Was der Winter so alles bringt: Schnee, Matsch, Eis, Kälte. Für diejenigen, die ihr Bike nicht einmotten, sondern Kleidung raus- und anziehen, stellt sich die Frage: Was denn alles und wie viel? Das Schichtenprinzip ist bei der Kleidung die Winterlösung. Wir sagen Euch, wie’s geht.
Die drei Schichten
Generell spricht man von drei Lagen, die miteinander kombiniert werden. Wichtig vorab: Versteht das ‚System’ als Orientierung und nicht als fixe Einheit, bei der nicht variiert werden darf. Spricht man von einem Teil aus der ersten Lage bedeutet das also keineswegs, dass ihr es nicht ‚solo’ tragen könnt. Genauso kann unter der Jacke (der „dritten Lage“) natürlich auch nur ein Shirt getragen werden…
In unserem ersten Teil geht es – um die erste Lage…
Lage 1
Funktionswäsche, die direkt auf der Haut getragen wird und eng anliegt. Warum? Weil sie nur im direkten Körperkontakt ihre Funktion ausspielen kann. Sie transportiert die Feuchtigkeit von der Haut ab und leitet sie nach außen weiter.
Das Material: Generell unterscheidet man zwischen Wäsche aus Kunstfaser (zumeist Polyester) und Naturfaser (zumeist Merino).
Merino
Die weiche, feine Wolle der Hochlandschafe ist inzwischen einer der beliebtesten Wäsche-Materialien, vor allem im Winter. Was die Träger besonders an ihr lieben: Sie ist ein Naturprodukt, ein nachwachsender Rohstoff, und funktioniert an uns so, wie es die Natur für die Schafe vorgesehen hat:
Sie kühlt, wenn’s heiß wird und wärmt bei Kälte. Die feine, gekräuselte Wolle bindet viel Luft und isoliert dadurch hervorragend – während sie bei Hitze besonders atmungsaktiv ist. Der Erfolgszug als Wärmespender zeigt sich auch daran, dass die traditionellen ‚Synthetik-Marken’, wie Odlo, Löffler und Craft, inzwischen allesamt Merinofasern im Programm haben – allerdings zumeist in Kombination mit Kunstfasern.
Die Faseroberfläche ist schmutz- und wasserabweisend und das Keratin (aus dem die Faser besteht) wirkt geruchshemmend, weil es die geruchsbildenden Bakterien abbaut. Merinowäsche riecht nach einem Tageseinsatz deutlich besser als die Synthetik-Modelle. Praktisch, wenn man mehrere Tage unterwegs ist und nicht so viel einpacken (oder ständig waschen) will. Und umweltschonender ist es natürlich auch.
Nachteil: An heißen Tagen und bei sehr bewegungsintensiven Einsätzen, wo man richtig ins Schwitzen kommt, kann die Merinowolle allerdings in Sachen Feuchtigkeitstransport nicht mit der Kunstfaser mithalten. Man kann das selbst gut am eigenen Leibe ausprobieren – oder an den eigenen Leibchen, indem man sie nass macht und einfach ihre Trocknungszeit beobachtet.
Noch eine Sache: Auch bei Naturprodukten muss kritisch hingeschaut werden. Das betrifft die Gewinnung der Daune genauso wie die Gewinnung der Merinofaser. Das große Thema hier ist das so genannte Mulesing, bei dem den Schafen oft ohne Betäubung die Hautfalte rund um den Schwanz entfernt wird. Warum? Man will dadurch dem Befall mit Fliegenmaden vorbeugen. Die großen Merino-Marken, wie Icebreaker, Smartwool oder Ortovox, garantieren, dass auf ihren Farmen kein Mulesing praktiziert wird.
Synthetische Fasern
Die Vorteile der Kunstfaser liegen auf der Haut: Sie bieten einen wirklich schnellen Feuchtigkeitstransport. Wer einst in Baumwolle unterwegs war, erinnert sich an dieses Gefühl, einen schweren, nassen Waschlappen am Körper kleben zu haben. Das gibt es mit Funktionswäsche nicht. Sie ist leicht wie pflegeleicht, leitet den Schweiß rasch ab und trocknet extrem schnell.
Kunstfasern werden aus Erdöl gewonnen. Die am häufigsten produzierte Funktionsfaser ist Polyester (PES). Auch in Funktionswäsche zu finden: Polypropylen (PP), das kaum Feuchtigkeit aufnimmt und recht robust und leicht ist. Ob eine Wäsche kühlt oder wärmt, wird von der Faser, ihrer Oberflächenstruktur und der Strickkonstruktion bestimmt. Isolationsfasern sind beispielsweise innen hohl (wie die Faser eines Eisbärenfells) und gekräuselt, um maximal Luft speichern – und somit isolieren – zu können. Für kühlende Materialien hält man die Struktur der Chemiefasern glatt und strickt häufig Luftkanäle in den Stoff ein.
Was nachweislich ein Problem der Kunstfaserprodukte ist: die Geruchsentwicklung. Sie stinkt an gegen die Merinofaser. Und auch wenn die Hersteller versuchen, hier mit unterschiedlichen Methoden für gute Luft zu sorgen: So richtig überzeugen können sie kaum. Die diversen antibakteriellen Ausrüstungen und die eingearbeiteten Silberionen sind zudem in Sachen Umwelt bzw. Gesundheit umstritten.
Funktionswäsche sollte hautnah anliegen, aber natürlich nicht einengen. In Sachen Passform achtet man deshalb entsprechend auf Schnitt und Konstruktion. Durch einen Rundstrick beispielsweise kann man Nähte umgehen und erzielt gleichzeitig einen mechanischen (also ‚natürlichen’) Stretch. Man könnte auch einfach auf Elastan (auch unter dem Markennamen Lycra bekannt) setzen. Warum man versucht den Anteil elastischer Fasern möglichst gering zu halten? Sie sind empfindlich und funktionell reichen sie nicht an Polyester heran.
Und Baumwolle…?
Egal welche Wahl ihr trefft: Lasst bitte Baumwolle außen vor. Und achtet darauf, dass auch die weiteren Schichten, die ihr überzieht, tatsächlich ebenfalls funktionieren. Also bitte keinen baumwollenen Rocky-Balboa-Hoody über das Funktionsshirt!
Was sich für Schicht 2 und 3 eignet, sagen wir euch in Teil 2.
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