Ganz ehrlich, das ist schon eine Umstellung gewesen… Mein Hardtail fahre ich regelmäßig auf dem Pumptrack und die Isar entlang, doch es ist eine kleine Ewigkeit her, dass ich mit einem Hardtail auf einer Downhillstrecke unterwegs gewesen bin. Wann war das noch gleich? Winterberg 2008? Doch eigentlich sollte ein echtes do-it-all-Hardtail genau dazu auch in der Lage sein, oder? Nach mehreren Abfahrten wusste ich jedenfalls wieder ganz genau, wie das früher bei mir gewesen ist, als noch die Knie schmerzten und die Füße platt waren… und was ein Fully alles bietet.

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Doch es muss nicht immer ein Fully sein. Mit dem Dämpfer ist ein weiteres, möglicherweise wartungsintensives Teil am Rad verbaut und außerdem wollen Lager gepflegt werden – auch wenn das vermutlich die wenigsten (ich eingeschlossen) so regelmäßig machen, wie es eigentlich getan werden sollte. Außerdem ist da der Preis. Zwar sind viele Einsteigerfullies deutlich preiswerter geworden, doch ein gutes Hardtail ist noch immer ein beachtliches Stück günstiger als ein ähnlich ausgestattetes Fully. Vor diesem Hintergrund ist es sehr löblich, das Fatmodul aus München sich wieder daran gemacht hat, nach dem All-Mountain Fully „Ant“ auch ein All-Mountain Hardtail zu entwickeln. Eine mittlere Entwicklungsstufe dieses neuen Bikes bin ich jetzt einige Wochen gefahren und hatte nicht nur das oben beschriebene „krass, so war das früher…“ Gefühl, sondern auch viele weitere schöner Erfahrungen mit dem Bike.

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Im Stand
Klar, so sehen sie alle aus, die Prototypen dieser Welt: Unlackiert und roh. Doch das hat den großen Vorteil, dass man wirklich in der Lage ist, die Form an sich neutral zu bewerten, da sie nicht durch aufwändige Decals oder schillernde Farben verfälscht ist. Das Fatmodul sieht auf den ersten Blick wie ein ganz klassisches Hardtail aus. Die Rohre sind – für Aluminium – teils erstaunlich schlank und von wild umgeformten Teilen wird Abstand genommen, was der Klarheit der Form sehr zu Gute kommt. Sehr ansehnlich sind bereits jetzt die Ausfallenden des Rahmens gelöst: Nicht nur kommt hier eine dicke 12mm Steckachse zum Einsatz, sondern auch eine wirklich schlanke, formschön integrierte Bremsaufnahme, die die direkte Montage von 160mm PM Bremsen erlaubt. Am anderen Ende, dem Steuerrohr, kommt ein getapertes Rohr zum Einsatz, am Prototypen ist jedoch noch eine standardmäßige 1 1/8″ Gabel verbaut.

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Den beabsichtigten Einsatzbereich erkennt man dann sehr gut an den gewählten Komponenten. Der Laufradsatz kommt von DT Swiss und ist angenehm leicht (X1600 steht für 1600g) und wird von einer Sram 2X10fach Schaltung angetrieben, die jedoch vorne das große 42er Blatt verwendet und damit maximale Reisegeschwindigkeit erlaubt. Für den Uphill hingegen unterstützt die 11-36er Kassette, die zusammen mit dem kleinen Kettenblatt auch steile Rampen erklimmbar machen soll.

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Dabei helfen außerdem die absenkbare Rock Shox Reba an der Front sowie die aus dem gleichen Hause stammende Reverb Sattelstütze, bei der während der Fahrt hydraulisch betätigt die Sattelhöhe verstellt werden kann. Alle diese Parts weisen eindeutig den Weg hin in Richtung Allmountain Einsatz, wobei jedoch die Gabel mit maximal 120mm am Ende ein wenig die Spaßbremse spielen könnte.

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Ganz im Gegensatz dazu kommt das Bike sogar mir simplen und von mir bislang nicht gefahrenen Bionicon Kettenführung, die einfach mit Hilfe des Schaltzuges befestigt wird und so eine einfache Führung der Kette an Rahmen, die keine ISCG-Aufnahme haben, ermöglich soll. Ein weiterer Vorteil der Führung ist das sehr geringe Gewicht und das sie flexibel hin- und herschwenken kann. Ich bin jedoch sehr gespannt gewesen, in wie fern sie sich auf den Antriebswiderstand auswirken würde, schließlich besteht sie nicht aus einer Rolle, sondern aus einem starren Röhrchen…

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In voller Fahrt
Normalerweise führt in unseren Breiten der Weg zum Trail über einen kürzeren oder auch längeren Uphill – so auch in meinem Fall. Ohne die U-Turn Absenkung der Reba zu nutzen ist das Hardtail schon sehr kletterwillig gewesen, könnte aber für sehr steile Rampen noch ein klein wenig flacher um die Front herum sein. Lenker und Vorbau sind meinem Wunsch gemäß kurz und flach sowie breit ausgefallen, was sich in meinen Augen auch bergauf bezahlt macht.

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Interessant ist ohnehin, dass bis auf den hohen Sattel viele Dinge, die bergauf das Tempo erhöhen, bergab keineswegs bremsen. So zum Beispiel eine flache Front. Oder griffige Reifen. Am Testrad sind Continental Mountain Kings in 2,4″ verbaut gewesen und mit diesem Reifen werde ich wohl nie mehr warm werden. Zu lange, sehr flexible Stollen, die nur schwammig mitteilen, was sich unter ihnen so abspielt und darüber hinaus schnell verschleißen machen diesen Reifen zu keinem guten Allrounder. Auch bei Continental scheint man diese Problematik realisiert zu haben und genau aus diesem Grund werde ich in Kürze das soeben vorgestellte Nachfolgemodell des Mountain Kings in der Praxis ausprobieren. Bei diesem Fahrbericht hat der Reifen jedoch leider noch sein Unwesen getrieben, doch das hat auch sein Gutes: Wenn’s rutscht, merkt man schnell, wie sich das Rad im Grenzbereich verhält…

Bergab ist es für den Prototypen im Alpenvorland gegangen, wo uns eine ehemalige Downhillstrecke gute Dienste geleistet hat. Mangels Lift stand vor dem Downhill der oben beschriebene Uphill, doch wie gewohnt trennt sich im Downhill die Spreu vom Weizen. Das Ergebnis gleich vorneweg: Der Prototyp hat sich sehr gut geschlagen, wenn auch Abstriche in mancherlei Hinsicht gemacht werden mussten. Insgesamt liegt das Fatmodul satt auf der Strecke, verliert jedoch an der Front bei schnellen, ruppigen Schlägen relativ schnell den Bodenkontakt. Dies liegt vor allem daran, dass die verbaute Rock Shox Reba kaum eine ernst zu nehmende Downhillgabel ist, da sie von der Dämpfung her den Anforderungen nicht gewachsen zu sein scheint. Besser sind das schon die restlichen verbauten Kompontenen. Der breite Lenker gibt viel Sicherheit und die großflächigen Sixpack Icon Pedale gewährleisten einen sicheren Stand. Erstaunlich gut funktioniert die einfache Kettenführung von Bionicon. Sie hält die Kette ruhig und sicher auf dem Kettenblatt, auch wenn sie in Kombination mit einem Umwerfer selbstverständlich kein vollständiger Ersatz für eine echte Kettenführung ist. Für 2- oder 3-fach Systeme jedoch in jedem Fall eine interessante Alternative, zumal wenn man keine andere Führung verbauen kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Pressfit Innenlager ohne ISCG Gewinde am Rahmen vorhanden ist.

Mit dem gefahrenen Setup liegt das Bike jedoch insgesamt zufriedenstellend auf der Strecke, auch wenn die Downhillperformance tatsächlich noch gesteigert werden könnte. Die Frage ist hier jedoch, was wohl der Durchschnittsfahrer fährt und erwartet. Es gibt explizit für den Downhilleinsatz konzipierte Bikes und vor diesem Hintergrund muss man mit dem guten Kompromiss vorlieb nehmen, wenn es bergab geht – denn dieses Bike kann auch bergauf fahren. Und Hand auf’s Herz: Für die wirklich ruppigen Dinger nehmen die meisten BikerInnen dann doch das Fully, während das Hardtail bei jedem Wetter in jedem Gelände laufen soll. Genau diese Mission kann das Fatmodul bereits jetzt gut in Angriff nehmen!

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Ausblick
Nicht schlecht, nicht schlecht. Obwohl sich der Rahmen noch in der relativ frühen Prototypenphase befindet, hat er bereits ein erfreulich ausgewogenes Fahrverhalten an den Tag gelegt. Allerdings sollte in einem All-Mountain Hardtail eine deutlich potentere Gabel stecken als die verbaute Rock Shox Reba, die sowohl zu wenig Federweg bietet, als auch von der Dämpfung auf schweren Downhills an ihre Limits kommt. Zum entspannten XC Fahren ist das Paket jedoch bereits jetzt sehr gut geeignet. Am Rahmen selbst könnte ein etwas kürzeres Sitzrohr den Downhillspaß noch weiter steigern, die Geometrie an sich ist bereits jetzt sehr ausgewogen – genau wie es der Einsatzbereich erfordert.

Bilder von Tobias Stahl.
Weitere Informationen zu Fatmodul findet ihr auf der Homepage.

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  1. benutzerbild

    Poul

    dabei seit 08/2010

    Schade. Hoffe aus dem Projekt wird bis spätestens Anfang nächsten Jahres was.

  2. benutzerbild

    Bjoern_U.

    dabei seit 09/2009

    immer noch nix Neues ??

  3. benutzerbild

    Votecnical

    dabei seit 05/2011

    Wann soll der Rahmen denn erscheinen?

  4. benutzerbild

    Bjoern_U.

    dabei seit 09/2009

    echt schade, dass aus dem Projekt scheinbar doch nichts geworden ist ! smilie

  5. benutzerbild

    CharleyHorse

    dabei seit 01/2013

    Steckachse am Hardtail. Sauber

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