Neues Specialized Stumpjumper im ersten Test: Mit der fünfzehnten Version des 1981 erstmals vorgestellten Specialized Stumpjumpers läuten die Kalifornier eine neue Ära des MTB-Klassikers ein. Dazu verabschiedete man sich vom bekannten asymmetrischen Design und fokussierte sich bei der Entwicklung auf das Herzstück des Rahmens – den speziell für das Trail-Bike entwickelten Fox Genie-Dämpfer. Diese neue – von Specialized patentierte – Dämpfertechnologie soll das Stumpjumper zu einem wahren Traktionswunder machen, das dennoch wieselflink durch Anlieger und über kleine wie große Sprünge fegt.
Video: Specialized Stumpjumper im ersten Test
Steckbrief: Specialized Stumpjumper 15
Einsatzbereich | Trail |
---|---|
Federweg | 150 mm/145 mm |
Laufradgröße | 29ʺ, Mullet (29″/27,5″) |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 14,0 kg |
Rahmengrößen | S1, S2, S3, S4, S5, S6 (im Test: S5) |
Website | www.specialized.com |
Preisspanne | 4.500 € – 13.000 € |
Das Specialized Stumpjumper war das erste Mountainbike, das in Serie hergestellt wurde und ist seit nunmehr 43 Jahren auf dem Markt erhältlich. Die 15. Version des Trail-Bike-Klassikers aus Kalifornien will heute noch mehr als zuvor ein Alleskönner sein, was durch den Fakt verdeutlicht wird, dass es keine zwei Versionen (Stumpjumper & Stumpjumper Evo) mehr geben wird. Beim neusten Modelljahrgang des Stumpjumpers, welches ab Werk über 150 mm Federweg an der Front und 145 mm am Heck verfügt, sollen nun beide Versionen in einem Chassis verschmolzen sein. Um die Eigenschaften der viel zitierten „eierlegenden Wollmilchsau“ zu realisieren, verfügt das fünfzehnte Stumpy über sechs verschiedene Geometrie-Optionen, Möglichkeiten zur Anpassung der Dämpfer-Charakteristik sowie die Wahl zwischen Full-29- oder Mullet-Aufbau. Ausnahmen sind hier die Rahmengrößen S1 und S2, die ausschließlich auf unterschiedliche Reifengrößen setzen.
Die wohl größte Innovation am neuen Stumpy liegt jedoch im Zentrum des schicken Carbonrahmens. Denn der in Zusammenarbeit mit Fox entwickelte und von Specialized patentierte Genie-Dämpfer soll mit der Traktion und Kontrolle eines Coil-Dämpfers auftrumpfen und dabei über einen besseren Durchschlagschutz als bisherige Luftdämpfer verfügen. Zudem soll es dank der einstellbaren Plattform möglich sein, das Stumpjumper 15 von super „plush“ zu maximal „poppy“ zu verwandeln.
Preislich geht es beim neuen Stumpjumper 15 bei 4.500 € los – hierfür gibt es ein edles S-Works Frameset. Kompletträder bewegen sich zwischen 6.500 € für das Stumpjumper Comp- und 13.000 € für das S-Works-Modell. Die von uns getestete Pro-Ausstattungsvariante für 9.500 € ließ in Größe M, rund 14 kg auf der aus Deutschland importierten Kofferwaage erscheinen.
Wir hatten im Rahmen der Produktvorstellung die Chance, das Stumpjumper 15 Pro für euch anzutesten. Hier erfahrt ihr, wie sich das Bike aus Kalifornien auf den oftmals nassen Trails in Kanada geschlagen hat.
Im Detail
Eines wird viele Stumpjumper-Fans freuen – das beliebte Trail-Bike hat trotz der Abkehr vom asymmetrischen Rahmendesign nichts vom typischen Stumpy-Look eingebüßt. Laut der Entwicklungsabteilung war es das Ziel, dem potenziellen Kunden die Entscheidung zu vereinfachen und nur noch ein Stumpjumper auf den Markt zu bringen, statt wie zuvor zwei Versionen. Um die möglichst beste Version beider Vorgänger zu erschaffen, wurde laut Specialized bei null gestartet, ohne sich an alte Konzepte zu halten. Dabei sollen rund 50 Mitarbeiter involviert gewesen sein, die über 3 Jahre an der Entstehung des neuen Stumpjumpers gearbeitet haben.
Nach einer großangelegten Carbon-Layup-Studie und langer Entwicklungs- und Erprobungszeit diverser Hinterbaukonzepte, ist Specialized nach eigenen Aussagen doch wieder beim altbekannten und bewährten FSR-Konzept gelandet. Dieses soll durch den neu entwickelten Genie-Dämpfer zu neuem Leben erwacht sein.
Was genau steckt hinter der Genie-Dämpfer-Technologie?
Genie ist eine von Specialized zum Patent angemeldete Technologie, deren Konzept auf einer Pneumatic Spring Assist (PSA) Luftfeder basiert. Durch den Einsatz von zwei separaten, aber verbundenen Positiv-Luftkammern wird das Gesamtluftvolumen der Luftkammer erhöht, was für eine flachere Federkennlinie in den ersten 70 % des Dämpferhubs sorgt. Diese als „weicher“ wahrnehmbare Luftfeder soll ein Stahlfeder-ähnliches Ansprechverhalten und verbessertes „Stoß-Management“ ermöglichen. Also freigiebiger mit dem verfügbaren Federweg umgehen und damit mehr Stöße absorbieren, ohne dabei an Gegenhalt einzubüßen. Dies bezieht sich primär auf den Federwegsbereich in dem man sich laut Specialized den Großteil der Trailfahrt bewegt.
Sobald der Dämpfer in die letzten 30 % des Federwegs eintritt, verschließt das im Inneren liegende sogenannte Genie-Band die Öffnungen zur äußeren Luftkammer, wodurch das Gesamtvolumen effektiv reduziert wird. Daraus resultiert eine deutlich progressivere Federkennlinie für die letzten 30 % des Hubs, welche ein Durchschlagen des Dämpfers effektiver als eine Standardluftfeder verhindern soll.
Specialized will die Vorteile des Genie-Dämpfer in ausgiebigen Tests sogar quantifiziert haben: Im Vergleich zu einer Standard-Luftfeder soll es zu 39 % weniger Durchschlägen kommen. Zudem will Specialized durch Vergleich der Rotationsgeschwindigkeiten von Vorder- und Hinterrad die Zeit des Traktionsverlusts am Heck gemessen haben und gibt an, dass diese um ganze 57 % reduziert werden konnte. Es ist weiterhin möglich, die Kennlinie des Dämpfers über Volumenspacer anzupassen. Diese werden ähnlich wie beim Fox Float X2 um die Luftkammer gelegt.
The Stumpjumper 15 with Genie gives me the benefits of a big travel bike and the benefits of a short travel bike in one.
Allan Cooke, Specialized
Abseits von neuester Fahrwerkstechnik verfügt das Stumpjumper 15 noch immer über den bekannten Kofferraum im Unterrohr. Das nun wasserdichte Swat 4.0, soll sich in seiner überarbeiteten Version zudem leichter und geschmeidiger öffnen und schließen lassen. Wichtige Info für Interessenten langer Variostützen: Die Rahmengrößen S1 und S2 sind ausschließlich im Mullet-Setup zu haben, da sich so mehr Platz zum Versenken der Sattelstütze und ein Zugewinn an Platz für Fahrer oder Fahrerin ergibt. Ebenfalls erfreulich ist die lebenslange Garantie auf alle im Rahmen verbauten Lager des Specialized-Trail-Bikes.
Geometrie
Die fünfzehnte Version des Specialized Stumpjumpers vereint die bisher erhältlichen zwei Versionen – Stumpy und Stumpy Evo – in einem umfangreich einstellbaren Chassis. Die sechs verschiedenen Geometrie-Einstellungen sollen es ermöglichen, die Geometrie-Eigenschaften beider Vorgänger zu simulieren. Der Lenkwinkel kann hierfür in drei Stufen zwischen 63° und 65,5° über eine exzentrische obere Steuersatzschale eingestellt werden. Durch den Flip-Chip am Horst-Link kann die Tretlagerhöhe um 7 mm angepasst werden. Wer sein Bike darüber hinaus vom 29er in ein Mullet-Bike mit 27,5″-Hinterrad verwandeln möchte, der kann den hierfür nötigen Link direkt über Specialized für 75 € erwerben.
Das von mir getestete Stumpjumper 15 in Größe S5 kommt auf 500 mm Reach, kombiniert mit einem angewachsenen Stack von 654 mm, welche sich zusammen mit den mittellangen 445 mm Kettenstreben zu einem Radstand von 1.285 mm aufsummieren. Dazu ergeben sich im Standard-Setup,ein 64,5° Lenkwinkel und eine Tretlagerhöhe von 337 mm (hohe Flip-Chip-Einstellung). Der Sitzwinkel wurde im Vergleich zum alten Stumpjumper einen Tick steiler: Er liegt in Größe S5 bei 77,3° und soll damit für eine aufrechte und effiziente Sitzposition sorgen. Die Kettenstreben wachsen von S1 zu S6 um 15 mm an, was laut Specialized für vergleichbare Fahreigenschaften bei allen Rahmengrößen sorgen soll.
Rahmengröße | S1 | S2 | S3 | S4 | S5 | S6 |
---|---|---|---|---|---|---|
Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 400 mm | 425 mm | 450 mm | 475 mm | 500 mm | 530 mm |
Stack | 608 mm | 618 mm | 627 mm | 640 mm | 654 mm | 667 mm |
STR | 1,52 | 1,45 | 1,39 | 1,35 | 1,31 | 1,26 |
Lenkwinkel | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 77° | 76,5° | 77° | 76,9° | 77,3° | 77,6° |
Oberrohr | 541 mm | 573 mm | 595 mm | 624 mm | 647 mm | 677 mm |
Oberrohr (horiz.) | 541 mm | 573 mm | 595 mm | 624 mm | 647 mm | 677 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 100 mm | 110 mm | 125 mm | 140 mm | 155 mm |
Sitzrohr | 385 mm | 385 mm | 405 mm | 425 mm | 445 mm | 465 mm |
Überstandshöhe | 738 mm | 751 mm | 745 mm | 745 mm | 745 mm | 751 mm |
Kettenstreben | 430 mm | 432 mm | 435 mm | 435 mm | 445 mm | 445 mm |
Radstand | 1.149 mm | 1.181 mm | 1.213 mm | 1.244 mm | 1.285 mm | 1.322 mm |
Tretlagerabsenkung | 41 mm | 38 mm | 38 mm | 38 mm | 38 mm | 38 mm |
Tretlagerhöhe | 334 mm | 337 mm | 337 mm | 337 mm | 337 mm | 337 mm |
Einbauhöhe Gabel | 551 mm | 561 mm | 561 mm | 561 mm | 561 mm | 561 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Ausstattung
Die neuste Generation des Specialized Stumpjumpers kommt in fünf Varianten, die sich von 4.500 € für das S-Works Frameset inkl. Fox Float Factory-Dämpfer mit der Genie-Technologie hin zu 13.000 € für das S-Works-Modell bewegen. Die Komplettbikes starten gewohnt mit der Comp-Ausstattungsvariante, die für 6.500 € erhältlich ist. Dieses und alle weitere Modellvarianten findet ihr im folgenden Abschnitt.
Specialized Stumpjumper Comp
Das Comp-Modell, welches auf eine Fox 36 Rhythm-Federgabel sowie Fox Float Performance mit Genie-Technolgie setzt, stellt den Einstieg in Palette der Komplettbikes der Kalifornier dar. Angetrieben wird dieses Modell bereits von einer schicken SRAM GX Transmission, gebremst wird mit der starken SRAM Maven als Bronze-Version ohne Druckpunktverstellung. Die Laufräder kommen aus dem eigenen Haus, sind jedoch keine Roval-Laufräder. Für den nötigen Grip sorgt eine Specialized Butcher / Eliminator-Kombi in Grip Trail-Casing. Auch bei der Dropper wird etwas gespart, hier kommt eine X-Fusion Manic mit maximal 190 mm Hub (in Größe S4–S6) zum Einsatz. Der Eintritt in die Stumpy-Welt liegt bei 6.500 €.
Specialized Stumpjumper Öhlins Coil
Das Special-Modell mit Öhlins-Fahrwerk setzt neben dem TTX 22M Coil-Dämpfer auf die Öhlins RXF38 M.2-Federgabel, die mit 160 statt 150 mm kommt. Anders als bei den sonstigen Ausstattungsvarianten sorgt zudem eine TRP DH-R Evo-Bremse (Test) für ordentlich Verzögerung. Die Gangwechsel erfolgen dank elektronischer SRAM GX Transmission-Schaltgruppe. Bei den Laufrädern kommen Roval Traverse inklusive DT Swiss 370er-Naben in 29″ und 27,5″ zum Einsatz, da die Öhlins-Version als Mullet-Bike angeboten wird. Die Sattelstütze kommt aus dem Hause PNW Components und verfügt über maximal 200 mm Hub in den drei größten Größen. An der Kasse werden hierfür 8.500 € fällig.
Specialized Stumpjumper Expert
Das dritte Modell hört wie bisher auf den Beinamen Expert und setzt auf eine Fox 36 Performance Elite samt Grip X2-Dämpfung sowie den dazu passenden Fox Float Performance Elite Dämpfer mit Genie-Technologie. Gebremst wird ebenfalls mit SRAM Maven in der Bronze-Version, geschaltet mithilfe der SRAM GX Transmission-Schaltgruppe. Auch die Roval Traverse Laufräder samt 370er DT Swiss-Naben kommen beim Expert-Modell zum Einsatz. Sattelstützenauszug wird durch die PNW Components Loam-Variostütze realisiert. Die Kosten hierfür liegen bei 7.500 €.
Specialized Stumpjumper Pro (Testmodell)
Das von uns getestete Pro-Modell des neuen Stumpjumpers setzt auf edles Kashima der Fox 36 Factory-Federgabel mit Grip X2-Kartusche und des Fox Float Factory-Dämpfers, der natürlich auch mit der Genie-Technologie daher kommt. Dazu gibt es einen Roval-Carbonlenker, an dem die SRAM Maven (Test) in der Silber-Version montiert werden. Schaltvorgänge werden von der SRAM X0 Transmission übernommen. Die eingeleitete Kraft wird mithilfe der neuen Roval Traverse SL Carbon-Laufräder auf den Boden übertragen, welche auf Industry 9 1/1 Naben vertrauen. Die Sitzhöhe wird durch eine Bike Yoke Revive Max mit bis zu 213 mm Hub (Größe S5–S6) bestimmt. Preispunkt 9.500 €.
- Federgabel Fox Float 36 Factory, Grip X2(150 mm)
- Dämpfer Fox Float Factory mit Specialized Genie Shock Tech (145 mm)
- Antrieb SRAM X0 Eagle Transmisson
- Bremsen SRAM Maven Silver
- Laufräder Roval Traverse SL
- Reifen Specialized Butch / Eliminator – GRID Trail-Casing, Gripton T9 & T7
- Cockpit Roval Traverse SL Carbon (800 mm) / Industry 9 Mount Stem (40 mm)
- Sattelstütze Bike Yoke Revive Max (34,9 mm, 213 mm)
Specialized Stumpjumper S-Works
Das edle Stumpjumper S-Works unterscheidet sich primär in den Anbauteilen vom Pro-Modell. Neben dem Fox Factory-Fahrwerk werden ebenfalls die Roval Traverse SL Carbon-Laufräder verbaut, welche von DT Swiss 240er-Naben komplettiert werden. Beim Antrieb setzt man auf die Topvariante aus dem Hause SRAM und verbaut die XX Transmission. Dazu gibt es natürlich die Maven-Bremse als Ultimate-Version sowie eine schicke RockShox Reverb AXS mit maximalen 170 mm Hub. Kostenpunkt für das Top-Modell: 13.000 €.
Auf dem Trail
Grundsätzlich definiert sich das Stumpy der neuesten Generation über seine gelungene Mischung aus sattem Hinterbau, der sich nur wenig an Hindernissen aufhängt und Vibrationen und Unebenheiten gekonnt wegbügelt, gepaart mit einer agilen und poppigen Dynamik, die dazu einlädt, sich in enge Kurven zu drücken oder steile Kicker abzuschanzen.
Für den ersten Test der Neuauflage des berühmt-berüchtigten Specialized Stumpjumpers hat Specialized mich nach Vancouver Island, im wunderschönen British Columbia, Kanada, eingeladen. Das Wetter war eher wechselhaft und teils feucht, die Trails zeigten sich zu Beginn jedoch absolut unbeeindruckt von den Regenfällen der letzten Tage. Vor Ort hatte ich die Chance, neben gebauten, schnellen Flowtrails mit vielen Sprüngen auch naturbelassene Loamer unter die etwas dünnwandigen Specialized Butcher/Eliminator-Reifen (Test) zu nehmen.
Bevor es in die Abfahrt ging, durften wir uns jedoch erst einmal über perfekt gebaute Uphill-Trails freuen, die stellenweise mit wurzelig-rutschigen Hindernissen und enge Kurven gespickt waren. Die perfekte Möglichkeit also, um die Uphill-Eigenschaften des Trail Bikes unter die Lupe zu nehmen. Die auf dem Papier angegeben 77,3° Sitzwinkel fühlen sich bei meiner Sattelhöhe etwas flacher an, jedoch kann ich mich nicht über die Bergauf-Performance beklagen. Das rund 15 kg schwere Rad (inklusive Pedale) klettert spritzig und effizient, trotz der eher weichen und rutschigen Bedingungen auf dem gebauten Weg zur Trailstart. Zum Vergleich habe ich den Compression-Hebel am Genie-Dämpfer auf Anschlag gestellt, was eine etwas aufrechtere und noch effiziente Pedalierposition für mich schafft – nötig ist dies allenfalls auf sehr langen und steilen Bergetappen. Das Stumpjumper überzeugt an dieser Stelle mit rundum gelungenen Uphill-Eigenschaften, die geradezu nach langen Tagen im Sattel schreien.
Die Größe S5 – mit ihren 500 mm Reach und 654 mm Stack – passt für mich wie angegossen. Meine 1,94 m verlangen weder nach mehr Länge noch Höhe, die 445 mm Kettenstreben vergönnen auf den ersten Metern ein eher agiles Fahrgefühl, das zum Spielen einlädt. Ich habe meine erste Abfahrt im Basis-Setting mit hoher Tretlager- (337 mm) und mittlerer Lenkwinkelposition (64,5°) gestartet. Specialized-typisch hat sich ein sofortiges Wohlgefühl eingestellt, was mich direkt mit Vertrauen in die erste blinde Kurve einbiegen lässt. Die Position im Bike gefällt, sie ist nicht ganz neutral – eher ein weniger nach hinten orientiert – was verspieltes Fahren umso leichter macht.
Wir haben das neue Stumpjumper „blind“, also ohne Informationen zum Rad, der Geometrie oder dem Federweg getestet. Die Fahreigenschaften und das Feedback des Trail-Bikes haben mich glauben lassen, dass ich auf einem Bike mit mehr als den verfügbaren 150 / 145 mm Federweg sitze. Dabei ist es schwer in Worte zu fassen, um wie viel Hub es sich schlussendlich handelt – es scheint eher die Gesamtperformance aus Rahmenflex, Kinematik und dem Genie-Dämpfer zu sein, die ein wirklich vielseitig einsetzbares Konzept ergeben. Ich habe mich an Bord des Stumpys nicht davor gescheut, an Kanten abzuziehen und tief in die Landung oder sogar ins Flat zu springen. Schon nach gerade einmal 2–3 Abfahrten traue ich mich so über Sprünge in einer Größe, die man normalerweise nicht mit einem Trail-Bike in Angriff nehmen würde.
Grundsätzlich definiert sich das Stumpy der neuesten Generation über seine gelungene Mischung aus sattem Hinterbau, der sich nur wenig an Hindernissen aufhängt und Vibrationen und Unebenheiten gekonnt wegbügelt, gepaart mit einer agilen und poppigen Dynamik, die dazu einlädt, sich in enge Kurven zu drücken oder steile Kicker abzuschanzen.
Nach ein paar Runden wurde die Tretlagereinstellung „low“ gewählt, was meine Pedale 7 mm näher zum Boden gebracht hat. Hierdurch liegt das Stumpjumper noch etwas satter auf dem Trail und im Anlieger – ergo – es macht bergab einfach noch mehr Spaß, den Gashahn aufzulassen. Während der wilden Trailjagt war kein Rattern oder Knarzen zu vernehmen. Das Stumpjumper verrichtete seinen Dienst leise und hinterließ auch sonst einen sehr hochwertigen Eindruck. Einzig die Reifen konnten nicht mit der Performance des Hinterbaus oder der sehr starken SRAM Maven-Bremsen mithalten. Bei zunehmend rutschigeren Trail-Bedingungen machte vor allem der recht hohe Luftdruck hinten in Kombination mit dem sehr starken und teils bissigen Maven-Hinterradanker die Bremszone zum Krimi. Man musste bewusst zur Sache gehen, sonst wurde man von spontanen Hinterrad-Slides überrascht. An dieser Stelle würde eine dickere Karkasse und weniger Luftdruck Abhilfe schaffen. Denn ich war zu diesem Zeitpunkt mit über 2,2 bar am Hinterrad unterwegs, um schnelle Anlieger nicht komplett mit Dichtmilch zu überziehen.
Die bereits erwähnte „eierlegende Wollmilchsau“ scheint mit der fünfzehnten Evolutionsstufe des Specialized Stumpjumpers Realität zu werden. Sanft ansprechend und verspielt, wilde Abfahrten auf fast jedem Terrain, lange Touren oder Jump-Session nach Feierabend … all das kann ich mir hervorragend mit dem neuen Stumpjumper vorstellen. Einzig andere Reifen würde ich bei meinen rund 100 kg dafür aufziehen.
Die neuste Evolutionsstufe des berühmten Specialized Stumpjumpers vereint gekonnt beide Vorgängermodelle zu einem vielseitig einsetzbaren Trail-Bike. Mit 150/145 mm Federweg braucht es sich nicht vor der Enduro-Kategorie zu verstecken, vielmehr vereint es großhubige Nehmerqualitäten mit Leichtfüßigkeit und flinker Uphill-Performance. Die hauseigene Genie-Dämpfertechnologie überzeugt mit sattem Fahrgefühl und stellt gleichzeitig den nötigen Trail-Bike-Pop zur Verfügung. Das Einsatzspektrum des neuen Stumpjumpers ist damit größer denn je – ganz nah am wahren Alleskönner.
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Testablauf
Specialized hat uns im Mai 2024 nach Kanada eingeladen. Am Mount Tzouhalem konnten wir das Stumpjumper zwei Tage lang ausgiebig auf den – teils sehr feuchten und auch mal rutschigen – Trails testen. Die Kosten für die Reise wurden von Specialized getragen.
Hier haben wir das Specialized Stumpjumper getestet
- Mount Tzouhalem, Kanada Schnelle, flowige Trails mit perfekt gebauten Anliegern und vielen Sprüngen. Dazu gab es auch ruppige Wurzelsektionen oder tiefe Loam-Trails zu bestaunen.
- Fahrstil
- verspielt, strammes Grundtempo, lieber eine Kurve mehr als Straightline
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Jumps und auch gern mal Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- etwas straffe, so wenig Dämpfung wie möglich, soviel viel Zugstufe wie nötig, ausreichend Pop
- Vorlieben bei der Geometrie
- ausreichender Reach, mittellange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
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