DT Swiss 232 One im ersten Test: Die neue MTB-Saison steht in den Startlöchern – Zeit für die Hersteller, ihre neuen Produkte für das Jahr 2020 der Öffentlichkeit zu präsentieren! DT Swiss hat zum Auftakt eine neue Federungs-Plattform vorgestellt: Die F 232 One-Federgabel sowie der R 232 One-Dämpfer werden sich ab April im Portfolio der Schweizer befinden. Wir konnten vorab die neuen DT Swiss 232 One-Produkte unter Tage im Besucherbergwerk Kamsdorf begutachten und testen.
DT Swiss F 232 One-Federgabel
Infos und Preise
Neu überarbeitet und bereit für World Cup-Siege – die DT Swiss F 232 One-Federgabel ist von nun an das XC-Flaggschiff im Gabel-Portfolio der Schweizer. In der Version mit 100 mm Federweg soll sie vor allem Rennfahrer ansprechen. Alternativ bietet man jedoch auch Varianten mit 110 oder 120 mm an, die sich an Trail-liebende XC-Piloten richten. Die Preise variieren je nach Modell leicht, bleiben jedoch knapp unter 1.000 €.
- Laufradgrößen 29″
- Federweg 100 mm, 110 mm, 120 mm
- Feder Lineair
- Dämpfung Incontrol
- Standrohrdurchmesser 32 mm
- Offset 51 mm
- Achsmaß Boost 15 x 110 mm
- Gewicht 1.480 g (100 mm Remote) / 1.510 g (110 mm Remote) – jeweils ohne Achse, 230 mm Gabelschaft, Herstellerangabe
- Verfügbarkeit ab April 2020
- www.dtswiss.com
Preise Lever Version: 979 € (UVP) | Remote Version: 999 € (UVP)
Im Detail
Bei der Entwicklung der neuen F 232 One-Federgabel legten die Konstrukteure aus dem Hause DT Swiss eigenen Angaben zufolge zunächst ein Hauptaugenmerk auf ein Topologie-optimiertes Design, um das Verhältnis aus Steifigkeit und Gewicht zu maximieren. Kurzum: Auf Basis von Erfahrungswerten, Input von World Cup-Piloten sowie Labormessungen wurden Werte zur Torsions- und Biegesteifigkeit gesammelt sowie die Kraftpfade an der Gabel analysiert. Mithilfe dieser Erkenntnisse will man die Menge des Materials an schwach beanspruchten Stellen reduziert und an stark beanspruchten erhöht haben. Schlussendlich, so der Hersteller, stellt sich dadurch das optimale Verhältnis aus Steifigkeit und Gewicht bei der DT Swiss F 232 One ein. Optisch wahrzunehmen ist dies beispielsweise an der Gabelbrücke: Aufgrund der Bremsbeanspruchung wirken stärkere Torsionskräfte auf die linke Brückenhälfte, weshalb an dieser Stelle sichtlich mehr Material verbaut wurde. Somit kommt es über die gesamte Gabelbrücke hinweg zu einer asymmetrischen Anordnung kleiner Stege.
Zudem ist im Vergleich zum Vorgängermodell, der OPM-Gabel, die Brücke nach vorne gewandert, was zusätzlich einen Steifigkeitsgewinn mit sich bringen soll. Durch die erhöhten Werte der Torsionssteifigkeit soll sich ein Bike mit der F 232 One deutlich präziser steuern lassen. Die verbesserte Biegesteifigkeit hingegen soll verhindern, dass sich die Standrohre in den Führungsbuchsen verkanten, weshalb die Performance der neuen DT Swiss-Federgabel im Vergleich zum Vorgängermodell erheblich gestiegen sein soll. Des Weiteren werden die Gabelkrone sowie der Schaft nun aus Aluminium gefertigt und nicht wie bei der OPM aus Carbon.
Werfen wir einen Blick auf den zweiten von drei entscheidenden Faktoren der neuen DT-Gabel: das Incontrol-Dämpfungssystem. Grundsätzlich lässt sich die Dämpfung in einer MTB-Gabel über die Menge an Öl, die in den unterschiedlichen Kanälen fließen kann, beeinflussen. Je kleiner die Kanäle, desto höher ist der Durchflusswiderstand und dementsprechend höher ist auch die Dämpfung. Durch das Öffnen und Schließen verschiedener Kanäle kann die Dämpfung der Gabel vom Fahrer beeinflusst werden – ähnlich wie beim altbekannten ODL-System.
Im Open-Modus fließt das Öl durch die High- und Lowspeed-Kanäle – die Gabel arbeitet sensibel und bietet ein hohes Maß an Traktion. Zusätzlich kann die Lowspeed-Druckstufen-Dämpfung (LSC) mit einem Torx-Schlüssel schrittweise angepasst werden, indem der LSC-Kanal immer weiter geschlossen wird, was ein strafferes Fahrgefühl generiert. Im Drive-Modus ist der LSC-Kanal geschlossen. Das gesamte Öl fließt nun durch den Highspeed-Druckstufen-Kanal (HSC). Die Shims des HSC erlauben erst bei einer bestimmten Kraft Ölfluss, woraus eine Dämpfung resultiert, die sich optimal eignen soll, um auf unebenen, steinigen Anstiegen Traktion zu erzeugen. Im Lock-Modus schließt ein Schieber beide Kanäle – die Gabel ist somit blockiert. Sollten dennoch unerwartete, harte Schläge auf die Gabel wirken, schützt ein Blow-Off-Ventil das Innenleben der F 323 One.
Als Feder fungiert bei der DT Swiss-Gabel ein Zweikammern-Luftsystem – das sogenannte Lineair-System. Durch die Größe der Kammern und die Position des Bypasses in der Luftkammer soll eine Kennlinie entstehen, die alle Eigenschaften von XC-Strecken abdeckt: auf leicht unebenem Untergrund ein sehr sensibles Ansprechverhalten, ein linearer Mittelhubabschnitt für gröbere Sektionen wie zum Beispiel Wurzelteppiche und für grobe Schläge eine hohe Endprogression. Technisch realisiert wird diese Kennlinie wie folgt: Der Bypass sorgt zunächst dafür, dass bei voll ausgefederter Gabel der Druck in der Negativkammer höher ist als in der Positivkammer, was das Losbrechmoment minimiert. Für ein lineares Ansprechverhalten im Mittelbereich sorgen die unterschiedlichen Größen der Luftkammern, die für eine flache Federkennlinie optimiert wurden.
Das Adaptable Progression Tune-System (APT) ermöglicht es dem Kunden zudem, die Progression der Kennlinie mit Hilfe von Volumenspacern schnell und praktisch anzupassen. Das Ansprechverhalten der Federgabel soll dabei unabhängig vom gewählten Setup immer gleich sensibel bleiben.
Auf dem Trail
Im Rahmen der Produktvorstellung mitten in Thüringen konnten wir die DT Swiss F 232 One erstmals Probefahren. Das Besondere dabei: Unsere Teststrecke befand sich unter Tage im Besucherbergwerk Kamsdorf. Zwischen 1500 und 1958 wurden dort in erster Linie Erze abgebaut, inzwischen befindet sich in der Mine ein großangelegtes Trailnetzwerk, das von Flowpassagen bis hin zu leicht verblockten Abschnitten alles bietet, was ein Mountainbikerherz begehrt.
Das Fahrwerk für unsere Testfahrt war eingebaut in ein Canyon Lux SLX mit 110 mm Federweg an der Front. Gabel und Dämpfer konnten gemeinsam über einen mechanischen Remote-Hebel vom Lenker aus angesteuert werden. Wie hat sich nun die neue Federgabel von DT Swiss in unserem ersten Test auf spektakulärem Terrain geschlagen?
Schon auf den ersten Metern, die wir gemeinsam in der Gruppe auf leicht unebenem Untergrund zurücklegten, hinterließ die F 232 One einen äußerst feinfühligen Eindruck. Wie von DT Swiss versprochen, zeigte sich die Gabel im unteren Federwegsbereich sehr sensibel und wechselte bei leicht verblocktem Gelände in ein lineareres Ansprechverhalten über. Wurde unsere Testrunde etwas schneller mit kleinen, unruhigen Abfahrten, verhielt sich die DT Swiss F 232 One ruhig und unauffällig. Gerade auf den Trails unter Tage, auf denen die Sicht zeitweise erheblich eingeschränkt war, bügelte die Gabel ohne große Murren äußerst sensibel die teilweise falsche Linienwahl aus. Die Endprogression der neuen Federgabel konnten wir auf unserer kurzen Testrunde leider nicht vollständig untersuchen. Im Bergwerk Kamsdorf sind die Trails zwar äußerst vielseitig und technisch keinesfalls einfach, größere Absätze oder Drops sucht man dennoch vergebens. Die Kennlinie zeigte sich dementsprechend in Ansätzen zwar, wie von DT Swiss angekündigt, progressiv, wie sich die F 232 One im letzten Federwegsviertel hingegen verhält, müsste ein zusätzlicher Langzeittest zeigen.
Geht es mit der F 232 One bergauf, stellt man den Remote-Hebel kurzer Hand einfach in den Drive-Modus. Die Gabel arbeitet etwas abgestumpft weiter und man kann problemlos im Wiegetritt auf holprigem Untergrund nach oben ziehen. Ein weiterer Punkt, der uns auf der Testrunde äußerst positiv auffiel: die Steifigkeit der Gabel. Geht es mit hoher Geschwindigkeit in eine Kurve oder einen Anlieger, gab die Gabel in keiner Lage nach, sodass die Linie einwandfrei gehalten werden konnte.
DT Swiss R 232 One-Dämpfer
Infos und Preise
Neben der F 232 One-Federgabel hat DT Swiss für XC-Enthusiasten auch den R 232 One-Dämpfer neu entwickelt. Das Produkt kommt in Standard- und Trunnion-Mount daher und soll in Kombination mit der neuen DT-Gabel ein optimales Fahrwerk in den XC-Racebikes dieser Erde darstellen. Die 429 € teure Remote-Version wird es ab April 2020 für den Endkunde zu erwerben geben.
- Einbaustandards Standard Mount, Trunnion Mount
- Einbaulänge Standard 190 x 40 mm, 190 x 45 mm, 210 x 50 mm, 210 x 55 mm
- Einbaulänge Trunnion 165 x 40 mm, 165 x 45 mm, 185 x 50 mm, 185 x 55 mm
- Feder Lineair
- Dämpfung Incontrol
- Gewicht 230 g (190 x 45 mm Remote) / 300 g (165 x 45 mm Remote) – Herstellerangaben
- Verfügbarkeit ab April 2020
- www.dtswiss.com
Preise Lever Version: 406 € (UVP) | Remote Version: 429 € (UVP)
Im Detail
Analog zur DT Swiss F 232 One-Federgabel regelt auch im neu konstruierten Dämpfer R 232 One das Incontrol-System die Dämpfung über drei Phasen – Open, Drive und Lock. Damit kann der Fahrer vielseitig auf unterschiedliche Situationen und Untergründe reagieren.
Ebenfalls vergleichbar mit der neuen Federgabel lässt sich dies durch ein gezieltes Öffnen und Schließen der HSC- und LSC-Kanäle technisch umsetzen. Das Dämpfungssystem basiert dementsprechend auf einem Two-Way-High- und Low-Speed-System. Bei langsamen Kompressionsbewegungen fließt das Öl durch einen nicht regulierbaren LSC-Kanal, während bei schnellen Bewegungen das Öl auch durch den HSC-Kanal strömt. Identisch wie bei der zuvor erläuterten Federgabel fließt im Open-Modus das Öl durch beide Kanäle, mit der Folge, dass der Dämpfer äußerst sensibel reagiert. Im Drive-Modus ist der LSC-Kanal geschlossen, die Shims öffnen sich unter bestimmten Druckbedingungen und eine gewisse Dämpfung tritt ein, um beispielsweise in unebenen Uphills ausreichend Traktion am Hinterrad zu generieren. Im Lock-Modus sind HSC- und LSC-Kanal wiederum geschlossen – der Dämpfer ist damit blockiert und wird von einem Blow-Off-Ventil vor heftigen Schlägen geschützt.
Auch das Lineair-Federungssystem des DT Swiss-Dämpfers arbeitet nach dem gleichen Muster wie die F 232 One-Gabel: Ein integrierter Bypass sorgt im Zweikammern-Luftsystem für eine Druckregulierung in den Kammern. Wird der Dämpfer komprimiert, wandert der Kolben über den Bypass der Luftkammer. Befindet sich der Kolben nun auf dem Bypass, sorgt dieser für einen Druckausgleich der Positiv- und Negativkammer. Drückt man den Dämpfer weiter zusammen, wird ausschließlich die Luft in der Positivkammer komprimiert, während in der Negativkammer der Druck weiter abfällt. Durch die Position des Bypasses sowie das Volumen der Luftkammern soll so eine progressive Kennlinie des DT Swiss R 232 One-Dämpfers erzeugt werden.
Auf dem Trail
Auf Runde zwei unter Tage haben wir ein besonderes Augenmerk auf das Ansprechverhalten und die Funktionalität des DT Swiss R 232 One-Dämpfers gelegt. Haben sich die positiven Eindrücke der Gabel auch beim Dämpfer bestätigt? Auf den ersten Metern zeichnete sich das gleiche Bild ab wie bei der Federgabel: Auf unruhigem Untergrund arbeitet der R 232 One äußerst feinfühlig und besticht durch ein hohes Maß an Sensibilität. Auf holprigem Boden einfach im Sattel sitzen bleiben und angenehm über den Untergrund gleiten – mit dem R 232 One kein Problem. Ging es in den ersten, leicht steinigen Anstieg, zeigte sich der Dämpfer im Open-Modus zweigeteilt: Pedaliert man den Uphill im Sitzen hinauf, ist das Ansprechverhalten wie in der Ebene äußert angenehm. Im Wiegetritt hingegen rauscht man erwartungsgemäß etwas durch den Federweg hindurch. Für diese Fälle gibt es bei DT Swiss nämlich den Drive-Modus. Der Dämpfer arbeitet hierbei etwas stumpfer, doch holprige Anstiege können so im Vollsprint mit äußerst guter Traktion überwunden werden.
Im Downhill zeigt sich der Dämpfer, beziehungsweise der Hinterbau relativ linear. Wir waren zu jedem Zeitpunkt weit von einem Durchschlag entfernt, konnten aber auch hierbei aufgrund der Gegebenheiten im Bergwerk den Dämpfer nicht vollständig auf die Endprogression überprüfen. Inwiefern sich gegen Ende die Kennlinie ändert, müsste auch in diesem Fall ein ausführlicher Langzeittest zeigen.
Das ist uns aufgefallen
- Steifigkeit der Federgabel Die F 232 One hinterlässt einen äußerst steifen Eindruck. Die Gabel gibt in schnellen, stark beanspruchten Anliegern in keiner Weise nach, sodass man perfekt die Spur halten kann.
- Ansprechverhalten Vor allem auf leicht holprigen Untergrund arbeitet das Fahrwerk an Front und Heck äußerst sensibel und feinfühlig.
- Schutzblech An der Gabelbrücke sind Gewinde angebracht, an denen ein Spritzschutz perfekt montiert werden kann – praktische Lösung!
Fazit – DT Swiss F 232 One & R 232 One
DT Swiss ist mit der Suspension-Plattform F 232 One und R 232 One eine tolle Kombination von Federgabel und Dämpfer gelungen. Beide Parts reagieren auf einen unruhigen Untergrund äußerst sensibel und schenken dem Fahrer vor allem in der Ebene und in Anstiegen optimale Traktion – ein äußerst wichtiger Faktor für XC-Piloten. Die Kennlinie der Gabel ist dabei etwas progressiver gehalten als die des Dämpfers. Um konkretere Aussagen hierzu treffen zu können, ist allerdings ein Langzeittest vonnöten.
Testablauf
Die neue DT Swiss F 232 One-Federgabel und der R 232 One-Dämpfer wurden im Rahmen ihrer Vorstellung im Bergwerk Kamsdorf auf einer Testrunde unter Tage gefahren. Hier zeichnen sich die Trails durch viele unebene und holprige Passagen aus, Flowelemente sowie leicht ruppige Passagen sind ebenfalls vorzufinden. Die Uphills sind XC-typisch sehr kurz und ebenfalls äußerst uneben. Die Kosten für das Pressecamp wurden von DT Swiss getragen.
- Fahrstil
- Bergab zügig, aber saubere Linie; bergauf meist gleichmäßig
- Ich fahre hauptsächlich
- XC, vereinzelt Marathon- und Etappenrennen
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, für eine optimale Traktion – auch in Anstiegen
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kompakte Sitzposition; kurzer Hinterbau für mehr Agilität; tiefe Front
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