Deviate Highlander 140 im Test: Deviate bedeutet auf Deutsch „abweichen“. Und genau das trifft auf dieses Bike zu: Es kommt aus Schottland und unterscheidet sich mit seinem ultra-tiefen Dämpfer und dem hohen Drehpunkt deutlich vom Durchschnitts-Trailbike. Mit bis zu 160 mm Federweg an der Gabel und 140 mm am Heck ist dieser 29er vielleicht sogar mehr als ein Trailbike. Wir haben dem Highlander 140 in diesem Trailbike Test auf den Zahn gefühlt!
Steckbrief: Deviate Highlander 140
Einsatzbereich | All-Mountain |
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Federweg | 140-160 mm/140 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 14,9 kg |
Rahmengrößen | M, L, XL (im Test: M) |
Website | www.deviatecycles.com |
Die Schotten sind ja innerhalb Großbritanniens etwas Besonderes – und das transportiert die schottische Firma Deviate auch in ihrem ersten Modell Highlander. Der Name deutet schon auf den Einsatzbereich hin: Das Bike wurde in und für die schottischen Highlands (Reisebericht: Unterwegs in Schottland: Biken in den Highlands rund um die Cairngorms) entwickelt. Eine raue, karge, wunderschöne Landschaft. Lifte gibt es quasi nicht, also muss das Rad vernünftig klettern. Aber die Abfahrten haben es in sich – also muss es auch fantastisch bergab gehen. Die Lösung soll ein Carbon-Trailbike mit 160/140 mm Federweg und High-Pivot-Hinterbau samt Kettenumlenkung sein – das Deviate Highlander.
Im Detail
Deviate ist eine junge Firma, das Highlander ihr erstes Modell. Da ist die Spannung groß, wie das Rad verarbeitet ist. Deviate hat seine Hausaufgaben hier zu den größten Teilen gemacht: Die Frästeile der Umlenkung sind ebenso sauber gefertigt wie der Carbon-Hauptrahmen und der Carbon-Hinterbau. Auch die Kettenumlenkung inklusive Führung ist liebevoll gefräst, das Auge findet jede Menge schöne Details. Einzig die Gummiabdeckungen der Kabelführung sitzen nicht gut. Hier sollte Deviate nachbessern – aber das sind Kleinigkeiten an einem wunderschönen Rahmen, der insgesamt besser gemacht ist als manche Modelle von Firmen, die schon wesentlich länger am Markt sind!
Die Umlenkhebel sind so gut verschachtelt, dass man das Rad auf den Kopf stellen muss, um sie zu verstehen. Aus gewöhnlichen Betrachtungswinkeln ist das Highlander einfach schlicht, schön, aufgeräumt – und sieht schon im Stand schnell aus. Die Kabel verlaufen gut sortiert, unauffällig und dennoch leicht zu warten, die Montagepunkte sind einfach und gut gelöst. Grobmotoriker dürfen sich sorgen, dass die Gewinde für die Bremsaufnahme direkt im Rahmen sitzen, aber irgendwie muss das gute Gewicht von 2,85 kg (ohne Dämpfer) erreicht werden.
Jetzt noch schnell zum Elefanten im Raum: der hohe Drehpunkt. Der sitzt wirklich hoch, höher beispielsweise als beim Kavenz (Kavenz VHP16-Test) und dem neuen Trek-Downhill-Bike (Trek Session-Test). Er ist nicht virtuell, hat also eine feste Position im Rahmen – genau wie beim komplett gefrästen Actofive P-Train CNC aus Dresden. Das Hinterrad sitzt in einer einteiligen Schwinge, die sich um diesen hohen Punkt im Hauptrahmen dreht. Der Drehpunkt liegt sogar etwas mehr als 140 mm über der Hinterachse, soll heißen: Die Radhebungskurve ist über den gesamten Federweg nach hinten gerichtet. Obwohl: Ganz am Ende bewegt sich die Hinterachse eigentlich vertikal, diesen Punkt erreicht man allerdings nur sehr selten. Alle Details zur Federung findet ihr im Abschnitt „Technische Daten“.
Die Kette muss bei Hinterbau-Systemen mit einem so hohen Drehpunkt umgelenkt werden, um den Pedalrückschlag in Zaum zu halten. Deviate hat sich platt gesagt für etwas mehr als 100 % Antisquat entschieden. (Achtung: Dieser Wert variiert je nach Fahrer-Statur, Sag und gewähltem Gang!) Realisiert wird das über ein entsprechend platziertes, großes 18-Zähne-Ritzel. Somit sollte sich das Fahrwerk beim Beschleunigen sogar leicht aus dem Federweg ziehen, aber dazu mehr im Fahreindruck. Nettes Detail: Eine Kette mit 126 Gliedern reicht genau aus, um ein das Highlander mit 12-fach-Antrieb aufzubauen. Man muss also nicht mit mehreren Ketten Puzzle spielen.
Inzwischen bietet Deviate übrigens auch eine 150 mm-Variante des Bikes an. Die bietet zwar 10 mm Federweg mehr und hat einen 1° flacheren Lenkwinkel, ist bis auf den Umlenkhebel jedoch baugleich. Das Highlander lässt sich somit einfach umrüsten.
Geometrie
Deviate bietet derzeit nur drei Rahmengrößen an, die als M, L und XL bezeichnet werden. Das spart natürlich Kosten, bedeutet aber – auch mit Blick auf die Reach-Werte – dass tendenziell keine kleinen Kunden angesprochen werden. Obwohl man sagen muss: Deviate empfiehlt Größe M bereits ab 170 cm Körpergröße. Durch ein kurzes Steuerrohr und niedriges Sitzrohr ist das auch durchaus denkbar: Immerhin misst die Stütze in M nur 410 mm und in XL nur 450 mm. Das nutzt Deviate, um lange Dropperposts zu verbauen.
Davon abgesehen haben wir es hier mit einer modernen, aber nicht mehr radikalen Geometrie zu tun: 66° Lenkwinkel, 76° Sitzwinkel, Radstände ab ungefähr 1,20 m. Passend zu den bis zu 160 mm Federweg an der Front also durchaus lang für ein Trailbike.
Rahmengröße | M | L | XL |
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 444 mm | 473 mm | 499 mm |
Stack | 613 mm | 623 mm | 641 mm |
STR | 1,38 | 1,32 | 1,28 |
Lenkwinkel | 66° | 66° | 66° |
Sitzwinkel, effektiv | 76° | 76° | 76° |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 130 mm |
Sitzrohr | 410 mm | 430 mm | 450 mm |
Überstandshöhe | 730 mm | 730 mm | 745 mm |
Kettenstreben | 440 mm | 440 mm | 440 mm |
Radstand | 1.194 mm | 1.228 mm | 1.261 mm |
Tretlagerabsenkung | 28 mm | 28 mm | 28 mm |
Tretlagerhöhe | 342 mm | 342 mm | 342 mm |
Einbauhöhe Gabel | 561 mm | 561 mm | 561 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 140 mm | 140 mm | 140 mm |
Federweg (vorn) | 150 mm | 150 mm | 150 mm |
Ausstattung
Deviate verkauft zum aktuellen Zeitpunkt (August 2021) keine Kompletträder. Uns wurde ein Beispielaufbau zur Verfügung gestellt – die Schotten verkaufen den Rahmen ohne oder mit einem CaneCreek-Dämpfer und bieten einzelne Komponenten an. Die genaue Konfiguration bleibt aber dem Kunden überlassen.
- Federgabel Cane Creek Helm (150 mm)
- Dämpfer Cane Creek Kitsuma (140 mm)
- Antrieb Shimano XT 1X12
- Bremsen Shimano XT 4-Kolben
- Laufräder DT XM481 auf Hope Pro4 Naben
- Reifen Maxxis Minion DHF / DHRII WT
- Cockpit OneUp Carbon Lenker (800 mm) / OneUp Vorbau (50 mm, OneUp-Cockpit-Test)
- Sattelstütze OneUp Post (210 mm)
Deviate Highlander 140-Testbike | |
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Federgabel | CaneCreek Helm (150 mm) |
Dämpfer | CaneCreek Kitsuma (140 mm) |
Bremsen | Shimano XT 4-Kolben (203 mm) |
Laufradsatz | Hope Pro4 / DT XM481 |
Sattelstütze | OneUp Post (210 mm) |
Schaltgruppe | Shimano XT |
Schalthebel | Shimano XT 12-fach |
Schaltwerk | Shimano XT 12-fach |
Kassette | Shimano XT 11–45 |
Kurbel | Shimano XT 170 mm |
Lenker | OneUp Carbon 800 mm, 35 mm Rise |
Vorbau | OneUp 50 mm |
Sattel | Fabric Magic Elite Radius |
Reifen | Maxxis Minion DHF / DHR II 2,5" WT 3C |
Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards des Deviate Highlander findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
- Sattelstützen-Einstecktiefe 300 bis 330 mm
- Sattelstützendurchmesser 31,6 mm
- Steuersatz ZS44/28,6 & ZS56/40
- Dämpfer Metric 210 x 55 mm
- Bremsaufnahme 180 mm PM
- Einbaumaß am Heck 148×12 mm Boost
- Kettenführung 2 untere ISCG-05-Aufnahmen
- Dämpferkompatibilität Stahl und Luft, mit und ohne externe Ausgleichsbehälter
- Kettenblattgröße 28–36 Zähne
Zusätzliche Informationen zur Hinterbaukinematik des Deviate Highlander zeigen die stets nach hinten gerichtete Radhebungskurve, die progressive Hinterbaukinematik und den Anti-Squat sowie Anti-Rise.
Auf dem Trail
Bereits im Stand sieht das Deviate Highlander 140 schnell aus, was am sehr tiefen Rahmen liegt. Die OneUp-Stütze fährt weit aus und wir geben Gas. Die Sitzposition: einigermaßen aufrecht. Bequem, aber sicher nicht sportlich. Mit 176 cm fahre ich Größe M, dank der niedrigen Sitzrohre könnte ich auch leicht Größe L fahren, wenn ich es gern länger hätte. Aber lang ist das Bike auch so, zumindest was Reach und Radstand angeht. Die große Frage: Stört die Kettenumlenkung im Uphill? Durch Geräusche, durch Reibung? Wir wechseln die Bikes hin und her, schließen die Augen und kommen zur Erkenntnis: Nein, hier stört nichts. Im Gegenteil: Der ausgeprägte Anti-Squat stabilisiert das Bike ungemein und erinnert an so manches aggressiv ausgelegte DW-Link-Design. Der Kettenzug scheint den Hinterbau in Position zu ziehen und zu halten. Braucht man da einen Climb Switch am Cane-Creek-Dämpfer? Sicher nicht, das Heck kann offen bleiben. Die Gänge der Shimano XT sitzen, die Schaltung ist vom hohen Drehpunkt nicht beeinflusst.
In einfachem Gelände fährt sich das 14,85 kg wiegende Highlander komfortabel, sicher, unaufgeregt. Es ist leicht und direkt genug, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Sein Fahrwerk versackt nicht, es ist stets lebhaft und erlaubt auch kleine Spielereien. Jedes Manöver, bei dem man sich stark aufs Hinterrad bewegen will, erfordert aber mehr Schwung aus der Hüfte als gewöhnt: Durch die wachsenden Kettenstreben muss der Schwerpunkt zusätzlich nach hinten bewegt werden, damit das Vorderrad oben bleibt. Ist zu schaffen, heißt aber: Ein prädestiniertes Spielzeug im Sinne von Surfen hier, Backwheel-Hop da haben wir nicht dabei – trotz nur 140 mm Federweg am Heck. Aber: Auch in gemäßigtem Gelände macht das Bike viel Freude, durch die gute Balance sitzt man angenehm auf dem Deviate.
Zeigt der Trail bergab, geht es dann richtig los. Das Highlander dübelt souverän los, liegt satt und leise auf der Strecke. Wurzeln, Steinfelder, Sprünge? Kein Problem. Es fühlt sich nach mehr Federweg an, als die 140 mm auf dem Papier erwarten lassen. Das wachsende Heck und der ordentliche Reach verleihen dem Bike viel Laufruhe – damit kann man es richtig krachen lassen. Klar, ein Enduro ist das Bike im getesteten Aufbau noch nicht, aber es befindet sich eindeutig am oberen Ende des Trailbike-Spektrums. Auch in Steilpassagen bleibt es stets berechenbar.
Wie groß ist der Vorteil des hohen Drehpunkts? Das ist natürlich nicht eindeutig zu sagen, denn erfahren lässt sich nur die Gesamtkombination aus Kinematik, Dämpfer und Geometrie. Und die stimmt. Wäre das Bike noch besser bergab mit flacherem Lenkwinkel, Stahlfeder-Dämpfer und dickeren Reifen? Klar. Und wer das will, der kann es haben – das nennt sich dann nämlich Highlander 150. Durch den etwas flacheren Sitzwinkel bin ich jedoch nicht ganz sicher, ob die 150 mm-Version der bessere Allrounder ist. Wegen des hohen Anti-Squat könnte ich mir aber vorstellen, dass es noch ähnlich gut bergauf funktioniert – und bergab noch mal eine Schippe drauf legt.
Das ist uns aufgefallen
- Kettenumschlingung Im Stand den größten Gang einlegen und mit aller Gewalt antreten – dann springt die Kette einen Zahn durch. Macht sie übrigens bei einigen High-Pivot-Bikes und ist auf dem Trail exakt gar nicht aufgetreten. Eine realitätsferne Feststellung, die man aber einfach mal kommunizieren kann.
- Kettenführung Tatsächlich ist mir genau ein Mal die Kette heruntergefallen – im Zusammenhang mit Spitzkehren und Rückwärts-Pedalieren zwischen Kurven.
- Effizienz Wir haben bei Back-to-Back Probefahrten mit dem Deviate keine Unterschiede in der Effizienz zu einem Rad ohne Kettenumlenkung feststellen können – hierfür müsste man schon extrem sensibel sein. Bei anderen High-Pivot-Rädern waren die Kollegen allerdings durchaus der Meinung, einen Unterschied festzustellen.
- Deviate Das Bike ist etwas Besonderes – ohne ein Sonderling zu sein. Sympathisch!
- Leitungsführung Eigentlich ideal gelöst. Die Gummistopfen am Eingang in die Sitzstreben sitzen aber schlecht, was unschön aussieht.
- Schmiernippel Hier kann Dreck durch Fett ersetzt werden, wodurch die Drehpunkte lange leicht laufen sollten – lobenswert!
Fazit – Deviate Highlander 140
Abweichen – der Name ist hier Programm, aber im positiven Sinne: Das durch seinen hohen Drehpunkt und extrem tiefen Dämpfer zweifellos von der Norm abweichende Deviate Highlander 140 überzeugt auf dem Trail. Außer für jene, die es extrem verspielt mögen, gibt es an diesem Fahrrad nichts auszusetzen. Es klettert sehr gut und schreckt bergab auch vor einer Bikepark-Strecke nicht zurück.
Pro / Contra
Pro
- sattes Fahrwerk mit jeder Menge Reserven
- laufruhige, dennoch alltagstaugliche Geometrie
- sehr effizient und ruhig im Uphill
- saubere Detaillösungen
Contra
- keine Komplettbikes im Angebot
- nicht sehr verspielt
Glaubst du, Bikes mit hohem Drehpunkt werden sich weiter durchsetzen?
Testablauf
Deviate hat uns das Highlander für 4 Monate zur Verfügung gestellt. Wir sind es zeitweise auch mit der Motion Ride E18+ Federgabel gefahren, der Testeindruck hier bezieht sich aber auf Fahrten mit der Cane Creek Helm-Federgabel.
Hier haben wir das Deviate Highlander getestet
- Mangfallgebirge Sprunglastige Passagen, Wurzelteppiche, flach und steil.
- Allgäuer Alpen Wanderwege und angelegte Trails, Spitzkehren, Steilstufen, Steinfelder.
- Fahrstil
- verspielt, sauber und mit vielen Drifts
- Ich fahre hauptsächlich
- Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Die richtige Mischung aus Komfort und Popp macht’s
- Vorlieben bei der Geometrie
- Relativ niedrig, relativ lang
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