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MTB auf Haiti
Hans Reys Rennbericht vom MTB Ayiti Race [mit vielen Bildern]

Haiti ist den meisten Leuten in erster Linie aufgrund der Erdbebenkatastrophe 2010 in Erinnerung – dies sollte sich mit dem ersten Mountainbike-Event in dem Inselstaat, das im Frühjahr diesen Jahres stattfand, ein wenig zum Positiven ändern.

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Mountainbike-Legende Hans Rey fuhr das Rennen nicht nur mit, sondern war aktiv in der Planung des Rennens involviert – hier sein Bericht des Rennens.

Rennen auf Haiti? Die Idee des Events

Das MTB Ayiti Event ist dieses Jahr zum ersten Mal organisiert worden – mit keinem höheren Ziel als der Entwicklung des Sports durch lokale Kleinunternehmen. Das Haiti Ascent Mountain Bike Stage Race ist dabei der zentrale Punkt des gesamten Events: Weniger ein einfaches Rennen als vielmehr der Startpunkt einer Mountainbike-Infrastruktur auf der Insel sollte es werden. Der Veranstalter des Events kontaktierte mich letztes Jahr, als sich das Rennen noch in den frühen Planungsstufen befand.

Die ganze Sache klang für mich ziemlich spannend, auch wenn ich schon lange kein Racer mehr bin und abgesehen davon nie wirklich an Marathon-Events interessiert war…aber das Event klang interessant und irgendwie würde ich das Rennen über die schöne, aber arme Insel schon in meinem eigenen Tempo bewältigen können.


# Ziemlich hoch ging es auf beiden Etappen – an zwei Tagen waren mehrere tausend Höhenmeter zu bewältigen

Außerdem schien es eine tolle Gelegenheit, das „Wheels 4 Life“-Projekt mit einzubringen und mitzuhelfen, eine lokale Mountainbike-Infrastruktur zu entwickeln, die in der Zukunft tourismustechnisch helfen und dem Land nach dem schlimmen Erdbeben 2010, das über 300.000 Menschenleben forderte, wirtschaftlich eine Unterstützung sein könnte. Ein paar Tage früher kam ich in der Hauptstadt Port-au-Prince an, um die Ankunft der 25 Bikes zu organisieren, die wir in Miami mit Hilfe der Leute von Mac Cycles in den Container geladen hatte, um damit einige örtliche Schulen zu unterstützen.

Mit Hilfe des örtlichen Fahrradclubs Leogane organisierten wir den Zusammenbau und wählten 20 Kinder als neue Bikebesitzer aus, die jeden Tag lange Schulwege hatten. Die anderen 5 Räder sollen vom Fahrradclub dafür genutzt werden noch mehr Menschen auf die Räder zu bekommen, die kein eigenes Fahrrad haben.


# Hans Rey vor dem Rennen

Das Highlight unseres Events war ein zweitägiges „Rennen“ über einen fordernden und bergigen Kurs quer über die Insel, der von niemand Geringerem als dem Sea Otter-Gründer Rick Sutton und seiner Crew organisiert wurde. Der Vater des Events heißt Philip Kiracofe und seine Firma Travelcology, die ein tolles Team zusammengestellt hatten um das Event auf die Beine zu stellen – eine Filmcrew aus den USA war ebenfalls vor Ort und filmte das Rennen für eine TV-Dokumentation.

Für das Rennen war auch eine respektable Anzahl an US-Fahrern vor Ort – neben den 12 einheimischen Fahrern war unter anderem die Ex-Profifahrerin Marla Streb am Start. Ich muss zugeben, dass ich nicht gerade Luftsprünge gemacht habe als ich las, dass die erste Etappe über 2500 Höhenmeter haben sollte. Ich packte daher mein leichtestes Bike ein, ein Carbon Zaskar 29er, was im Endeffekt auch das perfekte Bike für das Rennen sein sollte.


# Am Start des Rennens

Höhenmeter und Ausblick satt: Die erste Stage

Nachdem wir den haitianischen Minister für Tourismus und Sport getroffen hatten, ging es los: Der Start der ersten Stage befand sich in der Nähe des ehemaligen Präsidentenpalastes, der beim Erdbeben komplett zerstört worden war und dessen Trümmer nur langsam aufgeräumt wurden. Mit Polizeibegleitung fuhren wir durch die Stadt, bevor der Verkehr zu stark wurde. Die Steigung begann umgehend und endete erst zwei Stunden später nach knapp 1100 Höhenmetern mit einem wunderschönen Aussicht über die Stadt. Alle 26 Teilnehmer wurden die nächsten 10 Meilen geshuttelt um eine vielbefahrene und gefährliche Bergstraße zu umgehen, bevor der zweite, anstrengendere Teil des Tages begann.


# Und wieder geht es mal bergauf

Weitere 1400 Höhenmeter lagen vor uns – inklusive zwei Stunden, in denen wir die Bikes steile und felsige Passagen tragen mussten. Der Trail war rauh und hatte einige steile Rampen, allerdings gab es glücklicherweise einige Abfahrten dazwischen, wo sich meine Beine und meine Lunge etwas erholen konnten. Die Landschaft war wunderschön und die zahlreichen Berge bis zu 2600m hoch. Das Fahrerfeld zog sich schnell auseinander und ich brauchte insgesamt 5:47 Stunden für den ersten Tag, während die Tagessiegerin Sonya Looney unter vier Stunden blieb.


# Weite und unterschiedlichste Landschaften durchquerten die Teilnehmer während des zweitägigen Rennens


# Kräftezehrende Uphills

Ich war froh überlebt zu haben und muss zugeben, dass ich ebenso Spaß am Wettbewerb als auch an der Strecke hatte. Es war nett, für einige Fotos anzuhalten, mit der Crew zu reden oder sich unter die Einheimschen zu mischen und die wenigen Wörter in der Landessprache zu nutzen, die ich gelernt hatte. Als wir in die höheren Lagen kamen wurde das Klima frischer und belohnte uns außerdem mit Meilen von Singletrails, bis wir zu unserem Camp gelangten. Als ich mich der Ziellinie näherte bemerkte ich vor mir einen anderen Fahrer, Rob, und ich konnte nicht anders, als loszusprinten – ich fühlte mich wie Jaroslav Kulhavy, als er Nino Schurter bei den Olympischen Spielen besiegte. ;)


# Ziellinie direkt am Strand – die Etappe ist geschafft

Das Nachtlager bestand aus Zelten und die Locals kochten ein phantastisches Essen.


# Das Fahrerlager für die Nacht

Zweite Stage: Von Mutproben und endlosen Downhills

Morgens ging es zwei Runden um eine knapp 10km lange Singletrail-Runde, bevor wir für das Finale rund 32km Downhill auf einer super rauhen und steinigen Straße fuhren – inklusive Verkehr mit entgegenkommenden Motorräder, Ziegen, Hühnern und Fußgängern. Mir war von einer Schlüsselstelle auf der zweiten Etappe erzählt worden, bei der die Streckenplaner speziell mich im Sinn hatten – eine 10 Meter lange Mauer über einem 5 Meter hohen Flussbett.

Als wir ankamen und alle Fahrer absteigen und ihre Bikes über den Fluss tragen mussten, konnte ich nicht widerstehen und fuhr die gruselige Passage. Es klappte, aber ich will nicht daran denken was ein Sturz hier in dieser ausgesetzten Location für Konsequenzen gehabt hätte… Ärgerlicherweise verlor ich kurze Zeit später die GoPro die ich an meinem Bike gehabt hatte, so dass ich die Bilder davon wohl niemals wiedersehen werde.


# Mutprobe für „No Way“ Rey – 25cm breite Mauer, 5 Meter über dem Boden

Über dreieinhalb Stunden benötigte ich für die zweite Stage, der Downhill schien endlos und dauerte allein knapp anderthalb Stunden, was mit einem XC-Bike auf Dauer ziemlich anstrengend war – dieser Abschnitt hatte schon fast Enduro-Feeling und das Ziel war für mich einfach, keinen Platten zu bekommen.


# Hohe Plattengefahr: Manche Abschnitte hatten Enduro-Feeling.

Nachdem wir den Berg-Sektionen hinter uns gelassen hatten, durchquerten wir eine wunderschöne Gegend mit Farmlandschaft und Regenwald und nach zwei Flussdurchquerungen erreichten wir das wunderschöne ziel direkt am Strand. Nach einer Erfrischung im karibischen Meer ging es los zum Karneval nach Jacmel, wo wir den anstrengenden Tag entspannt ausklingen ließen.

Ein tolles Abenteuer wars – und definitiv ein tolles Eröffnungsevent mit einer tollen Erfahrung für alle Teilnehmer!

Hans Rey

Weitere Fotos


# Trails durch den haitianischen Wald


# Wheelie im Nachmittagslicht


# Ein einheimischer Teilnehmer mit Hans Rey – Uphill Schotterstraße.


# Hans mit Flow und kurvigen Steinen


# Steppe und Acker: Hans Rey, Einheimische


# BMX und MTB parallel… 


# Uphill mit zwei einheimischen Fahrern


# Einheimische mit der haitianischen Flagge


# Der Abschluss des Rennens

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Mehr Informationen über wheels4life: www.wheels4life.org

Text: Hans Rey
Fotos: Jonah Matthewson, Steve Z

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