nicht einmal normal essen. Gut eine Stunde vor meinem Lauf legte sich die Nervosität jedoch und mein Fokus war wieder voll da. Ich wusste, wenn ich einfach Spaß habe und mein Bestes gebe, wird etwas Gutes dabei rauskommen.
Von da an bin ich richtig in den Flow gekommen – sogar das Warm-up hat mir Spaß gemacht. In meinem Rennlauf habe ich vom ersten Meter an Vollgas gegeben und es ist gerollt wie von allein. Ich habe immer wieder kleine Fehler gemacht, die mich jedoch nicht weiter gestört haben. Ich wusste, heute wird keiner einen fehlerfreien Lauf runterhauen. Als ich beim Zielsprint bei meinen Splits Grün leuchten sah, habe ich noch einmal alles aus meinen müden Beinen rausgeholt. Anhand der Reaktion der Zuseher wusste ich sofort, dass ich gerade in Führung ging. Und ich konnte es wieder einmal nicht glauben. 1,7 Sekunden Vorsprung auf Greg Minnaar waren schon richtig geil. Dann war jedoch Ronan unterwegs und er war 1,5 Sekunden vor mir bei der Zwischenzeit. In diesem Moment bereute ich es vielleicht ein bisschen, ihm geholfen zu haben. Gott sei Dank beendete er das Rennen jedoch knapp hinter mir und mir fiel ein Stein von Herzen, haha.
Loïc Bruni und Thibaut Daprela konnte ich noch hinter mir lassen und ich habe das Rennen auf Platz 3 hinter Bernard Kerr und dem Sieger Amaury Pierron beendet. Somit habe ich meinen vierten Platz von der Lenzerheide eingestellt und bin endlich auf dem wohl ersehnten Podest gelandet. Die Siegerehrung war noch das absolute Highlight für mich. Der Hauptplatz von Snowshoe war gefüllt mit Fans und die Stimmung war der Wahnsinn. Auf das Podium zu gehen, kann einen wirklich süchtig machen. Und zu sehen, wie sehr sich Ronan über seinen vierten Platz gefreut hat, war einfach nur schön. Viel Zeit hatten wir aber leider nicht zu feiern, da es am nächsten Tag direkt weiter nach Kanada ging. Naja … etwas gefeiert wurde natürlich schon, haha!
Mont-Sainte-Anne/Kanada
Mittwoch – Trackwalk
Am Weg nach Kanada bin ich leider krank geworden und musste die ersten paar Tage erst mal im Bett verbringen. Ich war mir sicher, dass ich mir Covid eingefangen habe, denn Symptome hatte ich so ziemlich alle – aber die Tests waren zum Glück negativ. Am Mittwoch beim Trackwalk fing es dann an, besser zu werden. Mein Kopfweh wurde immer weniger und ich fühlte mich generell wieder besser. Als ich die Strecke gesehen habe, ging es mir noch etwas besser. Ich habe Mont-Sainte-Anne immer gefürchtet, da es mir etwas zu schnell geradeaus ging. Dieses Jahr wurde jedoch das schnellste Stück in der Mitte durch ein neues und technisches Waldstück ersetzt. Der Rest der Strecke war ziemlich ähnlich gesteckt wie die Jahre zuvor und ich war schon gespannt, wie es mir auf der wahrscheinlich körperlich anspruchsvollsten Strecke ergehen würde.
Donnerstag – Training/Timed Training
Donnerstagmorgen wusste ich bereits, dass es ein harter Tag am Bike werden würde. Meine Beine waren vom Trackwalk am Tag davor ordentlich angeschlagen und ich stand generell etwas neben mir. Leider war es am Bike nicht viel anders. Die ersten drei Runs ging absolut nichts und ich musste alle 30 Sekunden stehen bleiben, da mir immer wieder schwummrig wurde. Das ist auf einer Strecke wie Mont-Sainte-Anne natürlich alles andere als optimal. Im Timed Training entschied ich mich, nur ein paar Splits zu trainieren, um mich wie schon in Snowshoe körperlich zu schonen. Überraschenderweise war ich in den meisten Splits vorne mit dabei. Der Speed musste also passen! Ich war dann mega froh, als der Tag endlich vorbei war und ich wieder schlafen gehen konnte.
Freitag – Qualifikation
Am Qualitag fühlte ich mich schon etwas besser, im Kopf war ich jedoch immer noch extrem müde. Ich versuchte mich dann mit jeder Menge Zucker irgendwie zu motivieren und das funktionierte auch. Nach 2–3 Cola und ein paar Haribo war endlich etwas Leben in mir zurückgekehrt und es begann wieder Spaß zu machen. Danke Zucker, haha!
Mein Qualifikationslauf lief bis zum legendären „Stevie Smith Rock“ auch wirklich gut. Von dort weg hatte ich jedoch stark mit Armpump zu kämpfen. Teilweise fuhr ich Sektionen wie den unteren Rockgarden komplett ohne Finger auf den Bremsen, da ich mich sonst nicht mehr festhalten konnte. So etwas hatte ich noch nie zuvor und es war mega angsteinflößend. Am Ende belegte ich Platz 7 in der Quali, womit ich natürlich mehr als happy war. Bis Split drei habe ich sogar auf Platz 3 gelegen.
Samstag – Finale
Im Abschlusstraining habe ich meine Ellbogenschützer auf die Seite gelegt und bemerkte sofort, dass ich weniger Armpump bekam. Normalerweise fahre ich nicht gerne ohne Ellbogenschützer – erst recht auf so harten Strecken. In diesem Fall war es jedoch sicherer ohne als mit den Schützern, da ich am Ende einfach mehr Kontrolle hatte. Körperlich war ich am Finaltag schon sehr am Ende und ich konnte es kaum erwarten, diese Woche hinter mich zu bringen. Mein Mindset war nicht dasselbe, wie bei den letzten paar Rennen. Ich wollte einfach ein solides Rennen fahren, um im Gesamt-World Cup in den Top 5 zu bleiben und vor allem gesund nach Hause zu kommen.
In meinem Rennlauf schien auch alles nach Plan zu laufen. Im oberen Teil konnte ich einen guten Flow finden und ich hatte ein richtig gutes Gefühl am Bike. Nach rund 2 Minuten fing ich jedoch an, wieder müde im Kopf zu werden und begann Fehler zu machen. Von dort an blieb ich mehr in meiner Komfortzone und konzentrierte mich, nur sauber zu fahren, um keine Fehler mehr zu machen. Die härtesten Sektionen hatte ich bereits hinter mir und fing wieder an zu pushen, um im letzten Stück noch mal alles rauszuholen. In einer einfachen Sektion, wo man nur eine Piste quert, hörte ich plötzlich ein lautes Zischen und ich verlor sofort Luft in meinem Hinterrad. Ich konnte es kaum glauben, da ich keinen Fehler gemacht und keinen Stein schlimm erwischt hatte.
Trotzdem habe ich noch versucht, mit Vollgas ins Ziel zu fahren. Keine Chance! Ich bin hin und her gedriftet und musste an den letzten zwei Sprüngen vorbeirollen. Bei der Split lag ich noch auf Rang 7 und am Ende auf Platz 44. Die Frustration war groß! Nach ein paar Minuten habe ich mich jedoch wieder eingefangen und war sogar mehr oder weniger happy. Nicht happy über das Ergebnis, sondern happy über meine Leistung. Trotz starker Erkältung war ich auf dem Weg zu einem Top 10-Ergebnis und Defekte gehören in unserem Sport einfach dazu. Das krasseste war jedoch, dass ich immer noch auf Platz 5 in der Gesamtwertung lag. Wenn mir das am Anfang der Saison jemand gesagt hätte, dass ich mit Nummer 5 in den letzten World Cup starten werde, hätte ich denjenigen mehr als nur ausgelacht!
Wie geht’s weiter?
Die letzte Woche konnte ich gut nutzen, um wieder fit zu werden und mittlerweile geht’s mir auch wieder ziemlich gut. Jetzt heißt es, noch eine weitere Woche gut trainieren, bevor ich bei der MTB-Weltmeisterschaft in Les Gets wieder topfit am Start stehen werde. Ich freue mich schon extrem, das Österreich-Trikot überzuziehen und Vollgas zu geben.
Macht’s gut und bis bald
Andi
Was meinst du – gibt’s in Les Gets die zweite österreichische WM-Medaille nach Trummers Vize-Titel 2020?
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