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Antidote Carbonjack 29 im Test
Der Stealth-Jet für den Wald!

Antidote Carbonjack 29 im Test: Selten wurden wir während eines Tests so oft auf unseren fahrbaren Untersatz angesprochen wie in den vergangenen Wochen mit dem Antidote Carbonjack 29. Das in Polen handgefertigte 29″-Enduro-Bike sticht mit seinem kantigen Sichtcarbon-Rahmen und dem auffälligen Hinterbau mit 150 mm Federweg definitiv aus der Masse heraus. Ob sich das Carbonjack auch so denkwürdig fährt, wie es aussieht, erfahrt ihr hier im Testbericht!

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Steckbrief: Antidote Carbonjack 29

EinsatzbereichEnduro
Federweg160-170 mm/150 mm
Laufradgröße29ʺ
RahmenmaterialCarbon
Gewicht (o. Pedale)14,4 kg
RahmengrößenS, M, L, XL (im Test: L)
Websiteantidotebikes.com
Preis: 3.799 € (Rahmen)

Carbon hat sich im Mountainbike-Sektor längst als Konstruktionswerkstoff der Wahl neben Aluminium etabliert. Doch kaum ein Unternehmen holt aus den teils sehr vorteilhaften Eigenschaften der Kohlefasern so viel heraus wie Antidote. Die polnische Manufaktur fertigt die Rahmen in Eigenregie in Polen – mit dem Carbonjack 29 gibt es mittlerweile auch ein erstes 29″-Bike. Dieses verfügt über 150 mm Federweg am Heck sowie 160 bis 170 mm an der Front. Neben dem hauseigenen FDS-Federungssystem, das den Dämpfer optisch auffällig hinter dem Sitzrohr platziert, soll vor allem die Golden Ratio-Geometrie für ein hervorragendes Fahrverhalten auf Enduro-Trails aller Art sorgen. In Deutschland kann man Antidote-Räder über den Vertrieb RTB Bikes beziehen.

# Das Antidote Carbonjack 29 ist optisch schonmal eins der spannendsten Enduro-Bikes, die es aktuell auf dem Markt gibt - das Carbon-Rad wird in Polen handgefertigt, verfügt über 150 mm Federweg am Heck und 29"-Laufräder. Wir konnten es mehrere Wochen lang fahren.
Diashow: Antidote Carbonjack 29 im Test: Carbon-Jack-Off
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Im Detail

Gut möglich, dass der Designer des Antidote Carbonjack 29 ein Bild von einem Stealth-Flugzeug an seiner Pinnwand hängen hatte, als er die ersten Linien auf Papier gebracht hat. Die Linienführung des Carbon-Rahmens ist mehr als aufregend: zwei Löcher am hinteren Ende des Hauptrahmens sorgen für einen sehr futuristischen Look. Und auch sonst sieht das Carbon-Geschoss eher aus, als sollte es Radar-Strahlen ablenken und nicht etwa in Rekordgeschwindigkeit über einen Trail fliegen. Unter dem dicken, glänzenden Klarlack kommt ein feines und sehr regelmäßiges Carbon-Gewebe zum Vorschein. Dieses besteht dem polnischen Hersteller zufolge nicht nur aus Kohlefasern – diesen wurde Vectran und an speziellen Stellen auch Kevlar beigemischt. Die Kombination soll zu einem besonders widerstandsfähigen Material beitragen. Außerdem ist die Verarbeitung an unserem Test-Bike wirklich erstklassig: es lassen sich kaum Fehler oder Unsauberkeiten im Carbon-Muster ausmachen. Antidote scheint sich seiner Sache auch recht sicher zu sein, denn auf den Lack sowie die Lager gibt es zwei Jahre Garantie – auf den Rahmen selbst eine lebenslange Garantie für den Erstbesitzer!

# Das Sichtcarbon ist eine Augenweide - trotz der teils extrem komplexen und kantigen Formen sieht man kaum mal einen Fehler im Schachbrett-Muster!
# Am auffälligsten sind natürlich die Löcher im Rahmen, die ihm ein sehr stealth-artiges Erscheinungsbild bescheren.
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Antidote setzt am Carbonjack 29 auf das FDS-Federungssystem. Dabei handelt es sich um ein System mit virtuellem Drehpunkt, bei dem der Hinterbau über zwei entgegengesetzt drehende Hebel mit dem Hauptrahmen verbunden ist. Der Dämpfer ist schwimmend zwischen den beiden Hebeln positioniert – wird also von oben und unten komprimiert. Ähnlich wie bei älteren Propain-Modellen sitzt der Dämpfer hinter dem Sitzrohr, direkt vor dem Hinterrad. Antidote hat jedoch vorgesorgt und ein Carbon-Schutzblecht angebracht, das den Dämpfer vor zu direktem Schlammbeschuss bewahren soll. Außerdem wird der Dämpfer seitwärts eingebaut, was einerseits Platz für den Ausgleichsbehälter schafft, andererseits die Erreichbarkeit der verschiedenen Einsteller verbessern soll. Die Links selbst sind aus Aluminium gefräst und bestehen aus mehreren miteinander verschraubten Teilen. Die Dämpferschrauben bestehen aus Titan.

# Das FDS-System setzt auf einen schwimmend, zwischen zwei Umlenkhebeln gelagerten Dämpfer.
# Damit man trotz der beengten Position gut an alle Einstellknöpfe kommt, ist der Dämpfer unten seitlich gedreht.
# Ein großzügiges Carbon-Schutzblech schützt ihn trotz exponierter Position sicher vor den Elementen.
# Die Umlenkhebel werden aus Aluminium gefräst und verschraubt.
# Die Dämpferschrauben wiederum bestehen aus Titan - insgesamt geht es also schon sehr edel zu bei Antidote!

Alle Leitungen werden intern klapperfrei und äußerst unauffällig geführt. Die Eingänge sind schön gefertigt und kommen gänzlich ohne dick auftragende Gummi-Stopfen aus. Dafür laufen die Kabel unterm Tretlager entlang und sind dort dem Beschuss durch das Vorderrad ausgesetzt – in der Praxis hat eine derartige Leitungsführung bei uns jedoch noch nie zu Problemen geführt. Einen Protektor am Unterrohr, wie man ihn an vielen modernen Carbon-Enduros findet, sucht man beim Antidote Carbonjack 29 vergeblich. Dafür wird die Kettenstreben von einem schmalen und unauffälligen Gummi-Schoner überzogen, der die wichtigsten Stellen zu bedecken scheint. Auf dem voluminösen Unterrohr ist bei unserem L-Rahmen Platz für eine große 0,7 l Trinkflasche. Außerdem kann man sich aussuchen, ob man ein gepresstes oder geschraubtes Tretlager verbauen möchte.

# Die Leitungen werden über schmale und unauffällige Öffnungen intern geführt.
# Schalt- und Bremsleitung sind unterhalb des Tretlagers geführt - das ist nicht die ideale Position, sorgt allerdings selten bis nie für Probleme.
# Das Unterrohr wird von einem riesigen Antidote-Schriftzug bedeckt - einen Schoner gegen Steinschlag und Aufsetzer findet man hingegen nicht.
# Unser Testbike hatte ein geschraubtes Tretlager - laut Antidote ist aber auch Pressfit möglich.
# Die kleine Manufaktur macht alles bis hin zur Sattelklemme in Eigenregie.
# Unser Testbike war nicht neu und hatte einige wenige Gebrauchsspuren - der dicke Klarlack wirkt jedoch äußerst hochwertig und widerstandsfähig.

Geometrie

Neben dem Erscheinungsbild hat Antidote auch besonderen Wert auf die Geometrie gelegt – diese hat mit „Golden Ratio“ sogar einen eigenen, Marketing-tauglichen Namen bekommen. Ein Blick auf die Tabelle offenbart, dass vor allem die Reach-Werte zwar durchaus lang ausfallen, der Rest allerdings nicht unbedingt revolutionär ist. Alle Rahmengrößen haben den moderat flachen 65°-Lenkwinkel, ganze 32 mm Tretlagerabsenkung, einen mit 450 mm ordentlich langen Hinterbau und einen effektiven Sitzwinkel von 75,5° bis 76° gemeinsam. Der Reach wächst von der kleinsten Größe S  bis zur größten XL von 430 mm bis auf gewaltige 510 mm und sollte so auch sehr große Fahrer zufriedenstellen. Kombiniert wird dies mit einem ordentlich hohen Stack von 621 bis 649 mm.

Rahmengröße S M L XL
Laufradgröße 29″ 29″ 29″ 29″
Reach 430 mm 450 mm 480 mm 510 mm
Stack 621 mm 621 mm 634 mm 649 mm
STR 1,44 1,38 1,32 1,27
Lenkwinkel 65° 65° 65° 65°
Sitzwinkel, effektiv 75,5° 75,5° 75,8° 76°
Oberrohr 590 mm 610 mm 641 mm 671 mm
Steuerrohr 100 mm 100 mm 115 mm 130 mm
Sitzrohr 420 mm 440 mm 470 mm 500 mm
Kettenstreben 450 mm 450 mm 450 mm 450 mm
Radstand 1.203 mm 1.223 mm 1.259 mm 1.293 mm
Tretlagerabsenkung 32 mm 32 mm 32 mm 32 mm
Tretlagerhöhe 344 mm 344 mm 344 mm 344 mm
Federweg (hinten) 150 mm 150 mm 150 mm 150 mm
Federweg (vorn) 160 mm 160 mm 160 mm 160 mm
# Der Sitzwinkel fällt auf dem Papier recht steil aus - wirkt durch den starken Knick auf Höhe des Dämpfers jedoch bereits beim Ansehen eher flach.

Ausstattung

Das Carbonjack 29 ist das einzige Rad, das die kleine polnische Manufaktur Antidote auch als Komplettbike anbietet. Dieses unterscheidet sich jedoch teils recht deutlich von unserem Test-Aufbau, der uns so von Antidote zur Verfügung gestellt wurde. Das Komplettbike kostet je nachdem, ob man ein Fox Factory oder Öhlins-Fahrwerk nimmt, 7.199 € bis 7.799 €. Antrieb und Bremsen stammen aus der Shimano XT-Linie, die Laufräder von Industry Nine, die Sattelstütze von OneUp und der Lenker von Antidote selbst. Unser Testrad war mit dem Öhlins-Fahrwerk, einer XTR-Ausstattung und edlen DT Swiss EXC 1200 Spline-Laufrädern noch etwas mehr in Richtung Bling-Bling getrimmt. Außerdem waren zu Beginn des Tests Cushcore XC-Reifeninserts in den Exo+ Reifen aus dem Hause Maxxis installiert.

Aufbau Testrad:

RahmenCarbonjack 29″, FDS Suspension, 150 mm, Boost
FedergabelFox 36 Factory Grip2 160 mm / Öhlins RFX 36 160 mm
DämpferFox Float X2 Factory 210×55 mm / Öhlins TTX 22M
LaufräderIndustry Nine Enduro S Hydra
SchaltwerkShimano XT RD-M8100 SGS
SchalthebelShimano XT SL-M8100
KassetteShimano XT CS-M8100 10-51T 12s
KetteShimano XT CN-M8100
KurbelnShimano XT FC-M8120 32T
TretlagerShimano BB-MT500
BremsenShimano XT BL-M8100/BR-M8120 4-pistons / 203 mm
SattelstützeOne Up V2 M-150 mm, L-180 mm, XL-210 mm
LenkerAntidote 800 mm
VorbauOne Up 35 mm
ReifenMaxxis Minion DHF 29×2,5WT EXO+/DHR II 2,4WT EXO+
SattelWTB SL8 Cromoly
SteuersatzCaneCreek 40 ZS44/ZS56
GriffeRaceFace
Preis (UVP)7.199–7.799 €

# Unser Antidote Carbonjack 29-Testbike ist mit einem Öhlins-Fahrwerk ausgestattet und kann auch so bestellt werden. - An der Front werkelt die RXF 36 M2-Federgabel mit 160 mm Federweg.
# Im Hinterbau versteckt wiederum ist ein Öhlins TTX 22M-Stahlfederdämpfer - dieser verwaltet 150 mm FDS-Federweg.
# Die Sattelstütze stammt von OneUp Components …
# … und bietet 170 mm Hub.
# Der von Antidote ebenfalls vertriebene Candy Ray-Carbon-Lenker glänzt in schicker Carbon-Optik und ist mit 810 mm ordentlich breit!
# Für ordentlich Bremspower sollen Shimano XTR-Bremsen mit …
# … 4-Kolben-Sätteln und 203 mm-Scheiben sorgen.
# Maxxis Minion-Reifen sind auf DT Swiss-Carbon-Laufräder aufgezogen.
# Im Inneren ist vorne und hinten ein Cushcore XC-System untergebracht.

Auf dem Trail

Zu Beginn sind wir das Antidote Carbonjack 29 auf unseren Hometrails im Thüringer Wald gefahren. Diese werden häufig durch recht knackige Forstweg-Anstiege erreicht, die direkt vor der Haustüre starten. Während es einige Bikes gibt, auf denen man Platz nimmt und sich sofort fühlt, als wäre man sein ganzes Leben noch nichts anderes gefahren, haben wir beim Antidote einiges an Eingewöhnungszeit benötigt. Daran war neben der Golden Ratio-Geometrie unseres L-Rahmens jedoch vor allem die gewählte Ausstattung schuld.

Dank 810 mm breitem Lenker, 480 mm Reach und zwar auf dem Papier steilem, aber mit ordentlich Sattelauszug dann doch vergleichsweise flachem Sitzwinkel sitzt man bergauf mit 1,83 m Körpergröße einfach extrem gestreckt. Da kann auch der 30 mm kurze Vorbau nichts dran ändern. Außerdem waren wir mehr als überrascht, wie deutlich man die schmalen Cushcore XC-Reifeninserts bergauf spürt. Auf ohnehin vom herbstlichen Regen aufweichten Schotterstraßen fehlt eigentlich nur noch das monotone „VrrrrmVrrrrmVrrrrrm“ und man hätte endgültig das Gefühl, auf einem Rollenrad in höchster Widerstandsstufe zu sitzen. Denn nach jeder Kurbelumdrehung will das Rad sofort stehen bleiben und rollt kaum vorwärts.

# Selten waren wir so gespannt auf die ersten Fahrten mit einem Testbike! - Zunächst benötigte es beim Antidote Carbonjack 29 allerdings einige Anpassungen, damit wir uns so richtig wohlfühlen konnten!

Keuchend und deutlich hinter der Gruppe oben angekommen war dann dank potentem Öhlins-Fahrwerk mit Stahldämpfer die Hoffnung groß, dass die Mühe wenigstens durch Rekordgeschwindigkeiten in der Abfahrt entgolten wird. Allerdings wollte sich auch hier zunächst kein so richtig angenehmes Fahrgefühl einstellen. Der 450 mm-Hinterbau führt zusammen mit dem großen Reach zu einem ordentlich langen Radstand und mit dem breiten Lenker fühlt man sich richtig aufgespannt und bewegungsunfähig auf dem Rad. Dazu macht der kurze Vorbau die Lenkung recht nervös. Also ging’s schnell ab nach Hause, um erstmal die Ausstattung anzupassen!

Als Erstes sind die Cushcore-Inserts aus den Reifen geflogen – mit Exo+ Karkasse ist man im Mittelgebirge meistens ausreichend gegen Platten gewappnet. Ein Truvativ Descendant-Cockpit mit 50 mm-Vorbau und auf 780 mm gekürztem Alu-Lenker sorgte für ein wesentlich vertrauteres Gefühl an der Front und eine ausbalanciertere Fahrposition bergauf und bergab. Und siehe da: Bergauf schlägt sich das Rad gar nicht so schlecht! Für unseren Geschmack ist der reale Sitzwinkel – vor allem wenn man eher lange Beine hat – immer noch etwas zu flach. Mit komplett nach vorne geschobenem Sattel und schmalerem Lenker geht die Position allerdings halbwegs in Ordnung. Tatsächlich hatten wir trotz geringem Druck auf der Front sehr selten mit einem steigenden Vorderrad zu kämpfen, was wohl an den langen Kettenstreben liegen dürfte. Dazu liefert der FDS-Hinterbau irrsinnige Mengen an Grip – der Maxxis Minion DHR II-Hinterreifen ist zwar nicht gerade als winterlicher Matsch-Spezialist bekannt, trotzdem haben wir natürliche Anstiege mit dem Carbonjack 29 nie gefürchtet.

# Ohne die schwerfälligen Cushcore-Inserts und mit einem Truvativ Descendant-Cockpit in passenderen Abmaßen wird das Antidote deutlich manövrierbarer. - Das Rad fühlt sich jedoch immer noch nach mehr als 150 mm Federweg an und braucht etwas Input, um in die Luft zu gehen.

Das lange Rad liegt einfach auf der Strecke wie ein Brett.

Doch wie schaut es nun in der Abfahrt aus? Bis wir uns so ganz heimelig auf dem Antidote Carbonjack 29 gefühlt haben, hat es tatsächlich einige Abfahrten gedauert. Als wir dann aber in ein Gebiet mit eher weiten, sandigen Kurven und hoher Geschwindigkeit gewechselt sind, hat es recht schnell „klick“ gemacht. Das lange Rad liegt einfach auf der Strecke wie ein Brett. Daran dürfte auch das Öhlins-Fahrwerk nicht ganz unschuldig sein, das ohne großen Einstellungs-Aufwand (wir haben uns kaum von den vorgegebenen Einstellungen entfernt) einen extrem gelungenen Mix aus Grip und Gegenhalt bietet. Dadurch würde man dem Antidote tatsächlich mehr Federweg zusprechen, als es hat. Allerdings nicht, weil es träge und leblos wäre – stattdessen nutzt es immer die korrekte Menge an Federweg und fühlt sich so in sehr unterschiedlichen Fahrsituation ziemlich identisch an.

Auch bei extrem hohen Geschwindigkeiten bleibt der Bolide ruhig, lässt sich jedoch an kleinen Wellen und Kanten gut in die Luft bewegen. Eine übermäßig kreative Linienwahl hingegen ist nicht unbedingt die Stärke des Carbonjack, was vor allem dem langen Radstand geschuldet sein dürfte. Dafür liegt es sehr ausbalanciert und ruhig in der Luft und könnte so ein idealer Begleiter für ausgebaute Jumptrails sein – vorausgesetzt, man hat genug Anlauf und Geschwindigkeit. Auch vermurkste Landungen steckt der Hinterbau dank ausreichender Progression locker weg. Dabei hat man allerdings nie das Gefühl, dass das Heck gegen Ende des Federwegs stark zu macht, wodurch es einem die Fersen nach unten durchdrückt – eine unangenehme Eigenschaft einiger sehr progressiver Bikes. Stattdessen klebt das Rad mit einem sachten „FLOMP“ auf dem Waldboden. Einen metallischen Durchschlag konnten wir weder an Front noch Heck je provozieren.

# Große Hucks sind mit dem Antidote gar kein Problem - man muss zwar gut ziehen, um weit hinauszufliegen, dafür liegt es dann super sicher in der Luft und landet beeindruckend sacht.
# In ruppigen Sektionen liegt das Antidote Carbonjack 29 auf der Strecke wie ein Brett! - Reinhalten und festhalten funktioniert erstaunlich oft.
# Vor allem schnelle Strecken sind nach dem Gusto des polnischen Carbon-Wunders. - Hier fühlt man sich gut im Rad positioniert und genießt viel Traktion.

Nachdem wir so auf schnellen Strecken ein Gefühl für das Rad entwickeln konnte, muss es sich in technischerem Gelände beweisen. Und siehe da: Hat man einmal seine Balance gefunden, lässt sich das lange Ding erstaunlich behände durch den Fichtenslalom pressen. Grund für die lange Eingewöhnungszeit war jedoch, dass man das Rad durch den langen Radstand kaum ohne wegrutschendes Hinterrad durch die Kurve kriegt. Gerade auf natürlichen Strecken, die häufig aus einer ausgefahrenen Rinne bestehen, schabt das Hinterrad ständig am inneren Rand und bewegt sich so immer leicht seitwärts. Hat man allerdings wenigstens am Kurvenscheitelpunkt ausreichenden Gegenhalt und pflegt man einen eher runden Fahrstil mit viel Druck auf der Front, ist das alles gar kein Problem. Vorausgesetzt, man behält die Balance und lässt sich vom ständig ausbrechenden Heck nicht aus der Ruhe bringen.

Offcamber-Passagen sind nicht der größte Freund des Antidote Carbonjack 29.

Wirklich schwierig wird es erst, wenn der Gegenhalt fehlt – Offcamber-Passagen sind nicht der größte Freund des Antidote Carbonjack 29. Ein talentierterer Fahrer hätte hier sicher noch einiges aus dem Rad herausgeholt, aber so viel Mühe wir uns auch gegeben haben: Früher oder später haben wir eine Wurzel getroffen, die uns von der Linie und ins Gebüsch gezogen hat. Hier reicht es auch nicht mehr, einfach viel Druck auf die Front zu geben, weil dann das Hinterrad viel zu früh ausbricht. Stattdessen tanzt man eher etwas auf rohen Eiern und ist froh, wenn man wieder im sicheren Hafen der ausgefahrenen Rut gelandet ist.

# In engen Sektionen muss man richtig viel Arbeiten - kann man das Heck nicht einfach rumrutschen lassen, muss man eben mal ein paar Meter auf dem Vorderrad fahren.
# Kurven mit viel Gegenhalt sind mit dem Carbonjack gut zu meistern.
# Mit seinem langen Heck wirft es allerdings gerne ordentlich Dreck auf.

Das ist uns aufgefallen

# Nachdem wir den extrem breiten Lenker gegen einen auf 780 mm gekürzten Truvativ Descendant sowie …
# den 30 mm-Vorbau gegen ein 50 mm-Descendant-Modell getauscht haben, haben wir uns auf dem Rad wesentlich wohler gefühlt.
# Die Shimano-Bremsen haben einen knackigen Druckpunkt, leider neigt dieser jedoch dazu, zu schwanken. - Vor allem in ruppigen Passagen und bei Kälte haben wir dies als störend bei einer High-End-Bremse empfunden.
# Der Öhlins-Dämpfer macht einen hervorragenden Job und kitzelt das Beste aus dem FDS-Hinterbau heraus - er liefert viel Traktion und ausreichend Endprogression.

Fazit – Antidote Carbonjack 29

Mit dem Antidote Carbonjack 29 zeigt die polnische Manufaktur, dass äußerst hochwertige Carbon-Verarbeitung auch im kleinen Maßstab und in Europa gut funktioniert. Das Rad ist exzellent verarbeitet und vor allem optisch ein Leckerbissen für alle Kohlefaser-Fans. Im Einsatz giert es trotz moderaten 150 mm Federweg am Heck vor allem nach schnellen Strecken und überzeugt hier mit einer hohen Laufruhe sowie einem exzellenten Fahrwerk. Enger Fichtenslalom benötigt durch den langen Radstand einiges an Einsatz und Fahrtechnik – nach einer relativ langen Eingewöhnungszeit waren wie dennoch überrascht, wie wendig man das Carbonjack bewegen kann, solange irgendwo eine Bodenrinne Gegenhalt gewährt!

Pro / Contra

Pro

  • sattes Öhlins-Fahrwerk
  • ausreichend Progression am Heck
  • hohe Laufruhe
  • exzellente Verarbeitung
  • tolle Optik

Contra

  • träge auf engen Strecken
  • sehr gestreckte Fahrposition
# Wir haben zugegebenermaßen etwas Eingewöhnungszeit benötigt, um uns auf dem Antidote Carbonjack 29 so richtig wohl zu fühlen. - Dann lief der edel verarbeitete Hobel jedoch vor allem auf richtig schnellen Strecken laufruhig und ausbalanciert. Daran ist auch das exzellente Öhlins-Fahrwerk nicht unschuldig. Nur in engem Gelände mit wenig Gegenhalt würden wir uns ein kürzeres und wendigeres Rad wünschen!

Was haltet ihr vom Antidote Carbonjack 29 – wäre das spannend ausschauende Bike etwas für euch?


Testablauf

Wir sind das Antidote Carbonjack 29 im Verlauf mehrerer Wochen im Winter 2020 gefahren. Als Testgelände haben witterungsbedingt vor allem Trails im deutschen Mittelgebirge herhalten müssen, die allerdings von extrem technisch bis stark ausgebaut gereicht haben. Um den optimalen Testeindruck zu erzielen, wurden die Komponenten unseres Testbikes teils ausgetauscht.

Hier haben wir das Antidote Carbonjack 29 getestet

Tester-Profil: Gregor Sinn
Körpergröße 183 cm
Schrittlänge 85,5 cm
Oberkörperlänge 60 cm
Armlänge 61 cm
Gewicht 76 kg
Gregor fährt gerne Fahrräder jeglicher Kategorie, von Mountainbike bis Rennrad. Am liebsten ist er jedoch auf Downhill- und Enduro-Bikes unterwegs – gerne auch unter Zeitdruck im Renneinsatz.
Fahrstil
verspielt
Ich fahre hauptsächlich
Downhill, Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk
unauffällig, eher progressiv, wenig Druckstufe
Vorlieben bei der Geometrie
ausgewogen, nicht zu lang, Lenkwinkel nicht zu flach

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