Im Rahmen des Cannondale Trigger 275 Dauertest bin ich nun seit einigen Monaten das erste Mal mit einer Lefty unterwegs. Eine Lefty, das ist diese nur links existierende Federgabel. Diese Federgabel, die so überhaupt nicht intuitiv aussieht und doch bereits seit Jahrzehnten funktioniert. Wer sich für Service oder Tuning von Lefty Federgabeln interessiert, der wird an einem Namen nicht vorbei kommen: Eighty Aid – wir waren zu Besuch.
Video
In aller Kürze: Die Führung durch die Firma eighty-aid in Würzburg.
Geschichte
Eighty Aid kümmert sich seit Stunde Null um die ungewöhnlichen Federgabeln aus den USA. Egal ob Headshock Fatty oder Lefty, in Würzburg kennt man sich damit aus. Wer die Räumlichkeiten in der Würzburger Innenstadt betritt, der landet direkt im wohl größten Lefty- und Fatty-Museum der Welt. Jede einzelne Generation der Gabeln hängt hier an der Wand, gleiches gilt für die vielen Evolutionsstufen des Innenlebens. Doppelbrückengabeln mit 50 mm Federweg hängen hier genauso wie die in der Historie einzigartige Headshock Gabel, die nicht über die eigenen, verdrehsicheren Standrohre verfügt – eine 120 mm Downhill-Gabel, mit der einst Miles Rockwell und Missy Geove für Furore sorgten. Direkt daneben ein Plakat mit Cedric Gracia, dem wohl lautesten Beweis, dass die einbeinige Gabel alles, aber wirklich alles aushält.
Einen Raum weiter folgt der Operation Room, das eigentliche Herz der Firma. Hier werden Tag für Tag Headshock Federgabeln gewartet, getunt, angepasst. Um einen Eindruck davon zu bekommen, was hier möglich ist, habe ich meine Dauertest-Lefty dabei. Nicht, dass sie einen Service nötig hätte – der wird erst nach 100 Betriebsstunden empfohlen und umfasst erstmal nur eine Spülung und Ölwechsel – aber ich möchte wissen: Kann ich die Gabel noch besser auf mich anpassen? Ab Werk kann ich an meiner Lefty Supermax PBR 275 Hybrid neben dem Luftdruck nur die Zugstufe einstellen sowie eine Plattform aktivieren. Die Zugstufe ist mir aber selbst in der ganz offenen Stellung nicht schnell genug – ein erster Anknüpfungspunkt für die Optimierung durch Eighty Aid.
Bevor es um die Gabel geht, geht es um mich. Was wiege ich, wie fahre ich, welches Gelände fahre ich?
Diese Fragen sind der Grund, warum es überhaupt Federgabel-Tuning gibt und geben muss. Jede Federgabel wird ab Werk in einer Version ausgeliefert – zwar meist einstellbar, aber wohl kaum für jede Bikerin und jeden Biker passend. Informationen über mich, meinen Fahrstil und meine Vorlieben landen in der Datenbank. Jetzt geht es an meine Supermax. Bevor etwas verändert wird, wird der Ist-Zustand aufgenommen. Neben einer optischen Kontrolle umfasst das eine Bewertung der Leichtgängigkeit und eine Vermessung der Laufflächen. Eighty Aid kann hier noch genauer Fertigungstoleranzen zwischen Stand- und Tauchrohren ausgleichen und so Reibung minimieren.
Als die Experten mit meinem Teleskop zufrieden sind, geht es an die Dämpfung. Hier braucht es durchaus Spezialwerkzeug, tief im Inneren ist die Lefty aber recht einfach aufgebaut. Je ein Shimstack kontrolliert Druck- und Zugstufe, ein federvorgespannter Teller erzeugt bei Bedarf die Plattform. Dieses Herz der Dämpfung ist weitgehend anpassbar: Verschiedene Shimstacks, Kolben und Federplättchen stehen zur Verfügung. Weil ich die Zugstufe gerne noch ein gutes Stück schneller wollte, wird nicht nur der Shimstack getauscht, sondern auch ein anderer Kolben mit größeren Zugstufen-Bohrungen eingesetzt. Um das zu erklären: Wahrscheinlich hätte die Anpassung des Shimstacks ausgereicht, um bei meinem Gewicht die Zugstufe schnell genug zu bekommen – ich wäre jedoch wohl immer noch ganz am Ende des Einstellbereichs unterwegs gewesen. Damit ich mehr Freiheit habe und das Setup gegebenenfalls noch weiter ausprobieren kann, erschien es mir als sinnvoll, den Bereich noch weiter zu verschieben, sodass ich nicht mehr in der Endposition unterwegs bin.
So viel zur Dämpfung an sich – um den Tuning-Charakter noch zu unterstreichen, lasse ich mir auch noch Dichtungen mit geringerer Reibung einbauen. Konkret hat diese Dichtung durch einen anderen Kunststoff nur einen halb so großen Reibwiderstand. Der Preis für die reduzierte Reibung: Reduzierte Lebensdauer. Diese Dichtung soll, je nach Fahrstil, etwa 50 h dicht halten. Die original verbaute Variante dagegen soll erst nach 250 Betriebsstunden ersetzt werden müssen.
Nach dem Tuning kriegt meine Lefty noch eine 3D-gedruckte Kabelführung spendiert, die das Verschrammen der Gabel verhindert, und es geht los auf den Trail. Die Zugstufe ist offensichtlich deutlich schneller einstellbar. In Folge passe ich auch meinen Dämpfer an, den ich an die etwas langsame Gabel angeglichen hatte, und jetzt geht das Rad genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
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Weitere Informationen
Website: www.eighty-aid.com
Text & Redaktion: Stefanus Stahl | MTB-News.de 2015
Bilder: Stefanus Stahl
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