Auch wenn das Fahrrad an sich eine relativ simple Maschine ist, fallen den Ingenieuren der Bike-Industrie immer wieder spannende Neuerungen und Ideen ein. So hat Shimano ein Patent für induktiv ladbare, elektrische Fahrrad-Komponenten angemeldet. Und Kinematik-Mastermind Dave Weagle hat sich überlegt, wie man High-Pivot-Bikes verbessern könnte.
Shimano: Induktiv ladbare Komponenten – beim Fahren!
Shimano hat Mitte 2022 ein ziemlich umfassendes Patent angemeldet, das nun veröffentlicht wurde. Dieses behandelt die Möglichkeit, verschiedene Fahrrad-Komponenten kontaktlos zu laden. Spezifisch davon ausgenommen sind das Schaltwerk und der Motor eines E-Bikes. Zumindest in Bezug auf das Schaltwerk hat Shimano allerdings bereits seit 2011 ein spannendes Patent, das die Möglichkeit beschreibt, das elektrische Schaltwerk über einen in ein Schaltröllchen eingebauten Dynamo zu laden. Häufig geäußerte Kritikpunkte hinsichtlich der hohen Zahl an einzelnen Akkus durch verschiedene elektrische Bike-Komponenten – siehe etwa das YT Capra Uncaged 6 – sollen so wohl abgeschwächt werden. Andererseits ist es fraglich, wie viel Widerstand ein solches Schaltwerk dem Antrieb hinzufügen würde – hier scheint der Einsatz an E-Bikes am ehesten denkbar.
Das neue Patent beschreibt in großem Detailreichtum, dass elektrische Fahrrad-Komponenten – es werden insbesondere Vario-Sattelstützen, Federung und Lichter genannt – weiterhin über eine Energiequelle, also eine Batterie verfügen. Diese ist allerdings mit einer Einheit zum kabellosen Laden verbunden. Darüber lässt sich die Batterie mittels elektromagnetischer Induktion aus einigen Zentimetern Entfernung laden. Das scheint im praktischen Einsatz noch kein riesiger Vorteil gegenüber der aktuellen Methode zu sein, Batterien zu entnehmen und in Ladestationen zu stecken. Alternativ kann ein Kabel von einer Haupt-Batterie verlegt werden, um die nötige Nähe zwischen den Parts herzustellen. Dann müsste man nur noch eine Batterie laden, hätte allerdings wieder Kabelwirrwarr, was man gerne vermeiden würde.
Fast schon beiläufig erwähnt das Patent allerdings die Möglichkeit, die elektrischen Komponenten mit Magnetresonanz aus 1–2 m Entfernung zu laden. Das würde bedeuten, dass man wirklich nur noch eine Haupt-Batterie hätte, von der aus sämtliche anderen elektrischen Komponenten während der Fahrt kabellos kontrolliert und geladen werden. Dadurch könnten die Batterien der einzelnen Komponenten natürlich wesentlich kleiner ausfallen – sie werden ja konstant geladen. Die Entfernung erscheint allerdings ziemlich weit. Hier wäre Shimano an einer ziemlich großen Sache dran, wenn sie das Patent in ein Produkt umsetzen wollten, was mit der Patent-Anmeldung natürlich nicht gesagt ist. Zusätzlich gibt es ein externes Ladegerät, das die Komponenten aus 1–4 cm Entfernung lädt – wie man es schon von manchen Handy-Ladestationen kennt.
Das vollständige Patent findet ihr hier:
20230021733Dave Weagle: High-Pivot-Antrieb mit 2 Ketten
Nicht ganz so revolutionär wie das von Shimano vorgestellte Konzept ist ein neues Antriebs-System, das sich Dave Weagle ausgedacht hat. Der Ingenieur ist in der Fahrrad-Welt vor allem für seine Hinterbau-Systeme wie das DW-Link (z. B. an Bikes von Pivot oder Ibis), Split Pivot (z. B. an Bikes von Devinci oder Orbea) oder Delta (an Evil-Bikes) bekannt. Keines der Systeme setzt explizit auf einen sehr hohen Drehpunkt mit einer besonders weit nach hinten gerichteten Rad-Erhebungskurve, auch wenn eine solche Konfiguration wohl möglich wäre. Trotzdem hat er sich dem Thema nun angenommen und ein Patent für eine neue Antriebs-Konfiguration an High-Pivot-Systemen angemeldet.
Das von Dave Weagle ersonnene System ersetzt die übliche Kettenumlenkung und verbaut stattdessen zwei Ketten. Eine läuft von der Kurbel nach oben zu einem Zahnrad, das sich in der Nähe des Drehpunkts befindet. Generell ist es, beispielsweise um bestimmte Anti-Squat oder Pedalrückschlag-Werte zu erreichen, notwendig, eine gewisse Distanz zwischen Kette (und zwar der, die zur Kassette läuft) und Hauptdrehpunkt des Hinterbaus herzustellen. Um mehr darüber zu erfahren, siehe die Artikel zu Anti-Squat und Pedalrückschlag. Eine zweite Kette läuft knapp neben der ersten in Richtung der Kassette. Die beiden Ketten sind über die oberhalb des Tretlagers befindlichen Zahnräder miteinander verbunden.
Neu an der Idee ist, dass sich beide Ketten auf derselben Seite befinden sollen. Einigen werden vielleicht noch die wilden Rahmen von Brooklyn Machine Works einfallen – bei diesen befand sich die mit der Kurbel verbundene Kette allerdings auf der Nicht-Antriebs-Seite. Das bedeutet, dass man seine Kurbeln entweder falsch herum verbauen muss oder eine Custom-Lösung benötigt. Setzt man auf zwei Ketten, kann man beispielsweise ein kleineres Kettenblatt verbauen und eine weitere Übersetzungsstufe zwischen den beiden am Rahmen befestigten Ritzeln vorsehen. Außerdem sind die heute bei High-Pivot-Rädern verwendeten Umlenkrollen häufig relativ klein, was für den Verschleiß nicht optimal sein dürfte. Hier geht’s zum Patent: www.worldwide.espacenet.com
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