„Wee Day Out“ ist immer noch eins der Video-Highlights der letzten Jahre – spielerisch fährt und turnt Danny MacAskill im Video durch die schottische Landschaft. Wir haben uns den Drehort von „Wee Day Out“ in Schottland mal genauer angeschaut und uns mit dem Mann hinter den Kulissen von Danny MacAskills Videos unterhalten. Warum es für ein solches Video auch Vaseline braucht und wie viel Organisation hinter wenigen Minuten Film steckt, erfahrt ihr im Interview mit Nash Masson!
MTB-News.de: Nash, stell Dich doch unseren Lesern kurz vor!
Nash Masson: Ich bin Nash Masson, 33 Jahre alt und ich wohne in Boat of Garten, Schottland – und war jahrelang als Mann hinter den Kulissen der Videos von Danny MacAskill beschäftigt, bevor ich mich dann in das Abenteuer gestürzt habe, einen eigenen Bikeshop aufzumachen.
Wie kam das?
Wahrscheinlich hatte ich den Traum schon ganz schön lange. Ich habe ja vorher jahrelang gemeinsam mit Danny in einem Bikeshop gearbeitet. Und irgendwann sind dann ein paar Zufälle passiert: Die kleine Hütte da drüben war frei und es schien eine gute Möglichkeit, eine Unternehmung nahe des Ortes zu starten, an dem ich aufgewachsen bin.
Und das hier ist ja nicht nur der Ort, an dem du aufgewachsen bist, sondern auch der Ort, an dem ein ziemlich berühmtes Bikevideo – „Wee day out“ – gedreht worden ist.
Stimmt. Wir saßen nach dem Filmdreh vor 3 Jahren ziemlich genau, wo wir jetzt sitzen und haben die Hütte da draußen gesehen. Der Dampfzug, von dem Danny springt, hält ja auch heute noch jede Stunde hier draußen, all das ist hier in der Gegend gedreht worden.
Und dann ging alles ganz schnell? Bikes bestellt und den Verkauf eröffnet?
Naja, der Papierkram hat eine Weile gedauert. Aber seit wir die Türen geöffnet haben, geht es schon ganz schön rund! Hut ab an jeden, der das auch schon mal gemacht hat. Aber es gibt einem auch viel zurück.
Aber deshalb ist für Dich jetzt Schluss mit den beliebten Videos rund um Danny?
Ja, meine bisherige Tätigkeit habe ich ziemlich runter gefahren. Danny und ich kennen uns seit 15 Jahren. Er zog nach Aviemore, als er ungefähr 14 war und hat die Ausbildung zum Fahrradmechaniker in dem Laden angefangen, in dem ich auch gearbeitet habe. Wir haben dann viel gemeinsam auf dem Rad gesessen und auch sechs Jahre zusammen in Aviemore gewohnt und uns gegenseitig gepusht.
Das heißt, Du bist auch Trial gefahren?
Nein, ich war auf dem BMX unterwegs! Aber das hat sich ganz gut ergänzt und vielleicht auch seinen Teil dazu beigetragen, dass Danny nicht im reinen Trial geblieben ist; sondern seinen Street-Trial-Stil entwickelt hat.
Erinnerst Du dich noch daran, wie Dannys erstes Video durch die Decke ging?
Ja klar! Wir arbeiteten damals gemeinsam im Bikeshop in Edinburgh. Wir haben einige von den Spots gemeinsam gescoutet, aber im Wesentlichen waren der Film dann wirklich Danny und Dave Sowerby, die einfach versucht haben, alles, was sie können, in ein Video zu packen. Damals war das alles noch ohne Budget, ohne riesigen Plan, und ab der Veröffentlichung auf Youtube änderte sich alles.
War das gleich klar, dass sich Dannys Leben ändert?
Ja, es war klar, dass das was Großes ist. Und es war einfach cool, dass sich Dannys Passion auszahlen würde. Danny war immer ziemlich am Boden geblieben, und darauf fokussiert, einfach Fahrrad zu fahren – aber dann an dieser Reise teilnehmen zu können, war glaube ich für alle Beteiligten super.
Also war schon das nächste Video viel größer aufgezogen, mit Projektmanagement und so weiter?
Als nächstes folgte „Way Back home“ – da saßen eigentlich einfach nur Danny, Dave und ich ein paar Wochen zusammen im Wohnmobil und haben uns von Edinburgh in Dannys Heimat Skye hoch gearbeitet. Großes Projektmanagement sieht anders aus! Normalerweise sitzen wir einfach zusammen und tauschen Ideen aus, was möglich sein könnte; Danny ist unheimlich kreativ! Das Schwierigste ist dann immer, die richtigen Locations zu finden. Danny hat eine gute Vorstellung davon, was er gerne hätte – und weil wir uns schon so lange kennen, verstehe ich meist recht gut, was er im Kopf hat. Deshalb habe ich schon ziemlich viel für ihn ausgekundschaftet.
Wie lange dauert denn der Suchvorgang nach den richtigen Drehorten?
Das dauert so 2-3 Monate, bevor Danny sich die Orte anschaut. Ich schaue mir die Orte an und klappere eine Liste mit Tricks und Features ab, die möglicherweise für das Video in Frage kommen würden.
Wie sieht so eine Beschreibung aus?
Ziemlich allgemein. Ein Klassiker für Wee Day Out war beispielsweise der „Logslide“ auf dem Baustamm. Die Beschreibung dafür war: „Ein Baum, der im Wald liegt.“ Also ungefähr so vage, wie es nur geht. Und es muss ja nicht nur schön aussehen, der Trick an der Location muss ja auch funktionieren! Nummer 1 ist immer das Fahren, Nummer 2 die Ästhetik im Film. Und normalerweise funktionieren die ersten Dinge, die man sieht und im Kopf hat, nicht wirklich.
Sobald die Location steht, fährt Danny hin und schaut, ob das Fahrerische auch so funktioniert?
Ja – und da wird es häufig spannend. Denken wir zum Beispiel mal an den Heuballen in „Wee Day Out“. Die ersten Versuche, auf dem Heuballen zu fahren, machten nicht gerade viel Hoffnung, dass das überhaupt möglich sein könnte. Aber dann braucht es eben genug Einsatz und Kreatitivät, und damit kann man das meiste möglich machen. Vom ersten Heuballen, der gar nicht rollte, oder auseinanderfiel, bis zur perfekten Szene war es ein langer Weg. Wir haben uns Spezial-Heuballen machen lassen; besonders rund, besonders fest; und wenn es dann am Ende funktioniert – einfach genial!
Wie viele Tage fließen dann in das, was wir sehen?
Es gibt schon auch schnelle Tage, aber hinter den meisten Szenen stecken 2-3 Tage Arbeit und ungefähr 400 Anläufe, bis alles passt. Danny ist ziemlich anspruchsvoll, hat eine genaue Erwartungshaltung an sich und das Produkt. Es darf nicht einfach nur „okay“ aussehen – aber genau das macht dann natürlich auch den Unterschied zu anderen Videos aus.
Was macht die Crew, während Fahrer und Filmer hunderte Anläufe unternehmen?
Es ist tatsächlich so, dass Stew oder jemand von Cut Media filmt; Danny fährt; ich kümmere mich im Hintergrund darum, dass jeder hat, was er braucht und gucke zu. Die eigentliche Crew vor Ort ist dann häufig gar nicht so groß.
Könnten denn Passanten über euch stolpern?
Klar, wir haben ja teilweise ziemlich öffentliche Drehorte. Wir bitten dann darum, dass zumindest keine Fotos oder Videos in den sozialen Netzwerken landen; was bisher auch gut funktioniert.
Das ist überraschend, oder?
Ja, stimmt. Aber ich glaube, die meisten Leute erkennen an, dass das, was wir da machen, schwierig ist – und respektieren die Arbeit. Danke dafür!
Wie lange dauert denn dann der gesamte Prozess, von der Idee bis zum letzten Schnitt?
Normalerweise etwa 6 Monate. Manchmal geht es aber auch viel schneller! „Industrial Revolutions“ haben wir einfach in 2-3 Wochen durchgezogen. Das war ein kleines Team: Stew, Danny und ich – und an der Location war alles vorhanden, was wir gebraucht haben. Da brauchte es kein großes Team, keine großen Erwartungen – das hat klasse funktioniert.
Am anderen Ende wäre dann so ein Film wie „Imaginate“, der mit einem riesigen Team über einen langen Zeitraum gedreht wurde. Da brauchte es einfach spezielle Fähigkeiten – und es ist großartig, zurückzuschauen, aber während der Dreharbeiten war es wahnsinnig anstrengend. Danny fuhr am Limit, einfach weil die Stunts so groß waren. Die Erwartungen waren riesig, eine ganze Produktionscrew vor Ort (dauerhaft ca. 15 – 20 Menschen vor Ort, und insgesamt noch deutlich mehr!).
Gibt es ungewöhnliche Geschichten von den Dreharbeiten, die Dir immer in Erinnerung bleiben werden?
Oh ja! Für Wee Day Out habe ich Löcher in ein schönes Santa Cruz Bronson gebohrt, damit wir Sand reinfüllen konnten – das Bike sollte maximal schwer sein, damit Danny unter Wasser damit fahren kann. Der Sand hat nicht gereicht, also kam auch noch Wasser in die Reifen und Blei in die Gabel. Trotzdem hat es nur gerade so funktioniert, und es musste auch noch Blei in den Rucksack…
Oder wenn man an besagten Baumstamm denkt. Der war die ersten Versuche wirklich schön rutschig und der Trick hätte funktioniert. Aber irgendwann war er so abgehobelt, dass Danny viel zu viel Grip hatte. Wir haben dann Vaseline gekauft, um ihn wieder so rutschig zu machen, wie er am Anfang war.
Was kommt denn als nächstes?
An der Kreativität fehlt es nicht – aber das richtige Setup zu finden, ist teilweise wirklich schwierig und zeitaufwändig. Es gibt viel, was kommen wird – aber da kann ich offensichtlich nicht drüber sprechen, sonst krieg ich den Arsch versohlt …
Wie viele Bikes, Reifen und Felgen braucht es denn für einen Film?
Interessanterweise ist das häufig gar nicht so schlecht. Wee Day Out haben wir mit nur einem einzigen Rad gedreht – zuzüglich dem, was wir zerbohrt und gefüllt haben. Ganz früher hat Danny einen Haufen Räder und Rahmen zerstört, aber auch beispielsweise in „The Ridge“ ist er mit einem einzigen Bike klar gekommen. Tubeless hat da auch geholfen – weniger Platten, weniger Schläuche.
Nebenbei fährst Du auch noch Rennen, richtig?
Ja, daher kenne ich auch Jamie. Ich hatte gehört, dass die Trans Savoie gut wäre, also habe ich mich angemeldet. Das war dann eigentlich zur für den Spaß, aber hat ganz gut geklappt. Im ersten Jahr habe ich bei den „Senioren“ gewonnen, wurde insgesamt dritter.
Wow, hast Du einfach Talent?
Naja, ich denke, es passte gut damit zusammen, wie wir hier fahren. Lange Tage, lange Stages, sehr technische Passagen. Ich erinnere mich noch an die letzte Stage des letzten Tages: Quasi unfahrbar, definitiv nicht racebar, aber auf jeden Fall guter Spaß!
Aber ein Vollzeit-Racer wirst Du nicht?
Nein, ich erkunde lieber unbekannte Flecken und finde was Neues. Rennen sind schön, aber Abenteuer sind schöner!
Wenn Du jetzt Vollzeit im Shop arbeitest, wirst Du bei den Filmen nicht mehr mit dabei sein?
Ja, der Shop ist jetzt mein Fokus. Aber ich bin mir auch sicher, dass ich mit Danny wieder aktiv werde. Und bei ihm ist ohnehin dauerhaft etwas in Vorbereitung.
Profitiert der Shop denn von seiner Lage am Drehort zu „Wee Day out“?
Es gibt ab und zu jemanden, der den Drehort abfeiert und sich dann total freut, dass da auch noch ein Geschäft ist, in dem er ein Rad ähnlich zu dem von Danny anschauen kann. Aber unser Tagesgeschäft sind Reparaturen, Radverleih, Verkauf; dann haben wir noch das Café nebenan – all das ergibt eine Blase, in der man sich gerne aufhält: Ob auf dem Rad, auf dem Berg oder beim Kaffee!
Der Shop ist ja auch nicht in einem ganz gewöhnlichen Gebäude. Was ist die Geschichte dahinter?
Der Bikeshop ist in einem alten Outdoor-Geschäft. Das Café heißt ja auch „Gashouse“, was schon andeutet: Hier wurde früher das Gas für die Lampen der Eisenbahn hergestellt. Aber das Gashouse stand 15 Jahre leer, bevor wir eingezogen sind.
Hast Du denn einen guten Tipp für jemanden, der einen Bikeshop eröffnen will?
Ja, lass es einfach (lacht)! Nein, im Ernst: Es ist viel harte Arbeit, aber es gibt einem auch viel. Und so lange man sicher stellt, dass man noch dazu kommt, sein Fahrrad zu fahren, dann passt alles! Es passiert nämlich viel zu leicht, dass man nur noch arbeitet und nicht mehr fährt – und das passt dann nicht mehr.
Wie hast Du dich für eine Marke entschieden?
Ich bin fast 15 Jahre Santa Cruz gefahren, da war es irgendwie naheliegend, die Bikes auch zu verkaufen.
Was war dein erstes Santa Cruz?
Ich hatte ein Heckler! Davor hatte ich nur ein Kona Cowan, und dann nur Santa Cruz. Noch ein Solo / 5010, und ab dann eine ziemlich lange Liste. Aber das 5010 ist nach wie vor mit das spaßigste und fähigste Bike, das ich kenne. Macht alles und bringt jeden zum Grinsen!
Welche Bikes hast Du heute?
Ein Tallboy und ein Jackal – damit gehe ich Dirtjumpen, aber wir kriegen hoffentlich bald einen eigenen Pumptrack hier in Boat of Garten. Früher bin ich ja auch noch Trial-Shows mit Danny gefahren, bevor er mit der Drop and Roll-Tour angefangen hat. Aber ich fand es ziemlich cool, endlich wieder ein kleines Hardtail zu haben!
Soll Dein Shop denn deutlich größer werden?
Nein, ich hoffe, er bleibt so, wie er ist: 30 Quadratmeter voll von gutem Gefühl. Er ist so einfach einzigartig: Kleiner Raum, persönliches Erlebnis. Man verbringt darin eine gute Zeit, wird mit einem Produkt warm, legt die Basis für kommende Erfahrungen. Und genau so soll es sein! Dass ich noch ein Lager habe, was nicht in den 30 qm inbegriffen ist, steht aber natürlich auch fest.
Würdest Du die Touren, die wir gefahren sind, auch jemandem empfehlen, der bei Dir im Laden vorbei kommt?
Ja klar! Das Wichtige in Schottland ist einfach, das Wetter im Auge zu haben. Wenn es passt, sollte man hoch in die Berge kommen – die Landschaft ist einfach genial. Wenn das Wetter schlecht ist, dann haben wir hier unten im Wald sehr viel sehr abwechslungsreiche Trails, auf denen man auch einen Haufen Zeit verbringen kann. Wir haben beides, sehr abwechslungsreich, direkt vor unserer Haustüre. Generell kann man hier rund um Cairngorm in den leichter gewellten Hügeln mehr Trails erreichen als im Westen – dort sind viele Berge so steil und felsig, dass es teils nicht sehr zugänglich ist. Aber da gibt es noch viel zu erkunden! Vorschlag von meiner Seite:
Tag 1: Cairngorm über die Northern Corries zum Ben Macdui und zurück
Tag 2: Carn Ban More Path, dann eine Übernachtung in der Glenn Feshie Bothy (First come first serve!)
Tag 3: Einfach beim High Burnside nahe Avielochan fahren – da gibt’s technische, natürliche Trails im Wald
Wie viele Tage sollte man mitbringen, wenn man die Ecke von Schottland besucht?
Naja, es reicht sicher für einige Wochen! Aber wenn man 3–4 Tage da ist, kann man das Beste mitnehmen. Und wenn man eine Übernachtung in einer Bothy, also einer einfachen Schutzhütte, einplanen kann, dann ist das sicher ein super Erlebnis. Die Schutzhütten sind sehr einfach gehalten, kosten nichts und bieten so die Möglichkeit, auch ohne Zelt längere Touren da draußen zu unternehmen. Sie werden auf First come, first serve Basis vergeben.
Hast Du noch ein Anliegen, das du mit uns teilen möchtest?
Ja – der Bikeshop ist für mich auch eine Herzensangelegenheit, den Sport hier weiter zu bringen. Wir verleihen Rampen an Schulen, verleihen Kidsbikes und haben einfach das Ziel, Kinder aufs Fahrrad zu bringen. Mir hat das Fahrrad eine große Freiheit gegeben, und ich möchte gern, dass möglichst viele Kinder gute Erlebnisse auf Fahrrädern haben – das muss, vor allem mit unseren Möglichkeiten vor der Tür, einfach drin sein.
Nash, danke für die Einblicke und das Guiden auf den Trails!
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