Steckbrief: Specialized Epic World Cup S-Works
Einsatzbereich | Cross-Country |
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Federweg | 110 mm/75 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Rahmengrößen | XS, S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.specialized.com |
Preisspanne | 9.000 Euro - 12.500 € |
Ja was denn nun? – Hardtail oder Fully? Fully oder Hardtail? Zugegebenermaßen, diese Diskussion kommt uns bekannt vor: Als Trek 2019 das Supercaliber vorstellte (zum Trek Supercaliber Test), staunte die Expertenwelt nicht schlecht. Trek präsentierte damals ein Bike, das die Welten eines Fullsuspension-Rads mit der eines Hardtails vereinte. Dieselbe Intention verfolgte nun auch Specialized – mit dem Ziel, ein Cross Country-Bike zu kreieren, das vielseitig einsetzbar ist und die Vorteile beider Bike-Gattungen verknüpft. Die Devise im Hause Specialized ist und war klar: Das Konzept „Hardtail“ soll grundsätzlich hinterfragt werden!
Als ich zum ersten Mal das Epic World Cup gefahren bin, wusste ich, dass ich nie mehr wieder ein Hardtail fahren werde. Das Ding ist ein Hardtail-Killer … Es gibt mir alles was ich von einem Hardtail erwarte, plus die Kontrolle und Fähigkeiten eines Fullys.
Christopher Blevins
Schlagen wir den Bogen zum zuvor erwähnten Supercaliber. Rein optisch besteht zweifelsohne eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Rennpferd aus dem Hause Trek und dem neu vorgestellten Race-Bike von Specialized – doch das war es dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Während Trek auf ein System mit einem linear geführten Dämpfer am Oberrohr setzt, der auf einer Art Schiene geführt wird, verfolgt Specialized einen Ansatz, der einen vollwertigen Eingelenk-Hinterbau darstellen soll. Durch eine speziell entwickelte Dämpfer-Technologie lässt sich das Setup des Bikes in wenigen Handgriffen grundlegend verändern. Frei nach dem Motto: Darfs heute ein Fully sein – oder doch eher ein Hardtail?
Geht dieses Konzept auf und werden klassische Hardtails dadurch tatsächlich obsolet, wie man sich das in Morgan Hill vorstellt? Oder haben sich die Amis mächtig verpokert? Wir werfen einen genaueren Blick auf das neue Specialized Epic World Cup!

Im Detail
All in one – das ist die Devise bei Specialized! Was auf den ersten Blick etwas abwegig klingt, erscheint bei genauerem Hinsehen sinnvoll. Die XC-Strecken dieser Welt werden auf der einen Seite technisch immer anspruchsvoller, auf der anderen aber auch deutlich vielseitiger. Schließt man die Marathon-Kategorie mit ein, spielt das Thema Variabilität des Bikes eine noch größere Rolle: Es gibt Kurse auf denen ein vollwertiges Fully die optimale Radwahl darstellt. Gleichzeitig wünscht man sich bei Wettkämpfen, die viel Explosivität abverlangen – wie beispielswiese der jungen Short Track-Disziplin – ein Bike, das möglichst antriebaneutral unterwegs ist. Für ambitionierte Rennfahrer*innen bedeutet dies, dass man sich zwei unterschiedliche Bikes zulegen muss.
Man stelle sich nun vor, es gibt ein Bike, das beide Welten, die des Hardtails und die des Fullys, vereint – und dabei nicht lediglich eine Zwischenlösung darstellt, sondern die Vorteile beider Gattungen annähernd vollwertig kombiniert … Specialized will mit dem neuen Epic World Cup genau dieser Spagat gelingen!

Im Grunde genommen soll das neue Renngefährt der Kalifornier ein vollwertiges Fully darstellen und zeitgleich ein Switch auf ein fast komplett antriebneutrales Hardtail ermöglichen. Der kritische Leser wird an dieser Stelle argumentieren, dass sich das einfach umsetzen lässt: Man nehme ein Fully, verbaue ein manuelles Lockout-System und zack, hat man das gewünschte Bike. Ein Ansatz, der nicht wirklich neu und innovativ wäre! Die US-Amerikaner gingen deshalb einen Schritt weiter. Der Hinterbau des neuen Epic World Cups soll sich im Hardtail-Modus – Specialized bezeichnet diesen als ‚Firm-Mode‘ – zwar äußerst antriebsneutral verhalten, gleichzeitig bei harten Schlägen aber auch nachgeben, sodass im Vergleich zu einem klassischen Hardtail der Komfort und die Fahrsicherheit erhöht wird – und das Ganze ohne einen konventionellen Lockout. Brain für Fortgeschrittene. Ein Rundum-Sorglos-Paket eben.
Aus diesem Grund scheint es wenig verwunderlich, dass das neue Herzstück des Epic World Cups die Dämpfertechnologie darstellt. Steigen wir etwas tiefer in die Materie ein: Das neue Specialized Epic World Cup bietet drei unterschiedliche Modi.
- Active (Full Gulp): Weiche Einstellung, klassisches Fahrverhalten eines Fullys (10 % Sag)
- Medium (Half Gulp): Mittlere Einstellung, ausgewogene Balance zwischen Hardtail- und Fully-Fahrgefühl (5 % Sag)
- Firm (No Gulp): Harte, direkte Einstellung, Fahrverhalten eines Hardtails, bei groben Schlägen gibt der Dämpfer Federweg frei (0 % Sag).
Um diese drei Modi in einem System zu vereinen, hat das Entwicklungsteam um den Fahrwerksexperten Chance Ferro in Kooperation mit RockShox einen komplett neuartigen Dämpfer entwickelt, bei dem der Luftdruck in der Negativkammer eine entscheidende Rolle spielt. Vereinfacht gesagt, macht sich Specialized folgenden mechanischen Grundsatz zu nutzen: Je größer die Negativfeder (die der Positivfeder entgegenwirkt), desto geringer ist die Losbrechkraft, um die Positivfeder zu aktivieren.
Für den Active-Mode (10 % Sag) bedeutet das konkret, dass sich der maximale Druck in der Negativkammer einstellt (maximale Negativfeder) und somit nur eine geringe Losbrechkraft aufgebracht werden muss, um den Hinterbau zu aktivieren. Ein sensibles Ansprechverhalten im ersten Federwegsdrittel ist die logische Konsequenz. Im Medium-Mode (5 % Sag) herrscht ein geringerer Druck in der Negativkammer, ergo stellt sich eine kleinere Negativfeder ein und ein härteres Ansprechverhalten wird erzeugt. Im Firm-Mode (0 % Sag) wird schließlich eine hohe Losbrechkraft vonnöten, bevor der Dämpfer den Federweg freigibt – die Luft muss aus der Negativkammer komplett abgelassen werden, womit die Negativfeder praktisch nicht mehr vorhanden ist.



Wie können die einzelnen Modi nun eingestellt werden und was passiert dabei im Inneren des Dämpfers? Beginnen wir zunächst wieder im Active-Mode (Full Gulp): Hierzu muss die Luft komplett aus dem Dämpfer abgelassen werden, bevor dieser maximal komprimiert und das „Bleed Valve“ für wenige Sekunden gedrückt wird. Dadurch wird die Negativkammer mit atmosphärischem Druck gefüllt und durch Loslassen des Ventils geschlossen. In einem zweiten Schritt wird schließlich die Positivkammer manuell mittels Gabelpumpe mit Luft gefüllt, wodurch sich das Volumen der Negativkammer verringert und sich der Druck in dieser Kammer von 0 % auf 100 % erhöht – die maximale Negativfeder hat sich eingestellt.

Gleiches Prinzip gilt auch beim Half Gulp-Mode: Die Luft wird aus dem Dämpfer komplett abgelassen, bis zu einer vordefinierten Markierung komprimiert und das „Bleed Valve“ betätigt. Dadurch füllt sich die Negativkammer wieder mit atmosphärischem Druck, bevor die Positivkammer manuell befüllt wird. Aufgrund der Tatsache, dass das Federbein im Vergleich zum Full Gulp-Mode nicht komplett komprimiert wurde, wird das Volumen der Negativkammer konsequenterweise auch in begrenzterem Maße verringert, weshalb sich dort ein niedrigerer Druck einstellt als zuvor im Active-Mode – eine schwächere Negativfeder ist die Folge.
Zu guter Letzt noch der harte No Gulp-Mode: Hierfür wird zuerst der Dämpfer – respektive die Positivkammer – konventionell mit Luft gefüllt, bevor abschließend kurz das „Bleed Valve“ betätigt wird und somit sämtliche Luft aus der Negativkammer entweicht. Der Druck in der letztgenannten Kammer ist damit gleich null – ergo: Keine Negativfeder, weshalb eine hohe Losbrechkraft notwendig wird, um den Federweg freizugeben.
So weit, so gut – doch auch beim Carbon-Layup und der Steifigkeit des Rahmens haben die Ingenieure bei Specielized etliche Aspekte hinterfragt und neu ausgelegt. Das hierfür zuständige Entwicklungsteam um Peter Denk und Matthias Segerer aus Freiburg hat die bereits erprobte Technologie des Aethos-Rennrads (Specialized Aethos Test) nun auch auf das Epic umgemünzt. Herausgekommen ist im Vergleich zum Vorgänger ein noch leichterer und steiferer Rahmen, so der Hersteller.




Und dann gibt es da noch die Federgabel, die Specialized-typisch mit dem Brain-System ausgestattet ist. Im Vergleich zum Vorgängermodell wurde hier insbesondere an der Dämpfung getüftelt, sodass das Ansprechverhalten zu Beginn des Federwegs deutlich sensibler sein soll. Speziell auf leicht unebenen Strecken arbeitet die SID akribischer, damit die Fahrerin bzw. der Fahrer einerseits Kraft sparen kann und andererseits bessere Traktion am Vorderrad verspürt.

Geometrie
So weit, so gut! Doch die Amerikaner haben im Team rund um den Produktmanager Brian Gordon neben den innovativen Detaillösungen auch die Geometrie des neuen Epics ordentlich überarbeitet. Die Kalifornier gelten schon seit Jahren als Vorreiter in der Weiterentwicklung moderner Fahrrad-Geometrien und bleiben auch beim neuen Epic ihrer zukunftsweisenden Linie treu. Konkret bedeutet dies, dass sich das neue Specialized Epic World Cup im hausinternen Vergleich dem Epic Evo (Specialized Epic Evo Test) extrem annähert bzw. in einigen Punkten sogar noch moderner ausgelegt wird als das bis dato in der Down Country-Kategorie angesiedelte Renngefährt.
In Zahlen gesprochen heißt das, dass der Lenkwinkel des neuen Epics auf 66,5° abgeflacht wird, der Reach sich bei 475 mm einpendelt (in Größe L) und der Sitzwinkel 74,5° misst. Das aktuelle Evo, das in der jetzigen Form auch weiterhin auf dem Markt verfügbar sein wird, bietet mit Ausnahme des Reachs (5 mm kürzer) dieselben Werte, ist in Summe aber 13 mm länger (in Größe L) – der etwas potenteren Federgabel sei Dank. Ein Blick auf das Vorgängermodell zeigt zudem, dass die amerikanische Rennmaschine zwar nicht radikal neu erfunden wurde, aber doch an einigen Stellschrauben ein Update spendiert bekam: Der Radstand entspricht praktisch der gleichen Länge wie der des Vorgängers (2 mm länger in Größe L), der Lenkwinkel wird aber 1° flacher und der Reach 5 mm kürzer (in L), während die Front nun mit 10 mm mehr Federweg daherkommt.
Damit gehört das neue Specialized Epic World Cup zweifelsohne zu den progressivsten XC Race-Bikes auf dem Markt. Zum Vergleich: Das Scott Spark RC (Scott Spark Test) besitzt werksseitig einen 6 mm längeren Reach in Größe L und jeweils einen steileren Lenk- und Sitzwinkel (67,2° bzw. 76,7°, bei 120 mm Federweg), das neue Orbea Oiz unterscheidet sich geometrietechnisch nur unwesentlich vom Scott. Das BMC Fourstroke in der Race-Variante ist hingegen minimal länger (Reach: 477 mm / Radstand: 1.188 mm (jeweils in Größe L) / Lenkwinkel: 66,5°), muss jedoch mit 100 mm Federweg auskommen.

Ausstattung
Das Specialized Epic World Cup wird in geringer Stückzahl ab April in zwei Ausstattungsvarianten auf dem Markt zur Verfügung stehen – einmal das Epic World Cup S-Works und einmal das Epic World Cup Pro. Wer einen solchen flinken Flitzer sein Eigen nennen möchte, muss aber etwas tiefer im Geldbeutel graben: Das S-Works-Modell geht für 12.500 € über die Ladentheke, das Pro kostet immer noch stolze 9.000 €.
Dafür bekommt man aber auch praktisch die Crème de la Crème der Parts, die der aktuelle MTB-Markt zu bieten hat. Das Epic S-Works ist mit einem SRAM XX SL Eagle Transmission-Antrieb (SRAM Eagle Transmission Test) ausgestattet, trägt zudem die edelsten Anbauteile der hauseigenen Marke Roval (neue Roval Control Serie) und wird mit der speziell für das Epic ausgetüftelten RockShox SID-Gabel bzw. dem SIDLuxe-Dämpfer bestückt. Indes fällt der Unterschied zum Epic Pro in puncto Ausstattung nicht sonderlich groß aus: Der Rahmen besitzt ein leicht angepasstes Layup und die verbauten Parts rangieren auf einer Bling-Bling-Skala ‚nur noch‘ auf einer Neun von Zehn.
Für Kund*innen, die einen Eigenaufbau präferieren, bieten die Kalifornier ein S-Works-Frameset an, das inklusive Gabel und Dämpfer 6.500 € kostet und zudem in der Größe XS erhältlich sein wird.
Erwähnenswert ist zudem die Einordnung des neuen Epic World Cups in der ganzheitlichen Produktpalette von Specialized. Erwartungsgemäß löst das neue Modell das bestehende ab, während das bereits bekannte Epic Evo in seiner jetzigen Form weiterhin auf dem Markt verbleiben wird. Durch die Konstruktionsweise des vorgestellten Bikes und der klaren Ansage, damit Hardtails „obsolet“ machen zu wollen, scheint es auch schlüssig, dass Specialized zukünftig im Highend-Bereich kein klassisches Hardtail mehr im Portfolio führen wird – zur Verfügung steht dann nur noch das Epic HT Comp.
- Federgabel RockShox SID SL Ultimate Brain (110 mm)
- Dämpfer RockShox-Specialized SIDLuxe WCID Ultimate (75 mm)
- Antrieb SRAM XX SL Eagle Transmission
- Bremsen SRAM Level Ultimate
- Laufräder Roval Control SL
- Reifen Specialized S-Works Fast Trak / Specialized Renegade
- Cockpit Roval Control SL Integrated Cockpit (760 mm)
- Sattelstütze Roval Control SL Carbon
Austattungsvariante | S-Works Epic World Cup | Epic World Cup Pro | S-Works Epic World Cup Frameset |
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Rahmen | S-Works FACT 12m Carbon | Fact 11m Carbon | S-Works FACT 12m Carbon |
SWAT | SWAT EMT Cage-Mount Tool | SWAT EMT Cage-Mount Tool | SWAT EMT Cage-Mount Tool |
Dämpfer | RockShox-Specialized SIDLuxe WCID Ultimate | RockShox-Specialized SIDLuxe WCID Ultimate | RockShox-Specialized SIDLuxe WCID Ultimate |
Gabel | RockShox SID SL Ultimate Brain 110mmTravel | RockShox SID SL Ultimate Brain 110mmTravel | RockShox SID SL Ultimate Brain 110mmTravel |
Vorbau | Specialized Pro SL | ||
Griffe | Specialized Trail Grips | Specialized Trail Grips | |
Lenker | Roval Control SL Integrated Cockpit, 60mm/70mm X-12 integrierter Vorbau, 8° Backsweep, 1° Upsweep, 760mm Breite | S-Works Carbon XC Mini Rise, 6° Upsweep, 8° Backsweep, 10mm Rise, 760mm Breite, 31.8mm | |
Bremsen | SRAM Level Ultimate 180/160mm | Sram Level Silver 180/160mm | |
Schaltwerk | SRAM XX SL Eagle Transmission | SRAM X0 Eagle Transmission | |
Schalthebel | SRAM POD AXS controller | SRAM POD AXS controller | |
Kette | SRAM XX SL Eagle | SRAM XO Eagle | |
Kurbelgarnitur | Quarq XX SL Power Meter | SRAM XO Eagle, Quarq Spindle Power Meter | |
Innenlager | SRAM DUB, BSA 73mm, Threaded | SRAM DUB Threaded Wide | |
Kassette | SRAM CS-1299, 10-52 | SRAM XS 1295, 10-52 | |
Kettenblätter | 34t | Alloy, 34t | |
Felgen | Roval Control SL | Roval Control Carbon | |
Naben | Roval Control SL, DT Swiss Internals, Ceramic Bearings | DT Swiss 350 | |
Speichen | DT Swiss Aerolite Straight-pull t-head | DT Swiss Competition Race Straight-pull | |
Vorderreifen | Specialized S-Works Fast Trak, S-Works Casing, T5/T7 Compound, 29x2.35 | Specialized Fast Trak, Control Casing, T7 Compound, 29x2.35 | |
Hinterreifen | Specialized Renegade, Control Casing, T5 Compound, 29x2.35 | Specialized Renegade, Control Casing, T5 Compound, 29x2.35 | |
Sattel | Body Geometry S-Works Power | Body Geometry Power Expert | |
Sattelstütze | Roval Control SL Carbon | Roval Control SL Carbon | Roval Control SL Carbon |
Sattelstützklemme | Specialized Alloy 34.9, Titanium Bolt | Specialized Alloy 34.9, Steel Bolt | Specialized Alloy 34.9, Titanium Bolt |
Farben | Gloss Red Tint / Flake Silver Granite / Metallic White Silver, Satin Chameleon Lapis Tint Granite / Brushed Chrome | Gloss Deep Lake Metallic / Chrome | Gloss Red Tint / Flake Silver Granite / Metallic White Silver, Satin Smoke Granite / Metallic White Silver, Gloss Lagoon Blue / Purple Orchid / Blaze Impasto |
Größen | S / M / L / XL | S / M / L / XL | XS / S / M / L / XL |
Gewicht | k.A. | k.A. | k.A. |
Preis | 12.500 € | 9.000 € | 6.500 € |





Auf dem Trail
Genug geredet! Wie fährt sich das neue Specialized Epic denn nun auf dem Trail? Im Rahmen der Vorstellung in Girona konnten wir erste Eindrücke von der neuen Rennfeile gewinnen und können konstatieren: Das Bike ist äußerst schnell und definitiv für die Rennstrecke geschaffen!
Doch der Reihe nach. Das Setup des neuen Epics ist schnell und einfach getätigt – einer vorgefertigten Tabelle, die das Körpergewicht sowie den favorisierten Fahr-Mode (Firm / Medium / Active) berücksichtigt und in Relation bringt, sei Dank. Vorweg genommen lässt sich auch festhalten, dass die vom Hersteller angegebenen Werte für das Setup gut gepasst haben und wir auf unseren kurzen Testfahrten kaum individuelles Optimierungspotential ausmachen konnten. Für einen umfangreicheren Gesamteindruck und fundierteren Aussagen hierzu ist jedoch ein längerer Test unabdingbar.

Zurück zum Bike: Beim ersten Aufsitzen fanden wir zügig eine angenehme und kompakte Sitzposition, die aber trotzdem einen angriffslustigen Gesamteindruck hinterließ. Die ersten Testrunden im Nordosten Spaniens legten wir auf einer XC-Runde zurück, die einen Back-to-Back-Vergleich zwischen den einzelnen Fahrwerksetups ermöglichte. Los ging’s für uns im „Full Gulp-Mode“ (Active-Mode) mit praktisch offenem Fahrwerk und jeder Menge Fahrspaß. Bereits im Uphill deutete das Bike sein großes Potenzial an: Die Geometrie scheint stimmig, das Rad zeigte sich äußerst leichtfüßig und spritzig im Antritt. Lediglich bei schnellen, kraftvollen Antritten ging die Antriebsneutralität etwas verloren, was aufgrund der fehlenden Lockout-Möglichkeit des Dämpfers auch plausibel erscheint. Kleinere Optimierungsversuche des Luftdrucks im Federbein verringerten diesen Effekt nur unwesentlich.
Doch das war’s dann auch schon mit den Kritikpunkten. Neben der angenehm-sportlichen Sitzposition im Uphill konnte uns insbesondere die Traktion auf unebenen Untergründen begeistern. Das Hinterrad klebt regelrecht am Boden und schluckt Wurzeln und Bodenwellen gekonnt weg, sodass die Fahrerin bzw. der Fahrer in ebenem Terrain Kräfte sparen kann oder in steilen Bergauf-Passagen – sei es im Stehen oder Sitzen – zu jedem Zeitpunkt Traktion verspürt. Top!

Geht es in den Downhill, spielt das Epic World Cup im „Full Gulp-Mode“ seine ganze Klasse aus. Das hängt einerseits an dem sehr gut arbeitendem Hinterbau, der stets das Gefühl vermittelt, deutlich mehr als die vorhandenen 75 mm Federweg zur Verfügung zu haben, und andererseits an dem gelungenen Geometrie-Konzept des neuen Epics. Das Bike liegt aufgrund der Länge zu jedem Zeitpunkt satt auf dem Trail, lässt damit hohe Geschwindigkeiten zu, ohne nervös zu werden, und zeigt sich gleichzeitig äußerst agil – Eigenschaften, die nur wenige Race-Bikes so gut unter einem Hut vereinen. Konsequenterweise hegen wir bei dieser Abfahrts-Performance immer mal wieder den Wunsch nach einer absenkbaren Sattelstütze, die im Epic serienmäßig nicht verbaut wird. Und wir finden, dass unser Wunsch nicht ganz unberechtigt ist: Das Epic World Cup ist trotz des geringen Federwegs (auf dem Papier) im „Full Gulp-Mode“ dafür gemacht, richtig ruppige Pisten in Angriff zu nehmen, kann sein gesamtes Potenzial aufgrund der herkömmlichen Sattelstütze aber gar nicht vollumfänglich ausspielen.

Und nun heißt es von „Full Gulp“ in „No Gulp“ („Half Gulp“ haben wir zunächst übersprungen) – mit wenigen Handgriffen soll aus dem vollwertigen Fully ein Hardtail-ähnliches Bike entstehen. Der Switch der Charakteristik vom Active-Mode in der Firm-Mode funktioniert in der Praxis relativ intuitiv und schenkt dem Epic tatsächlich andere Eigenschaften. Es ist eine deutlich höhere Losbrechkraft vonnöten, damit der Hinterbau zu arbeiten beginnt. Der Vorteil für antrittsstarke Fahrer*innen liegt damit auf der Hand: Beim Herausbeschleunigen aus Kurven auf festem Untergrund sind Antriebseinflüsse fast nicht mehr wahrnehmbar. Das Bike fährt sich im Uphill annährend wie ein Hardtail mit starrem Heck.
Entscheidend ist im vorausgegangenen Satz allerdings das Wörtchen „annähernd“. Als der Trail eben und etwas ruppiger wurde, gab der Hinterbau beim Fahren im Sattel eben doch etwas Federweg frei, sodass der Komfort auf dem Bike spürbar höher wurde – es stellten sich Fahreigenschaften ein, die in gewisser Weise mit denen eines Softtails vergleichbar waren. Im Vergleich zu einem klassischen Hardtail war unserer ersten Einschätzung nach das Fahren etwas komfortabler und kraftsparender.
Und wie sieht es mit den Downhill-Fähigkeiten des Epics im Firm-Mode aus? Ganz gut! Die Erwartungshaltung muss logischerweise sein, dass man sich eher auf einem Hardtail befindet als auf einem Fully. Der Hinterbau arbeitet behäbiger als im Active-Mode, gibt bei groben Schlägen den Federweg aber gut frei. Der Vorteil gegenüber einem herkömmlichen Hardtail erschließt sich damit von selbst: Das Epic World Cup kann in der Abfahrt zusätzliche Reserven herauskitzeln, was einerseits in Geschwindigkeit umgemünzt werden kann und andererseits zusätzliche Fahrsicherheiten mit sich bringt.
Ob das Konzept Hardtail damit ausgedient hat, muss am Ende auch jeder für sich selbst beantworten. Das Specialized Epic World Cup vereint zweifelsohne die Welten Fully und Hardtail sehr gut miteinander – das bestätigte auch unsere kurze Testrunde im „Half Gulp“-Mode, der unter Umständen eine sehr attraktive Zwischenlösung darstellen könnte. Für belastbarere Aussagen diesbezüglich war unser Testzeitraum in Girona zu kurz. Unter dem Strich könnten Hardtail-Fanatiker aber noch berechtigterweise entgegenhalten, dass das Gewicht des Bikes (1.765 Gramm Rahmengewicht, inkl. Hardware und Dämpfer, Größe M, Herstellerangabe) zu hoch sein wird – trotz der Pluspunkte im Bereich Komfort. Fully-Fans, die behaupten, das Epic World Cup sei aufgrund der 75 mm Federweg kein vollwertiges Fullsuspension, würden wir nach unseren kurzen Testrunden in Spanien widersprechen: Der Hinterbau arbeitet hervorragend und die Geometrie ist stimmig, sodass es das Epic auch mit den wildesten XC-Abfahrten problemlos aufnehmen kann. Wer die Abfahrts-Performance noch etwas steigern möchte, kann mit dem Einbau von Tokens in der Positivkammer des Dämpfers vermutlich noch mehr aus dem Bike herauskitzeln. Eine Testfahrt im Evo-Mode steht noch aus.

Erster Eindruck: Specialized Epic World Cup S-Works
Kommen wir auf unsere Eingangsfrage des Artikels zurück. Was denn nun? Hardtail oder Fully, Fully oder Hardtail? Specialized vereint die beiden Welten mit dem neuen Epic World Cup gekonnt und schickt damit einmal mehr einen Boliden ins Rennen, der konstruiert ist, um ganz oben auf dem Treppchen zu landen. Durch die Flexibilität und die Anpassungsmöglichkeiten steht tatsächlich ein Bike mit verschiedenen Charakteristiken zur Verfügung, was in dieser Form einzigartig ist. Die obige Frage lässt sich somit tatsächlich nicht eindeutig beantworten. Überzeugen konnten die Geometrie und das Ansprechverhalten des Hinterbaus, während XC-Racer unter Umständen eine Lockout-Funktion im Active-Mode vermissen werden. Unter dem Strich bleibt jedoch auch der Gesamteindruck stehen: Specialized hat mit dem Epic World Cup wieder einmal eine neue Entwicklungsstufe innerhalb der Cross Country-Blase erreicht.

Was sagt ihr zum neuen Specialized Epic World Cup?
Testablauf
Wir konnten das neue Specialized Epic World Cup S-Works auf einem Pressecamp in Girona für drei Tage testen. Dabei wurden Runden auf einem XC-Kurs sowie ausgiebige Touren im Hinterland zurückgelegt. Die Kosten des Pressecamps wurden von Specialized getragen.
Hier haben wir das Specialized Epic World Cup getestet
- Girona (Spanien) Die Trails rund um Girona sind ein wahres Paradies für Cross Country-Fans. Ein Mix aus flowigen und verblocken Abschnitten sorgen für jede Menge Spaß und bieten zudem verschiedenste Anforderungen, denen ein modernes XC-Bike gerecht werden muss. Der sandige Untergrund sorgt auch bei nassem Wetter für ordentlich Grip, sodass sich dieses Gebiet hervorragend zum Testen eignet.
- Fahrstil
- Bergab zügig, aber saubere Linie; bergauf meist gleichmäßig
- Ich fahre hauptsächlich
- XC, vereinzelt Marathon- und Etappenrennen
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, für eine optimale Traktion – auch in Anstiegen
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kompakte Sitzposition; kurzer Hinterbau für mehr Agilität; tiefe Front
143 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumKurzes Sitzrohr ist aber auch insofern ein Vorteil, dass eine Carbonstütze mehr flexen kann bzw. man bei einer Dropper Post mehr Hub fahren kann (wobei beim XC eh keiner 190mm fahren wird
)
Das Thema "zwischen den Größen" kenn ich. Da hilft echt nur Fahren und das nehmen worauf man sich wohler fühlt.👍
Ich (allerdings nicht XC sondern eher Enduro Ecke) tendier da z.B. eher zum längeren Bike.
'Riesig' find ich das Epic in XL nun trotzdem nicht. Vermutlich aber auch der Tatsache geschuldet, daß man sich bei den Enduros mittlerweile an ganz andere Kaliber gewöhnt hat. 😎
Dir auf alle Fälle viel Spaß mit dem edlen Boliden!!!
Sehr interessant was viele hier schreiben,

welche das Epic WC noch nicht gefahren sind.
Ich bin die Tage über einen Expert Rahmen "gestolpert".
Der Verkäufer hat sich einen S-WORKS Rahmen gekauft.
Diesen habe ich nach meinen Vorstellungen (altmodich ohne Elektronik) aufgebaut und er (es) funktioniert sogar 😉
Gewicht knapp unter 9,5kg (inklusive Pedale und 100mm Dropper).
Die Einstellung des Dämpfer ist ganz einfach.
Für mich persönlich ist die mittlere Einstellung der Negativluftkammer perfekt.
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