Neue e*thirteen Sidekick-Nabe im Test: Seit langem haben wir sie im World Cup gesehen, nun kommt die e*thirteen Sidekick-Nabe mit Anti-Pedalrückschlag-Funktion auf den Markt. Der spezielle Freilauf verfügt über einen definierten Leerweg, der sich zwischen 12°, 15° und 18° justieren lässt. Das System soll verhindern, dass der beim Einfedern entstehende Kettenzug die Funktion des Fahrwerks behindert. Wir konnten sie schon im Downhill- und Enduro-Einsatz testen.
e*thirteen Sidekick – Infos und Preise
Der Pedalrückschlag ist seit einigen Jahren ein sehr präsentes Thema innerhalb der MTB-Branche (Artikel: Was ist Pedalrückschlag?). Die Kurzfassung: Beim Einfedern kann sich die obere Kettenlinie verlängern, wodurch die Kette am Hinterrad und an der Kurbel zieht und die entstehenden Kräfte die Arbeit des Fahrwerks behindern. Die neue e*thirteen Sidekick-Hinterrad-Nabe soll dies verhindern, indem sie es dem Freilauf erlaubt, sich um einen definierten Winkel frei zu drehen. Längt sich also die Kettenlinie, dreht sich die Kassette entsprechend nach vorne und gibt die benötigte Länge frei. Die Sidekick Nabe verfügt über drei Stufen (12°, 15° und 18°), ist in allen modernen Einbaubreiten verfügbar und kostet 499,99 €.
- Besonderheiten einstellbarer Eingriffswinkel eliminiert Auswirkungen des Pedalrückschlags
- Einbaumaße Boost, Super Boost, 157 x 12 mm, 148 mm x 12 mm (DH)
- Material Stahl (Achse) / Alu (Nabe)
- Eingriffswinkel 12°, 15°, 18° (einstellbar)
- Freilauf XD, Microspline, HG, mini-HG, 7-fach mit integrierter Kassette
- Gewicht (Herstellerangaben)
- Boost (XD): 452 g
- Super Boost (XD): 450 g
- 157 x 12 mm (7-fach): 652 g
- 148 mm DH: 459 g
- Farbe Schwarz / Silber
- www.ethirteen.com
- Preise (UVP) | Bikemarkt: e*thirteen Sidekick kaufen
- 499,95 € (Hinterrad-Nabe)
- 589,95 € (Hinterrad-Nabe inkl. 7-fach Kassette)
- 169,95 € (Vorderrad-Nabe)
Im Detail
Die Idee, den Pedalrückschlag zu reduzieren, indem man ein bewegliches Teil in den Antrieb integriert, das es der Kette erlaubt, sich die benötigte zusätzliche Länge beim Einfedern zu holen, ist nicht ganz neu: Das Ochain (Test) befindet sich mittlerweile an ziemlich vielen Trail-, Enduro- und Downhill-Bikes. Dabei handelt es sich jedoch um ein zusätzliches Bauteil mit einer recht komplexen Mechanik, die regelmäßig gewartet werden muss. e*thirteen gib an, dass es sich bei ihrem Produkt im Wesentlichen um eine reguläre Nabe handelt, die keinen zusätzlichen Wartungsaufwand benötigen sollte. Doch wie funktioniert das System eigentlich?
In einer normalen Hinterrad-Nabe befinden sich Sperrklinken oder Zahnscheiben, die beim Rollen aneinander vorbeigleiten (was das bekannte Freilauf-Geräusch erzeugt) und beim Pedalieren ineinandergreifen. Dabei ergibt sich je nach Anzahl und Verteilung der Zähne und Sperrklinken ein gewisser Eingriffswinkel, der auch gerne mal im 2-stelligen Bereich sein kann. Das Problem dabei ist, dass man nie weiß, wie der Freilauf gerade steht. Wird der Eingriffswinkel mit 10° angegeben, kann es sein, dass die Sperrklinke gerade knapp hinter einem Zahn steht und wirklich 10° Drehung benötigt, um vor dem nächsten einzurasten. Es kann aber auch sein, dass sie schon an ihren Rastpunkt liegt und sofort sperrt. Eine Nabe mit einem großen Eingriffswinkel ist also keine Garantie dafür, dass man keinen Pedalrückschlag bemerkt.
Bei der e*thirteen Sidekick-Nabe sind die Sperrklinken nicht im Eingriff, sie liegen im Inneren des Freilaufkörpers. Erst, wenn man in die Pedale tritt, schiebt sich ein Keil unter die Sperrklinken und drückt diese in Richtung des außen liegenden Zähne. Die Form und Größe des Keils gibt dabei genau vor, wie groß der Winkel ist, den es benötigt, bis die Sperrklinken greifen. Der Keil, den e*thirteen „Pusher“ nennt, kann in drei Orientierungen im Freilauf verbaut werden, was den Leerweg zwischen 12°, 15° und 18° verändert. Je nachdem, wie stark man den Pedalrückschlag wahrnimmt.
Dies hängt im Wesentlichen vom Federungssystem und von der Gangwahl ab. Für den Umbau muss man das Hinterrad ausbauen, benötigt ansonsten jedoch keine Werkzeuge – er kann prinzipiell in wenigen Minuten auf dem Trail erfolgen. Die Nabe setzt auf ein gestecktes System, kann also einfach auseinandergezogen werden. Nur die Endkappe auf der Nicht-Antriebsseite verfügt über wenige Gewindegänge, die lediglich zur Sicherung da sind – so fällt sie nicht ab, wenn man das Hinterrad einzeln lagert.
Funktion der e*thirteen Sidekick-Nabe von Gregor – Mehr Mountainbike-Videos
Es gibt tatsächlich bereits Naben, die auf ein verwandtes System setzen – etwa die Tairin Shogun-Nabe. Lässt man die Sperrklinken allerdings erst unter Last ausfahren ergibt sich das Problem, dass diese häufig nicht in der korrekten Stelle in der Verzahnung einrasten, sondern etwa die Spitze des Zahns treffen und abrutschen. Das sorgt für ein lautes Knallen, Durchrutschen und einen ziemlich hohen Verschleiß an den Zähnen und Sperrklinken. e*thirteen hat das Problem damit gelöst, dass der Pusher über eine kleine Sperrklinke verfügt, die stets im Eingriff ist und die Funktion hat, die Lage des Pushers zu sichern.
So fahren die Sperrklinken immer an der richtigen Stelle aus und rutschen nicht durch. Die einzelne Sperrklinke sorgt dafür, dass die Sidekick-Nabe nicht komplett leise ist – allerdings leiser als die meisten bekannten Freiläufe. Zudem soll der Rollwiderstand im Freilauf geringer sein, da die großen Sperrklinken ja nicht im Eingriff sind.
Ein Unterschied zum Ochain ist, dass die Sidekick-Nabe auf der Kassetten-Seite arbeitet. Das heißt, der an der Kurbel empfundene Leerweg ist je nach Übersetzung anders. Das größte 18°-Setting ergibt bei einem 32-Zähne-Kettenblatt und dem 18-Zähne-Ritzel 32° Leerweg an der Kurbel, auf dem 52-Zähne-Ritzel aber nur 11°. Genauso verhält es sich mit dem Pedalrückschlag – dieser ist ebenfalls von der Übersetzung abhängig. e*thirteen sieht dies als Vorteil, da man etwa in einem technischen Uphill einen kleineren Eingriffswinkel hat, im Downhill, wo man viel auf der Bremse steht und sich der Kettenzug negativ bemerkbar machen könnte, hingegen einen großen Eingriffswinkel und damit keinen Pedalrückschlag.
Zum aktuellen Zeitpunkt bietet e*thirteen die Sidekick-Nabe sowohl einzeln an, als auch in den Grappler Flux-Carbon-Laufrädern für den Downhill- und Enduro-Einsatz sowie den Sylvan All-Mountain/Trail-Laufrädern in Alu- oder Carbon-Ausführung. Die Grappler Flux-Felgen sind in einer 17,5 mm hohen Enduro- sowie 20 mm hohen DH-Version in Alu und Carbon erhältlich und sollen vor allem durch eine hohe laterale Steifigkeit bei gleichzeitigen vibrationsdämpfenden Eigenschaften und passender Nachgiebigkeit punkten.
Auf dem Trail
e*thirteen hat mir einige Wochen vor dem Launch-Datum zwei Grappler Flux Carbon-Laufradsätze in Enduro und Downhill-Ausführung mit der neuen Sidekick-Nabe zur Verfügung gestellt. Ich bin diese in einem Specialized Demo-Downhill-Bike sowie Specialized Stumpjumper Evo-Trail-Bike in sehr unterschiedlichem Terrain, inklusive Renneinsatz gefahren. Zuvor war an beiden Rädern ein Ochain verbaut, ich bin während des Tests aber auch Runs ganz ohne Anti-Pedalrückschlag-System gefahren und habe teilweise zwischen den System hin- und hergewechselt.
Wenig überraschend hängt die Wirkung des Systems dabei stark vom jeweiligen Hinterbau-System ab. Stets spürbar ist natürlich der Leerweg, der sich an der Kurbel ergibt, wobei ich diesen auf Enduro-Ausfahrten selbst im 18°-Setting meistens als unauffällig empfunden habe. Nur bergab, wenn man aus einer engen Kurve heraussprinten muss, ist dieser etwas störend. Wer schon einmal eine Nabe mit sehr großem Eingriffswinkel gefahren ist, kennt das Gefühl. Während das Ochain durch die verbauten Federn und Elastomere einen recht weichen Eingriff bietet, fühlt sich die Sidekick-Nabe wie jede andere Nabe an. Beim Tritt in die Pedale greifen die Sperrklinken mit einem harten „Tonk“ ein und solange man pedaliert wird man nichts von dem System spüren. Dass der Leerweg in sehr leichten Bergauf-Gängen geringer ist, ist tatsächlich ein angenehmes Feature, auch wenn ich zugeben muss, dass mich das Ochain in den mittleren Settings dabei ebenfalls wenig gestört hat. Die Sidekick-Nabe dürfte vor allem für eher Gravity-lastige Fahrer interessant sein, die es im Anstieg eher ruhig angehen lassen.
Interessant wird es natürlich in der Abfahrt. Das beworbene „Chainless-Gefühl“ kann man voll und ganz unterschreiben. Wer schon einmal einen Trail ohne Kette gefahren ist, kennt dies. Das Fahrwerk arbeitet spürbar freier und nutzt den Federweg großzügiger. Vor allem beim Anbremsen auf ausgewaschenen Strecken ist das Phänomen spürbar und sorgt für ein ruhigeres Rad und mehr Grip. Das liegt daran, dass der Freilauf bei blockiertem Hinterrad normalerweise sofort greift und der entstehende Kettenzug das Fahrwerk blockiert. Mehr dazu im Erklär-Artikel zum Pedalrückschlag.
Bei offener Bremse und hoher Geschwindigkeit hingegen ist kein großer Unterschied spürbar. Allerdings schlackert die Kette bei entsprechend guter Kettenspannung weniger und sorgt so für etwas weniger Vibration in den Füßen – schneller macht das einen allerdings nicht. Nicht spürbar war für mich der verbesserte Rollwiderstand, wobei ich mich sehr auf die Pedalrückschlag-Funktion konzentriert und und beim Wechsel andere Laufräder und teilweise Reifen verwendet habe, die sicherlich einen viel größeren Einfluss haben.
Am Stumpjumper Evo hatte ich insgesamt das Gefühl, einen größeren Unterschied zu spüren als am Demo. Am Demo war es mir auch nicht möglich, einen Unterschied zwischen dem Ochain und der Sidekick-Nabe zu erspüren. Beide eliminieren bereits im minimalen Setting jeglichen Pedalrückschlag. Ich fand die Fahrt mit einem der beiden Systeme angenehmer als ohne, bin mir aber nicht sicher, ob es an diesem Rad einen messbaren Performance-Vorteil bringt oder sich einfach nur etwas besser anfühlt. Wobei allein letzteres ja auch schon ausreichend ist. Am Stumpjumper Evo hingegen hatte ich das Gefühl, dass das Ochain minimal mehr Feedback liefert als die Sidekick-Nabe, die jeglichen Ketteneinfluss eliminiert. Mit dem Ochain ist auch kein Pedalrückschlag spürbar, es fühlt sich jedoch etwas gedämpfter an und man merkt eben, dass noch ein Antrieb da ist.
Das ist uns aufgefallen
- Einstellbarkeit Den Eingriffswinkel zu ändern ist enorm einfach und geht prinzipiell auch im Wald – man braucht dafür höchstens ein Werkzeug, um die Hinterrad-Achse auszubauen. Die Nabe selbst ist gesteckt (nur die Endkappe muss man mit ein paar Umdrehungen lösen) und kann einfach auseinandergezogen werden. Es fallen dabei auch keine Kleinteile runter. Allerdings würde man das Ganze jetzt nicht von Trail zu Trail oder zwischen Trail und Uphill ändern – dazu erscheint es dann doch viel zu aufwendig, das Hinterrad auszubauen. Meistens wird man ein Setting finden und dann dabei bleiben.
- Geräuschkulisse Bei den meisten Bikes wird die Sidekick-Nabe die Geräuschkulisse deutlich senken. Der Freilauf ist fast leise und dadurch, dass kein Kettenzug auftritt – dieser wird vorher schon von der Nabe aufgenommen – schlackert die Kette weniger. Am Enduro-Bike hatte ich zu Beginn ein sehr, sehr altes SRAM X01 AXS-Schaltwerk verbaut (exakt das hier), das nicht mehr genug Spannung aufbringen konnte. Damit wurde das Kettenschlackern sogar etwas schlimmer, da die schlackernde Kette dann die Kassette hin- und herbewegen konnte und noch weniger gespannt war. Nach einem Schaltwerks-Tausch trat das Gegenteil ein. Am Downhill-Bike mit X01 DH-Schaltwerk sank die Geräuschkulisse sofort.
- Haltbarkeit Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass das Ochain etwas Service-bedürftig sein kann. Das sollte bei der e*thirteen Sidekick-Nabe kein Problem sein, denn sie hat keine zusätzlichen beweglichen Bauteile außer dem Pusher. Der Testzeitraum war zu kurz, um hier ein Urteil zu fällen, und auch sonst fehlt mir die Erfahrung mit e*thirteen-Naben, um eine Einschätzung über die Haltbarkeit zu geben.
- Sidekick vs Ochain Gegenüber dem Ochain bietet die Sidekick-Nabe einige Vorteile, wie etwa die (manchmal) noch smoothere Funktionsweise, die geringere Anzahl an zusätzlichen Bauteilen oder (wenn man so rechnen möchte) der geringere kombinierte Preis. Sprich, wenn man sich ein neues Rad aufbauen würde, wäre eine reguläre Hinterrad-Nabe mit einem Ochain meist teurer als einfach die Sidekick-Nabe zu kaufen. Wer bloß nachrüsten möchte, kommt allerdings mit dem Ochain günstiger weg. Zudem lässt sich etwa das neue Ochain R extern, ohne irgendetwas ausbauen zu müssen, verstellen und sogar sperren. Wer hingegen für ein bestimmtes Event oder Rennen keine Anti-Pedalrückschlag-Funktion will oder sogar einen sehr feinen Eingriffswinkel, der benötigt neben einem Laufrad mit Sidekick-Nabe ein komplettes zweites Laufrad. Am Ende muss man einfach selbst einschätzen, welches der Produkte für einen selbst mehr Sinn ergibt.
Fazit – e*thirteen Sidekick
Mit der Sidekick-Nabe stellt e*thirteen eine spannende Lösung vor, die den Pedalrückschlag effektiv verhindert. Wie stark sich das System auswirkt, hängt dabei vom jeweiligen Fahrrad ab. Es kann das Fahrwerk jedoch im Zweifel spürbar freier arbeiten lassen und sorgt – bei ausreichend Kettenspannung – für eine sehr geräuscharme und ruhige Fahrt. Hervorzuheben ist zudem, wie vergleichsweise simpel das System ist. Auch der Wechsel zwischen den verschiedenen Freiheitsgraden ist sehr einfach und kann problemlos auf dem Trail erfolgen – allerdings muss man dafür den gesteckten Freilauf öffnen. Wer die Anti-Pedalrückschlag-Funktion mal nicht möchte, benötigt leider ein komplettes zweites Hinterrad. Zur Haltbarkeit lässt sich nach dem bisherigen Testzeitraum noch nichts sagen, diese sollte jedoch auf dem Niveau einer normalen Hinterrad-Nabe liegen.
e*thirteen Sidekick Pro / Contra
Pro
- beseitigt Pedalrückschlag
- simples und effektives Design
- sorgt für eine smoothe und geräuscharme Fahrt
Contra
- Funktion lässt sich nicht sperren
Was sagst du zur Idee – wirst du dir eine Sidekick-Nabe ans Rad bauen?
Testablauf
e*thirteen hat uns einige Wochen vor der Vorstellung bereits je einen Enduro sowie Downhill-Laufradsatz zum Testen überlassen. Damit waren wir auf einer Vielzahl an Strecken unterwegs und konnten verschiedenste Szenarien und Einstellung durchprobieren.
Hier haben wir die e*thirteen Sidekick-Nabe getestet
- Graz-Umgebung Eher steile, ausgefahrene Trails mit hartem Boden, auf denen man konstant auf der Bremse steht.
- Maribor Ein Mix aus Bikepark-Strecken und naturbelassenen, technisch anspruchsvollen und teils sehr steilen „Secrets“.
- Viola / St. Grée Kleiner aber sehr feiner Bikepark im Nord-Westen von Italien. Schnelle, teils sehr ruppige Strecke. Nicht übermäßig steil, aber konstantes Gefälle.
- Ilmenau Wir sind die Nabe bei der Deutschen Meisterschaft in Ilmenau gefahren. Die naturbelassene Strecke war zum Finale extrem ausgefahren, Grip war Mangeware.
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Trail Bikes
- Vorlieben beim Fahrwerk
- ausbalanciert, Gegenhalt über die Feder, Druckstufe eher offen, mittelschneller Rebound
- Vorlieben bei der Geometrie
- eher kurz, hoher Stack, ausgewogener Sitz- und Lenkwinkel
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