Schlechte Nachrichten aus dem Downhill-Sport: Sowohl Tahnée Seagrave als auch Myriam Nicole haben in den vergangenen Wochen schwere Gehirnerschütterungen erlitten. Während Nicole sich erholt haben will, wird Seagrave nicht beim World Cup in Fort William starten.

Am Wochenende äußerte sich die aktuelle Downhill-Weltmeisterin Myriam Nicole erstmals seit Wochen öffentlich über ihren schweren Trainingssturz beim Downhill World Cup in Lourdes, Frankreich, Ende März. Bereits damals wurde ihr Start samt spektakulärem Rennlauf aufgrund der offensichtlichen Symptome einer Gehirnerschütterung kontrovers diskutiert. Nun hat die Französin auf Instagram bekannt gegeben, in den vergangenen Wochen unter heftigen Beschwerden gelitten zu haben, die jegliche körperliche Belastung unmöglich machten.

Bildschirmfoto 2022-05-18 um 18.44
# Bildschirmfoto 2022-05-18 um 18.44

It’s World Cup week! And I couldn’t be more excited about flying to Scotland tomorrow. To cut a long story short, it’s been a real test since Lourdes as I’ve struggled with post concussion symptoms and to put it lightly, it’s been a nightmare of headaches & other symptom day & night that got stronger with the smallest exertion in the world. I know a lot about muscles & bones but damn brain injuries are scary! Take care of your 🧠 and even if symptoms don’t feel that bad go & get checked! After doing scan after scan and seeing loads of different professionals (thanks everyone!), I’m now back to hitting intensity safely!

Myriam Nicole

Inzwischen hat sie sich nach eigenen Angaben erholt und wird am Wochenende in Fort William am Start stehen. Anders sieht es bei Tahnée Seagrave aus: Die britische Top-Fahrerin erlitt ihre Verletzung bei einem Trainingssturz vor 3 Wochen und wird das Rennen in Schottland aussetzen. Zudem sollen ihre Symptome nicht so offensichtlich erkennbar wie bei Nicole gewesen sein – stattdessen gibt die Britin an, unter Angstzuständen zu leiden, die durch die Gehirnerschütterung verschlimmert wurden.

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# Bildschirmfoto 2022-05-18 um 18.46

It’s been a while since I logged on here… I won’t be racing the World Cup this weekend 😔 After having Covid I had a huge crash 3 weeks ago and suffered a concussion and I won’t be taking any risks when it comes to the 🧠.

I feel it’s important to share that my main symptom wasn’t one I was aware of until now. I developed severe anxiety and I couldn’t help but notice this has been simmering for a while and the concussion was what made it boil over.

There is so so so much I would like to say about this topic and what I have been through in the past few months because it’s such a taboo subject, but I can’t find the words just yet so that will have to be another day…

Giving myself the space to heal right now and hopefully will be back sooner rather than later. Much love for now.

Tahnée Seagreave

Insbesondere der Fall von Myriam Nicole stellt die Wirksamkeit und Anwendung des 2020 beschlossenen Gehirnerschütterungs-Protokolls der UCI stark infrage. Diesem zufolge sollten Fahrer*innen, die während eines Wettkampfes Stürze auf den Kopf erleben und neben äußeren Spuren (z. B. ein beschädigter Helm) auch Symptome einer Gehirnerschütterung (Kopfschmerzen, Schwindel, Orientierungslosigkeit usw.) erleiden, untersucht werden und sollten in den nächsten 24-48 Stunden bei keinem Rennen an den Start gehen. Myriam Nicoles Sturz und ihre starken Kopfschmerzen, Frostgefühle sowie die Notwendigkeit, bis zum Rennlauf absolute Ruhe halten zu müssen, wurden nicht nur von ihr selbst öffentlich bekannt gegeben, sondern waren auch Thema im Livestream des Rennens.

Laut Myriam Nicole wurde sie zwar von ihrem Teamarzt untersucht – dieser empfahl jedoch, das Warm-up zu bestreiten und zu checken, ob die Kopfschmerzen schlimmer werden. Den Richtlinien der UCI entspricht dies in keiner Weise. Allerdings scheinen diese auch eher warme Empfehlungen und keine Verpflichtung zu sein. Bei deren Einführung vor zwei Jahren gab der Weltverband an, dass es im Radsport oft nicht möglich wäre, Fahrer*innen während eines laufenden Rennens von entsprechend geschultem Personal gründlich untersuchen zu lassen. Das mag im Straßensport so sein, trifft aber im Downhillsport offensichtlich nicht zu. Zwischen Training und Rennlauf wäre mehr als genug Zeit gewesen, Myriam Nicole von einem unabhängigen Rennarzt nach anerkannten Methoden untersuchen zu lassen, statt diese schwierige Entscheidung dem emotional und finanziell stark involvierten Team zu überlassen.

Eine derartig unabhängige Untersuchung ist allerdings derzeit nicht vorgeschrieben.

Wir hoffen, dass Myriam Nicole gesund durch das Rennen in Fort William kommt und ihren Sturz tatsächlich vollständig auskuriert hat. Natürlich drücken wir Tahnée Seagrave die Daumen und hoffen, die stylishe Britin bald wieder in bester Verfassung im World Cup-Zirkus begrüßen zu dürfen.

Was sagst du zum Umgang der UCI mit dem Thema Gehirnerschütterung?

  1. benutzerbild

    Bergaufbremser

    dabei seit 09/2002

    Warum schreibst Du dann oben "Jeder der bei solch einem Rennen an den Start geht, tut dies aus eigenem Antrieb und ist sich des Risikos bewusst."?
    Nun jeder der an solch einem Rennen teilnimmt tut dies freiwillig oder nicht? Er ist sich auch bewusst das etwas passieren kann. Das Unfallrisiko ist beim DH-Sport nunmal sehr gross. Dies wird in kauf genommen. Daher hält sich mein Mitleid und Empörung über die böse UCI in Grenzen.
  2. benutzerbild

    JensDey

    dabei seit 01/2016

    Es gibt x Fälle wo ein Sportler, sei es nun im Tennis, Fussball, Boxen oder was weis ich noch alles, mit Verletzung angetregen ist. Da hat der Verband auch nicht eingegriffen.
    Dort gibt es dann häufig/ meist/ immer Schiedsrichter oÄ, die diese Verantwortung haben. Und auch hier wird es Spielraum geben. Aber erst mal klare Regeln schaffen, die Umsetzung lösen und danach über Spielräume diskutieren.
    Man kann darüber Diskutieren ob die UCI Ärzte beschäftigen sollten, welche in solch einer Situation, die Macht haben einen Sportler zurückzupfeifen. Als übergeordnete Instanz.
    Genau. Und wer wäre dafür zuständig und verantwortlich? =>
    UCI

    Das Team als Arbeitgeber ist hier genauso in der Pflicht seinen Arbeitnehmer/Sportler zu schützen.
    Dem Arbeitgeber diese Verantwortung zu überlassen haben wir vor 150y abgeschafft. Warum wohl?
    Diese Regeln gibt es ja bereits. Evtl. sind sie zu lasch. Aber ich sehe hier die Verantwortung wie gesagt nicht per se bei der UCI sondern beim Team.
    Ich verstehe deine Haltung aber es wäre wünschenswert, wenn der Veranstalter sich um die komplette Sicherheit und! die Umsetzung kümmern muss. Und eben auch die Spielräume definiert.
    (nicht zu vergessen, es gibt auch Privateers ganz ohne Team)
    !
    Nun jeder der an solch einem Rennen teilnimmt tut dies freiwillig oder nicht?
    Siehe oben die 150y. Jeder der zur Arbeit geht, tut dies freiwillig. Also darf er nach Gusto ausgebeutet werden; er kann ja gehen.
    Das Unfallrisiko ist beim DH-Sport nunmal sehr gross. Dies wird in kauf genommen.
    Es gibt auch sonst viele sehr riskante Berufe: "hättest du halt was richtiges gelernt"
    Daher hält sich mein Mitleid und Empörung über die böse UCI in Grenzen.
    Nur, weil es ein Beruf ist, der aus einem Hobby ensteht?
  3. benutzerbild

    Deleted 347960

    dabei seit 12/2015

    Nun jeder der an solch einem Rennen teilnimmt tut dies freiwillig oder nicht? Er ist sich auch bewusst das etwas passieren kann. Das Unfallrisiko ist beim DH-Sport nunmal sehr gross. Dies wird in kauf genommen. Daher hält sich mein Mitleid und Empörung über die böse UCI in Grenzen.
    Ich finde halt, dass Du Dir mit den beiden oben von mir zitierten Sätzen komplett selbst widersprichst.
    Und ich denke auch, dass die UCI mindestens Richtlinien erlassen muss, welche Sportärzte und Mannschaftsärzte dazu zwingen, lieber etwas vorsichtiger bei der Gesundheit der Sportler zu sein.
    Aber in keinster Weise, um die Ärzte zu gängeln, nein. Denn klare Richtlinien helfen auch diesen, wenn sie gegen die wirtschaftlichen Interessen des Teams Entscheidungen treffen müssen. Da kann man die Ärzte nicht einfach allein lassen, denn sie müssen ja oft gegen ihren Arbeitgeber entscheiden und dann besteht halt die Gefahr, dass die gesundheitlichen Gefahren für den Sportler eher in den Hintergrund treten.
  4. benutzerbild

    styriabeef

    dabei seit 06/2008

    Is zwar schon ein bissl älter der Fred, aber mir fehlt ein punkt in der Diskussion:
    Wenn ich den Skisport als Vergleich heran ziehe gibt es dort eine Vielzahl an Sicherheitsmaßnahmen die ineinandergreifen.
    Z.b. Rennabbrüche, wenn die Strecke schlecht wird, Rennstart-Verschiebung, (Stunden, aber auch mal ein Tag), angeordnete Streckenänderung nach der Besichtigung bzw. Abnahme durch Delegierte. Auch Athlet*innen Vertreter die Forderungen stellen.
    All die Dinge sind mir in der Zeit in der ich den DH-WC verfolge noch nicht aufgefallen.
    Ja, natürlich geht es immer ums Geld, und der Skisport ist viel, viel professioneller. (bevor es Einwände gibt, überlegt mal das dort keine Pivateers fahren)
    All diese Dinge haben sich sicher erst nach und nach entwickelt. Und sicher nicht von allein.
    Ich will damit sagen, es braucht eine umfassende Sicherheitsdiskussion im DH-Sport:

    • Sturzprotokolle
    • unabhängige Ärzte
    • überwachtes Training
    • Möglichkeiten Rennen auszusetzen (Streichresultate)
    • Zeitfenster um Wetter Änderungen ausweichen zu können.
    • Streckenänderungen bei gefährlichen Stellen
    etc.
  5. benutzerbild

    mad raven

    dabei seit 08/2003

    Bei Crankworks scheint es ein verbindliches Protokoll und Checks zu geben. So kommt es in dem Video von Max Fredriksson rüber.


    Für alle die immer Behaupten RB sei so schlimm und verheizt die Athleten weil es immer nur um höher schneller weiter geht, hier (noch ein) Beispiel dass es die zuminddest hier der UCI was voraus habem

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