Wir Mountainbiker sind schon spezielle Naturliebhaber – Sport treiben wir gern, aber nur ungern in der Heimat. Für unsere Freizeitbeschäftigung muss man in den Wald, in die Berge, raus aus der Stadt – das eint uns mit allen anderen Bergsportlern. Das liegt an einem grundsätzlichen Problem des Bergsports, nämlich daran, dass nur wenige Städte in den Bergen und noch weniger Berge in den Städten liegen.
Um dieses Problem zu überwinden, greifen wir auf der Deutschen besten Freund zurück, ich zitiere eine Werbung: „Das Auto.“ Das ist verständlich und bittersüß zugleich: Verständlich, weil nur ein Pkw von der Haustür an den Zielort fährt, schnell, komfortabel und mit einem großen Kofferraum für unser großes Sportgerät, aber auch bittersüß, weil wir dadurch ziemlich viel Zeit am Lenkrad stammt am Lenker verbringen und die Natur, die wir so sehr schätzen, mit Abgasen, Lärm und Verschmutzung ein kleines bisschen weniger ursprünglich machen.
Nun fährt ja nicht jeder von uns gerne Auto, insbesondere nicht, wenn man an all die überfüllten Straßen denkt, die Mautgebühren im Ausland oder den Aufwand, die Räder in den Wagen und diesen hinterher wieder sauber zu kriegen, und dennoch gibt sich der Großteil von uns genau diesen Stress. Kein Wunder, wenn man sich die Alternativen anschaut: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Berge? Nicht selten gibt bahn.de Fahrzeiten von 4h aus, wo der Individualverkehr nur 2h braucht, und noch öfter finden sich Angaben wie „3mal umsteigen“ oder das häufigste Problem: „Zu ihrer Anfrage wurde keine entsprechende Haltestelle gefunden.“
Fazit: Es tut uns Leid, aber wir müssen mit dem Auto zu unserem an sich umweltfreundlichen* Sport anfahren. Anders geht es nicht.
Michael Löhr sieht die Sache anders. Er ist nicht nur passionierter Mountainbiker, sondern auch der Geschäftsführer von Tiramizoo, einer online Kurier-Vermittlung. Diese Tatsache macht ihn zum Lastenradexperten, denn so etwas brauchen Kuriere, wenn sie etwas größeres als Medikamente transportieren. Jedenfalls ist seine Idee ebenso verwegen wie genial: Weil man mit einem Downhill-Bike leider nicht in den Bikepark in den Bergen fahren kann, da die Reifen am Boden kleben, die Federung schaukelt und die Geometrie für Affen auf Schleifsteinen gemacht zu sein scheint. Deshalb montiert man das DH-Bike einfach auf ein Lastenrad, mit welchem man dann problemlos gen Berge radeln kann. Das Cargobike substituiert also tatsächlich das Kraftfahrzeug.
Anfang August starteten wir den Selbstversuch: Mit Kabelbindern, Polsterfolie und Panzertape montieren wir unsere Parkbikes auf zwei Lastenräder Typ LarryvsHarry Bullitt, legten Protektoren, Vollhelm, und Verpflegung dazu und fuhren los. Die überraschende Feststellung in Anbetracht von >45kg Kampgewicht: Es funktioniert. Solange die Strecke eben verläuft, lässt sich mit den Teilen richtig Tempo machen. Am Berg sieht die Sache natürlich anders aus, aber… mit Gemütlichkeit läuft die Sache. Langer Rede kurzer Sinn: Nach etwas mehr als 4h und 72km waren wir von München Innenstadt nach Lenggries gefahren.
Ab dort verlief alles wie ein normaler Bikepark-Tag: Ausladen, Räder montieren, Protektoren an, Helm auf und ab in den Lift. Das Wetter spielte perfekt mit, und nach 4h Fahren entscheiden wir uns, wieder zusammen zu packen um noch bei Tageslicht nach Hause zu kommen. Vom Berg runter geht es ja glücklicherweise nur bergab, so dass wir trotz schmerzender Hintern und einigen Kilometern in den Beinen die Zeit von der Hinfahrt toppen konnten.
Das Gute an so einem Tag: Man ist richtig viel Fahrrad gefahren. Mit 2 Fahrrädern in einem zieht man mehr Blicke auf sich, als jeder Chopper es vermag, der Trainingseffekt ist immens und dann erst dieses gute Gefühl am Abend… unbeschreiblich.
Und wie kommt Ihr in den Bikepark?
Video zum Trip:
Cargobikes in Action – GreenDH von nuts auf MTB-News.de
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*Bodenerosion, Umweltschädliche Vorgänge bei der Herstellung des Sportgerätes, weggeschmissene Tear-offs, Energiegelfläschchen und Lärmstörung durch Freudenschreie und ähnliche Dinge sind hier natürlich ausgenommen, aber das führt zu weit.
Dank an: Tiramizoo, VeloCompany, den Bikepark Lenggries, Maxi Dickerhoff, Andi Dotzauer
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