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Beim glitschigen DH-Training am Freitag war es eine Challenge, die engen Wiesenkurven überhaupt zu fahren, geschweige denn Gas zu geben.
Beim glitschigen DH-Training am Freitag war es eine Challenge, die engen Wiesenkurven überhaupt zu fahren, geschweige denn Gas zu geben. - Foto: © Henning Angerer
Der kleine Hüpfer war eher wenig zielführend, wenn ich mich recht entsinne.
Der kleine Hüpfer war eher wenig zielführend, wenn ich mich recht entsinne. - Foto: © Miha Matavz
Mein Instructor
Mein Instructor - Kevin Dewinski vom NBB-Team | Foto: © Miha Matavz
Erschöpft aber glücklich nach dem Enduro-Rennen
Erschöpft aber glücklich nach dem Enduro-Rennen
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Vergangenes Wochenende war im sauerländischen Sport-Ort Willingen wieder einiges los – und zwar diesmal nicht wegen der vielen partywütigen Gäste in “Siggi’s Hütte” auf dem Ettelsberg, sondern aufgrund des Ziener Bike Festivals. Ich war auch vor Ort, jedoch weniger, um auf dem Festival-Gelände entlangzuschlendern, sondern eigentlich, um an der zugleich stattfindenden Deutschen Meisterschaft im Enduro teilzunehmen. Das funktionierte allerdings nicht ganz so wie erhofft – was genau ich erlebt habe, erfahrt ihr im Artikel.

Als im März 2017 die Anmeldung für die Deutsche Meisterschaft im Enduro im Rahmen des Ziener Bike Festivals in Willingen am 20.-21. Mai öffnete, musste ich nicht lange überlegen, ob ich mich anmelden würde. Im Vorjahr hatte ich nur Gutes über die neuen Strecken gehört und wusste, dass teilweise dasselbe Trailbau-Team vor Ort sein würde, aber irgendwie hatte ich das nagende Gefühl, etwas vergessen zu haben … Egal, die Anmeldung war schnell vollzogen und ich war überaus zufrieden mit mir, als meine Mutter anrief. “Gregor, du denkst doch daran, dass die Oma am 20. Mai ihren 90. feiert, oder?” “Äh, klar Mutti, ich denk an gar nichts anderes mehr.” – verdammt, das war da also. Naja, da konnte ich natürlich nicht fehlen, aber Training soll ja bekanntlich für Untalentierte sein, also überlegte ich mir, einfach am Sonntag auf Sicht zu fahren – so schwer kann das ja nicht sein.

Da ich zudem freitags keine Uni hatte und meine Freunde vom Ilmenauer Radladen Rad-Art beim parallel stattfindenden iXS European Downhill Cup starten würden und mich mitnehmen konnten, besorgte ich mir eine Startnummer und beschloss, das Freitags-Training mitzufahren, um mit meiner GoPro ein Track Check-Video (siehe hier den Artikel dazu) aufzunehmen. Ich fand tatsächlich eine Mitfahrgelegenheit abends von Willingen zu meinen Eltern, würde dort schlafen, am nächsten Tag auf den Geburtstag gehen, wieder bei meinen Eltern schlafen und ganz früh die ca. zwei Stunden Autofahrt nach Willingen in Angriff nehmen, das Enduro-Rennen bestreiten, zurück zu meinen Eltern, das Auto abgeben und mit dem Zug nach Ilmenau fahren. Ganz einfach!

Freitag – Downhill-Training

Da wir das Auto am Vortag bereits gepackt hatten, ging es beinahe pünktlich um 6:30 Uhr auf die ziemlich ereignislose Fahrt ins Sauerland, das uns ganz und gar nicht mit Sonnenbrand, sondern tief hängenden Wolken und Nieselregen begrüßte. Zunächst holten wir unsere Nummern und machten uns auf zum Trackwalk. Die Strecke in Willingen war mir nicht komplett fremd, allerdings lag mein letzter Besuch 6–7 Jahre zurück, sodass ich mich, trotz der im oberen Teil fast unveränderten Strecke, nur sehr dunkel erinnern konnte. Im mittleren Teil der größtenteils eher schotterigen Strecke wurden zwei natürliche Waldstücke abgesteckt und unten erwarteten die Fahrer einige sehr spitze Wiesenkurven, ein kurzer Ausflug auf die alte 4X-Strecke und schließlich die altbekannte Zieleinfahrt.

Beim glitschigen DH-Training am Freitag war es eine Challenge, die engen Wiesenkurven überhaupt zu fahren, geschweige denn Gas zu geben.
# Beim glitschigen DH-Training am Freitag war es eine Challenge, die engen Wiesenkurven überhaupt zu fahren, geschweige denn Gas zu geben. - Foto: © Henning Angerer

Das trübe Wetter hatte sich in der Zwischenzeit in Regen und Windböen gewandelt, sodass wir beschlossen, zunächst im Fahrerlager das Camp aufzubauen und uns mit dem Training etwas Zeit zu lassen. Das ging bis etwa 15 Uhr, als uns schließlich das Bewusstsein einholte, dass die Strecke heute wohl nicht mehr trocken werden würde und wir uns auf den Weg zur Gondel machten, wo wir von einer unerwartet langen Schlange begrüßt wurden, die auch wenig Anstalten machte, sich zu bewegen. Als wir nach langem Warten und völlig durchnässt schließlich am vorderen Ende angekommen waren, offenbarte sich das Rätsel: Nur jede dritte Gondel war für Radfahrer vorbereitet, und es durften maximal zwei Fahrer pro Gondel einsteigen, sodass diese, trotz der eher begrenzten Anzahl an Fahrwilligen, ihr Maximum erreicht hatte.

Das Aufnehmen eines vernünftigen GoPro-Videos gestaltete sich schwierig, da die Kamera durch den starken Wind und Regen oft dreckig und verschwommen war und mir schließlich fälschlicherweise ein Kamera-Verbot auferlegt wurde. Spaßig war das Training jedoch auf alle Fälle, denn Grip war eher Mangelware und so kam es zu einigen witzigen Zeitlupenstürzen und panischen Fahrmanövern.

Nach dem Downhill-Training hieß es für mich, schnell mein Bergamont Straitline zu putzen und bei einem Kumpel ins Auto stellen, dann duschen, umziehen und mit meiner Reisetasche und einem Müllbeutel voll dreckiger Klamotten meine Mitfahrgelegenheit finden.

Samstag – Omas Geburtstag

Morgens hatte ich noch grade so Zeit, meine Wäsche ein zweites Mal in die Waschmaschine zu werfen, bevor es auf die Feier ging und erst am frühen Abend wieder zurück. Leider konnte ich den ganzen Tag über keine Startzeiten finden, verließ mich jedoch darauf, dass die Elite Men-Klasse wie üblich zuletzt starten würde, was mir genug Zeit lassen würde, um morgens rüber zu fahren. Ich war gerade dabei, meine nasse Fahrradwäsche aufzuhängen, als ein Kumpel mir die Startzeiten zuschickte: Entgegen meiner Erwartungen sollte die Elite zuerst starten und ich mit der Startnummer 25 bereits um 07:40 Uhr – zu früh, um zu einer einigermaßen verträglichen Uhrzeit loszufahren. Einige panische Anrufe später hatte ich mir jedoch einen Schlafplatz bei Freunden auf der Couch besorgt sowie jemanden der Lust hatte, spät aufzubleiben, um mir zu öffnen, schmiss meine nassen Sachen in einen weiteren Müllbeutel, sprang in den VW Polo meiner Eltern und jagte das 60 PS-Geschoss auf die Autobahn Richtung Sauerland. Nach einer recht abenteuerlichen Autofahrt, die einige knappe Begegnungen mit der sauerländischen Fauna beinhaltete, erreichte ich kurz vor Mitternacht das Fahrerlager, holte mein dort deponiertes Enduro-Bike ab und fuhr weiter zur Pension, wo mir, ob der für den Enduristi späten Stunden, eher missmutig geöffnet wurde.

Sonntag – Enduro-Rennen

Nach einer unruhigen und kurzen Nacht stopfte ich mir morgens zwei trockene Mohnbrötchen mit Marmelade rein (das Erste, was mir in der Küche meiner Eltern ins Auge fiel und in die Tasche geschmissen wurde), brachte meine Startnummer und den für Enduristen üblichen Schnickschnack am Rad an (Schlauch, Banane, etc.) und schaffte es grade so, rechtzeitig am Start zu stehen.

Der kleine Hüpfer war eher wenig zielführend, wenn ich mich recht entsinne.
# Der kleine Hüpfer war eher wenig zielführend, wenn ich mich recht entsinne. - Foto: © Miha Matavz

Mit meiner Startgruppe ging es den steilen Hang hoch zur ersten Stage, die auf dem Freeride begann. Im oberen Teil war ich ziemlich amüsiert darüber, dass ich es kaum schaffte die Tables genug wegzudrücken, um die Landung noch halbwegs zu treffen und früher als Kind auf derselben Strecke total stolz war, wenn es mal klappte, bis in die Landung zu kommen. Leider war an der Abzweigung vom Freeride in den Wald das Flatterband kaputt, sodass ich erst zwei Kurven weiter fuhr, bis mir sicher war, im Augenwinkel etwas gesehen zu haben und panisch wieder hoch rannte. Im Ziel erfuhr ich, dass ich bei weitem nicht der Einzige war, dem es so ging – allerdings war der Rest der Stage wahnsinnig spaßig und wurzelig und ich ohne Training sowieso stark gehandicapt, weshalb ich die Sache eher gelassen nahm.

Mein Instructor
# Mein Instructor - Kevin Dewinski vom NBB-Team | Foto: © Miha Matavz

Die folgenden Stages waren alle sehr naturbelassen, technisch anspruchsvoll und vor allem extrem spaßig! Ich musste recht früh feststellen, dass auf Sicht schnell fahren deutlich schwieriger war, als ich es mir vorgestellt hatte. 90 % der Strecke können sich zwar die wenigsten merken und vieles war auch gut einsehbar, allerdings gibt es immer wieder schnelle Passagen und nicht einsehbare Abschnitte, in denen ich einfach nicht wusste, ob ich bremsen muss oder nicht und so oft viel Zeit liegen ließ. Nach der ersten Stage traf ich meinen Kumpel Kiwi, der mich auf den Transfers immer kurz über die anstehende Stage briefte: Streckencharakter, Länge und ein bis zwei haarige Stellen. Seine Tipps umzusetzen funktionierte mal mehr, mal weniger gut, erhöhte den Spannungsfaktor aber ungemein, da ich neben dem Fahren auch noch nach den beschriebenen Stellen Ausschau hielt und mir oft erst sicher war, sie gefunden zu haben, wenn ich direkt vor dem Baum stand, den ich unbedingt vermeiden sollte. Auf zwei Stages startete er extra vor mir, um unten zu stehen und mir in der letzten Kurve die Linie zu zubrüllen, was für verwunderte Blicke einiger Mitfahrer sorgte, aber tatsächlich half.

Erschöpft aber glücklich nach dem Enduro-Rennen
# Erschöpft aber glücklich nach dem Enduro-Rennen
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Bis auf einen leicht einsetzenden Hungerast kurz vor Stage 5 (zwei Mohnbrötchen mit Marmelade sind wohl nicht genug für 35 km) der sich mit etwas Studentenfutter und viel Wasser kurieren ließ, lief das Rennen ziemlich gut. Die Stages waren physisch nicht sehr anspruchsvoll, auf den Transfers konnten wir uns ziemlich viel Zeit lassen und Defekte traten auch keine auf. Am Ende belegte ich Platz 47, was denke ich ganz in Ordnung ist – viel wichtiger ist, dass die Strecke absolut klasse war und ich mich wahnsinnig geärgert hätte, das zu verpassen, nur weil ich samstags nicht trainieren konnte. Die vollständigen Ergebnisse findet ihr hier.

Fazit

Obwohl es sicher eines der hektischsten Wochenenden meines Lebens war und meine Planung mehr als einmal über den Haufen geworfen wurde, würde ich, vor dieselbe Wahl gestellt, wieder alles genauso machen. Es wäre schön, wenn ich das DH-Training das nächste Mal nicht bei strömendem Regen fahren müsste oder im Enduro etwas mehr Plan hätte, wo es lang geht – oder vielleicht auf dem Rückweg wenigstens im ICE einschlafe, statt irgendwann nach Mitternacht in der von zwielichtigen Gestalten bevölkerten Bimmelbahn zwischen Erfurt und Ilmenau … aber alles in allem war es ein ziemlich cooles Wochenende in bester Gesellschaft. Nun hört ihr das nächste Mal tatsächlich erst nach Schladming von mir, bis dann!


Weitere Informationen

Website: www.willingen.bike-festival.de | www.ixsdownhillcup.com
Text & Redaktion: Gregor Sinn | MTB-News.de
Bilder: Miha Matavz, Henning Angerer, Johannes Herden

  1. benutzerbild

    Florent29

    dabei seit 07/2014

    Das "Training" am Samstag hat mM nach eh nicht viel gebracht: Die Strecke war wegen des Dauerregens am Freitag so nass und glitschig, dass man entweder mit Bike im Dreck lag, weil beide Reifen zu waren, oder ohne Bike im Dreck lag, weil man beim Liniensuchen ausgerutscht ist.

    Von daher...nix verpasst, @Gregor

  2. benutzerbild

    hemorider

    dabei seit 03/2012

    Gewohnt spaßig zu lesen, Fetzt! Eine Serie über Trail Builder wäre auch mal was, quasi Gesichter hinter den Lobs der Fahrer...

  3. benutzerbild

    Gregor

    dabei seit 02/2017

    Coole sache,ja deine Oma kann stolz auf dich sein,aber" das zu verpassen, nur weil ich samstags nicht trainieren konnte"-Alter deine Oma wird nur einmal 90 und wer weis wie alt sie noch wird.Peace,Chris...

    Das hätte ich schon nicht verpasst, keine Sorge, aber ich hätte evtl. auf das Rennen Sonntags verzichtet, das wollte ich damit sagen. smilie

    @Florent29: Ich bin schon öfters sowohl Rennen auf Sicht, als auch mit Training gefahren und habe das auch nicht als sonderlich kritisch eingeschätzt, aber wenn man drauf achtet ist es schon krass. Da kamen eben Kuppen, bei denen musste ich voll runter bremsen, weil ich überhaupt nicht wusste was kam, wenn das nur 2-3 mal pro Stage passiert, geht echt viel Zeit flöten.
    @hemorider: Danke – das fände ich auch mal cool, da ich die Jungs alle ganz gut kenne und in Ilmenau auch oft mithelfe. Ich könnte mir vorstellen, dass sowas möglich wäre.
  4. benutzerbild

    Florent29

    dabei seit 07/2014

    @Gregor Stimmt, auf der Stage 3 war es schon gut zu wissen, was kam...allerdings bin ich auch eher ein Blind Racing Fan.
  5. benutzerbild

    Gregor

    dabei seit 02/2017

    @Gregor... allerdings bin ich auch eher ein Blind Racing Fan.

    Auf alle Fälle, sehe ich genauso!

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