Die dritte Etappe des Epic Israel 2019 brachte uns Freud und Leid zugleich: Tobi konnte sich von seinen Magenproblemen vom Vortag nur bedingt erholen und musste wohl so stark leiden, wie nie zuvor in einem Etappenrennen. Einzig die vielen tollen Singletrails auf der 91 Kilometer langen Strecke konnten in gewisser Weise dafür sorgen, dass wir nicht gänzlich unzufrieden das Ziel erreichten.
Traumhafte Trails unter erschwerten Bedingungen
Nachdem bereits die gestrige Etappe mit einem Plattfuß bei mir und ersten Anzeichen von Magenproblemen bei Tobi nicht ganz rund gelaufen war, erwischte es vor allem Tobi heute weitaus schlimmer. Doch wieder der Reihe nach: Einmal mehr klingelte der Wecker kurz vor fünf Uhr morgens und erneut stellten wir fest, dass wir uns daran nicht so recht gewöhnen konnten. Dementsprechend müde ging es ans Frühstücksbuffet, um die Speicher für die anstehenden 91 Kilometer und 1450 Höhenmeter zu füllen. Dabei vertrauen wir beide meist auf ein klassisches Müsli, etwas angereichert mit zusätzlichen Haferflocken für die nötige Energie in den folgenden Rennstunden.
Tobis Magen spielte bereits am Vorabend etwas verrückt, doch über die Nacht schien sich die Lage etwas stabilisiert zu haben. Und so starteten wir schließlich recht zuversichtlich auf die zweite Etappe, die uns in die Misgav-Region im Hinterland der Stadt Akko führte. Die ersten 15 Kilometer sollten einmal mehr flach ins Gelände führen, ehe drei längere Anstiege mit mehreren Zwischensteigungen warteten. Zum Schluss galt es dann die Strecke vom Fuße der bergigen Region wieder zurück zum Meer und dem Renngelände zu bewältigen.
Wie bereits am Vortag startete das Spitzenfeld sehr hektisch – entspanntes Einfahren auf flacher Strecke – Fehlanzeige! Zudem sorgten die Veranstalter durch mehrere Schikanen innerhalb einer Avocado-Plantage dafür, dass sich das Feld innerhalb kürzester Zeit in viele Teile zersplitterte. Nicht ganz perfekt positioniert, schafften wir es nicht den Anschluss an die Spitzenfahrer zu halten, weshalb wir in einer größeren Verfolgergruppe dem ersten Anstieg entgegen jagten.
Ein kurioser Zwischenfall brachte schließlich den Rhythmus aus der Ruhe: Bei einer Straßenunterführung verhakten sich einige Fahrer in unserer Gruppe mit einem herumliegenden Drahtseil, sodass kurzerhand mehrere Teams ineinander fuhren und der ein oder andere Fahrer zu Fall kam. Auch wenn wir selbst davon nicht unmittelbar betroffen waren, sorgte die große Hektik bei allen Beteiligten für ein sofortiges Auseinderbrechen der Gruppe. Bis dahin lief jedoch bei uns beiden alles noch größtenteils nach Plan, sodass wir zuversichtlich in die erste Steigung des Tages fuhren.
Und zunächst kamen wir auch wirklich gut voran. Nachdem wir zuvor einige Plätze eingebüßt hatten, konnten wir uns nun langsam nach vorne arbeiten. Doch mit der ersten kleinen Zwischenabfahrt war es vorbei mit den positiven Erlebnissen: Mit einem Schlag verlor Tobi Meter um Meter. Im ersten Moment realisierte ich nicht was passiert war und befürchtete zunächst ein Defekt. Doch dem war nicht so: Tobi offenbarte mir, dass sein Körper regelrecht Achterbahn fahren würde und zwischen Gänsehaut und Magenproblemen so ziemlich alle möglichen Probleme sich bei ihm anhäuften. Team um Team passierte uns in der folgenden Steigung und die noch folgenden 70 Kilometer schienen zur Unendlichkeit zu werden.
Wie bereits am Vortag sorgten die Veranstalter mit der Wahl der Steigung auf einem mehr schlechten als rechten Wirtschaftsweg mit vielen losen Steinen für eine ungewollte und äußerst unangenehme Ganzkörpermassage. Dementsprechend begrenzt waren auch meine Möglichkeiten Tobi in irgendeiner Form zu unterstützen: Da musste er selbst jetzt durch! Denn ein mögliches Aufgeben war für uns beide keine Möglichkeit – dafür wären wir nicht extra hierhergekommen.
Die erste Verpflegungsstelle am Ende der ersten der drei Steigungen erweckten zumindest etwas wieder die Kräfte in Tobis Körper. Vor uns standen stolze 15 Kilometer Singletrail auf einer angelegten Mountainbikestrecke. Mal flowig, mal steinig und verblockt wand sich der Trail zunächst ins Tal und anschließend auch wieder den Berg hinauf. Unsere Fähigkeiten konnten wir insbesondere bergab ausspielen und einige der Teams, die uns zuvor überholt hatten, wieder einsammeln. Bergauf fiel es dann Tobi wieder etwas schwer ein hohes Tempo zu fahren, doch immer wieder sorgten kurze Bergabpassagen für kurze, aber in diesem Fall unabdingbare Verschnaufpausen.
Und so brachten wir gemeinsam deutlich langsamer als erhofft, jedoch mit teilweise positiven Erlebnissen im Rücken, das zweite große Hindernis des Tages hinter uns. Eine schnelle Abfahrt und ein kurzer Stopp in der Verpflegungszone brachten uns schließlich an den Fuß des letzten Gradmessers des Tages. Rund 300 Höhenmeter auf einem steilen und überaus verblockten Weg in der nun kaum mehr erträglichen Hitze von ca. 40 Grad bäumten sich vor uns auf – das absolute Worst-Case-Szenario für Tobi: Mit viel Mühe brachten wir auch dieses Hindernis hinter uns, zumal Tobi sich immer mehr mit der Situation abgefunden hatte und in seinem bestmöglichen Tempo bergauf kletterte. Eine letzte Rampe auf Asphalt bescherte uns erstmalig an diesem Tag die Möglichkeit, dass ich Tobi tatkräftig unterstützen konnte. Eingehängt in die hintere Trikottasche zog ich uns beide an, woraufhin wir direkt zwei Teams einholen konnten.
Doch bereits darauf erwartete uns die letzte Abfahrt des Tages, die uns erneut auf einem Singletrail führte. Zunächst noch flach und mit kurzen Gegensteigungen, ging es danach rasant bergab. Ich nutzte die Situation insofern, dass ich die Fahrt auf den Trails richtig genießen konnte und dabei richtig Spaß hatte. Tobi sah das womöglich etwas anders, zumal uns noch 15 flache Kilometer zurück ins Ziel bevorstanden.
Und erst hier wurde mir das Ausmaß der Schwäche Tobis so richtig bewusst. Immer wieder platzte Tobi bei wirklich langsamem Tempo im Windschatten weg, es dauerte nicht lange bis uns eine größere Gruppe von hinten einholte. Immer wieder musste ich Tobi für kurze Zeit anschieben, um nicht nochmals den Anschluss zu verlieren. Auch wenn insbesondere die Kilometer im Flachen für Tobi nicht enden wollten, schafften wir es nach all den Strapazen auf irgendeine Art und Weise gemeinsam ins Ziel. Auf dem 49. Rang beendeten wir schließlich die zweite Etappe – für uns eigentlich nicht zufriedenstellend, unter diesen Bedingungen aber passabel. Alle Hoffnungen auf ein erfolgreiches Resultat in der Gesamtwertung sind spätestens heute natürlich dahin, nun steht allerdings defintiv das Finisher-Trikot morgen im Fokus.
Das könnte auf der morgigen dritten Etappe durchaus noch eine echte Herausforderung werden. Dann warten nochmals 72 Kilometer auf uns, die zusätzlich mit 900 Höhenmeter gespickt sind. Der Nachmittag lief bisher sehr zuversichtlich was Tobis Zustand anging, sodass wir aktuell guten Mutes sind das Rennen morgen früh halbwegs passabel beenden zu können. Eines ist bereits jetzt schon klar: Diesen Tag heute werden wir beide so schnell nicht vergessen!
Was an der Spitze des Feldes passierte…
Max Brandl und Georg Egger bleiben beim Epic Israel 2019 eine Klasse für sich. Auch am dritten Tag sicherten sich die beiden Deutschen den Sieg vor den Kanadiern Peter Disera/Andrew L’Esperance und den Österreichern Gregor Raggl/Karl Markt. Dabei stand der Triumph von Egger und Brandl über weite Strecken in den Sternen: In der ersten längeren Abfahrt erlitt Egger ein Plattfuß, den das Duo jedoch recht schnell dank tatkräftiger Unterstützung ihrer beiden Teamkollegen Luca Schwarzbauer und David List mit einem Laufradtausch beheben können. Nichtsdestotrotz wurden zwischenzeitlich mehr als zwei Minuten Rückstand auf die Spitze gemessen, sodass die Gesamtführung sogar kurzzeitig in Gefahr schien. Doch das Lexware-Duo holte mächtig auf und schloss auf der Flachpassage hin zum Ziel auf die beiden führenden Disera und L’Esperance auf. Wie bereits tags zuvor konnten sich die beiden dann absetzen und stehen nun somit unmittelbar vor dem Gesamtsieg.
Bei den Damen ging das muntere Wechselspiel auf dem Podium in die nächste Runde. Mit dem heutigen Sieg konnten sich Catherine Pendrel und Haley Smith das Leadertrikot überstreifen. Souverän zogen die beiden Kanadierinnen am ersten Anstieg der Konkurrenz davon und siegten mit mehr als vier Minuten Vorsprung vor Sophie von Berswordt-Wallrabe/Jovana Crnogorac und den Prologsiegerinnen Chloe Woodruff/Erin Huck.
Noch ein kleiner Nachtrag zum gestrigen Tag: Der Deutsche Martin Gluth stürzte in der Spitzengruppe liegend schwer und kugelte sich die Schulter aus. Das Problem konnte Gluth wieder beheben, war aber dann im Folgenden dementsprechend gehandicapt unterwegs. Auch heute war Gluth mit seinem Teampartner Fabian Giger wieder am Start und belegte trotz starker Schwellungen einen starken sechsten Rang. Hut ab vor dieser Leistung!
Mehr Bilder findet ihr oben im Silder!
Weitere Infos zum Epic Israel 2019 findet ihr hier.
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