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Rock Shox Boxxer – FAST Suspension 1.0
Fahrbericht der französischen Tuning-Forke

Individualisierung ist im Mountainbike-Sport gefragter denn je. Ob individuelle Wunschfarben, Komponenten auf Maß oder Fahrwerke aus Kleinstserienproduktionen – all das scheint dem Mountainbiker von heute besonders wichtig zu sein. Für uns ein weiteres Mal der Anlass, ein solches „Tuning-Produkt“ unter die Lupe zu nehmen. Im Praxistest fühlten wir der edel modifizierten Rock Shox Boxxer vom französischen Fahrwerks-Spezialisten FAST Suspension auf den Zahn. Ob und in welchem Maße das Nachrüstprodukt seinem Original überlegen ist, erfahrt ihr in diesem Fahrbericht.

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FAST Suspension: Angefangen hatte alles im Jahr 2007 – damals gründete der talentierte Franzose Fabien Glatre, dessen Wurzeln im Fahrwerks-Tuning für das Motorrad Enduro-Team von Yamaha Motors France liegen, seine eigene Firma, die er auf den Namen „FAST Suspension“ taufte. Nachdem er anfangs größtenteils als Service-Center für Federelemente bestehender Hersteller fungierte, begann er 2008 mit der Produktion eigener Produkte, die als Tuning-Maßnahme in Serien-Federelementen Verwendung fanden. Dies brachte später eine  Kooperation mit dem kanadischen Fahrwerkshersteller ELKA hervor, für die Glatre eine Nachrüst-Kartusche für Boxxer Gabeln entwarf und produzierte.

Nachdem ELKA das Engagement im Federgabelbereich nur ein Jahr später wieder auf Eis legte, übernahm FAST Suspension die Technik und entwickelte diese weiter – das Ergebnis ist bis heute unter dem Name SC2-Kartusche im Programm. Besonders stolz zeigt sich Glatre darüber, dass alle seine Produkte aus eigener Fertigung stammen – was er mit dem Logo-Zusatz „Handmade in BZH“ [BZH = Breizh (Bretagne)] selbstbewusst zum Ausdruck bringt.

Vor knapp zwei Jahren begann FAST Suspension damit, seine selbst entwickelten Fahrwerksmodifikationen in Serie zu produzieren. Aus dieser Produktion stammt auch die CO2-Kartusche, welche das Herzstück unserer Test-Gabel darstellt. Die Kartusche konzipierte Glatre in enger Zusammenarbeit mit befreundeten DH-Profis, die ihm ihre Dienste als Entwicklungsfahrer anboten.


# FAST Suspension Rock Shox Boxxer 1.0: die Tuning-Gabel aus Frankreich

Rock Shox Boxxer FAST Suspension 1.0

Mit einer Serien-Boxxer hat die Gabel aus dem Hause FAST Suspension nicht mehr viel gemein. Lediglich die Tauchrohreinheit, Steckachse, Stahlfeder und die Gabelbrücken sind noch original. Die entscheidenden Bauteile wie Standrohre und Dämpfungseinheit stammen aus der Produktion von FAST. Bisher hatte der Kunde nur die Möglichkeit, seine Rock Boxxer mit den edlen FAST-Bauteilen tunen zu lassen. Der deutsche Vertrieb MRC-Trading bietet jedoch neuerdings Boxxer Gabeln als Neuware an, die von Haus schon über das Tuning-Paket verfügen.

Für ein besonders niedriges Losbrechmoment der „FAST Boxxer“ sollen die sogenannten „Low Friction“-Standrohre sorgen: Die schwarzen Standrohre werden einer hochwertigen Oberflächenbehandlung unterzogen, die auf den Namen „Nituff“ hört. Die Gabelholme aus 7050-Aluminium werden bei der Behandlung mit einer besonders harten und ebenso feinporigen Eloxalschicht versehen, welche dank hohem Teflon-Anteil besonders hohe selbstschmierende Eigenschaften vorweisen soll.

Das eigentliche Herzstück der Gabel ist jedoch die Dämpfungseinheit – eine Kartusche, welche sich in einem offenen Ölbad befindet. Wie auch die Boxxer RC, auf der die von MRC-Trading modifizierte Gabel basiert, weist auch die CO2-Kartusche lediglich zwei externe Einstellmöglichkeiten der Low-Speed-Dämpfung auf – Zugstufe und Druckstufe. Die gesamte Druckstufendämpfung ist über ein Shim-Stack voreingestellt und kann dank drei verschiedener Versionen auf die individuellen Wünsche des Fahrers bezüglich LSC und HSC angepasst werden. Wie üblich bei einer Gabel mit offenem Ölbad befindet sich der Einstellhebel der Druckstufe unten – der Zugstufenknopf befindet sich am oberen Ende.


# Die CO2-Kartusche im Detail. Nicht wundern – die Einstellknöpfe unterscheiden sich von unserem Test-Modell. Nachdem einige Kunden Kritik an den recht scharfkantigen Einstellern der ersten Version äußerten, legte FAST nach und schob eine neue Generation von Einstellknöpfen nach. 

Gegenüber dem Original sollen die Vorteile der CO2-Kartusche vor allem in den optimierten Dämpfungseigenschaften und der deutlich feiner einzustellenden Low-Speed-Dämpfung liegen. Zudem dürften sich die Wartungsintervalle dank des offenen Ölbads deutlich verlängern, was dem Kunden nicht nur eine länger anhaltende Performance beschert, sondern auch den Geldbeutel schonen soll. Während sich die Dämpfungseinheit im Original aus zwei Teilen zusammensetzt, ist die FAST CO2-Kartusche ein zusammenhängendes Bauteil, das am Casting und am oberen Standrohr abschließt.

Wie für ein gutes „Tuning-Fahrwerk“ üblich, ist es jedoch vor allem der Support von Seiten des Herstellers, der mit dem Kauf einer FAST Boxxer einher geht. Neben der Grundausstattung [3 verschiedene Shim-Stacks für High- und Low-Speed-Dämpfung] welche bei FAST anhand der persönlichen Angaben des Käufers ausgewählt wird, hat der Kunde auch die Möglichkeit, innerhalb der ersten 3 Monate die Gabel an den Hersteller zurückzusenden, um das Grund-Set Up nochmals überarbeiten zu lassen.


# Boxxer Familie samt Tuning-Produkt: Boxxer RC, Boxxer R2C2 und FAST Suspension Boxxer 1.0

Im Überblick:

Der Praxiseindruck

Das Ansprechverhalten der FAST Boxxer sucht seinesgleichen und kann wenn nur mit dem einer Marzocchi 888 im Top-Zustand verglichen werden. Im Fahrbetrieb ist das fantastische Ansprechverhalten umgehend spürbar: Nach einigen Abfahrten macht sich bei uns jedoch der Eindruck breit, dass sich das auffällig gute Ansprechverhalten auch auf eine etwas zu schwache Low-Speed-Dämpfung zurückführen lässt. Zum einen fällt die Zugstufe recht schnell aus, zum anderen taucht die Gabel in schnellen Anliegern recht weit in den Federweg. Keines von beiden fällt stark ins Gewicht, sollte bei einem Tuning-Produkt aber dennoch nicht der Fall sein. Von FAST-Suspension bekamen wir vor Kurzem die Infos, dass das Shim-Stack der Low-Speed-Dämpfung überarbeitet wurde und nun straffer ausfallen würde.

Im großen und ganzen können wir jedoch über das geringfügige Manko hinwegsehen, vor allem da die Gesamt-Performance der Dämpfer nahezu perfekt ausfällt – der treffend voreingestellten High-Speed-Dämpfung sei Dank. Besonders auf alpinen, also ruppigen und langen DH-Strecken lernen wir die feinfühlige Gabel zu schätzen. Auch nach mehreren Abfahrten freuen wir uns, den Lenker immer noch ohne großartige Beschwerden in den Händen fest im Griff zu haben. Zu verdanken ist das vor allem der High-Speed-Dämpfung, die schnelle Schläge wie Bremswellen und Landungen bestens abdämpft.

Nicht nur am eigenen Körper macht sich die Performance der Gabel bemerkbar – auch die Laufruhe des Bikes und des Vorderrades im Speziellen bestätigt unseren Eindruck. Das Vorderrad klebt förmlich am Boden und bietet Traktion in jeder Lage. Zu unserer Überraschung lässt sich die Front dennoch agil handhaben und an Hindernissen leicht vom Boden lösen, um das Vorderrad über Stock und Stein zu heben.

Nachdem uns die FAST Boxxer im Einzeltest voll überzeugen konnte wollen wir wissen, wie sie sich im direkten Vergleich mit ihren Werks-Geschwistern schlägt.


# Die schwarze FAST Boxxer mit weißen Brücken im schwarz/weißen Giant Glory. Was für ein Anblick! 

Der direkte Vergleich:

Ausgestattet mit drei verschiedenen Boxxer-Gabeln machen wir uns auf den Weg in den Bike Park. Im Gepäck haben wir eine originale Boxxer RC und R2C2 sowie die Tuning-Forke von FAST. Das Grundgerüst für unseren Test stellt ein Giant Glory dar, welches auch von Danny Hart und Andrew Neethling im World Cup erfolgreich mit einem Rock Shox-Fahrwerk zum Einsatz kommt.

Um einen direkten Unterschied fühlen zu können, machen wir anfangs mit jeder Gabel mehrere Einstellungsfahrten, um jede der drei Gabeln perfekt auf die Test-Strecke einzustellen. Schon das Einstellen der drei Gabeln fällt grundlegend unterschiedlich aus. Während es sowohl an der Boxxer RC sowie an der FAST Boxxer nur zwei externe Einstellmöglichkeiten zu bedienen gibt, müssen bei der R2C2 doppelt soviele Knöpfe in die die richtige Position gebracht werden.

Wie von den meisten Fahrwerksherstellern empfohlen, versetzen wir alle drei Gabeln in das vom Hersteller angegebenen Grund-Set-Up. Von dort aus spielen wir uns Abfahrt für Abfahrt und von Einstellung zu Einstellung zum idealen Set-Up durch. Obwohl das Tuning-Modell von FAST genau wie das originale RC-Modell nur die externe Einstellung von Zugstufe und Low-Speed-Druckstufe erlaubt, wirkt sich die Einstellung der Low-Speed-Dämpfung der FAST deutlich weniger spürbar aus. Der Grund hierfür wurde bereits weiter oben genannt.

Beim Abstimmen der R2C2 bemerkten wir schnell, dass wir uns unabsichtlich zunehmend dem voreingestellten HSC-Set-Up der FAST-Gabel nähern. Das zeigt, dass eine auf den Fahrstil des Fahrers voreingestellte Gabel nicht weniger gut ist als eine Gabel, bei der der Fahrer alles selbst einstellen bzw. eben schnell auch verstellen kann. Nachdem wir bei jeder Gabel ein nach unserem Ermessen ideales Set-Up gefunden haben, machen wir uns an die Vergleichsfahrten. Schon nach kürzester Zeit fällt uns auf, dass sowohl die RC als auch die FAST ein besseres Ansprechverhalten vorweisen als die R2C2. Im Vergleich zur FAST-Gabel dürfte sich der Grund hierfür in der leicht unterdämpften Low-Speed-Dämpfung finden lassen. Gegenüber der originalen RC könnte es schlicht und ergreifend an der Serien-Streuung zwischen unterschiedlichen Produktions-Chargen liegen.

Alles in allem ist die R2C2 ihrer günstigeren Schwester dennoch klar überlegen. Die Gabel liegt satt auf dem Trail und folgt dem Untergrund, wie es sich für eine DH-Gabel gehört. Die FAST Boxxer weiß diese Performance aber nochmals zu übertreffen: Mehr Grip am Vorderrad und ein entspannteres Fahrgefühl bei gefühlt höherer Geschindigkeit sind die Folge. Auch wenn der Eindruck nur subjektiv ist, so haben wir das Gefühl, als wäre die FAST Boxxer schlichtweg die schnellere Gabel.


# Im Steinmeer auf einem der bekannten DH-Trails über dem Gardasee. 

Fazit

Trotz kleiner Wermutstropfen wie dem scharfkantigem Zugstufen-Einstellknopf und der etwas zu schwachen Low-Speed-Dämpfung konnte uns die Tuning-Boxxer aus dem Hause FAST Suspension vollends überzeugen. Neben einer beachtlichen Performance, die wohl jeden Downhill-Racer glücklich machen dürfte, bekommt man auch eine Gabel mit Alleinstellungsmerkmal. Bedenkt man, dass schon eine herkömmliche Boxxer R2C2 laut List mit 1.142 Euro zu buche schlägt, so kommt die FAST Boxxer für 1.099 Euro zu einem wirklich fairen Preis – insbesondere wenn man den damit verbundenen Support bedenkt.

Pro:

Contra: 

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Zur Info: Wer sich für die Parts von FAST Suspension interessiert, der findet die Firma aktuell auf dem Freigelände der Eurobike in Friedrichshafen. Messestand: Eurobike-Stand FG-B2/3 // direkt neben dem DJ-Start-Turm

Im Detail – Bilderserie


# Die modifizierte Rock Shox Boxxer aus dem Hause FAST Suspension


# FAST Suspension Boxxer mit CO2-Kartusche


# Die schwarzen Standrohre und der auffällige Sticker geben Aufschluss über das Innenleben der Gabel. 


# Original Casting – Tuning Innenleben


# Leider fällt der Einstellknopf der Zugstufe recht scharfkantig aus: Lauf FAST wurde hier mittlerweile nachgebessert. 


# Wie für eine Gabel mit offenem Ölbad üblich befindet sich die Einstellung die LSC an der Unterseite. 


# Eines der wenigen Originalteile: die 20mm Maxle-Steckachse

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Redaktion: Maxi Dickerhoff // Bilder: Christoph Bayer & Maxi Dickerhoff

Weitere Informationen: mrc-trading.de/

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