Steckbrief: Specialized Stumpjumper Evo
Einsatzbereich | Trail, Enduro |
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Federweg | 160 mm/150 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Aluminium, Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 14,0 kg |
Rahmengrößen | S1, S2, S3, S4, S5, S6 (im Test: S4) |
Website | www.specialized.de |
Preisspanne | 4.400 € - 13.700 € |
Es gibt edle Räder. Es gibt sehr edle Räder. Und es gibt das Specialized Stumpjumper Evo S-Works. Mit einem Federweg von 160 mm vorn und 150 mm am Heck will das Stumpjumper Evo die besten Eigenschaften des Trail-Allrounders Stumpjumper und des Enduro-Race-Enduros vereinen – kein fauler Kompromiss, sondern das Beste aus beiden Welten. Dazu setzt Specialized auf eine asymmetrische Rahmen-Konstruktion, die es je nach Geschmack (und Füllstand des Kontos) aus Carbon oder Aluminium gibt. In beiden Fällen erhält man ein vielfältig anpassbares 29er inklusive Stauraum im Unterrohr. Wir haben die Top-Variante mit dem ikonischen S-Works-Schriftzug auf dem Unterrohr getestet.
Im Detail
Normalerweise beginnen wir an dieser Stelle mit den Details des jeweiligen Testbikes. Doch beim Specialized Stumpjumper Evo S-Works müssen wir eine Ausnahme machen, denn es ist einfach der riesengroße Elefant im Raum. Und deshalb werfen wir zunächst einen Blick auf das Preisschild: Das Specialized Stumpjumper Evo S-Works kostet 13.700 €. Damit landet es in der Preis-Rangliste der unmotorisierten Bikes aus dem Hause Specialized zwar nur auf Rang 6. Aber 13.700 € ist natürlich ein absurd hoher Preis, der sich selbst dann nicht rechtfertigen lassen würde, wenn der Rahmen mit Blattgold beschichtet und das SWAT-Fach mit Kaviar gefüllt wäre. Dass der Preis im Fazit als Kritik aufgeführt wird, können wir schon jetzt vorwegnehmen – doch nun konzentrieren wir uns auf das Bike.
Auf den ersten Blick wirkt das Specialized Stumpjumper Evo S-Works, als hätten der Designer des Batmobils und unser geschätzter Kollege Arne Koop gemeinsam ein Rad auf die Beine gestellt. Der Carbon-Rahmen ist pechschwarz, der S-Works-Schriftzug auf dem Unterrohr ebenfalls. Einen knalligen Specialized-Schriftzug sucht man vergeblich. Stattdessen prangt nur das Firmenlogo – natürlich auch mattschwarz – auf dem Steuerrohr. Trotz dieses Understatements wirkt das Stumpjumper Evo gleichermaßen edel wie futuristisch.
Der goldene Fox-Dämpfer wird über eine mehrteilige Umlenkwippe angesteuert, die am S-Works-Modell aus Kohlefaser gefertigt ist. Wie gewohnt kommt das Specialized-typische FSR-System zum Einsatz. Das unterscheidet das Evo vom regulären Stumpjumper – hier hat Specialized aus Gewichtsgründen auf das Lager in der Kettenstrebe verzichtet und stattdessen ein Flexpivot-System implementiert (Specialized Stumpjumper-Test). Außerdem verbaut Specialized am Stumpjumper Fox-Dämpfer mit speziellem Rx-Tune.
Bleiben wir noch kurz beim Heck: Im Vergleich zum Vorgänger hat Specialized den Drehpunkt des Hauptlagers leicht nach oben versetzt. Die Raderhebungskurve verläuft stärker nach hinten gerichtet als zuvor – allerdings nur bis zum Sag-Punkt. So soll der Stumpjumper Evo-Hinterbau die von einem Trail-Bike bekannte Verspieltheit beibehalten. Insgesamt hat sich Specialized bei der Entwicklung des Stumpjumper Evo-Hinterbaus aber stärker am Enduro und dem Downhill Race-Bike Demo (Specialized Demo-Test) orientiert. Das Übersetzungsverhältnis ist zu Beginn des Federwegs hoch und bietet über den gesamten Federweg eine Progression von 19 %. Das soll das Stumpjumper Evo feinfühlig auf kleinen Schlägen, aber auch progressiv genug für harte Manöver oder die Verwendung von Coil-Dämpfern machen.
Das praktische Staufach im Unterrohr kennt man auch von anderen Specialized-Modellen. Im Vergleich zum Vorgänger ist es 15 % größer geworden und bietet viel Stauraum. Ebenfalls praktisch ist das geschraubte Tretlager. Über eine ISCG-Aufnahme inklusive serienmäßig verbauter Kettenführung verfügt das Stumpjumper Evo ebenso wie über einen großflächigen Schutz von Hinterbau und Unterrohr. Wer denkt, dass Specialized bei der Kabelführung womöglich geschludert hat, wird leider enttäuscht: Alle Leitungen werden dank laminierter Röhrchen klapperfrei im Inneren des Rahmens geführt.
Serienmäßig wird das Stumpjumper Evo mit 29″-Laufrädern ausgeliefert. Dank eines speziellen Yokes ist das Stumpjumper Evo aber auch mit einem 27,5″-Hinterrad kompatibel – das 9.900 € teure Stumpjumper Pro wird serienmäßig in dieser Konfiguration ausgeliefert. Doch damit enden die Anpassungsmöglichkeiten nicht. Ein Flip Chip am Hinterbau beeinflusst die Höhe des Tretlagers, die Länge der Kettenstreben und den Lenkwinkel. Außerdem liefert Specialized separate Steuersatz-Schalen mit, mit denen man ebenfalls den Lenkwinkel beeinflussen kann. So ergeben sich – die Mullet-Option noch nicht eingerechnet – sechs verschiedene Optionen. Das dürfte das Stumpy Evo zu einer perfekten Basis für alle Freunde von Experimenten machen.
Eine Gemeinsamkeit von hoher Anpassbarkeit sowie Features wie einem geschraubten Tretlager, einem Staufach im Unterrohr oder einem üppigen Rahmenschutz, der in diesem Fall sogar verschraubt und austauschbar ist, ist oftmals das erhöhte Gewicht. Doch das Stumpjumper Evo ist weit davon entfernt, als Schwergewicht durchzugehen. Laut Specialized wiegt der Stumpjumper Evo-Rahmen in Größe S4 inklusive Dämpfer und Hardware gerade einmal 2.750 Gramm. Die Waage zeigt bei unserem Komplettbike einen Wert von knapp unter 14 kg an. Das kann sich sehen lassen.
Geometrie
Lang, tief und flach: Diesem Credo folgt Specialized beim Stumpjumper Evo, dessen Vorgänger bereits für seine sehr progressive Geometrie bekannt war. Wie schon erwähnt legt Specialized viel Wert auf eine maximale Variabilität, sodass man die Geometrie rundum an seine persönlichen Vorlieben anpassen kann. Dank S-Sizing und entsprechend kurzen Sitzrohren kann man die passende Rahmengröße zudem in erster Linie basierend auf dem präferierten Reach-Wert auswählen.
Unser Testbike in Größe S4 bietet einen geräumigen Reach von 475 mm, einen Stack von 635 mm und ein 438 mm langes Heck. Das Tretlager ist im hohen Setting um 35 mm abgesenkt – im niedrigen Setting ist es 7 mm tiefer. Der Lenkwinkel liegt mit den Standard-Schalen je nach Setting bei 64° oder 64,5°, was für ein Rad dieser Kategorie eher auf der flachen Seite ist. Mit insgesamt sechs Größen und Reach-Werten zwischen knapp über 400 mm bis hin zu gewaltigen 528 mm deckt Specialized eine große Spanne ab. Ausgeliefert wird das Stumpjumper Evo im hohen Setting mit neutralen Steuersatz-Schalen – in diesem Setting haben wir das Stumpjumper Evo überwiegend bewegt.
Rahmengröße |
S1
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S2
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S3
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S4
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S5
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S6
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 409 mm428 mm407 mm403 mm402 mm401 mm | 429 mm428 mm427 mm424 mm423 mm422 mm | 449 mm448 mm448 mm444 mm443 mm442 mm | 474 mm475 mm473 mm468 mm468 mm467 mm | 499 mm498 mm498 mm493 mm492 mm493 mm | 528 mm528 mm528 mm523 mm523 mm523 mm |
Stack | 610 mm613 mm616 mm614 mm617 mm620 mm | 614 mm617 mm620 mm618 mm621 mm624 mm | 623 mm626 mm629 mm627 mm630 mm633 mm | 633 mm635 mm638 mm636 mm639 mm642 mm | 642 mm644 mm647 mm646 mm648 mm651 mm | 651 mm654 mm656 mm655 mm658 mm660 mm |
STR | 1,491,431,511,521,531,55 | 1,431,441,451,461,471,48 | 1,391,401,401,411,421,43 | 1,341,341,351,361,371,37 | 1,291,291,301,311,321,32 | 1,231,241,241,251,261,26 |
Lenkwinkel | 63,5°64,5°65,6°63°64°65° | 63,5°64,5°65,5°63°64°65° | 63,5°64,5°65,5°63°64°65° | 63,5°64,5°65,5°63°64°65° | 63,5°64,5°65,5°63°64°65° | 63,5°64,5°65,5°63°64°65° |
Sitzwinkel, effektiv | 78,2°77,6°77,9°77,7°77,4°77,1° | 77,8°77,6°77,2°77,3°77,1°76,7° | 77,4°77,2°76,9°77°76,7°76,5° | 77,1°76,9°76,6°76,6°76,4°76,2° | 77,2°77°76,8°76,7°76,5°76,4° | 77,2°77°76,9°76,8°76,6°76,4° |
Oberrohr | 536 mm538 mm539 mm537 mm540 mm542 mm | 562 mm564 mm568 mm563 mm565 mm569 mm | 588 mm590 mm594 mm588 mm592 mm595 mm | 618 mm623 mm625 mm620 mm623 mm625 mm | 644 mm647 mm650 mm646 mm649 mm651 mm | 676 mm679 mm681 mm677 mm680 mm683 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 95 mm | 105 mm | 115 mm | 125 mm | 135 mm |
Sitzrohr | 385 mm | 385 mm | 405 mm | 425 mm | 445 mm | 465 mm |
Kettenstreben | 438 mm438 mm438 mm443 mm443 mm443 mm | 438 mm438 mm438 mm443 mm443 mm443 mm | 438 mm438 mm438 mm443 mm443 mm443 mm | 438 mm438 mm438 mm443 mm443 mm443 mm | 448 mm448 mm448 mm453 mm453 mm453 mm | 448 mm448 mm448 mm453 mm453 mm453 mm |
Radstand | 1.177 mm1.167 mm1.154 mm1.181 mm1.173 mm1.159 mm | 1.202 mm1.191 mm1.179 mm1.207 mm1.198 mm1.185 mm | 1.226 mm1.216 mm1.204 mm1.231 mm1.221 mm1.210 mm | 1.256 mm1.247 mm1.233 mm1.261 mm1.251 mm1.240 mm | 1.296 mm1.285 mm1.272 mm1.300 mm1.291 mm1.279 mm | 1.330 mm1.319 mm1.307 mm1.334 mm1.325 mm1.313 mm |
Tretlagerabsenkung | 42 mm40 mm37 mm49 mm47 mm44 mm | 37 mm35 mm32 mm44 mm42 mm39 mm | 47 mm35 mm32 mm44 mm42 mm39 mm | 37 mm35 mm32 mm44 mm42 mm39 mm | 37 mm35 mm32 mm44 mm42 mm39 mm | 37 mm35 mm32 mm44 mm42 mm39 mm |
Tretlagerhöhe | 334 mm335 mm338 mm326 mm328 mm331 mm | 338 mm340 mm343 mm331 mm333 mm336 mm | 338 mm340 mm343 mm331 mm333 mm336 mm | 339 mm340 mm343 mm331 mm333 mm336 mm | 339 mm340 mm343 mm331 mm334 mm336 mm | 339 mm340 mm343 mm331 mm333 mm336 mm |
Einbauhöhe Gabel | 561 mm | 571 mm | 571 mm | 571 mm | 571 mm | 571 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 145 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm | 150 mm |
Federweg (vorn) | 150 mm | 160 mm | 160 mm | 160 mm | 160 mm | 160 mm |
Ausstattung
Mehr geht nicht: Das Specialized Stumpjumper Evo S-Works bietet eine Ausstattung, die praktisch keine Wünsche offen lässt. Die goldene Kashima-Beschichtung der Fox Factory-Federelemente und der Regenbogen-Look der elektrischen SRAM XX1 AXS-Schaltgruppe sind die einzigen Farbtupfer am ansonsten pechschwarzen Edel-Gerät. Für eine standesgemäße Verzögerung sollen SRAM Code RSC-Bremsen sorgen – inklusive 200 mm-Bremsscheiben vorn und hinten. Die elektrische RockShox Reverb AXS bietet einen Hub von 170 mm. Bei den Reifen, dem Lenker und den Laufrädern setzt Specialized auf hauseigene Roval-Komponenten. Dass letztere wie so ziemlich alles am Evo S-Works aus Carbon gefertigt sind, versteht sich praktisch von selbst.
- Federgabel Fox 36 Factory (160 mm)
- Dämpfer Fox Float X Factory (150 mm)
- Antrieb SRAM XX1 AXS
- Bremsen SRAM Code RSC
- Laufräder Roval Traverse SL
- Reifen Specialized Butcher / Specialized Eliminator
- Cockpit Roval Traverse SL Carbon (800 mm) / Deity Copperhead (50 mm)
- Sattelstütze RockShox Reverb AXS (170 mm)
Ausstattungsvariante | Stumpjumper Evo Comp Alloy | Stumpjumper Evo Elite Alloy | Stumpjumper Evo Comp | Stumpjumper Evo Expert | Stumpjumper Evo Pro | Stumpjumper Evo S-Works |
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Rahmenmaterial | Aluminium | Aluminium | Carbon | Carbon | Carbon | Carbon |
Federgabel | Fox 36 Rhythm, 160 mm | Fox 36 Factory, 160 mm | Fox 36 Rhythm, 160 mm | Fox 36 Performance Elite, 160 mm | Fox 36 Factory, 160 mm | Fox 36 Factory, 160 mm |
Dämpfer | Fox Float X Performance Rx Tune, 150 mm | Fox Float X Factory Rx Tune, 150 mm | Fox Float X Performance Rx Tune, 150 mm | Fox Float X Performance Elite Rx Tune, 150 mm | Fox Float X Factory Rx Tune, 150 mm | Fox Float X Factory Rx Tune, 150 mm |
Reifen | Specialized Butcher / Specialized Eliminator | Specialized Butcher / Specialized Eliminator | Specialized Butcher / Specialized Eliminator | Specialized Butcher / Specialized Eliminator | Specialized Butcher / Specialized Eliminator | Specialized Butcher / Specialized Eliminator |
Laufradsatz | Specialized 29 | Roval Traverse 29 Alloy / DT Swiss 370 | Specialized 29 | Roval Traverse 29 Alloy / DT Swiss 370 | Roval Traverse Carbon / DT Swiss 350 | Roval Traverse SL 29 |
Griffe | Specialized Trail Grips | Specialized Trail Grips | Specialized Trail Grips | Deity Lockjaw | Deity Lockjaw | Deity Knuckleduster |
Lenker | Specialized, 780 mm | Specialized, 780 mm | Specialized, 780 mm | Specialized Trail, 800 mm | Roval Traverse SL Carbon, 800 mm | Roval Traverse SL Carbon, 800 mm |
Vorbau | Specialized Alloy Trail Stem, 50 mm | Deity Copperhead, 50 mm | Specialized Alloy Trail Stem, 50 mm | Specialized Alloy Trail Stem, 50 mm | Deity Copperhead, 50 mm | Deity Copperhead, 50 mm |
Kurbel | SRAM NX Eagle | SRAM GX | SRAM X1 | SRAM Descendant 7k | SRAM X1 | SRAM X01 |
Bremsen | SRAM Code R | SRAM Code RS | SRAM Code RS | SRAM Code RS | SRAM Code RSC | SRAM Code RSC |
Schaltwerk | SRAM NX Eagle | SRAM GX Eagle | SRAM GX Eagle | SRAM X01 | SRAM X01 AXS | SRAM XX1 AXS |
Kassette | SRAM NX Eagle, 10-50 | SRAM XG-1275, 10-52 | SRAM XG-1275, 10-52 | SRAM XG-1295, 10-52 | SRAM XG-1295, 10-52 | SRAM XG-1299, 10-52 |
Kette | SRAM NX Eagle | SRAM GX Eagle | SRAM NX Eagle | SRAM GX Eagle | SRAM X01 | SRAM XX1 |
Schalthebel | SRAM NX Eagle | SRAM GX | SRAM GX | SRAM X01 | SRAM AXS | SRAM AXS |
Sattelstütze | X-Fusion Manic | OneUp Dropper Post V2 | X-Fusion Manic | OneUp Dropper Post V2 | BikeYoke Revive Max | RockShox Reverb AXS |
Sattel | Specialized Bridge Comp | Specialized Bridge Comp | Specialized Bridge Comp | Specialized Bridge Comp | Specialized Bridge | Specialized Bridge |
Preis (UVP) | 4.400 € | 6.400 € | 5.800 € | 7.500 € | 9.900 € | 13.700 € |
Auf dem Trail
Vom ersten Aufsitzen an macht das Specialized Stumpjumper Evo sofort klar, dass es vorwärts will, um möglichst schnell an den Trail-Einstieg zu gelingen. Das Heck ist unter Last zwar nicht komplett ruhig, bietet jedoch auch für technische Anstiege genügend Traktion. Auf das Umlegen des gut erreichbaren Plattform-Hebels am Fox-Dämpfer haben wir weitgehend verzichtet. Auf längeren Schotter-Anstiegen lohnt sich ein kurzer Griff nach unten, doch auch im offenen Modus fühlt sich das Stumpjumper Evo bergauf effizient und spritzig an.
Zu diesem Gefühl tragen auch das ordentliche Gewicht und die gelungene Sitzposition bei. Letztere positioniert einen bei ausgefahrener Reverb minimal gestreckt, sodass man leicht von hinten in die Pedale tritt. Für unseren Geschmack ist die Uphill-Position praktisch ideal und bietet keinen Anlass zur Kritik. Je nach Geometrie-Einstellung muss man jedoch auf technischen Anstiegen bewusst in die Kurbeln treten, denn auch im nominell hohen Setting ist das Tretlager schon recht tief.
Beeindruckend am Stumpjumper Evo ist, dass man sich auf dem Bike sofort wohlfühlt – dieses Feedback wurde von allen Testern unabhängig voneinander auf Anhieb geäußert. Und dieser Eindruck verstärkt sich, sobald der Trail ins Tal zeigt. Auch hier ist der Vortrieb beeindruckend. Das Heck reagiert schön feinfühlig auf kleinere Schläge, bietet im mittleren Bereich aber viel Gegenhalt und dadurch ausreichend Popp. So lassen sich kleinere Stein- und Wurzelfelder am besten direkt überspringen.
Berühren die Specialized-eigenen Reifen dann doch den Boden der Tatsachen, dann läuft das Stumpjumper Evo wie auf Schienen. Der Hinterbau gibt dabei immer das richtige Maß an Federweg frei – so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Der Grenzbereich kündigt sich dabei stets gut an. Dadurch ist man in haarigen Situationen meist Herr der Lage, statt in Panik zu verfallen. Kontrolle, Balance, Vertrauen: Hier stimmt so ziemlich alles.
Eine weitere Eigenschaft des Stumpjumper Evos, die sofort sehr positiv auffällt, ist die Geräuschkulisse. Oder besser gesagt: Der Mangel an Geräuschen, denn hier klappert wirklich absolut nichts. Abgesehen vom Abroll-Geräusch der Reifen ist das Rad mucksmäuschenstill. Gut möglich, dass das Stumpjumper Evo hinsichtlich dieser Eigenschaft derzeit im Trail- und Enduro-Bereich die Referenz darstellt.
Mit 150 mm am Heck ist die Evo-Version des Stumpjumpers im langhubigen Trail-Segment verortet, doch die Geometrie und auch die Änderungen am Hinterbau verschieben das Rad innerhalb des Specialized-Kosmos stärker in Richtung Enduro. Wie schlägt sich das Stumpjumper Evo hier? Kurz gesagt: Hervorragend. Auch bei hohen Geschwindigkeiten oder auf harten Trails vermittelt das Stumpy viel Kontrolle und lässt sich kaum aus der Ruhe bringen. Das Heck ist progressiv genug, um auch harte Landungen problemlos wegzustecken – trotz großer Bemühungen ist es uns nicht gelungen, einen Durchschlag hervorzurufen, der uns komplett durchgeschüttelt hat.
Wo sind also die Limitationen des Stumpjumper Evos? Es ist kein Bike zum stumpfen Ballern, mit dem man jeden Trail einebnet (siehe hierzu: Specialized Enduro-Test). Auch wenn enorm hohe Geschwindigkeiten möglich sind, bekommt man stets etwas Feedback vom Untergrund. Und anders als kürzere, kurzhubigere Trail-Bikes will das Stumpjumper Evo etwas präziser gefahren werden. Denn trotz spürbarer Trail-Gene ist das Rad etwas träger als ein klassischer Vertreter der Allround-Kategorie unterwegs. Festzuhalten bleibt aber in jedem Fall, dass das Stumpjumper Evo in nahezu jeder Situation praktisch alles richtig macht.
Im Vergleich
Specialized platziert das Stumpjumper Evo zwischen dem regulären Stumpjumper (140/130 mm) und dem Enduro (170/170 mm). Optisch ist das Stumpjumper Evo deutlich näher am kleinen Trail-Bruder dran, während das Enduro auch hinsichtlich des Hinterbaus mit tief platziertem Dämpfer an ein pedalierbares Demo erinnert. Auf dem Trail erinnert das Stumpjumper Evo tatsächlich an einen ziemlich idealen Mix aus den beiden Bikes. Das reguläre Stumpjumper geht erwartungsgemäß in eine allroundigere Trail-Richtung und lässt sich aufgrund der gemäßigteren Geometrie einfacher navigieren. Doch ansonsten ist das Stumpjumper Evo dem (sehr guten!) kleinen Bruder in praktisch jeder Hinsicht überlegen.
Das Enduro hingegen muss bergauf und auf flacheren Trails alleine schon deswegen abreißen lassen, weil es deutlich schwerer und träger ist. Während der Hinterbau des Stumpjumper Evos spürbar definierter ist, vermittelt das Enduro den Eindruck, als würde praktisch unendlich viel Federweg zur Verfügung stehen. Wer den Fokus fast ausschließlich auf die Abfahrt legt, viel im Bike Park unterwegs ist und auch regelmäßig bei Enduro-Rennen in hartem Gelände an der Startlinie steht, dürfte mit dem Enduro wohl den besseren Begleiter im Hause Specialized finden. Für die meisten Situationen und Fahrer*innen dürfte aber das Stumpjumper Evo die bessere Wahl darstellen, zumal es dank zahlreicher Verstellmöglichkeiten auch eine sehr vielseitige Geometrie bietet.
Ein weiteres Bike, das in eine ähnliche Richtung wie das Stumpjumper Evo geht, ist das in diesem Sommer neu präsentierte Trek Fuel EX (Test), das an Front und Heck 10 mm weniger Federweg hat. Dieses bietet ebenfalls eine außergewöhnlich variable Geometrie, die je nach Setting in eine ähnlich extreme Richtung geht. Dank Flip Chip für die Progression kann man das Fuel EX-Heck stärker an seine Bedürfnisse anpassen, wenngleich man für eine härtere Gangart wohl direkt ins progressive Setting wechselt. In der Top-Variante ist das Stumpjumper Evo S-Works bei vergleichbarer Ausstattung rund 1.000 € teurer, allerdings auch etwa 700 Gramm leichter. Das Specialized hinterlässt dabei einen wertigeren Eindruck, kleine Detail-Lösungen wirken (noch) durchdachter und das Stumpjumper Evo löst insgesamt stärker einen Haben-will-Reflex aus. Aber keine Frage: Beide Räder sind fantastisch, machen extrem viel Spaß und sind in jeglicher Hinsicht sehr vielseitig.
Im direkten Vergleich gegen das Stumpjumper Evo konnten wir das Canyon Spectral CF 8 CLLCTV fahren. Wer mit den ganzen Konsonanten nichts anfangen kann: Bei dem Rad handelt es sich um das abfahrtslastige Trail-Bike von Canyon, das ebenfalls 160/150 mm Federweg bietet, allerdings auf einen Coil-Dämpfer und ein kleines Mullet-Hinterrad setzt. Wir sind große Fans des Mullet-Spectrals – unter anderem nachzulesen in unserem Canyon Spectral Mullet-Test –, doch das Stumpjumper Evo ist noch eine Spur besser. Der Hinterbau generiert mehr Traktion, durch das spürbar geringere Gewicht ist das Specialized leichtfüßiger unterwegs und der Grenzbereich ist größer. Das Spectral ist auch dank des kleineren Hinterrades dafür etwas agiler auf dem Trail und hat in engen Sektionen die Nase vorn. Im Gegensatz zum Specialized lässt sich die Laufrad-Größe am Canyon jedoch nicht umbauen. Außerdem punktet das Stumpjumper Evo insgesamt mit einer deutlich größeren Anpassbarkeit. Dafür erhält man drei Canyons zum Preis von einem S-Works-Evo.
Das ist uns aufgefallen
- Die Ruhe während des Sturms Abgesehen von den Abroll-Geräuschen der überzeugenden Specialized-Reifen ist das Specialized Stumpjumper Evo absolut flüsterleise. Kettenschlagen, klappernde Kabel oder knarzende Sound-Effekte? Nichts von alledem konnten wir feststellen. So muss das sein!
- Setup-Guide Specialized gibt auf der Website im simpel zu bedienenden Setup-Guide diverse Empfehlungen. Beim Dämpfer-Setup waren diese für all unsere Tester allerdings völlig daneben – wir lagen durchgehend rund 50 bis 60 psi unterhalb der Vorgabe von Specialized, um einen Sag von 30 % und einen feinfühligen, ausreichend progressiven Hinterbau zu haben
- Gewicht Knapp unter 14 kg hat unser Testbike in Größe S4 gewogen – ohne, dass Specialized an der Ausstattung offensichtlich gespart hätte. So sind serienmäßig SRAM Code RSC-Bremsen mit 200 mm-Scheiben vorn und hinten verbaut und das Kettenblatt wird von einer Kettenführung inklusive Bash Guard geschützt. Auf dem Trail macht sich das vergleichsweise geringe Gewicht des Stumpjumper Evos definitiv positiv bemerkbar – vor allem, wenn man in abwechslungsreichem Terrain bergauf unterwegs ist oder zum Zwischensprint ansetzt.
- Vielseitigkeit Wäre das Stumpjumper Evo ein Tier, dann wäre es wohl ein Chamäleon – denn die Vielseitigkeit ist wirklich beeindruckend. Allein bei der Geometrie hat man so viele verschiedene Optionen, dass einem fast schon schwindelig wird. Die Ausgangsbasis mit neutralen Steuersatz-Schalen und im hohen Setting ist aus unserer Sicht ein sehr guter Startpunkt. Auch das tiefe Setting sollte man definitiv ausprobieren, wenn man den Fokus stärker auf die Abfahrt legen will. Allerdings ist das Tretlager dann wirklich gefährlich nah über dem Boden, sodass man die Kurbelumdrehungen bewusst wählen sollte. Nicht nur theoretisch ist dank -1°-Steuersatzschalen ein Lenkwinkel von 63° mit einer Tretlager-Absenkung von 44 mm möglich. Für den Bikepark dürfte das eine interessante Option sein, aber insgesamt betrachtet dem Stumpy Evo etwas seiner großen Stärke – der Vielseitigkeit – berauben.
- S-Works, Carbon, oder Alu? So viel Freude uns die S-Works-Variante auch bereitet hat, so absurd hoch ist auch der Preis von 13.700 €. Welche Alternativen gibt es also? Specialized bietet zwei Alu-Versionen an, die dieselben Rahmen-Features bieten. Für 4.400 € bietet das günstigste Evo Comp Alloy allerdings eine sehr günstige Ausstattung mit viel Luft nach oben. Für die teurere Alu-Variante Elite Alloy muss man 6.400 € berappen und bekommt dafür immerhin ein Fox Factory-Fahrwerk. Basierend auf unseren Erfahrungen mit dem Aluminium-Vorgänger dürften diese beiden Versionen bergab hervorragend funktionieren. Doch unserer Meinung nach machen vor allem das geringe Gewicht und die Kombination aus Spritzigkeit und Laufruhe den wahren Reiz des Stumpjumper Evos aus. Hierfür ist die Carbon-Variante prädestiniert. Für 5.800 € bekommt man beim Evo Comp zwar keinen Kashima-Bling, aber gut funktionierende Fox-Federelemente, eine SRAM GX-Schaltung sowie Code RS-Bremsen – und natürlich einen Carbon-Rahmen. Im Vergleich zur Direktversender-Konkurrenz ist der Preis noch immer hoch, doch aus unserer Sicht stellt die Comp-Variante das beste Preis-Leistungs-Verhältnis im Stumpjumper Evo-Universum dar.
Fazit – Specialized Stumpjumper Evo S-Works
Das Specialized Stumpjumper Evo ist ein faszinierendes Rad, das den Spagat zwischen Trail und Enduro beängstigend gut meistert und in nahezu jeglicher Hinsicht das Beste aus beiden Welten kombiniert. Wer nicht weiß, ob ein Trail-Bike oder ein Enduro die bessere Wahl ist, greift zum Stumpjumper Evo und ist glücklich. Schwächen leistet sich die von uns getestete S-Works-Variante praktisch keine. Der Preis von 13.700 € ist aber nichts für schwache Nerven.
Pro / Contra
Stärken
- enorme Vielseitigkeit
- starker Hinterbau mit ausreichend Gegenhalt und Progression
- geringes Gewicht und leichtfüßiges Fahrgefühl
- tolle und durchdachte Details
Schwächen
- hohe Preise, nicht nur bei der S-Works-Variante
Testablauf
Wir konnten das Specialized Stumpjumper Evo mehrere Monate lang auf unseren Hometrails in Hessen und Rheinland-Pfalz ausgiebig fahren. Ein Großteil der Höhenmeter wurde dabei aus eigener Kraft erklommen – auch an einem Shuttle-Tag musste sich das Stumpjumper Evo im direkten Duell gegen vergleichbare Bikes beweisen.
Hier haben wir das Specialized Stumpjumper Evo getestet
- Bad Kreuznach, Rheinland-Pfalz Trockene, natürliche Trails mit teils steinigem Boden.
- Taunus, Hessen Naturbelassene Trails in tiefem Nadelboden mit zahlreichen Wurzeln und Steinen.
- Darmstadt, Hessen Teils naturbelassene, teils gebaute Trails auf sandigem Boden.
- Fahrstil
- verspielt, immer auf der Suche nach der nächsten Shralp-Kurve
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- flotter Rebound, wenig Compression, hinten etwas softer als vorne
- Vorlieben bei der Geometrie
- Lenkwinkel flach, aber nicht zu flach, mittellange Kettenstreben, Reach lieber etwas kürzer als zu lang
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- geräumiger Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
- Fahrstil
- Räder auf dem Boden, saubere Linienwahl
- Ich fahre hauptsächlich
- Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- relativ straff mit viel Dämpfung, Heck eher langsam
- Vorlieben bei der Geometrie
- mittellanges Oberrohr, hoher Stack, lange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
324 Kommentare
» Alle Kommentare im Forumach so, dir ging es nur ums Prinzip, verstanden
Ist auch für mich ein wichtiger Wert. Kann kaufentscheidend sein. Gehört für mich halt bei den Herstellern bei Größen/Maße angegeben. Manche Hersteller geben auch die Schrittlänge oder Sitzhöhe zur jeweiligen Rahmengröße an. Hilft mMn schon mal als Basisrichtwert.
Ich hätte jetzt auch kein Problem, wenn die Werte hier bei den Produktvorstellungen oder Tests dabei wären.
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