Vor 18,5 Jahren habe ich mich im IBC-Forum angemeldet, um ein Fahrrad zu verkaufen, und vor gut 10 Jahren schrieb ich meinen ersten Artikel auf MTB-News. Über 10.000 Beiträge habe ich in dieser Zeit im Forum geschrieben. Unzählige Test-Kilometer auf unzähligen Produkten wurden absolviert. Fotos dürften im siebenstelligen Bereich durch meine Kamera gerattert sein und auch die eine oder andere Naht an meinem Körper ist dazu gekommen. Soviel zu den gröbsten Eckdaten. 2020 war für uns alle eine Herausforderung. Für mich persönlich kamen noch ein paar familiäre dazu. Es galt, viel zu reflektieren, Pläne zu überdenken und neue zu schmieden. Mein Weg wird mich in eine neue Richtung führen und so möchte ich mich für die wunderbare Zeit bei MTB-News.de bedanken!
Als ich mich 2002 mit meinem 56 K-Modem das erste Mal im IBC eingeloggt habe, war mir nicht klar, wie viel Zeit ich in diesem Forum verbringen würde. Tom hatte eine Plattform geschaffen, auf der man sich als „Neuzeit-Mountainbiker“ austauschen konnte. Ich war User 5.865. Wo ich in der Zeit ohne Internet komplett ahnungslos mit einem starren Stahlhardtail durch den Wald geschossen bin, immer auf der Suche nach schmalen, spannenden Wegen, hatte ich plötzlich die Möglichkeit, mich mit Gleichgesinnten zu unterhalten, über Material zu diskutieren, Bilder und Videos hochzuladen und sich zum Fahrrad fahren zu verabreden. Viele Freundschaften sind entstanden, die auch heute noch bestehen. Drückt man dann auf den Schnellvorlauf und ZACK sind wir fast bei User Nummer 600.000 angekommen.
So verbrachte ich zahllose Stunden und Tage im Forum und in der Galerie, wo ich meine ersten Gehversuche mit der digitalen Kompaktkamera hochgeladen habe. Auf den Rennen des deutschen Players-Cup, später der Bundesliga-Downhill und noch später dem iXS-Cup war ich zusammen mit einigen anderen unter dem Namen Bruchpilot-Racing-Team unterwegs. Nach meinem Rennlauf rannte ich mit meiner kleinen Knipse wieder hoch an die Strecke, um Mountainbiker zu fotografieren und später die Fotos mit anderen Begeisterten zu teilen.
2006 trafen Insane888 Boris und ich uns das erste Mal in Portes du Soleil auf der Strecke in Châtel, wo er mit seiner ersten Spiegelreflex an der Strecke stand und seinen Kollegen ablichtete. Wir hatten damals regen Kontakt übers Forum und ICQ, um uns in Bezug auf Fotos und Bikes auszutauschen. Er schaute mich ungläubig an und fragte: „Mit der Kamera machst du deine Fotos?!“ Nach heutigem Standard war das, was ich da einfing, ein Pixelbrei mit ein paar weiteren Farbklecksen, die einen Biker darstellen sollten. Damals war die Szene und das, was wir an Fotos hatten, wenig und wir haben alles gefeiert. Eine Forengeschichte von vielen, die aber zeigt, wo unsere Wege jeweils hinführen konnten – im Katalysator der Internet Bike Community.
Wie das alles dann ganz genau mit dem Forum und dem Newsbereich losging? Vielleicht weiß das Tom noch besser! Ich erinnere mich an seine Anfrage, ob ich nicht Lust hätte, mit zum SeaOtter-Classic Festival zu fliegen, um dort Fotos zu machen und um über Neuheiten zu berichten. Ich war damals alleine selbständig und flexibel, dementsprechend hielt mich nichts davon ab, mit Tom zusammen über den großen Teich zu hüpfen. Mit der Zeit kamen dann noch weitere Aufträge hinzu, wie das erste IBC-Shirt, das Re-Design der Seite, neue Logos, Sticker, Badges …
Das alles etwa wilder und ungeplanter war damals, muss ich niemandem erzählen, der hier schon länger als zehn Jahre angemeldet ist. Über die Jahre kamen neben mir viele Urgesteine zum Team hinzu, die auch ihre erste Zeit im Forum verbracht hatten: Freesoul (Hannes), nuts (Stefanus), Tobi, Crossi (Martin) … uns einte die Faszination für Bikes und so dokumentierten wir mit kindlicher Begeisterung alles zu genau diesem Thema. Stück für Stück professionalisierte sich das Team und die Plattform wuchs nicht nur in sich, sondern auch Schwesterseiten wie Rennrad-News und eMTB-News wurden aus der Taufe gehoben. Neue Mitarbeiter kamen hinzu und gingen wieder. Die Büros an den verschiedenen Standorten wuchsen, die Tests und Berichte wurden besser und wir „von der IBC“, aka MTB-News, wurden in der Mountainbike-Welt immer ernster genommen.
Ich verbrachte in manchen Jahren gefühlt mehr Zeit im Ausland auf Events, Test-Sessions und Presscamps als zu Hause und durfte dabei zahlreiche Menschen aus der ganzen Welt kennenlernen, die eben genau die Begeisterung für das Thema Mountainbike teilten wie ich auch. Die Menge an Trails, die ich dabei fahren durfte, was ich alles gelernt habe und welche Erinnerungen ich mitnehmen durfte, sind schwer in kurze Worte zu fassen.
Ganz ohne Abrieb geht das nicht an einem vorüber. Wenn man mit Jetlag in einem fremden Land auf einem unbekannten, neuen Bike, auf einem unbekannten Trail mit zu viel Begeisterung über den Trail fliegt, dann tut das schneller weh, als einem manchmal lieb ist. Man sollte sich eigentlich wundern, dass Tom nicht schon sehr viel grauer ist nach all den Jahren, gefüllt mit Meldungen von seinem Test-Team, das wieder irgendwo aus dem Ausland Info darüber gibt, welches Körperteil gerade wieder an Ort und Stelle getackert werden musste. Er wurde ebenfalls nicht geschont und durfte sich zusätzlich noch Standpauken von der Highway-Police anhören, warum man jetzt nicht unbedingt mit einem Pickup-Truck … aber das erzählt er euch besser mal selbst.
In Summe durfte ich hautnah erleben, wie sich nicht nur wir, sondern eine komplette Branche professionalisiert hat. Wie sich Produkte von (teilweise) lebensgefährlich, zu annehmbar haltbar gewandelt haben. Oder wann ist euch das letzte Mal die Achse eurer Kurbel abgerissen, ein Lenker gebrochen oder eine Federgabel weggeknickt? Wir können heute Trails auf Enduro-Bikes mit der vielfachen Geschwindigkeit hinabfahren, wie es damals mit Downhillbikes möglich war. Bremsen rauchen nicht mehr ab, die gebotene Federung funktioniert zwischenzeitlich phänomenal, es gibt Variostützen, Geometrien wurden vernünftig, Vorbauten über 50 mm sind (fast) gänzlich Geschichte, Laufräder größer und die Kettenschaltung haben wir hinter uns gela … na ja so weit sind wir dann doch noch nicht. Aber es ist in Summe doch alles durchaus besser geworden.
Unser Testbetrieb wurde über die Jahre hinweg stark ausgebaut und wir haben uns immer weiter auf sehr offene und teilweise (zu hart) ehrliche Vergleichstests von Produkten fokussiert. Damit haben wir uns nicht immer Freunde gemacht – niemand hört gerne, dass das angepriesene Produkt doch nicht so gut ist, wie das eines Mitbewerbers. Aber ich hoffe, wir konnten damit – und werden auch in Zukunft – dafür sorgen, dass man seine Freizeit eher auf dem Trail als in der Werkstatt verbringen kann. Vielen Dank an die Sindlinger-Jungs und Chris vom Team Süd für die guten Zeiten im Wald, bei den zahllosen „verdammt-wo-sind-deine-Schoner-da-bitte-runter-fahren/springen-nochmal-bitte“-Test- und Foto-Sessions. Das wird mir definitiv fehlen. Danke an den ganzen Rest der Redaktion für alles!
Highlights gab es viele und sie alle aufzuzählen, sprengt hier den Rahmen. Wirklich in Erinnerung geblieben ist mir vor allem, über den Dirtmerchant und die EWS-Trails in Whistler zu fliegen, die Whip-Off-Worlds, die Red Bull Rampage und diverse World Cups fotografisch zu begleiten, die Hochzeit von den Tippies, Suspension-Tests zusammen mit den Athertons zu machen, Profis näher kennenzulernen oder beim Deathgrip-Movie mitzuarbeiten.
Ein Traum ging in Erfüllung als ich meine – für damals – eher heftigen Geometrie-Ideen in einem eigenen Testbike umsetzen konnte. Das Radel fahre ich heute noch. Nur fühlt es sich bei weitem nicht mehr so extrem an wie noch vor vier Jahren.
The big phat wedding of Sarah and Brett Tippie in Whistler. von Grinsekater – Mehr Mountainbike-Videos
Bevor ich euch dann noch weiter mit Fotos erschlage hier noch die Best-of-Slideshow von 2013.
Slideshow – Jens Staudt Foto – 2013 von Grinsekater – Mehr Mountainbike-Videos
Auch wenn man eigentlich die Verknüpfung ungünstiger Ereignisse schlecht an einer Jahreszahl festmachen kann (so abergläubisch bin ich nicht), so stellte mich dieses Jahr 2020 dann doch in Summe vor einige Herausforderungen. Die globale Pandemie war nur eine davon. Wer eine Familie hat, muss manchmal Prioritäten setzen, und vor diesem Punkt stehe ich gerade. Die Entscheidung, MTB-News zu verlassen, ist mir nicht leicht gefallen. Vor allem nicht nach den langen Jahren und der starken Bindung, die ich nicht nur zu den Kollegen, sondern auch zu den Usern entwickelt habe. Auch wenn man sich manchmal in die Haare bekommt, so war mir immer daran gelegen, das, was ich beim Testen erfahren durfte, mit anderen zu teilen. Teilweise durfte ich das nicht nur in schriftlicher Form, sondern auch bei gemeinsamen Ausfahrten. Am Ende war und bin ich immer noch ein Mountainbiker, der zwar viele Testbikes fahren darf, aber immer noch für seine eigenen Räder genauso wie jeder andere nach einem guten Preis sucht und über jedes Anbauteil genau nachdenkt, bevor er den Geldbeutel aufmacht.
So wünsche ich allen weiterhin eine gute Zeit und Spaß beim Lesen der Artikel, dem Diskutieren in den Kommentaren und im Forum, dem Teilen von eigenen Fotos und Videos und beim Dazulernen. Über neue Teile philosophieren, neue Geometrien, neue Federung und so viel mehr, was uns so sehr beschäftigt und was Nicht-Mountainbiker vermutlich nie nachvollziehen werden können. Einige Artikel sind noch in der Pipeline und da ich mich weiter für die Legalisierung von Trails und andere Bikethemen stark machen werde, findet sicher noch der eine oder andere Beitrag von mir seinen Weg in den Newsfeed der Startseite in den kommenden Jahren. Ich hoffe, ich konnte meine Leidenschaft mit einigen von euch teilen. Sei es fürs Radfahren generell, aber natürlich auch für die Technik dahinter und wie man immer das gewisse extra Performance herauskitzelt.
Ich danke euch!
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