Commencal Tempo im Test: Das Commencal Tempo reiht sich in die stetig wachsende Kategorie der Short Travel Trail-Bikes ein und macht dabei doch einiges anders. Wir haben dem andorranischen Gokart für euch die Sporen gegeben. Wie sich das Tempo im Gelände schlägt, erfahrt ihr hier.
Video: Commencal Tempo im Test
Steckbrief: Commencal Tempo
Einsatzbereich | Trail |
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Federweg | 140 mm/125 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Gewicht (o. Pedale) | 14,3 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.commencal.com |
Preisspanne | 3.222 € und 6.842 € |
Das Commencal Tempo ist eine komplette Neuentwicklung der Andorraner von Commencal mit knackigen 125 mm Federweg am Heck und 140 mm an der Front. Commencal setzt bei dieser Brut auf ein sogenanntes Virtual Contact-System, das im Wesentlichen ein Hinterbau mit einem virtuellen Drehpunkt ist. Das Tempo wird ausschließlich als 29er in den Rahmengrößen S bis XL angeboten. Preislich bewegt sich das Trail-Bike zwischen 3.222 € und 6.842 €. Ein Framekit ohne Dämpfer ist für 1.785 € zu haben. Allerdings sind alle Bikes auf der Commencal-Website aktuell teils recht stark rabattiert. Wir haben das Signature-Modell für euch getestet. In dieser Konfiguration kostet das Taschentuch rund 5.550 € und bringt in Rahmengröße L 14,3 kg auf die Waage.
Im Detail
Die Vorstellung des Commencal Tempo hatte es in sich. Ein neues Bike mit einem für Commencal komplett neuen Hinterbaukonzept und eine neue Federwegskategorie. Dazu die durch den Steuersatz verlaufende Züge, ein Gang Rückwärts zu einer gemäßigteren Geometrie und ein Launch-Video, in dem Hugo Frixtalon dem Tempo Peitschenhiebe verpasst, dass es nur so knallt. Aber eins nach dem anderen.
Blicken wir zurück in das Produktportfolio von Commencal. Hier gab es bereits vor Jahren ein Bike, das dem Tempo sehr ähnlich war, und zwar das damalige Meta TR 29 – ein Trail-Bike mit 130 mm am Heck und 140 mm an der Front. Die Geometrie wirkt aus heutiger Perspektive etwas altbacken, aber Commencal war in dieser Bike-Kategorie bereits unterwegs.
Das damalige Meta TR 29 und andere, zum Teil aktuelle Bikes aus Commencals Portfolio setzen auf einen umgelenkten Eingelenker. Beim Tempo kommt hingegen das neue Virtual Contact-System mit 125 mm Federweg zum Einsatz. Es soll fein ansprechen und die kleinsten Unebenheiten effizient schlucken, genug Gegenhalt bieten, um durch Wellen pumpen zu können und auch bei großen Einschlägen nicht in die Knie gehen. Außerdem soll das kurzhubige Trail-Bike sehr effizient zu pedalieren sein, sodass bei Zwischensprints auf dem Trail sowie im Uphill die Beinkraft direkt in Vortrieb umgewandelt wird.
Die Lager des Hinterbausystems werden durch das Bearing Securing System an Ort und Stelle gehalten, sodass beim Tempo keine Lager in den Lagersitzen wandern sollten und die Passungen entsprechend keinen Schaden nehmen. Zusätzliche Dichtungen für die Lager oder Staubkappen, die die Lager des Hinterbaus schützen, sucht man vergeblich.
Das Tempo kommt trotz des geringen Federwegs wie alle Bikes von Commencal mit einem massiven Alurahmen daher, der wirkt, als hätte selbst Chuck Norris keine Chance, das Teil kleinzukriegen. Der Eindruck bestätigt sich auch in den Laborergebnissen des Rahmens. Das Tempo ist EFBE 5-zertifiziert und sollte demnach Belastungen standhalten, die eigentlich im Gravity-Bereich auftreten. Aber warum Aluminium? Laut Commencal liegen die Vorteile von Aluminium als Rahmenwerkstoff auf der Hand. Zum einen sind der Prototypenbau und die Konstruktion allgemein bei diesem Werkstoff vorteilhaft. Zum anderen bedanken sich Mutter Natur und die Menschen, die den Werkstoff verarbeiten, aufgrund der Option des Recyclings und der gesundheitsschonenden Verarbeitung in der Fertigung. Mehr Infos dazu gibts auf der Commencal Website. Obwohl der Rahmen bombensicher sein soll, wird er selbstverständlich durch einen Unterrohrprotektor, einen Kettenstrebenschutz und einen Sitzstrebenschutz geschützt.
Die Züge und Leitungen werden beim Tempo durch den Steuersatz in den Rahmen geführt, was Käufern eines Framesets bei Aufbau ihres neuen Schätzchens den Schweiß auf die Stirn treiben dürfte. Ein kleiner Trost dürfte die cleane Optik der Zugführung sein. Eine Besonderheit, die Schraubern das Leben nicht unbedingt leichter macht, ist die Montage des Dämpfers. Um den Dämpfer im hinteren Dämpferauge montieren zu können, muss ein Bolzen gezogen und der Rocker gelöst werden. Befindet sich mal Spiel in der hinteren Dämpferbuchse, das durch Festziehen des Bolzens gefixt werden könnte, muss man richtig Hand anlegen. Infos zur Montage dieser Besonderheiten findet ihr hier.
Geometrie
Commencal bieten das Tempo in den Rahmengrößen S bis XL zum Kauf an. Im Hause Commencal war man kurze Zeit dazu geneigt, sehr lange Rahmen zu bauen, bei denen man tendenziell downsizen musste. Bei dem von uns getesteten Bike in der Rahmengröße L hat sich der Reach bei einer Länge von 470 mm eingependelt, was aus heutiger Sicht eher moderat bis kurz ist. Der Stack liegt bei der getesteten Rahmengröße L bei 633 mm, was in einer angenehm hohen Position auf dem Trail mündet.
In der Rahmengröße S hingegen dürfte der Stack mit 624 mm kleine Menschen schnell an die Grenze bringen. Die Kettenstrebenlänge ist mit 435 mm in den Größen S und M fünf Millimeter kürzer als in den größeren Rahmengrößen, sodass die Balance zwischen Vorder- und Hinterrad über die Rahmengrößen hinweg erhalten bleiben soll. Der Lenkwinkel wirkt mit 65,5° auch nicht gerade nach einem Bike, das eine Laborzertifizierung von Downhill-Bikes benötigt. Auch die weiteren Geometriedaten neigen an keiner Stelle dazu, ins Extreme zu rutschen. Zu verstellen gibts an der Geometrie übrigens nichts.
Rahmengröße | S | M | L | XL |
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 430 mm | 450 mm | 470 mm | 490 mm |
Stack | 624 mm | 628,5 mm | 633 mm | 637,5 mm |
STR | 1,45 | 1,40 | 1,35 | 1,30 |
Lenkwinkel | 65,5° | 65,5° | 65,5° | 65,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 76,6° | 76,6° | 76,6° | 76,6° |
Oberrohr (horiz.) | 579 mm | 600 mm | 621,5 mm | 642,9 mm |
Steuerrohr | 115 mm | 120 mm | 125 mm | 130 mm |
Sitzrohr | 380 mm | 420 mm | 440 mm | 460 mm |
Kettenstreben | 435 mm | 435 mm | 440 mm | 440 mm |
Radstand | 1.190 mm | 1.211 mm | 1.238 mm | 1.261 mm |
Tretlagerabsenkung | 35 mm | 35 mm | 35 mm | 35 mm |
Einbauhöhe Gabel | 551 mm | 551 mm | 551 mm | 551 mm |
Gabel-Offset | 51 mm | 51 mm | 51 mm | 51 mm |
Federweg (hinten) | 125 mm | 125 mm | 125 mm | 125 mm |
Federweg (vorn) | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm |
Ausstattung
Commencal bieten das Tempo in sechs Ausstattungsvarianten an. Die Preise rangieren dabei zwischen 3.222 € und 6.842 €, wobei Commencal aktuell saftige Rabatte auf alle Bikes anbietet. Variationen beim Rahmen gibt es nur hinsichtlich der Farben. Carbon oder leichtere Aluvarianten werden nicht angeboten.
Das von uns getestete Bike ist mit einem Fox-Fahrwerk, bestehend aus einer Fox 34 Factory-Federgabel mit 140 mm Federweg und einem Fox Float DPS Factory-Dämpfer, ausgestattet. Gebremst wird mit einer Shimano XT Zweikolbenbremse und geschaltet mit SRAMs mechanischer GX Eagle-Gruppe. Das Tempo rollt auf einem DT Swiss XM 1700 Laufradsatz, der mit Reifen von Maxxis mit Exo-Karkasse bestückt ist. Der DHR II an der Front ist mit einer Maxxgrip-Mischung versehen, was die Prügelknaben und -damen unter uns freuen dürfte. Der Dissector am Heck sorgt für flotte Climbs und einen höheren Puls im Downhill. In der von uns getesteten Ausstattung wiegt das Tempo 14,3 kg und schlägt mit 5.550 € zu Buche.
- Federgabel Fox 34 Factory (140 mm)
- Dämpfer Fox Float DPS Factory (125 mm)
- Antrieb SRAM GX Eagle
- Bremsen Shimano XT Zweikolben
- Laufräder DT Swiss XM1700
- Reifen Maxxis Minion DHR II Exo / Maxxis Dissector Exo
- Cockpit Renthal Fatbar (770 mm) / Renthal Apex (40 mm)
- Sattelstütze Fox Transfer Factory (200 mm)
Auf dem Trail
Schwingt man das Bein das erste Mal über das Commencal Tempo, fühlt man sich sofort pudelwohl. Die Sitzposition fällt angenehm aufrecht und kompakt aus. Wäre da nicht der geringe Federweg, könnte man meinen, auf einem Enduro zu sitzen. Bei den empfohlenen 30 % Sag und offenem Dämpfer neigt das Tempo zu leichtem Wippen. Auch die drei verfügbaren Druckstufen-Einstellungen des Fox Float DPS konnten das Wippen nicht gänzlich unterbinden, sodass wir bei langen Anstiegen auf Forstautobahnen den Lockout des Dämpfers gerne genutzt haben.
Der Lockout macht aus dem Tempo beinahe ein Hardtail, sodass die Effizienz deutlich zu-, der Komfort aber auch deutlich abnimmt. Auf technischen Anstiegen läuft das Tempo dann mit geöffnetem Dämpfer definitiv besser und liefert die nötige Traktion sowie etwas mehr Komfort. Hier kann es bei wechselnden Untergründen im Uphill also durchaus vorkommen, dass man den Lockout gelegentlich ein- oder ausschalten muss. Insgesamt ist das Tempo im Hinblick auf seine Federwegsklasse nicht übermäßig flott und spritzig unterwegs. Man ist allerdings auch keine lahme Ente, sondern ordnet sich stimmig in die Riege etwas langhubigerer Trail-Bikes ein.
Kein Uphill ohne Downhill – wir öffnen die Luken der Federelemente, senken die Sattelstütze ab und stürzen uns in die Wurzel-, Stein- und Loamfluten. Die Postion auf dem Tempo fühlt sich auch im Downhill wie auf einem Enduro an. Die Front ist relativ hoch: Man steht zentral im Bike und der Reach ist angenehm gemäßigt, sodass das Tempo zum Spielen einlädt. Es vermittelt so viel Sicherheit, dass man vor kaum einem Trail zurückschrecken muss. Gleichzeitig lassen sich die Front und das Heck gezielt belasten, um das Tempo in die nächste Rut zu pressen oder die Front über ein Hindernis zu lupfen. Hier boxt das Tempo deutlich oberhalb seiner Gewichtsklasse. Man könnte vor Spaß schreien. Auch der Hinterbau spielt hervorragend mit und sorgt dank seiner vergleichsweise linearen Ausführung dafür, dass der vorhandene Federweg komplett und sinnvoll ausgenutzt wird. Einzig, wenn die Trails zu schnell und dabei zu grob werden, merkt man deutlich, dass das Tempo nur 125 mm Federweg am Heck zu bieten hat.
Der Lenkwinkel ist für ein Trail-Bike dieser Federwegsklasse ausgezeichnet gewählt. Weder hatten wir das Gefühl, dass die Gabel zu steil steht und uns auf unserer Mission zurückhält, noch hatte man das etwas träge Gefühl, das Enduro-Bikes manchmal mit sich bringen. Als schnell, stabil und trotzdem agil lässt sich das Fahrgefühl wohl zusammenfassen.
Wir mussten das Tempo in weiten Teilen auch im Winter bei fiesen Bedingungen testen. Matsch, blanke Wurzeln und allerlei andere in der Jahreszeit typische Features stellten sich uns in den Weg. Während der Vorderreifen mit ordentlichem Profil und einer Maxxgrip-Mische vor fast nichts zurückschreckt, war der Dissector am Heck schon spürbar überfordert. Mit einem anderen Hinterreifen ist das Tempo allerdings wie gemacht für solche Bedingungen. Im Gegensatz zu vielen anderen Bikes bietet der Rahmen des Tempos nämlich einen Flex, der das Wurzelpingpong im Wald zu einem beherrschbaren Spiel macht. Einen Nachteil, der sich aus dem Flex des Rahmens ergibt, konnten wir nicht feststellen.
Dieser solide Eindruck bestätigt sich auch auf flowigen Trails mit Anligern und Sprüngen. Die Federelemente sacken in Anliegern und auf Sprüngen nicht weg und sorgen so für das Gefühl, das Tempo immer weiter pushen zu können. Auch wer Bock hat Flugstunden zu sammeln, wird auf dem Tempo Spaß haben. Das Bike liegt super in der Luft und wir hatten bei den Tables, Doubles und Drops keinerlei Bedenken, dass das Bike uns hier einen Strich durch die Rechnung macht. Einzig, wenn die Landungen zu stumpf sind, kann das Heck mal durchschlagen. Die gute Nachricht an dieser Stelle: Im Fox DPS ist der kleinste Volumenspacer verbaut, sodass man hier durch das Einsetzen eines größeren Spacers Abhilfe schaffen kann.
Das ist uns aufgefallen
- Flex Der hohe Rahmenflex des Tempos sorgt für viel Komfort und Traktion. Insbesondere in Off Camber-Situationen oder wenn nasse Wurzeln einen hin- und herbouncen lassen, hält das Tempo die Linien erstklassig.
- Gewicht Das für ein Trailbike dieser Federwegsklasse recht hohe Gewicht macht das Tempo zu einem moderaten Kletterer. Klar geht die Kiste besser bergauf als viele Enduros, aber wir hatten vor allem in diesem Federwegsbereich definitiv bessere Bergziegen in den vergangenen Tests.
- Wandernder Druckpunkt der Bremsen Die Shimano XT Zweikolbenbremsen haben wir auch nach diversen Entlüftungssessions nicht in den Griff bekommen. Das bei Shimano-Bremsen häufige Druckpunktwandern vom Lenker weg ist hier sehr stark ausgeprägt und hat einige Tester ziemlich genervt, gefährlich wurde es jedoch nie.
- Durchschlagender Hinterbau Stumpfe Einschläge mag das Tempo nicht. Wer hier mehr Gegenhalt zum Ende des Federwegs benötigt, muss am Dämpfer arbeiten. Mit mehr Progression am Ende saugt der Hinterbau allerdings nicht mehr so stark, was sich bei so wenig Federweg bemerkbar macht.
- Maxxis Dissector Der Maxxis Dissector hat sicherlich in vielen Regionen seine Berechtigung. Wir sind mit dem Dissector gerade in feuchten Bedingungen und bei tiefen Böden nicht so richtig warm geworden. Im Uphill freut man sich aber über das flache Profil der Lauffläche.
Fazit – Commencal Tempo
Das Commencal Tempo ist ein Do It All-Trail-Bike erster Güte! Zu langweilig, zu grob, zu steil, zu flach? Diese Beschreibungen kann man mit dem Tempo fast vergessen. Es macht einfach überall Spaß und gibt einem Dank der starken Geometrie und dem verzeihenden Rahmen beinahe immer das Gefühl, auf dem richtigen Bike zu sitzen. Klar sind Enduros auf anspruchsvollen Strecken schneller und viele Trail-Bikes bergauf effizienter – aber der Spagat, den das Tempo beherrscht, ist super gelungen! Spaß ist hier das Schlüsselwort.
Commencal Tempo Pro / Contra
Pro
- super Geometrie im Up- und Downhill
- Rahmenflex führt zu jeder Menge Grip und viel Vertrauen
- robustes Gesamtpaket
- Spaß, so viel Spaß!
Contra
- bergauf im Hinblick auf den geringen Federweg eher gemütlich unterwegs
- Hinterbau-Durchschläge bei harten Landungen
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Preisvergleich
Testablauf
Wir hatten die Möglichkeit, das Commencal Tempo einige Monate lang auf unseren Hometrails im Taunus zu testen. Dabei hat das kurzhubige Trail-Bike von Schnee und Eis bis zu frühlingshaften Temperaturen alles gesehen und musste sich auf einer Vielzahl von Untergründen und Trail-Kategorien beweisen.
Hier haben wir das Commencal Tempo getestet
- Taunus, Hessen Naturbelassene Trails mit zahlreichen Wurzeln und Steinen von flach bis steil. Außerdem gebaute Strecken Flowtrails und Enduro-Strecken
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- geräumiger Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
- Fahrstil
- verspielt, immer auf der Suche nach der nächsten Shralp-Kurve
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- flotter rebound, wenig compression, hinten etwas softer als vorne
- Vorlieben bei der Geometrie
- Lenkwinkel flach, aber nicht zu flach, mittellange Kettenstreben, Reach lieber etwas kürzer als zu lang
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