Das erste Bike der Woche im Jahr 2016 gibt direkt zu denken. Es ist das Stevens F5 Comp von 1998, das IBC-User Bener gehört. Der Name sollte so manch einem von euch bekannt sein… das Bike jedoch eher weniger. Hören wir also genau hin und fragen uns, was dieses Bike eigentlich zum Bike der Woche macht. So viel vorweg: die Story ist unkonventionell und doch symbolisch.
Bike der Woche
Stevens F5 Comp, Bener
MTB-News.de: Hallo Daniel, dein Bike fällt in gewisser Hinsicht völlig aus dem Rahmen. Wie ist es zu deinem Bike gekommen, das wir heute als Bike der Woche vorstellen?
Hallo IBC,
ich nehme an viele denken gerade: „Jetzt spinnen die endgültig! Was zum **** soll das denn sein?!“
Klar, beim ersten Blick auf die Bilder erschließt sich nicht wirklich, warum mein Stevens es hier rein geschafft hat. Ein Bike der Woche sollte was besonderes sein, herausstechen, begeistern, faszinieren, Interesse wecken, einen zu einem „Wow“ zwingen. Und Ihr tut euch schwer damit. Das habe ich erwartet! Aber mal ganz ehrlich: Dieses Bike erfüllt diese Anforderungen. Für mich! Und zwar umfassend.
Und darum soll es gehen! Mein Stevens soll hier stellvertretend für all die Möhren, Gurken, Selbstaufbauten, Versenderbikes und Frankensteins stehen. Für all die Bikes der User, die nicht fernab im Internet auf bunten Seiten stehen, sondern bei euch im Keller, der Garage, im Wohn- oder gar im Schlafzimmer. Für all die Bikes die euch gehören, die euch immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern, auch wenn es „nur“ normale Bikes sind.
Wenn man mal wieder über einen Wurzelteppich fliegt, sich den Berg hinaufquält um sich die Abfahrt zu verdienen; wenn man mit Freunden eine schöne Zeit hat, wenn man eine Schlüsselstelle endlich fährt statt schiebt, wenn man die Alpen bezwingt, wenn man einfach eins ist mit dem Bike, dann hat man zwischen seinen Beinen eben genau sein Bike des Moments! Dann sind einem die Eloxalmassaker, die handgeschweißen, mundgelutschten und von Jungfrauen bemalten Edelböcke mit Froschvotzenledergriffen, Titanschräubchen überall, Helium in den Reifen, mit selbstlaminierten Carbonklingeln und Namen aus einem ausgiebigem Ovomaltinerausch vollkommen egal. Dann zählt nur das eigene Bike. Man kennt sich, man kennt die Resonanz des Rahmens, den Geruch des Schmierstoffgemisches; man kennt die Macken, jede Schraube, jeden Kratzer. Dafür liebt man es!
Und deshalb sind all eure Bikes Bike der Woche, so wie meines auch. Faktisch kann ein Bike nicht “nicht Bike der Woche würdig” sein. Das sag ich jetzt mal so.
Mein Stevens, wie es heute dasteht, ist das Ergebnis einer langen Evolution. Meine Bikes haben sich ständig verändert und sind immer ineinander übergegangen. Auslöser für Veränderungen waren immer mehr oder weniger einprägsame Schlüsselerlebnisse. Angefangen hat es mit einem geschenkten Fischer Hardtail. Eine Katastrophe in jeder Hinsicht, aber ich war angefixt. Die erste Veränderung waren V-Brakes, weil die grottigen Blech-Cantis nix taugten. Eine erste Ausfahrt zum vorsichtigen Testen endete in einem Salto vor einer Konstanzer Disco, nachdem mir ein Bekannter aus der Warteschlange zugerufen hat und ich spontan die neuen Bremsen vergaß. Die Show vor den angetrunkenen Feierwütigen war auf meiner Seite, aber der Lenker krumm und der Schaftvorbau in der Gabel festgebogen.
Dann kam ein Asia-Hardtailrahmen von der Eurobike. Resteficken am Besuchertag! 20€ und die Gewissheit: Ich bin einer der gaaanz wenigen Komda Fahrer in Deutschland (wenn nicht der einzige). Erstmal wurde so viel wie möglich vom Fischer übernommen.
Ein mir noch gut in Erinnerung gebliebenes Schlüsselerlebnis war eine Abfahrt auf der feuchten / schlammigen Nordseite des Gehrenbergs. Im Tal waren die Bremsbeläge weg. Komplett! Ich brauch ne Disc! Sofort. Die mechanische BR-M515, gebraucht, Ebay, 10€ pro Sattel, hat mich dann bis Mitte 2015 begleitet und wurde dann gegen die Avid BB7 ausgewechselt. Die Shimano hat mich bis dahin aber nie im Stich gelassen.
Nächstes Schlüsselerlebnis war eine Abfahrt über einen Wurzelteppich, runter vom schwarzen Grat bei Isny im Allgäu. Ich brauch ne Federgabel! Es wurde dann eine Suntour Axxon, auch diese wanderte vorübergehend ans Stevens, bis ich Ende 2015 die Reba bekam. Das Komda bin ich dann lange fast unverändert gefahren und hab eigentlich nichts vermisst. Lange Touren, nichts wirklich Grobes. Alles im Komfortbereich.
Und dann kam ein für mich sehr prägendes KTWR-Treffen im Pfälzer Wald. Tja, wenn man dann in der Gruppe von Fullies gezeigt bekommt, was so alles möglich ist, riecht es nach Veränderung. Auch wenn ich beim Treffen deutlich offensiver und mutiger gefahren bin als je zuvor, war eindeutig das Bike der limitierende Faktor! Danke KTWR für dieses Schlüsselerlebnis.
Also: Kürzerer Vorbau, breiterer Lenker und: Sattelklemme mit Schnellspanner. Den Sattel abzusenken, war bislang nie nötig, aber es eröffneten sich auf einmal ungeahnte Möglichkeiten. Mein Komda war ein neues Bike! Tja, und eines meiner wichtigsten Schlüsselerlebnisse, nicht nur fürs Biken, ist meine Partnerin Susi. Rad fährt sie ja ganz gerne, aber sie wollte mich auch auf meinen Bike-Touren begleiten. Was macht sie folgerichtig: Kauft sich nen Fully! Und ich hab nur nen Hardtail? Geht ja gar nicht! Konsumzwang!
Also: Bikemarkt Suche angeschmissen. Fully Rahmen, sortieren nach Preis und den billigsten anfragen, bei dem nicht “defekt” im Titel steht. Voila: Mein Stevens! Nen anderen Dämpfer bekam ich dann noch von nem Radkollegen, und ab nun war ich Fully. Einfach alles vom Komda übernommen, lief problemlos. Kaum zu glauben, wie stabil Standards noch sein konnten! Und dann kamen eigentlich nur noch Kleinigkeiten, hier und da nen bisschen Gold, anderer Lenker, Sattelstütze unten absägen um weiter runter zu kommen, Bremsen und Gabel getauscht, tja, und dann die Speedhub, aber dazu unten mehr.
Wie man sieht: Das Stevens ist nicht ohne Grund genau so aufgebaut. Alles hat seine Ursprünge, alles ist gewachsen, genau zu dem, was es jetzt ist, und es ist meins und es ist toll und bereitet mir so viele Glücksmomente! Und deswegen ist es hier.
Worauf hast du beim Aufbau deines Bikes besonders geachtet?
Die Komponenten wurde immer nach Funktionalität ausgesucht. Was brauche ich, um dies oder das zu erreichen, und wie geht das möglichst günstig und optisch einigermaßen passend? Antworten auf diese Fragen habe ich oft im Bikemarkt gefunden. Bei Gebrauchtteilen ist das Preis/Leistungsverhältnis immer noch am besten.
Und wie oben beschrieben ging das ganze immer schrittweise vor sich. Wenn mich was störte, hab ich nach Alternativen gesucht. Das Gewicht ist mir schon lange ziemlich egal. Zumal man für ein paar Gramm weniger immer gleich viel Geld zahlen muss, die Funktion aber die gleiche ist.
Das einzige, was etwas Ausprobieren benötigte, war die richtige Lenker/Vorbau-Kombination für mich. Auch hier: Bikemarkt! Einfach ein paar abgerockte Varianten kaufen und ausprobieren. Jetzt passt’s.
Wie geht es mit deinem Bike weiter?
Tja, ein Bike ist eigentlich nie fertig. Aber mittlerweile bin ich an einem Punkt angekommen, an dem irgendwie alles passt! Zumindest funktional.
Denn durch den Speedhub-Kauf (und die Reba, die auch noch dazugekommen ist) geht mein geplantes Farbkonzept allerdings nicht wirklich auf. Das Weiß der Felgen und der Gabel stören meine Ideen. Was in ferner Zukunft mal passieren soll(te) ist: Rahmen neu pulvern in sattem Braun (Wobei wir ja wissen, dass rotes Farratt schneller als blaues), der Rest soll dann schwarz sein, mit goldenen Akzenten, passend zu den auch noch anzufertigenden goldenen Decals…
Aber: Momentan läuft alles, ich bin glücklich, also ist die lange Bank sehr lang, auf die die farbliche Umgestaltung geschoben wird.
Welchen Einsatzbereich hat das Bike?
Gut hoch, gut runter… Genussbiken, Touren fahren.
Was wiegt das Bike?
Ca. 16 kg. Nur deswegen hab ich mir eine Kofferwaage gekauft. Eigentlich war mir das egal. Jetzt weiß ich es. Frustriert mich das jetzt? Könnte es, tut’s aber nicht.
Was ist dein persönliches Highlight an deinem Bike der Woche?
Die Speedhub! Vor vielen vielen Jahren hat hier im IBC mal jemand gefragt, woher man denn eine Singlespeed-Nabe bekommt und eine der Antworten war: “Speedhub mit Bauschaum füllen!” Brilliant. Kurzes Googlen später war ich schlauer. Und seit ganz genau diesem Tag wollte ich eine haben.
Aber es kam immer was dazwischen. Nie hat das Geld gereicht! Neue Küche, neues Auto, Hochzeit, Kinder, viele Umzüge, teure Scheidung, Unterhaltszahlungen usw… Aber Ende 2015 hat es endlich gepasst! Ich konnte ein günstiges, gebrauchtes Komplettrad erwerben, das geschlachtet wurde. Einzelteile werden noch nach und nach verkauft, so dass sich der Preis für die Speedhub weiter reduzierte. Und ich muss sagen: Es hat sich echt gelohnt! Das Schalten macht einen riesen Spass! Und ich finde, sie passt perfekt ins Stevens.
Wie bist du zum Mountainbiken gekommen?
Radfahrer bin ich eigentlich schon “immer”. Im flachen und weitläufigen Norddeutschland war es aber mehr Fortbewegungs- als Sportgerät. Man musste zu den Partys am Deich, und man musste auch wieder zurück. Mama wollte nicht immer fahren. Schon gar nicht um 06:00 in der früh durch den Küstennebel!
Während des Studiums in Konstanz bekam ich dann von meiner Mitbewohnerin ihr altes Fischer (siehe oben) geschenkt. Und ab da nahm das Unheil seinen Lauf. Neben der Auf- und Umrüstung des Bikes kam irgendwann ein RR hinzu (8€ auf dem Flohmarkt, bis auf Laufräder, Lenker und Sattel fährt es noch immer wie gekauft!) und vor 2 Jahren noch ein altes Bianchi-Stahl MTB, das ich zum Singlespeed-Pendelrad mit Dropbar umgebaut habe. Radfahren ist also ein Teil meines Lebens.
Warum ich MTB fahre? In erster Linie, weil es mir einfach Spaß macht. Ich bin an der frischen Luft, genieße die Natur und den Wechsel der Jahreszeiten, sehe Tiere, rieche Pflanzen, treffe Freunde. Ich freue mich über kleine Fortschrittchen bei meiner Fahrtechnik. Ich suche neue Herausforderungen und versuche Grenzen auszuloten. Technisch, aber auch konditionell. Für mich gehört der Uphill ebenso dazu. Auch wenn ich langsam bin und oben nur noch ein Schatten meiner Selbst, verschwitzt und keuchend. Aber ich bin glücklich!
Mountainbiken als Lifestyle / die Industrie – deine Sicht.
Der Lifestyle ist mir ziemlich wumpe. Muss ich etwas darstellen oder wie ein Papagei durch den Wald fahren? Die neuesten Produkte kaufen? Nö! Brauch ich nicht! Hauptsache, alles funktioniert und ich kann meine Ausfahrten genießen. Was in der Bike-Industrie passiert nehme ich wahr und finde es spannend. Es gibt tolle Innovationen, aber viele Veränderungen halte ich für gezwungen und unnötig. Warum braucht man so viele unterschiedliche Standards? Nichts passt mehr zueinander! (Mecker, Jammer, 29er Gebashe!!)
Aber das tangiert mich nicht wirklich. Ich bin da eher Nutznießer, wenn dadurch mehr alter Krempel auf dem Gebrauchtmarkt landet. Ich werde noch sehr lange bei 26″ bleiben. Wenn ich mir 2015 ein 25 Jahre altes Rad gekauft habe, kann ich 2040 ein 2016er Rad kaufen… Aber das ist noch lange hin. Und was bis dahin noch passiert?! Ist mir egal! Mein Rad fährt und wird fahrbar gehalten.
Du und die Internet Bike Community – Wann bist du zu uns gekommen und was verbindest du mit dem IBC?
2004? Meine Güte, ist das lange her! Warum hab ich mir hier angemeldet? Ich denke, das war auf der Suche nach Lösungen beim Umbau meines ollen Fischers. Und dann ist man “hängen geblieben”.
Zunächst hab ich mich auch viel im Leichtbaubereich rumgetrieben, die Möglichkeiten faszinierten mich ungemein. Wie weit doch das Gewicht gedrückt werden kann! Aber mangels Kleingeld beschränkte sich der Aufenthalt dort nur aufs Lesen. Selber hatte ich nichts beizutragen, und mit der Zeit wurde das frustrierend und ich hab eingesehen, dass man mit normalgewichtigen Rädern auch gut die Berge hoch und runter kommt. Außerdem sind mir die Jungs dort oft etwas zu “ernst”.
Die Lampenbauer finde ich auch toll. Wie so viele hab ich mir damals auch nen Bleigel-Akku an den Rahmen gekloppt, 12V Halogenspot dazu und ab durch den Wald. Aufgrund der weiten Verfügbarkeit von günstigen LED-Lampen aus Fernost hat das für mich aber auch den Reiz verloren.
Tja, und dann bin ich gestrandet, im KTWR, und ich hab das Gefühl, erst jetzt bin ich wirklich hier zu Hause! Ich habe Freunde gefunden, wir machen gemeinsame Ausfahrten, wir feiern, blödeln rum, lassen es uns gut gehen. Und wir merken erst, wie gut es uns eigentlich geht, wenn wir mal ausversehen wo anders posten und es Gegenwind gibt!
Liebe Leichtbauer, Classiker, Liteviller und andere: Nehmt es uns KTWRlern nicht übel, wir wollen nur spielen! Abschließend zum IBC ist zu sagen: Es ist, wie das Biken, ein wichtiger Teil meines Lebens, und für mich gehören Biken und IBC fest zusammen!
Technische Daten: Stevens F5 Comp
Rahmen: Stevens F5 Comp, 19“
Gabel: RockShox Reba, 85 – 115 mm
Dämpfer: Fox Float RP 3
Steuersatz: FSA Orbit
Bremse: Avid BB7, 2x 180 mm, Speed Dial 7 Griffe
Vorbau: Crank Brothers Cobalt 1
Lenker: Answer Pro Taper 780 DH gold gekürzt auf 745 mm
Griffe: ODI Rogue lang links, kurz rechts
Felgen: DT Swiss XR 400
Naben: vorne DT Swiss 240 Hinten: Rohloff Speedhub
Reifen: Continental Baron ”Sport“, 26 x 2,3”
Kurbel / Innenlager: Shimano FC-M552, Label entfernt Innenlager: Standard
Kettenblatt: Shimano Irgendwas 32T
Kettenführung: No name aus dem Bikemarkt an ISCG Adapter + Race Face Bashguard Lightweight black
Schalthebel: Rohloff Drehgriff
Schaltwerk: Rohloff Speedhub, Point Singlespeed III Kettenspanner
Pedale: Shimano PD M 520 silber
Zughüllen: –
Kette: SRAM 8-fach
Kassette: Rohloff Ritzel 15t
Sattel: Brooks Swift
Sattelstütze: Was wollt Ihr denn alles wissen? Irgendeine Ritchey aus der Grabbelkiste, schräg gekürzt
Sattelklemme: Puuuhhh… Wie heißt die? Reset blabla in gold
Sonstiges:
Gehört an jedes Rad: Eine Klingel! Bei mir: Rockbros schwarz CS193
Über das Bike der Woche
Ihr habt auch ein Bike, das sich bestens in die ehrenhafte Riege der „Bikes der Woche“ einfügen kann? Dann lest euch die Regeln für folgendes Album durch und ladet ein Bild in selbiges hoch. Viel Erfolg! Die Regeln: So wird dein Bike „Bike der Woche powered by bike-components“
Das Album findet ihr hier: mtb-news.de/s/55943.
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