Neues Canyon Spectral 2024 im ersten Test: Seit vielen, vielen Jahren zählt das Canyon Spectral zu den beliebtesten Trail-Bikes überhaupt. Nun schickt Canyon eine Neuauflage des Allrounders in Rennen, die sich in zahlreichen kleinen, aber feinen Details unterscheidet. Ob im neuen Canyon Spectral Klassiker-Potenzial steckt, haben wir für euch getestet.
Video: Canyon Spectral 2024 im ersten Test
Steckbrief: Canyon Spectral 2024
Einsatzbereich | Trail |
---|---|
Federweg | 150 mm/140 mm |
Laufradgröße | 29ʺ, Mullet (29″/27,5″) |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 15,1 kg |
Rahmengrößen | XS, S, M, L, XL (im Test: M) |
Website | www.canyon.com |
Preisspanne | 3.399 € - 6.999 € |
Als Canyon Ende 2020 das überarbeitete Spectral präsentiert hat, waren die Koblenzer in mancherlei Hinsicht ihrer Zeit voraus: Mit für damalige Verhältnisse radikaler Geometrie und viel Federweg war das Trail-Bike fast schon in Enduro Race-Gefilden heimisch. Beim neuen Spectral könnte man nun meinen, dass sich außer einem neuen Anstrich nichts verändert hat. Doch der Teufel steckt im Detail: Mit vielen Detail-Veränderungen will Canyon ein Trail-Bike geschaffen haben, das Allround-tauglicher und besser geworden ist, ohne an den unbestrittenen Abfahrts-Qualitäten einzubüßen. Auf dem Papier bedeutet das: 140 mm Federweg am Heck, Carbon als Rahmen-Material der Wahl, dank Flip Chip nun beide gängigen Laufrad-Kombinationen – 29″ und Mullet – möglich und Preise ab 3.399 €.
Die wichtigsten Neuerungen
- KIS serienmäßig Ab sofort ist das in Kooperation mit Syntace entwickelte KIS-System zur Stabiliserung der Lenkung standardmäßig in allen Spectral-Rahmen integriert. Ausführungen ohne KIS gibt es – anders als bisher – nicht mehr. Man kann das Ausmaß der Stabilisierung wie gewohnt innerhalb weniger Sekunden anpassen. Ein kompletter Ausbau ist zwar nicht offiziell vorgesehen, ist aber weiterhin möglich.
- Weniger Federweg Das neue Spectral hat etwas weniger Federweg als der Vorgänger: 150 mm vorn und 140 mm am Heck bedeuten jeweils ein Minus von 10 mm. Dadurch soll die Neuauflage etwas mehr ein Allround-Trail-Bike sein.
- Anpassbarkeit der Laufradgröße Über einen kleinen Flip Chip am Heck kann man neuerdings problemlos zwischen 27,5″- und 29″-Hinterrad switchen. Bisher musste man sich beim Kauf für 29″ oder Mullet entscheiden, da die beiden Ausführungen unterschiedliche Hinterbauten hatten.
- Staufach im Unterrohr und Storage-Lösungen Nachdem bereits das neue Canyon Lux Trail (Test) mit einem praktischen Staufach im Unterrohr auf den Markt gekommen ist, zieht nun auch das Spectral nach. Über eine große Klappe lässt sich das Unterrohr als Aufbewahrung nutzen. Canyon bietet passend zum Staufach diverse maßgeschneiderte Produkte und Werkzeuge an.
- Nur noch Carbon Zum Launch wird das Canyon Spectral 2024 in vier Varianten angeboten, die allesamt auf einen Carbon-Rahmen setzen. Das „alte“ Alu-Spectral soll aber zunächst nicht aus dem Portfolio verschwinden.
Neu (weiß) vs. alt (neongrün) – benutze den Slider, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu sehen:
Im Detail
Man muss schon ziemlich genau hinschauen, um das neue Canyon Spectral 2024 von der bisher erhältlichen Variante unterscheiden zu können. Am grundlegenden Konzept wie auch an der Rahmenform hat sich nämlich zumindest auf den ersten Blick wenig bis gar nichts verändert. Als Trail-Bike mit 150/140 mm Federweg und abfahrtslastiger Geometrie positioniert Canyon das Spectral zwischen dem Enduro Race-Bike Strive (Canyon Strive-Test), dem kurzhubigen Spectral 125 und dem etwas gemäßigteren Allrounder Neuron.
Die wohl auffälligste optische Neuerung erkennt man am Ober- und Unterrohr. Letzteres fällt nun etwas voluminöser aus – was auch darin begründet liegt, dass Canyon nun ein praktisches Staufach ins Unterrohr integriert hat. Auf der Rückseite des Flaschenhalters befindet sich eine große Klappe, die sich unkompliziert öffnen und schließen lässt. Im Unterrohr ist Stauraum für alle möglichen Helferlein. Mit dem Load System bietet Canyon eine vorgefertigte Tasche, in der unter anderem ein Ersatzschlauch, eine CO₂-Kartusche und ein Kopf für die Kartusche integriert sind. Eine leichte Jacke, die perfekt ins Fach passt, soll es ebenfalls geben. Auf der Unterseite des Oberrohrs kann man dank Aufnahme für einen Tool Strap ebenfalls Werkzeug mit sich führen, damit man für den Fall der Fälle gerüstet ist. Außerdem bietet Canyon hier kostenlos eine Anleitung für eine 3D-gedruckte Multitool-Halterung unter dem Vorbau an – eine ziemlich coole Sache!
Während der Federweg von Generation zu Generation im Normalfall leicht steigt, geht Canyon beim Spectral nun den umgekehrten Weg. Mit 150 mm vorn und 140 mm am Heck hat das neue Spectral nun jeweils 10 mm weniger als der beliebte Vorgänger. Damit rückt es etwas weiter weg vom Strive und näher ans Spectral 125. Auch beim Blick auf die Konkurrenz, etwa das YT Jeffsy, das Propain Hugene oder das Trek Fuel EX, könnte man meinen, dass die Kombination aus 150 mm vorn und 140 mm hinten derzeit den Sweetspot für Allround-orientierte Trail-Bikes darstellt.
In der rund dreijährigen Entwicklungszeit hat Canyon zahlreiche verschiedene Hinterbau-Systeme getestet, ist aber letztlich wieder beim klassischen Viergelenker mit waagerecht positioniertem Dämpfer gelandet. Im Vergleich zum Vorgänger fallen die Veränderungen an der Kinematik nicht gravierend aus. Das Übersetzungsverhältnis ist nahezu unverändert und soll ausreichend Progression auch bei härteren Manövern bieten. Interessant ist, dass Canyon den Anti-Squat reduziert hat. Das soll einerseits für weniger Pedal-Rückschlag in der Abfahrt sorgen, aber sich im Uphill nicht nachteilig auf die Kletter-Eigenschaften auswirken – denn die 140 mm sollen von vornherein etwas effizienter sein als die 150 mm der bisherigen Version. Herausgekommen ist Canyon zufolge unterm Strich ein typischer Spectral-Hinterbau, der Uphill-Effizienz und Downhill-Nehmerqualitäten vereinen soll.
Ebenfalls interessant: Canyon hat nach eigenen Angaben viel Hirnschmalz in das richtige Steifigkeitsverhältnis zwischen Hauptrahmen und Hinterbau fließen lassen. Während der Hauptrahmen sehr steif sein soll, hat man sich am Hinterbau bewusst für eine etwas flexiblere Ausführung als bislang entschieden. Diese Nachgiebigkeit des Hecks soll sich ebenfalls positiv auf den Komfort auswirken, ohne dass die Präzision darunter leidet.
Auch bei der Laufradgröße hat sich das neue Spectral verändert – wobei die beiden Varianten 29″ und Mullet keine Überraschungen mehr sind. Allerdings hat man nun die Option, dank eines kleinen Flip-Chips am Hinterbau beide Optionen problemlos zu realisieren. So kann man das neue Canyon Spectral innerhalb weniger Minuten vom effizienten 29er in eine Spaß-Maschine mit Mullet-Konfiguration umbauen. Bislang musste man sich schon beim Kauf festlegen und hatte anschließend keine Möglichkeit mehr, einen Wechsel vorzunehmen.
Die gravierendste Neuerung ist aber zweifelsohne, dass es das neue Canyon Spectral nur noch mit dem von Syntace entwickelten KIS-System gibt. Richtig gelesen: Alle Varianten des neuen Spectrals verfügen über den Lenkungsstabilisator, den es am Vorgänger optional gab (zum Artikel: Canyon Spectral KIS im Test). Beim KIS-System sind zwei vorgespannte Federn ins Oberrohr integriert. Die Federn sind über Kevlar-Seile mit dem Gabelschaft verbunden und bewirken, dass das Vorderrad automatisch zentriert wird. Das soll die Lenkung stabilisieren, indem Störeffekte reduziert werden. Gleichzeitig soll das KIS-System für mehr Kontrolle und weniger Ermüdung auf dem Trail sorgen.
Optisch ist das KIS-System sehr unauffällig integriert. Lediglich ein kleiner Slider auf der Oberseite des Oberrohrs verrät, dass das System hier integriert ist. Indem man die Schraube des Sliders löst, kann man die Vorspannung der Feder – und damit die Stärke des KIS-Systems – anpassen. Interessant ist an dieser Stelle, dass das System am neuen Spectral in der schwächsten Einstellung die Federn weniger vorspannt als bisher. Das KIS-System auszubauen ist nicht unmöglich, aber auch nicht von Canyon vorgesehen: In Koblenz ist man von den angepriesenen Vorteilen des Lenkungsstabilisators komplett überzeugt.
Davon abgesehen fällt der Steuerrohr-Bereich angenehm simpel aus. Soll heißen: Canyon hat beim Spectral darauf verzichtet, die Leitungen durch den Steuersatz zu verlegen. Stattdessen treten die Leitungen an der Seite des Steuerrohrs in den Rahmen ein und verlaufen dort durch Kanäle an ihren Bestimmungsort. Möglichkeiten, wie beim Strive oder beim Downhiller Sender (Canyon Sender-Test), den Reach oder den Lenkwinkel über Steuersatz-Inserts anzupassen, gibt es beim Spectral nicht. Man wollte ein möglichst simples, möglichst robustes Trail-Bike anbieten, das ohne unpopuläre Details wie durch den Steuersatz verlegte Leitungen auskommt. Das ist definitiv ein löblicher Ansatz. Zur Wahrheit gehört wohl aber auch, dass allein schon durch das KIS-System hier nur wenig Spielraum für weitere Features im Steuerrohr bleibt.
Geometrie
Als das bisherige Spectral im Jahr 2020 auf den Markt kam, war die Geometrie seinerzeit für Trail-Bike-Verhältnisse ziemlich radikal. Seitdem hat sich einiges getan – aber nach wie vor ist die Geometrie des Spectrals im Trail-Segment eher abfahrtslastig. Der Lenkwinkel liegt bei flachen 64° und auch die Reach-Werte wirken auf den ersten Blick ziemlich riesig: Größe L bietet stolze 500 mm, weshalb wir uns wie schon beim großen Enduro-Bruder Strive für einen Test der Variante in Größe M (475 mm) entschieden haben.
Die Argumentation Canyons ist allerdings nachvollziehbar: Größe M solle sich an den durchschnittlichen Mountainbiker richten, und während viele Hersteller Größe M für Fahrerinnen und Fahrer mit einer Größe von ±175 cm auslegen, geht Canyon von einem 180 cm großen Durchschnitts-Mountainbiker aus. Und im Gegensatz zum Strive, das erst ab Größe S erhältlich ist, gibt es das neue Spectral auch als XS-Variante, die dann aber als Mullet ausgelegt ist. Das Heck ist über alle Größen hinweg mit 437 mm im 29″-Setting gleich lang und über einen Flip Chip an der Dämpfer-Aufnahme lassen sich Lenk- und Sitzwinkel bei Bedarf um jeweils 0,5° steiler einstellen.
Rahmengröße |
XS
|
S
|
M
|
L
|
XL
|
---|---|---|---|---|---|
Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 425 mm | 450 mm | 475 mm | 500 mm | 525 mm |
Stack | 612 mm | 621 mm | 630 mm | 639 mm | 648 mm |
STR | 1,44 | 1,38 | 1,33 | 1,28 | 1,23 |
Lenkwinkel | 64°64,5° | 64°64,5° | 64°64,5° | 64°64,5° | 64°64,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 77°77,5° | 77°77,5° | 77°77,5° | 77°77,5° | 77°77,5° |
Sitzwinkel, real | 68,8°69,3° | 69,3°69,8° | 69,8°70,2° | 70,2°70,6° | 70,6°71,1° |
Oberrohr | 572 mm | 599 mm | 626 mm | 653 mm | 680 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm | 140 mm |
Sitzrohr | 375 mm | 400 mm | 415 mm | 445 mm | 455 mm |
Überstandshöhe | 738 mm | 752 mm | 747 mm | 756 mm | 762 mm |
Kettenstreben | 429 mm | 429 mm | 429 mm | 429 mm | 429 mm |
Radstand | 1.184 mm | 1.213 mm1.221 mm | 1.243 mm1.251 mm | 1.272 mm1.280 mm | 1.301 mm1.309 mm |
Tretlagerabsenkung | 36 mm | 36 mm | 36 mm | 36 mm | 36 mm |
Tretlagerhöhe | 340 mm | 340 mm | 340 mm | 340 mm | 340 mm |
Federweg (hinten) | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm |
Federweg (vorn) | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm |
Canyon Spectral 2024: Ausstattungen und Preise
Canyon bietet zum Launch vier Varianten des neuen Spectrals an, die alle ab sofort erhältlich sind. Alle Modelle setzen dabei auf Carbon-Rahmen desselben Qualitäts-Levels. Aluminium-Ausführungen oder besonders leichte CFR-Rahmen gibt es damit zumindest zunächst nicht. Die Preise beginnen bei 3.399 € und enden bei 6.999 €. Eine Besonderheit stellt das CF 8 CLLCTV mit seiner abfahrtslastigen Ausstattung inklusive Coil-Dämpfer dar.
Canyon Spectral CF 7 – 3.399 €
Das CF 7-Modelle ist der Einstieg in die Welt der neuen Canyon Spectral-Palette. Für einen Preis von 3.399 € erhält man hier ein sehr solides Fox-Fahrwerk bestehend aus 36 Rhythm und Float X Performance-Dämpfer am Heck. Geschaltet und gebremst wird mit Shimano SLX-Komponenten, während die Laufräder aus dem Hause DT Swiss stammen. Die restlichen Anbauteile wie Cockpit, Reifen, Sattelstütze oder Sattel sind bei allen Modellen identisch. Für den Einstieg ins Trail-Bike-Segment liefert die CF 7-Variante unserer Meinung nach ein sehr solides und sinnvoll ausgestattetes Gesamtpaket.
Canyon Spectral CF 8 CLLCTV – 3.999 €
3.999 € kostet das Spectral CF 8 CLLCTV, das die Vokale gegen einige Komponenten eingetauscht hat, die besonders viel Abfahrts-Performance versprechen. So ist das CF 8 das einzige Modell im Spectral-Line-Up, das serienmäßig mit einem Fox DHX Performance Coil-Dämpfer am Heck ausgestattet ist. Auch die DT Swiss E1900-Laufräder sind eigentlich im Enduro-Segment heimisch. Erhältlich ist das Spectral CF 8 CLLCTV ausschließlich in der schicken Farbe Stadtwald Sunset.
Canyon Spectral CF 9 – 4.999 €
Das von uns getestete Spectral CF 9 ist das einzige Spectral mit RockShox-Fahrwerk: Vorn werkelt eine Lyrik Ultimate, am Heck ist ein Super Deluxe Ultimate verbaut. Für besonders knackige und kabellose Schaltvorgänge ist die SRAM GX Eagle Transmission verantwortlich. Und bei der negativen Beschleunigung macht Canyon keine halben Sachen: SRAM Code RSC-Bremsen mit 200 mm-Scheibe vorn sollen das Spectral CF 9 zuverlässig stoppen. Rein ausstattungstechnisch lässt das Spectral CF 9 eigentlich keinerlei Wünsche offen und ist die vernünftige High End-Wahl. Der Preis von 4.999 € kann sich sehen lassen.
Canyon Spectral CF LTD – 6.999 €
Rund 7.000 € kostet das teuerste neue Spectral. Die wichtigsten Upgrades gegenüber dem Spectral CF 9 sind der Sprung von der GX Eagle Transmission zur leichteren XX Eagle Transmission sowie die DT Swiss XMC 1200-Laufräder aus Carbon. Außerdem ist am High End-Modell ein Kashima-beschichtetes Fox Factory-Fahrwerk verbaut. Die schwarz-weiße Lackierung mit der Bezeichnung Anti Matter kann sich wirklich sehen lassen. Die Upgrades gegenüber dem CF 9 können bedenkenlos neudeutsch als „nice to have“ bezeichnet werden, sind aber eigentlich nicht wirklich nötig.
Canyon Spectral CF 7 | Canyon Spectral CF 8 CLLCTV | Canyon Spectral CF 9 | Canyon Spectral CF LTD | |
---|---|---|---|---|
Federgabel | Fox 36 Rhythm, 150 mm | Fox 36 Performance Elite, 150 mm | RockShox Lyrik Ultimate, 150 mm | Fox 36 Factory, 150 mm |
Dämpfer | Fox Float X Performance | Fox DHX Performance | RockShox Super Deluxe Ultimate | Fox Float X Factory |
Schaltwerk | Shimano SLX | Shimano XT | SRAM GX Eagle Transmission | SRAM XX Eagle Transmission |
Kassette | Shimano SLX (10-51T) | Shimano SLX (10-51T) | SRAM GX Eagle (10-52T) | SRAM XX Eagle (10-52T) |
Schalthebel | Shimano SLX | Shimano XT | SRAM AXS | SRAM AXS |
Bremsen | Shimano SLX (203 / 180 mm) | Shimano XT (203 / 180 mm) | SRAM Code RSC (200 / 180 mm) | SRAM Code RSC (200 / 180 mm) |
Laufräder | DT Swiss M1900 | DT Swiss E1900 | DT Swiss XM1700 | DT Swiss XMC1200 |
Reifen vorne | Maxxis Minion DHR II (2,4", Maxxterra, EXO) | Maxxis Assegai (2,5", Maxxgrip, EXO) | Maxxis Minion DHR II (2,4", Maxxterra, EXO) | Maxxis Minion DHR II (2,4", Maxxterra, EXO) |
Reifen hinten | Maxxis Minion DHR II (2,4", Maxxterra, EXO+) | Maxxis Minion DHR II (2,4", Maxxterra, EXO+) | Maxxis Minion DHR II (2,4", Maxxterra, EXO+) | Maxxis Minion DHR II (2,4", Maxxterra, EXO+) |
Lenker | Canyon G5 AL | Canyon G5 AL | Canyon G5 AL | Canyon G5 AL |
Griffe | Syncros Endurance lock-on grips | Syncros Endurance lock-on grips | Syncros Endurance lock-on grips | Syncros Endurance lock-on grips |
Sattel | Ergon Enduro | Ergon Enduro | Ergon Enduro Comp | Ergon Enduro Comp |
Sattelstütze | Canyon G5 Dropper 34.9 | Canyon G5 Dropper 34.9 | Canyon G5 Dropper 34.9 | Canyon G5 Dropper 34.9 |
Farben | Stealth / Barely Olive | Stadtwald Sunset | Stealth / No Neon | Anti Matter |
Preis (UVP) | 3.399 € | 3.999 € | 4.999 € | 6.999 € |
Auf dem Trail
Wir konnten das neue Canyon Spectral 2024 einige Wochen vor dem offiziellen Launch für einige Ausfahrten mit in den Wald nehmen – zunächst auf den feuchtfröhlichen Trails im Koblenzer Stadtwald und im Anschluss auch auf unseren bekannten Hometrails. Und zugegeben: Vor dem ersten Date war ich ziemlich gespannt, wie mir das neue Spectral gefallen würde. Denn einerseits war und ist das bisherige Spectral für mich und unser gesamtes Test-Team eines der besten Trail-Bikes, die man sich so vorstellen kann. In unseren verschiedenen Tests konnte das Spectral immer sehr überzeugen. Andererseits herrschte bei mir eine gewisse Skepsis, ob denn das nun serienmäßig implementierte KIS-System tatsächlich zu einer spürbaren Verbesserung des Spectrals führen würde – oder ob das Feature eher abschreckend wirkt. Doch dazu später mehr.
Was zunächst festgehalten werden muss: Das neue Canyon Spectral ist eines dieser Bikes, auf dem man sich auf Anhieb wohlfühlt. Das gilt für die Abfahrten, aber auch für den Uphill, der bei einem Trail-Bike schließlich auch zum guten Ton gehört. Hier gibt sich das Spectral keine Blöße und erklimmt jeden Anstieg leichtfüßig wie souverän. Der moderat steile Sitzwinkel führt in Kombination mit den 475 mm unseres Testbikes in Größe M dazu, dass man eine zentrale Sitzposition einnimmt, ohne dass das gesamte Gewicht auf den Händen lastet. Dazu arbeitet der Hinterbau sensibel, fühlt sich unter Last aber nicht träge oder sackig an. Ein Griff an den gut erreichbaren Plattform-Hebel des RockShox Super Deluxe-Dämpfers reicht aus, um dem Heck noch mehr Effizienz zu entlocken. Doch auch im offenen Modus hatte ich nicht den Eindruck, dass sich der gegenüber dem Vorgänger reduzierte Anti-Squat spürbar nachteilig auf die Uphill-Fähigkeiten des Spectrals auswirkt.
Wer nun hofft, dass dieser sehr positive Eindruck nur bergauf, nicht aber bergab, entsteht, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen: Ab dem ersten Tiefenmeter vermittelt das neue Canyon Spectral sehr viel Sicherheit und macht einfach verdammt viel Laune. Die Kombination aus 64° flachem Lenkwinkel und lediglich 140 mm Federweg klingt extremer, als sie eigentlich ist. Das am CF 9-Testbike verbaute RockShox Ultimate-Fahrwerk arbeitet in jeder Situation absolut souverän und bietet zumindest meiner Meinung nach keinerlei Anlass für Kritik.
Auffällig ist außerdem, wie leise das neue Spectral durch den Wald saust. Abgesehen vom Abroll-Geräusch der Reifen auf dem Untergrund und dem dezenten Surren des Freilaufs hört man nämlich: nichts. Herrlich. Hier spielt sicherlich auch die sehr leise arbeitende SRAM AXS Transmission, die die Kette gut auf Spannung hält, eine Rolle – doch auch der umfassende und im Bereich des Kettenblatts weit nach vorn gezogene Gummi-Schutz spielt eine Rolle.
Weshalb Canyon keine gravierenden Veränderungen am Hinterbau des Spectrals vorgenommen hat, wird schnell ersichtlich: Das Horst-Link-Heck macht einfach einen sehr soliden Job und trifft ziemlich genau den Sweetspot, den ein modernes Trail-Bike eben treffen sollte. Bei einem Blindtest würde man im ersten Moment wohl nicht darauf kommen, dass die neue Version nur 140 mm Federweg am Heck hat, denn auch eine härtere Gangart bringt das Spectral nicht aus dem Tritt. Gleichzeitig bekommt man immer ausreichend Feedback vom Untergrund und kann das Rad dank ausreichend Gegenhalt sehr aktiv fahren, durch Kurven pushen und Wurzeln, Wellen und kleinere Hindernisse wunderbar als natürliche Absprünge nutzen.
Bleibt noch die Frage nach KIS: Muss das wirklich sein? Unser Test-Fazit zum Vorgänger mit KIS-System fiel eher durchwachsen aus (zum Artikel: Canyon Spectral KIS Test). Als ich das KIS-System des neuen Spectrals im mittleren Setting gefahren bin, fühlte sich der Untergrund ungewohnt distanziert und entkoppelt an. Dass man den Lenker weniger fest greift und die Front in ruppigen, schnellen Kurven einfach machen lässt, ist definitiv gewöhnungsbedürftig. Glücklicherweise dauert der Umbau ins schwächste KIS-Setting auch dank integriertem Multitool wirklich nur wenige Sekunden und lässt sich problemlos auf dem Trail bewerkstelligen. Im schwächsten Setting ist die Stabilisierung durch KIS kaum mehr zu spüren, beziehungsweise: Das zunächst sehr ungewohnte Gefühl verschwindet fast vollständig. Deshalb ist es aus meiner Sicht definitiv eine sinnvolle Entscheidung, dass das schwächste KIS-Setting nun schwächer als zuvor ist.
Ob man KIS nun wirklich braucht, lässt sich für mich auch nach mehreren Testfahrten nicht wirklich beantworten. Wäre ich über einen langen Zeitraum immer auf ein- und demselben Rad unterwegs – und genau dieses Rad soll das Spectral sein –, dann könnte ich mich mit dem System wohl anfreunden. Oder ich würde es ausbauen, was relativ einfach funktioniert. Dass das KIS-System nun serienmäßig am Spectral verbaut ist, passt für mich allerdings nicht zur Aussage von Canyon, dass das Spectral ein möglichst unkompliziertes, simples und robustes Trail-Bike sein soll. Andersherum und positiv formuliert könnte man aber auch sagen: Wenn selbst KIS es nicht schafft, das fette Grinsen bei jeder Ausfahrt zu verhindern, dann muss das neue Canyon Spectral ein verdammt gutes Trail-Bike sein.
Das ist uns aufgefallen
- Flüsterleise Dass neue Bikes leise unterwegs sind, gehört inzwischen im wahrsten Sinne des Wortes zum guten Ton. Das neue Canyon Spectral ist aber wirklich auffällig leise, denn als einzige Geräuschkulisse hat sich das Abrollgeräusch der Reifen auf dem Untergrund entpuppt – wunderbar!
- KIS nun Serie Dass Canyon das neue Spectral ausschließlich mit KIS-System anbietet, ist eine mutige Entscheidung, über die man sich in Koblenz sicherlich sehr viele Gedanken gemacht hat. Es bedarf definitiv einer gewissen Eingewöhnung und man sollte auf jeden Fall auch mit den verschiedenen Vorspannungen der Federn herumexperimentieren. Positiv zu erwähnen: Die Anpassung funktioniert innerhalb weniger Sekunden und im schwächsten Setting greift das System sehr zurückhaltend ein. Und wer KIS nicht haben möchte, kann die Stabilisierung auch komplett ausbauen.
- Storage-System Insgesamt sind die Aufbewahrungsmöglichkeiten im und am Rahmen sehr gut gelöst. Das Staufach im Unterrohr lässt sich unkompliziert öffnen und schließen. Die Öffnung ist zwar nicht gigantisch, dennoch steht hier einiges an Stauraum zur Verfügung. Positiv zu erwähnen ist außerdem, dass sich Canyon wirklich Gedanken gemacht hat, wie man den Stauraum optimal nutzen kann.
- Wechsel der Laufradgröße möglich Ein klarer Vorteil gegenüber dem bisherigen Canyon Spectral: Man ist nicht mehr beim Kauf auf die Laufradgröße am Heck festgelegt. Der Umbau gelingt innerhalb weniger Minuten.
- Trail oder All Mountain? Während das Spectral bisher mit sehr abfahrtslastiger Geometrie und 160 / 150 mm Federweg fast schon im Enduro-Segment gewildert hat, geht das neue Spectral wieder etwas stärker in eine Trail-Richtung. Auch beim Blick auf die Konkurrenz scheint sich derzeit die Federwegs-Kombination 150 / 140 mm als Trail-Standard mehr und mehr zu etablieren.
- Balance Über alle Rahmengrößen hinweg hat das Spectral dieselbe Hinterbau-Länge. In Kombination mit den 475 mm Reach an unserem Testrad in M haben die mit 437 mm moderat langen Kettenstreben gut harmoniert. In Größe XL ist das Spectral ganze 50 mm länger – allerdings nur vorne.
- Reifenwahl Der Maxxis Minion DHR II an Front und Heck ist im Gelände ein zuverlässiger Begleiter. Am Heck setzt Canyon serienmäßig auf die stabilere Exo+ Karkasse. Wer das Spectral noch mehr in Richtung Effizienz trimmen will, wird den Hinterreifen womöglich gegen eine schneller rollende Variante eintauschen wollen.
Erster Eindruck: Canyon Spectral 2024
Die Neuauflage des Canyon Spectrals ist rundum gelungen: Canyon hat das wichtigste Trail-Bike im Hause nicht grundlegend revolutioniert, sondern an den wichtigsten Stellen verfeinert und einen noch stärkeren Allrounder aus dem Carbon-Hut gezaubert. Schon der Vorgänger war einer der besten Vertreter in der Trail-Kategorie – und die vielen kleinen Detail-Verbesserungen machen das neue Spectral sicherlich nicht schlechter.
Wie gefällt dir das neue Canyon Spectral?
Testablauf
Wir konnten das neue Canyon Spectral in den vergangenen Wochen zunächst im Koblenzer Stadtwald und im Anschluss auch auf unseren Hometrails kennenlernen. Die meisten Höhenmeter wurden dabei aus eigener Kraft erkurbelt.
Hier haben wir das Canyon Spectral getestet
- Koblenz, Rheinland-Pfalz: Der Geburtsort des Canyon Spectrals bietet spaßige Trails, die teils naturbelassen sind und teils gebaute Elemente haben. Die verschiedenen Untergründe wirken sich auf das Grip-Level aus.
- Taunus, Hessen: Naturbelassene und abwechslungsreiche Trails überwiegend auf Nadelwald-Untergrund. Viele Wurzeln und Steine, teils schwierige Traktions-Verhältnisse.
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- geräumiger Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
- Fahrstil
- Räder auf dem Boden, saubere Linienwahl
- Ich fahre hauptsächlich
- Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- relativ straff mit viel Dämpfung, Heck eher langsam
- Vorlieben bei der Geometrie
- mittellanges Oberrohr, hoher Stack, lange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
278 Kommentare