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Giant Trance X Advanced Pro 0 29 im Test
Eher Tekk als Trance

Giant Trance X Advanced Pro 0 29 im Test: Wer viel Wert darauf legt, dass sein Bike immer der letzte Schrei ist und dem neusten Trend folgt, der fährt wohl eher kein Giant. Der Branchenriese ist bekannt dafür, sich mit der Entwicklung neuer Produkte gerne mal ein paar Jahre länger Zeit zu lassen. Ähnlich war das auch mit dem Start in den umkämpften 29″-Trailbike-Markt. Erst Ende 2020 stellte Giant mit dem Trance X 29 ein 135 mm-Trailbike mit 29″-Laufrädern in die Läden. Wie so oft können sich die Taiwanesen die Verzögerung jedoch leisten – denn das Trance X ist gut … sehr gut!

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Steckbrief: Giant Trance X Advanced Pro 0 29

EinsatzbereichTrail, All-Mountain
Federweg150 mm/135 mm
Laufradgröße29ʺ
RahmenmaterialCarbon
Gewicht (o. Pedale)13,5 kg
RahmengrößenS, M, L, XL (im Test: M)
Websitewww.giant-bicycles.com
Preis: 8.299 €

Mit seinen 135 mm Federweg am Heck und 150 mm an der Front bewegt sich das Giant Trance X 29 im potenteren Trailbike-Bereich und schließt die Lücke zwischen dem sehr leichtfüßigen Trance 29 und dem Enduro-Bike Giant Reign 29, wobei es sich eindeutig näher an letzterem bewegt. Wie der Rest des Trios rollt es auf großen 29″-Rädern und setzt auf den von Giant bekannten Maestro-Hinterbau. Gänzlich neu hingegen ist der Flipchip zur Geometrie-Verstellung, den die Taiwanesen mit dem Trance X debütieren. Wir hatten die 8.300 € teure Top-Version, das Giant Trance X Advanced Pro 0 29, mit dem ungewöhnlichen, elektrischen Fox Live Valve-Fahrwerk im Test und haben damit mehrere Monate lang unsere Hometrails unsicher gemacht.

# Mit den Trance X erweckt Giant die hauseigene Trailbike-Palette aus dem Dämmerschlaf - 29"-Laufräder, 150/135 mm Federweg, viel Carbon und eine moderne Geometrie versprechen harte Beats auf den Trails.
Diashow: Giant Trance X Advanced Pro 0 29 im Test: Eher Tekk als Trance
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Video: Giant Trance X Advanced Pro 0 29 im Test

Im Detail

Giant gilt in der Szene bereits seit Langem als absoluter Fachmann in der Aluminium-Verarbeitung – doch bei der Advanced-Version ist davon am Trance X 29 denkbar wenig zu finden. Nicht nur der Hauptrahmen, auch der einteilige Hinterbau und die obere Umlenkwippe bestehen aus Carbon. Lediglich der untere Link sowie die Achsen und Schrauben sind aus Aluminium gefertigt. Das drückt natürlich ordentlich aufs Gewicht – auch wenn unser Testbike in Größe M mit 13,45 kg nicht extrem leicht ist. Schuld daran ist wohl jedoch eher das Fox Live Valve-Fahrwerk mit seinem Akku und nicht der Carbon-Rahmen.

# Klar: wer schon mal ein Giant gesehen hat, wird auch das neue Trance X den Taiwanesen zuordnen können - dennoch ist die Formsprache des schicken Carbon-Rahmens wesentlich kantiger und fließender geworden.
# Das Trance X besitzt im Vergleich zum bisherigen Trance 29 das gewisse eXtra an Federweg - geblieben ist ein geringes Rahmengewicht von 2,1 kg.

Wer in seinem Leben schon mal ein Giant gesehen hat, wird auch das Trance X 29 schnell als ein solches identifizieren können. Ein relativ offenes Rahmendreieck wird über zwei große Hebel mit dem Hinterbau verbunden, wobei der obere auch noch den senkrecht vor dem Sitzrohr positionierten Dämpfer betätigt. Das Ganze wird von Giant Maestro genannt, kommt an so ziemlich allen hochwertigen Fullys des Herstellers zum Einsatz und funktioniert erfahrungsgemäß ziemlich gut. Die beiden Hebel erzeugen einen virtuellen Drehpunkt, drehen im Gegensatz zum bekannten VPP-System jedoch in dieselbe Richtung. Dadurch startet der Drehpunkt recht hoch – das Hinterrad geht nach hinten/oben –, fällt dann jedoch schnell nach unten ab – das Hinterrad geht nach oben.

# Wie gewohnt kommt beim Trance X 29 das Maestro-System zum Einsatz - dieses besteht aus einem einteiligen Carbon-Hinterbau, der über zwei Umlenkhebel mit dem Hauptrahmen verbunden ist.
# Sogar der obere Umlenkhebel ist einteilig und aus Carbon gefertigt …
# … das sieht schick aus und dürfte richtig leicht und steif sein.

Ein Novum für Giant ist hingegen der gut versteckte Flip Chip zur Geometrie-Anpassung zwischen oberer Umlenkwippe und Hinterbau. Dieser wurde vom hauseigenen Offroad-Team bei der Erprobung des leider immer noch unveröffentlichten Glory-Prototyps das erste Mal getestet und scheinbar für gut befunden. Ein smartes, aber bekanntes Detail ist, dass alle Lagerpunkte gut zugänglich sind, ohne die Kurbeln abbauen zu müssen. Allerdings benötigt man bei zweien zum Festziehen einen Maulschlüssel – meist geht es allerdings auch ohne. Dafür sind die notwendigen Anzugsmomente auf die Deckel gelasert und auch an den Dämpferaugen kommen gedichtete Kugellager zum Einsatz.

Auch wenn die Formsprache des Carbon-Rahmens weiterhin sehr Giant-typisch ist, sind die Taiwanesen etwas mutiger geworden und haben dem Trance X die ein oder andere stylische Kante gegönnt – etwas, das man bisher vor allem von den Frauen-spezifischen Liv-Modellen kannte. Dazu kommt noch die Farbe des Topmodells, die sich hervorragend eignet, um über Geschmack zu diskutieren. Während so ziemlich alle in der Redaktion den Metallic-Türkis-Ton extrem schick fanden, gingen die Meinungen beim Lila schon stark auseinander. Dafür fallen die etwas günstigeren Modelle der Trance X-Palette wesentlich schlichter aus.

# Der Steuerrohr-Bereich ist deutlich markanter geworden - hier führen auch alle Kabel in den Rahmen, sind dort allerdings lose verlegt.
# Aus manchen Blickwinkel sieht der Lack des Giant Trance X wirklich zum Anbeten aus …
# … nur den Übergang auf dem Oberrohr finden wir nicht ganz gelungen.

Im Hauptrahmen ist ausreichend Platz für eine Wasserflasche – solange man zu einem Halter mit seitlicher Entnahme greift. Zusammen mit dem etwas unförmigen Akku des Live Valve-Fahrwerks wirkt der eigentlich schlanke und offene Rahmen dann allerdings recht vollgestopft. Das Unterrohr wird von einem großzügigen, geklebten Protektor bedeckt, der bis unter das Tretlager reicht und sich auch nach mehreren Monaten kein bisschen lösen wollte. Auch der Hinterbau wird antriebsseitig von gewellten, geräuschdämmenden Schonern überzogen.

# Natürlich ist Platz für eine große Trinkflasche im Rahmendreieck.
# Die Kettenstrebe wird von einem großen, gerippten Schutz überzogen - auch die Druckstrebe wird vorbildlich bedeckt.
# Der leichte Hängebauch des Giant Trance X wird von einem weiteren Protektor überzogen.

Alle Leitungen wandern am Steuerrohr in den Rahmen, werden im Inneren allerdings nicht geführt. Auch die Gummi-Eingänge sind lediglich gesteckt und sitzen nicht übermäßig fest. Kurz vor dem Dämpfer geht’s wieder zurück ans Tageslicht und von dort über den unteren Umlenkhebel. Das Schaltkabel führt hier sehr eng am Kettenblatt vorbei und von dort in die Kettenstrebe. Die Bremsleitung hingegen bleibt extern – ebenso wie das Kabel des Live Valve-Bremssensors.

Geometrie

Giant bietet das Trance X 29 in insgesamt vier Rahmengrößen von S bis XL an. Wie bereits beim vor anderthalb Jahren vorgestellten Giant Reign 29 fällt die Geometrie modern, aber nicht übertrieben progressiv aus. Ausnahme sind die Reach-Werte, die über alle Größen hinweg äußert lang ausfallen – zwischen M und L gibt es zudem einen auffallend großen Sprung. Aus diesem Grund habe ich mit 1,83 m Körpergröße zum mit ca. 460 mm eher kurzen M-Rahmen gegriffen, statt das ganze 30 mm größere L-Rad zu wählen. Zu beachten gilt bei der Geometrie, dass der neu eingeführte Flip Chip nicht nur die Winkel abflacht und das Tretlager senkt, sondern auch den Reach und weitere Werte um einige Millimeter verändert. Der Lenkwinkel liegt bei allen Größen zwischen 65,5° und 66,2°, die Kettenstreben sind immer 438 bis 435 mm lang und das Tretlager wird um 40 oder 30 mm abgesenkt. Kombiniert wird das Ganze mit einem ganz schön steilen effektiven Sitzwinkel von etwa 77–78° und moderat hohen Stack-Werten.

Rahmengröße S
M
L
XL
Laufradgröße 29″ 29″ 29″ 29″
Reach 434 mm426 mm 464 mm456 mm 494 mm486 mm 519 mm510 mm
Stack 611 mm617 mm 615 mm621 mm 624 mm631 mm 634 mm640 mm
STR 1,411,45 1,331,36 1,261,30 1,221,25
Lenkwinkel 66,2°65,5° 66,2°65,5° 66,2°65,5° 66,2°65,5°
Sitzwinkel, effektiv 77,9°77,2° 77,9°77,2° 77,9°77,2° 77,9°77,2°
Oberrohr 564 mm566 mm 595 mm597 mm 627 mm629 mm 654 mm656 mm
Steuerrohr 95 mm 100 mm 110 mm 120 mm
Sitzrohr 430 mm 430 mm 465 mm 496 mm
Kettenstreben 435 mm438 mm 435 mm438 mm 435 mm438 mm 435 mm438 mm
Radstand 1.171 mm1.173 mm 1.203 mm1.205 mm 1.238 mm1.239 mm 1.266 mm1.268 mm
Tretlagerabsenkung 30 mm40 mm 30 mm40 mm 30 mm40 mm 30 mm40 mm
Gabel-Offset 44 mm 44 mm 44 mm 44 mm
# Ganz neu für Giant ist der unauffällige Flip Chip am Umlenkhebel - hiermit lässt sich die Geometrie des Trailbikes leicht verändern.

Ausstattung

Unser Testbike ist das absolute Top-Modell der Reihe und bietet neben einer auffälligen Farbgebung das seltene und teure Fox Live Valve-Fahrwerk bestehend aus DPX2 Factory-Dämpfer und 36 Factory-Federgabel. Die vielen Akkus und Kabel deuten bereits an: Hier wird elektrisch gearbeitet, denn das Fahrwerk öffnet und schließt die Pedalplattform der Druckstufe automatisch und soll so maximale Effizienz mit Grip und Kontrolle vereinen. Die Schaltung besteht aus einem Mix aus Shimano XT-Komponenten mit einem edlen XTR-Schaltwerk, die Vier-Kolben-Bremsen stammen ebenfalls aus der XT-Linie. Dazu gibt es den Giant TRX-1-Carbon-Laufradsatz (mit DT Swiss 360-Naben), ein Giant-eigenes Cockpit mit Carbon-Lenker und die goldene Fox Transfer Factory-Sattelstütze mit 150 mm Hub beim M-Rahmen. Im Vergleich zur Vorstellung vor einigen Monaten wurden die Preise aller Modelle teils recht saftig angehoben.

Trance X Advanced Pro 29 0Trance X Advanced Pro 29 1Trance X Advanced Pro 29 2
RahmenAdvanced-Grade Composite, 135 mm, Flip ChipAdvanced-Grade Composite, 135 mm, Flip ChipAdvanced-Grade Composite, 135 mm, Flip Chip
GabelFox 36 Factory Live Valve, FIT4, 44 mm Offset, 150 mm, 15 x 110 mm Kabolt, Custom TuneFox 36 Performance Elite, GRIP2, 44 mm Offset, 150 mm, 15 x 110 mm Kabolt, Custom TuneRockShox Pike Select, 150 mm, 42 mm Offset, 15 x 110 mm Maxle Stealth, Custom Tune
DämpferFox Float DPX2 Factory Live Valve, 185/55 mm, Custom TuneFox Float DPX2 Performance, 185/55 mm, Custom TuneRockShox Deluxe Select+, 185/55 mm, Custom Tune
LenkerGiant Contact SLR TR35, 780 x 35 mm, 20 mm RiseGiant Contact SLR TR35, 780 x 35 mm, 20 mm RiseGiant Contact TR35, 780 x 35 mm, 20 mm Rise
VorbauGiant Contact SL 35Giant Contact SL 35Giant Contact SL 35
SattelstützeFox Transfer Factory dropper mit Shimano-Remote, 30,9 mmGiant Contact Switch dropper mit Remote, 30,9 mmGiant Contact Switch dropper mit Remote, 30,9 mm
SattelGiant Romero SLGiant Romero SLGiant Romero SL
SchalthebelShimano Deore XTSRAM GX EagleSRAM GX Eagle
SchaltwerkShimano Deore XTRSRAM GX EagleSRAM NX Eagle
BremsenShimano Deore XTSRAM G2 RShimano MT520
KassetteShimano Deore XT, 10–51 ZähneSRAM XG-1275, 10–52 ZähneSRAM NX Eagle, 11–50 Zähne
KetteShimanoSRAM NX EagleSRAM NX Eagle
KurbelnShimano Deore XT, 30 Zähne mit MRP AMG V2 Carbon-KettenführungTruvativ Descendent 6k Eagle, 30 ZähneTruvativ Descendent 6k Eagle, 30 Zähne
TretlagerShimano, press fitSRAM DUB, press fitSRAM DUB, press fit
LaufräderGiant TRX-1 29Giant TRX-2 29Giant TRX-2 29
ReifenVorne: Maxxis Minion DHF 29" x 2,5", 3C, Max Terra, EXO, TR | Hinten: Maxxis Dissector 29" x 2,4", 3C, Max Terra, EXO, TR, tubeless Vorne: Maxxis Minion DHF 29" x 2,5", 3C, Max Terra, EXO, TR | Hinten: Maxxis Dissector 29" x 2,4", 3C, Max Terra, EXO, TR, tubeless Vorne: Maxxis Minion DHF 29" x 2,5", 3C, Max Terra, EXO, TR | Hinten: Maxxis Dissector 29" x 2,4", 3C, Max Terra, EXO, TR, tubeless
FarbeChrysocolla/Astral Aura/ChromeCarbon Smoke/Metallic Black/ChromeCarbon/Chameleon Mars
Preis (UVP)8.299 €4.999 €4.299 €

# An der Front arbeitet eine edle Fox 36 Factory-Federgabel in der elektrisch geregelten Live Valve-Version - sie verfügt über 150 mm Federweg und die Fit4-Dämpfung.
# Das Live Valve-System verfügt über mehrere Kabel sowie Sensoren an Gabel und Dämpfer …
# … und soll das Fahrwerk je nach Fahrsituation abriegeln oder öffnen.
# Am Heck sorgt der passende Fox DPX Factory Live Valve-Dämpfer für Kontrolle.
# In Rahmengröße M gibt's die edle Fox Transfer Factory-Sattelstütze mit 150 mm Hub.
# Eine Kettenführung samt Bashguard sieht man an einem Trailbike selten - wir finden es super, denn auch mit dem Trailbike kann man fies aufsetzen und sein Kettenblatt zerstören. Großes Lob an Giant!
# Geschaltet wird mit einem hochwertigen Shimano XTR-Schaltwerk mit 12 Gängen - die restlichen Antriebs-Komponenten stammen jedoch aus der günstigeren XT-Linie.
# Mit 12 Gängen und richtig viel Bandbreite kommt man fast jeden Anstieg hoch!
# Für ausreichend Bremspower sollen die bissigen Shimano XT-Bremsen …
# … mit Vier-Kolben-Sätteln sorgen. - Bei den Bremsscheiben hat Giant jedoch gespart und verzichtet auf den Alu-Spider.
# Der Carbon-Lenker und Alu-Vorbau sind von Giant selbst, machen jedoch einen hochwertigen Eindruck.
# Auch die Carbon-Laufräder stammen von den Taiwanesen - das Innenleben der Naben hingegen von DT Swiss.
# Giant-Trance-X-Test-4291
# Giant-Trance-X-Test-4260

Auf dem Trail

Das Giant Trance X Advanced Pro 0 29 war für mich persönlich das erste Testrad mit Fox Live Valve-Fahrwerk. Die anfängliche Verunsicherung, wie das Fahrwerk zu bedienen ist, wich allerdings nach kurzer Recherche und Anruf bei Giant schnell: Stellt sich heraus, man muss eigentlich gar nichts machen! Das Rad wurde bereits kalibriert – was allerdings auch keine große Sache ist – und die Dämpfungseinstellung funktioniert wie gewohnt. Für die Druckstufe braucht es allerdings einen 3 mm-Inbus. Zudem können High- und Lowspeed-Dämpfung nicht getrennt eingestellt werden. Vor der Fahrt tippt man kurz auf den An-Knopf am Live Valve-Akku, was aufgrund der Montage unter dem Oberrohr etwas unpraktisch ist – man muss sich sehr weiter runterbeugen, um etwas zu sehen. Dass das Fahrwerk nun aktiv ist, zeigen einem grün leuchtende LEDs und ein lautes Klackern im Fahrwerk.

Ein zweiter Button erlaubt es, zwischen den fünf Modi zu wechseln. Diese machen eigentlich alle dasselbe – das Fahrwerk je nach Fahrsituation öffnen und schließen – tun das allerdings etwas eher oder später. Zu Beginn lassen wir das Rad im ersten Modus, der den geringsten Input benötigt, um das Fahrwerk zu öffnen, und pedalieren drauf los.

# Vor allem mit eingeschaltetem Live Valve-System ist das Giant Trance X 29 bergauf eine richtige Rakete - man sitzt angenehm aufrecht und zentral im Rad und jeglicher Input wird in Vortrieb umgemünzt. Auch ohne elektrisches Fahrwerk wippt der Hinterbau nur minimal.

Tatsächlich ist das Fahrwerk sofort gesperrt – auf dem Sattel herumwippen bringt nicht viel, der Dämpfer bewegt sich nur um wenige Millimeter. Trifft man allerdings eine Wurzel, gleitet man sanfter darüber als mit einem regulären Lockout – das Fahrwerk öffnet sich tatsächlich blitzschnell und ohne dass man etwas davon merkt. Dazu kommt die sehr zentrale Sitzposition, das von Beginn an angenehme Cockpit und die schnell rollenden Maxxis-Reifen. So fühlen wir uns schnell heimisch auf dem Rad und erreichen ziemlich entspannt und zügig den Gipfel. Zum Vergleich haben wir das Fahrwerk in steilen Anstiegen immer mal an- und ausgeschaltet: Obwohl der Maestro-Hinterbau nicht übermäßig stark wippt, sind die Unterschiede beachtlich. Gerade in steilen Passagen sackt das Heck mit Live Valve wesentlich weniger ein und beschert einem so neben der hohen Effizienz auch eine angenehmere Sitzposition.

Der wirkliche Test für die ganze Elektronik ist aber natürlich die Abfahrt. Hier sind wir zunächst äußerst überrascht: nachdem sich bereits das reguläre Giant Trance 29 im Test nach wesentlich mehr als 115 mm Federweg angefühlt hat, sind wir fest davon ausgegangen, mit dem Trance X einen kleinen Enduro-Killer unter uns zu haben. Stattdessen überzeugt das Rad zwar weiterhin mit einer angenehmen Körperposition und fühlt sich bereits nach wenigen Kurven vertraut, allerdings auch extrem straff an. Was man bergauf an Kraft gespart hat, muss man nun reinvestieren, um in steilen und ruppigen Passagen die Kontrolle zu behalten. Dazu kommen noch die herbstlich-feuchten Bedingungen und der eher für Staub optimierte Dissector-Reifen am Heck. Ein Druck auf den Power-Button am Live Valve-Akku und eine rot blinkende LED später ist das System ausgeschaltet und die Fahrt geht weiter.

# In ruppigen Sektionen kommt das Live Valve-Fahrwerk nicht ganz hinterher - hier fühlt sich das Trance X Pro 0 plötzlich überraschend harsch und anstrengend an.
# Auf flowigen, eher flachen Strecken hatten wir mit Live Valve richtig viel Spaß - das Rad ist extrem agil und leichtfüßig, reagiert schnell auf Input und lässt sich spielend in die Luft bewegen.
# In Wurzelfeldern und Offcamber-Passagen hingegen haben wir oft um Grip gekämpft. - Das Blatt wendete sich allerdings gänzlich, als wir die Elektronik abgeschaltet haben.

Und siehe da, plötzlich erfüllt das Trance X tatsächlich unsere Erwartungen – nein, es übertrifft sie sogar. Genau wie sein federwegsarmer Bruder erstaunt es uns mit der Eigenschaft, einfach immer die richtige Menge an Federweg zu nutzen. Dazu kommt das ausbalancierte Gefühl: Ein eher schnell eingestellter Rebound sorgt für viel Popp. Trotzdem kickt das Rad in keiner Weise. Dieses vorhersehbare Fahrverhalten motiviert trotz eher geringem Federweg dazu, immer weiter an die Grenze zugehen. Schnell stellen sich die Reifen hier als limitierend hinaus, sodass sie gegen wesentlich griffigere Modelle getauscht werden (Specialized Butcher vorne, Maxxis Assegai hinten). Ein Mudguard hält zudem die Augen frei und fertig ist das Spaßgerät für Herbst und Winter. Dazu wird noch der 0,4er Volumenspacer im Dämpfer gegen den 0,8er getauscht, um die teils auftretenden Durchschläge zu minimieren.

# Ist der elektrische Schnickschnack ausgeschaltet, wird das Trance X 29 zum echten Enduro-Jäger - der Hinterbau spricht überraschend feinfühlig an, bietet jedoch ausreichend Gegenhalt für eine aggressive Fahrweise.
# Wird der Trail richtig ruppig, bietet es sich an, eine etwas kreative Linienwahl auszupacken, um den fehlenden Federweg auszugleichen. - Die gute Nachricht ist jedoch: Das Trance X geht richtig gerne in die Luft und steckt harte Landungen überraschend gut weg.

Auf unseren sehr naturbelassenen Hometrails mit eher losem Nadelboden, vielen Wurzeln und teils engen Kurven stellt sich das Giant als beinahe ideal heraus. Das Fahrwerk hat gar keine Probleme damit, die dicksten Wurzeln und Steine zu schlucken, bleibt dabei bis auf seltene Durchschläge jedoch komplett unauffällig. Lediglich bei vielen, sich schnell wiederholenden Schlägen kriegt man dann doch den limitierten Federweg zu spüren. Solange diese Passagen jedoch nicht Überhand nehmen, wird man davon nicht wirklich ausgebremst und erfreut sich an der exzellenten Manövrierbarkeit.

Zu Beginn des Tests haben wir das Trance X 29 für einige feuchte Herbst-Tage in den Bikepark Leogang entführt. Auch hier waren wir überrascht, wie gut das Trailbike mit den ausgebombten Anliegern und teils ordentlich großen Sprüngen umgeht. In einem alpinen Enduro-Rennen hätte man sicherlich frühzeitig mit Ermüdung zu kämpfen und auch der Grip kann schon mal etwas früher abreißen. Wir hatten jedoch nie das Gefühl, das Rad oder der Federweg würde uns von irgendetwas zurückhalten – stattdessen hat die Freude überwogen, wie sicher und leicht das 29er um die Kurve schnippt. Auch in Leogang haben wir mit dem Live Valve-Fahrwerk experimentiert, jedoch schnell wieder Abstand davon genommen. Gerade in Bremswellen wurde es mit Live Valve extrem schwer, den Lenker noch in der Hand zu behalten, was verwunderlich ist, da das Fahrwerk bei kontinuierlichen Schlägen eigentlich komplett offen bleiben sollte.

# Auf unseren naturbelassenen, technischen Teststrecken im Thüringer Wald war das Giant Trance X 29 der optimale Begleiter - es bietet ausreichend Vertrauen für steile, anspruchsvolle Passagen, fühlt sich aber auch im engen Fichtenslalom pudelwohl.
# Mit einem großen Volumenspacer im Dämpfer sind auch große Hucks ohne richtige Landung kein Problem.

Ganz gut hingegen macht sich das elektrische Fahrwerk auf eher ausgebauten, flachen Strecken mit nur vereinzelten Wurzeln und Steinen. Auch wenn das Giant ohne Lockout nicht übermäßig stark wippt, ist es mit aktiviertem Live Valve um Welten effizienter. Das harte Fahrwerk sorgt dafür, dass man spielerisch leicht abhebt – Landungen hingegen werden ausreichend weich abgefedert. Wer das Rad zudem als potenten Tourer einsetzen möchte, für den dürfte Fox Live Valve eine spannende Option sein. Denn solange man in der Abfahrt nicht um die Sekunden oder elegantesten Offcamber-Linien kämpft, profitiert man vor allem vom gebotenen Mix aus Effizienz und Schluckvermögen.

Im Vergleich

Giant Trance X 29 vs. Giant Reign 29

In der Produktpalette von Giant bewegt sich das Trance X 29 gefährlich nahe am Enduro-Bike Reign 29. Vor einigen Monaten haben wir das Giant Reign 29 im Test als eher straffen Allrounder bezeichnet – das Trance X 29 nun hingegen als erstaunlich potentes Trailbike. Welches Rad soll man also wählen? Wer vor allem in ruppigem Terrain und am liebsten unter Zeitdruck unterwegs ist, der greift wohl weiterhin zum Reign 29 … oder einem noch potenteren Enduro. In Grenzsituationen lässt sich Federweg eben nur durch noch mehr Federweg ersetzen. Reden wir jedoch von unseren technischen, engen und oft losen Hometrails im Mittelgebirge, dann fällt die Wahl ganz klar auf das Trance X 29. Das Rad fühlt sich ausgewogener und tatsächlich etwas sensibler an als sein großer Bruder. Dadurch motiviert das Giant Trance X dazu, immer weiter ans Limit zu gehen – eine Eigenschaft, die wir am Reign 29 definitiv vermisst haben. Auf vielen Hometrails hatten wir das Gefühl, mit dem Trance schneller fahren zu können. Vielleicht war das nur Einbildung – sicher ist aber, dass wir mit dem Rad einfach mehr Spaß hatten.

# Mit dem neuen Trance X 29 gräbt Giant dem Enduro-Bike Reign ordentlich das Wasser ab - das Trailbike fühlt sich sensibler an und macht mehr Lust, das eigene Limit zu testen.
# Unterschiedlicher könnten zwei Räder kaum sein - trotz auffälliger Lackierung des Giants dürfte das Actofive P-Train CNC deutlich mehr Blicke auf sich ziehen.

Giant Trance X 29 vs. Actofive P-Train CNC

Während das Trance X 29 bei uns im Test war, konnten wir einen Nachmittag lang das seltene und aufsehenerregende Actofive P-Train CNC fahren. Das ist kein echter Test, aber einen kleinen Vergleich können wir ziehen. Bergauf hat das Trance mit seinem leichten Carbon-Rahmen meilenweit die Nase vorn. Das P-Train glänzt zwar mit Antriebsneutralität und einer guten Sitzposition, aber das Gewicht lässt sich nicht wegreden. Bergab fühlt sich das CNC-Bike wesentlich panzeriger an, obwohl der Federweg fast identisch ist. Gerade auf langen, ruppigen Passagen wird man hier nicht so sehr zur kreativen Linienwahl gezwungen, sondern kann einfach reinhalten. Dafür glänzt das Giant mit mehr Agilität, geht spielerischer in die Luft und steckt heftige Landungen ähnlich gut weg.

Das ist uns aufgefallen

# Wer eher tourenorientiert ist und ab und an technisches Gelände bewältigen möchte, für den ist Live Valve sicherlich eine unkomplizierte Bereicherung - möchte man jedoch das Maximum aus den Abfahrtsgenen des Trance X 29 rausholen (was wir jedem nur wärmstens ans Herz legen können), dann sollte man das Geld für die Elektronik lieber sparen!
# Die Kabelführung muss Giant noch optimieren - nach ein paar Wochen im Einsatz war die Schaltleitung oberhalb des Lagers so von der Kette beschädigt, dass das Stahl-Geflecht zu sehen war. Hier sollte man etwas schützendes Tape aufkleben!

Fazit – Giant Trance X Advanced Pro 0 29

Es ist schwierig, genau zu sagen, was Giant beim Trance X 29 so unglaublich richtig gemacht hat. Aber das Gesamtergebnis ist ein extrem spaßiges Trailbike, das durch sein ausbalanciertes Fahrwerk und die ausgewogene Geometrie ständig dazu motiviert, noch mal etwas mehr Gas zu geben. Von ausgebauten Flowtrails bis zu technischen Wurzeltrails ist das Trance X voll in seinem Element und macht hier deutlich federwegsreicheren Bikes Konkurrenz. Selbst im Bikepark haben wir uns selten ein anderes Rad gewünscht – erst in sehr langen, ruppigen Passagen sorgt der begrenzte Federweg für eine frühzeitige Ermüdung.
Die Fox Live Valve-Federung ist sicherlich eine interessante Ergänzung für sehr Effizienz- und Touren-orientierte Fahrer. Wer hingegen das Meiste aus dem wirklich spaßigen Fahrwerk des Giants herauskitzeln möchte, der greift lieber zu einer Version ohne Elektrik.

Pro / Contra

Pro

  • ausbalanciertes Fahrverhalten
  • nutzt Federweg sehr effizient
  • ausgewogene Geometrie
  • extrem fix in Kurven

Contra

  • Fox Live Valve-Fahrwerk zu träge
# In den vergangenen Wochen und Monaten ist uns das Giant Trance X Advanced Pro 0 29 extrem ans Herz gewachsen - das flinke Trailbike ist der ideale Begleiter für die schnelle Feierabendrunde, wird einen aber auch beim gelegentlichen Enduro-Rennen kaum zurückhalten!

Testablauf

Wir sind das Giant Trance X mehrere Monate lang im Herbst und Winter auf unseren Hometrails in Thüringen sowie einen Tag lang im Bikepark Leogang gefahren. Dabei mussten so gut wie alle Höhenmeter aus eigener Kraft bewältigt werden.

Hier haben wir das Giant Trance X Advanced Pro 0 29 getestet

Tester-Profil: Gregor Sinn
Körpergröße 183 cm
Schrittlänge 85,5 cm
Oberkörperlänge 60 cm
Armlänge 61 cm
Gewicht 76 kg
Gregor fährt gerne Fahrräder jeglicher Kategorie, von Mountainbike bis Rennrad. Am liebsten ist er jedoch auf Downhill- und Enduro-Bikes unterwegs – gerne auch unter Zeitdruck im Renneinsatz.
Fahrstil
verspielt
Ich fahre hauptsächlich
Downhill, Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk
unauffällig, eher progressiv, wenig Druckstufe
Vorlieben bei der Geometrie
ausgewogen, nicht zu lang, Lenkwinkel nicht zu flach

Preisvergleich

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