Das letzte Enduro World Series-Rennen in Whistler lieferte mal wieder spannende Renn-Action unter extremen Bedingungen. Natürlich waren auch unsere beiden Bloggerinnen, die schnellen Zwillingen Anita und Caro Gehrig, mit von der Partie und haben auf den anspruchsvollen Trails so einiges erlebt. Viel Spaß mit ihrem Bericht aus Whistler!
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Whistler Time, Baby! Das neunte Mal besteigen wir den Flieger nach Kanada und die Vorfreude ist so groß wie beim ersten Besuch. Die Möglichkeit, schon ein paar Tage vor dem Rennen anzukommen, lassen wir uns nicht nehmen und die ersten Tage verbringen nach dem Motto „Ride, Eat, Sleep, Repeat“. Wir wollen möglichst viel Zeit auf unseren Bikes verbringen und schaffen es sogar zum ersten Mal nach Pemberton für ein paar Shuttle Laps. Die Trails, die unser Kumpel für den verregneten Nachmittag aussucht, haben es in sich und wir sind auf den steilen Rockslabs gefordert bis überfordert, haha! Über die Regentage freuen wir uns, denn in den vergangenen drei Jahren hing über Whistler immer eine dicke Rauchschicht der umliegenden Wildfeuer – zum Glück ist nun die Luft klar, die Natur grün und die Bikepark-Trails in Bestform.
Die EWS-Runde in Whistler ist immer eine der härtesten des Jahres. Vor dem Rennen nehmen wir etwas Gas raus und stellen sicher, dass wir gut ausgeruht sind, bevor wir am Donnerstag ins Training starten. Hier zu chillen, fällt uns immer richtig schwer – viel lieber würden wir noch ein paar Runden im Park drehen.
Zum ersten Mal ist das Rennen auf zwei Tage verteilt: Die längste Abfahrt, „Top of the World“, die traditionellerweise immer die finale Stage war, findet einzeln ausgetragen schon am Samstag statt. Am Sonntag stehen fünf weitere Abfahrten im Bikepark und Whistler Valley statt. Über den Kurs wundern wir uns etwas, der Bikepark-Anteil ist unüblich hoch, doch man hat die schwierigsten Trails reingepackt und auch einige lange Stages sind dabei. Die Konditionen im Training könnten nicht besser sein – die Trails sind gut abgetrocknet, aber nicht staubig und bieten einen super Grip. Wir haben Spaß! Caro entscheidet sich, auch beim Garbanzo DH am Freitagabend an den Start zu gehen und quetscht, wenn immer möglich, noch eine Runde der mega langen Strecke auf ihrem Downhillbike rein. Eine Abfahrt dauert etwa 15 Minuten im Renntempo. Nach abgeschlossenem Enduro Training und schon etwas müden Beinen tauscht also Caro ihr Bike und reiht sich im Startgate ein. Ein super fünfter Rang springt dabei für sie raus und bereuen tut sie ihre Entscheidung dementsprechend nicht.
Samstag ist eine schöne Warterei – unser Racerun bei der Top of the World-Stage steht erst um 17 Uhr an. Daumen drehen, etwas GoPro-Aufnahmen des Trainings anschauen und noch eine Runde auf der A-Line, um wieder aufzuwachen. Und schon geht es los! Wir sind aufgeregt und voller Vorfreude. Let’s go! Auch wenn sich der obere Teil ähnlich fährt, wie unsere alpinen Trails, fahre ich erst mal nicht so locker, stürze prompt und verkeile mich in meinem Bike. Ich ärgere mich, doch ich weiß – jetzt bin ich wach und jetzt wird attackiert. Zu meinem Frust habe ich beim Sturz einen Bremshebel in Mitleidenschaft gezogen. Dieser flattert nun freihängend an der Bremse und ich muss ihn schön festhalten, damit er mir nicht vom Finger fällt. Dennoch habe ich den Umständen entsprechend einen guten Lauf und bin zufrieden, dass ich ohne weitere Zwischenfälle über die Ziellinie fahren kann. Caro hat zwar einen Lauf ohne Probleme, doch richtig in die Gänge kommt sie nicht – der lange Racerun vom Garbo DH steckt noch in den Beinen! Sie ist enttäuscht, ich mache ihr klar, dass hier noch gar nichts entschieden ist. Vor allem, da es gerade zu regnen anfängt und die Wetteraussichten für den kommenden großen Renntag mit fünf Abfahrten nicht besser aussehen.
Sonntag erwachen wir zu Regen. Dies macht mich nicht mal so unglücklich, irgendwie mag ich die härteren Tage auf dem Bike und ich bin mir sicher, Whistler wird trotzdem geil. Noch immer mit Regen starten wir in den Tag. Zur ersten Abfahrt „Jaws“ haben wir rund 1 h 40 min Zeit, uns warm zu fahren. Das ist heute auch nötig, denn es ist nicht gerade sommerlich warm. Jaws startet mit einem fiesen Anstieg, der in den nassen Verhältnissen nicht fahrbar ist. Ich springe vom Bike und sprinte vorsichtig hoch, denn zu Fuß ausrutschen, möchte ich vermeiden. Die Stage hat einige verwinkelte Passagen, viele Wurzeln und ist definitiv rutschiger als gedacht. Schon im trockenen Training war die Abfahrt anspruchsvoll, doch was wir nun vorfinden ist SPICY! Ich finde in meinen Flow und bleibe in den schwierigen Passagen cool, es gelingt mir eine gute Stage mit Rang 5.
Weiter geht es mit dem Bike zum Blackcomb, da befinden sich die wohl besten Trails in Whistler. Die Stage 3 – Golden Boner – gehört zwar nicht zu meinen Favoriten, doch ergibt eine abwechslungsreiche und sehr tretlastige Stage. Die eher steinige Abfahrt ist zu meinem Überraschen sehr rutschig: Es kommen überall Wurzeln raus und ich bin wild unterwegs! Auf dem langen Anstieg kann ich die vor mir startende Fahrerin überholen, doch die Anstrengung büße ich auf dem letzten Teil – mit Sauerstoffmangel im Hirn fährt es sich nicht mehr so gut. Auch Caro hat eine gute Fahrt und holt viel Zeit auf. Wir haben beide Spaß in den wilden Bedingungen!
Nach einem kurzen Pitstop geht es im Bikepark weiter – eine über 1.000 Höhenmeter vernichtende Abfahrt nach Creekside steht an. Diese war schon im Training eine meiner Favoriten, denn natürliche Passagen wechseln sich mit typischen Bikepark-Segmenten. Ich bin erstaunt, wie gut mir die vielen heftigen Wurzelpassagen gelingen, es scheint mir gar nicht mehr so rutschig. Stoked!
Auch wenn es nun weiter geht mit „Line of Control“, der in den nassen Konditionen sicher ein Gemurks wird, ist die Laune bestens. So einen „Überlebens“-Tag haben wir irgendwie vermisst, da sind Ines, Caro und ich uns einig. Line of Control ist komplett natürlich und schlängelt sich anspruchsvoll und eng durch den Wald. Ich liege mehr als einmal auf der Schnauze, doch Fehler machen hier sicher alle. Noch ein Letztes mal für heute geht es mit dem Lift hoch – die finale Abfahrt zurück nach Whistler steht an. Dabei hat man keineswegs die einfacheren Trails des Parks ausgewählt. Nein, viel mehr die schwierigsten! Am Start herrscht eine super Stimmung und alle klatschen sich fröhlich ab, bevor wir uns in den Downhill stürzen.
Schon die erste Passage bereitet mir etwas Schwierigkeiten – die nassen Felsen sind verdammt rutschig und die zahlreichen Holzbrücken sind nur selten mit Draht bespannt. Oftmals fahre ich auf gut Glück, welches mir aber nicht immer beisteht! Beim ersten Sturz verdrehe ich meine Bremse, die ich nun nicht mehr erreichen kann. Ich halte nochmals an und bringe sie wieder in Position. Doch noch nicht genug, bei einer weiteren Holzbrücke bestraft mich ein eigentlich sanftes Bremsen mit einem weiteren Abflug. Dennoch drehe ich nochmals am Gas, das Rennen ist noch nicht vorbei. Die Zieleinfahrt ist eine Genugtuung – ich habe hart gekämpft und bin mit zufrieden, wie ich gefahren bin! Mit weniger als 4 Sekunden Abstand werde ich zwar noch einen Platz nach hinten gereicht, doch Rang 7 mit einigen Zwischenfällen aber ein paar richtig guten Stages ist ein Schritt in die richtige Richtung. Caro macht zum Vortag viele Plätze gut und reiht sich auf Rang 14 ein. Nicht da wo sie sein möchte, doch auch sie hat ein paar gute Stagezeiten hingelegt!
In der Crankworx-Woche nach dem Enduro-Rennen verbringen wir viel Zeit im Whistler Bikepark und auf den umliegenden Trails. Das A-Line-Rennen können wir uns natürlich nicht entgehen lassen und somit stehen wir schon am Dienstag wieder am Start des nächsten Rennens. Das Canadian Open lässt Caro dieses Jahr aus, denn sie hat seit ihrem Crash beim DH Weltcup in Les Gets mit Wasser im Knie zu kämpfen. Zum Glück schmerzt es zwar nicht großartig, aber förderlich ist es auch nicht gerade.
Weiter geht es mit dem EWS Rennen in Northstar, Kalifornien, bereits an diesem Wochenende. Es wird wild, staubig und rocky! Let’s rock’n’roll!!
Was sagt ihr zum EWS-Rennen in Whistler dieses Jahr?
Mehr Berichte von unseren schnellen Gehrig-Twins findet ihr hier:
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- Gehrig Twins-Blog – EWS Tweed Valley: Bäume, Racing – alles dicht in Schottland!
- Gehrig-Twins-Blog – EWS-Berichte aus Crans Montana & Finale: Ab ins Comeback-Rennen!
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