Etwas über eine Saison waren unsere Leser Fabian und Christian nun mit der SRAM GX AXS-Schaltung unterwegs, die wir im vergangenen August zum doppelten Lesertest ausgeschrieben hatten. Während Christian die Schaltung über hohe Drops, Doubles und technische Trails gejagt hat, galt bei Fabian eher die Jagd nach Sekunden: Der schnelle Mann mit Schwerpunkt XC/Marathon bestritt mit der Testschaltung sogar diverse Rennen und das nicht unerfolgreich. Wie sehen die Schaltungen heute aus, welche Defekte gab es und das Wichtigste: Konnte sich die GX AXS bewähren? Hier ist der ungefilterte Eindruck von Christian und Fabian.
Die Tester: Christian und Fabian
Christian (33). Schwerpunkt: Freeride
Hi, ich bin Christian, 33 Jahre und wohne in der Nähe von Heidelberg. Mit meiner kleinen Familie sind wir viel unterwegs und versuchen immer wieder an neue Orten zu biken. Ich liebe die Herausforderung von neuen Strecken von Tech-Flow bis große Doubles, Drops etc. Neue Herausforderungen reizen mich extrem und nur selten sagt mein Bauchgefühl nein.
Fabian (31). Schwerpunkt: XC/Marathon
Ich bin Fabian, bin 31 Jahre alt und komme aus dem Sauerland. Ich würde mich selbst in die Kategorie Cross-Country/Marathon einordnen. Da es in den heimischen Wäldern kaum ruppige Trails gibt, ist ein Cross Country-Fully für mich das ideale Rad, um sowohl schnell zu den Trails zu kommen als auch auf selbigen genug Spaß zu haben. Generell mag ich lieber naturbelassene Pfade als angelegte Bikepark-Flowtrails. Ich fahre auch gelegentlich Rennen, allerdings eher im Umkreis von 1,5 Stunden Autofahrt, da ich einfach keine Lust habe, so viel Zeit im Auto zu verbringen. Urlaube verbringe ich gerne in den Alpen, wo ich je nach Bedarf auch schon mal zu mehr Federweg greife.
So viel wurden die Test-Schaltungen gefahren
Christian: ca. 3.000 km / 100.000 hm
Das Schaltwerk wurde ausgiebig am Enduro-Hardtail getestet, welches im Frühjahr zu einem Trailbike (Privateer 141) umgebaut wurde. Da ich noch einen Schritt weitergehen wollte und mich das AXS-Schaltwerk echt begeistert hatte, kam noch ein X01 AXS-Schaltwerk an meinem Enduro (Propain Tyee) zum Einsatz. Die Räder wurden oft im Wechsel je nach Gelände bewegt und ich kann deshalb nicht genau sagen, welches Schaltwerk wie viele Km/hm hat. Insgesamt wurden die Schaltwerke zusammen ca. 3.000 km und 100.000 hm/tm bewegt. Tendenziell fahre ich mindestens dreimal die Woche und ein Großteil davon in Heidelberg oder in der Pfalz. Anstiege werden meist von alleine bezwungen, außer in den Bike-Urlauben wie Finale, Reschen, Sölden und diversen Bike-Parks.
Fabian: 5.000 km / 97.000 Hm
Ich bin im Testzeitraum ungefähr 5.000 km und 97.000 Höhenmeter gefahren. Über den Winter hatte ich die Schaltung auf meinem Hardtail (Radon Jealous) montiert und bin in dem Zeitraum 1.350 km und 23.000 Höhenmeter gefahren. Den Rest der Kilometer habe ich auf meinem Santa Cruz Blur absolviert.
Hauptsächlich habe ich die Schaltung in den Wäldern und auf den Trails im Sauerland bewegt. Im Winter waren auch ein paar Runden über Radwege dabei, ein paar XC-Rennen und Marathons im Umkreis ebenfalls. Zwischen Weihnachten und Neujahr war ich in den Niederlanden und konnte die Schaltung unter sandigen Bedingungen auf einer angelegten Strecke in den Dünen von Schoorl testen. In einem zweiwöchigen Urlaub im Juni habe ich die Schaltung in den Dolomiten rund um Wolkenstein und in der zweiten Woche in Riva del Garda getestet – dort bin ich unter anderem den Klassiker zum Passo Tremalzo gefahren.
Allgemeiner Testeindruck
Christian
Wie schon beschrieben, hat mich die Schaltperformance sehr beeindruckt und mich dazu bewegt, noch ein X01 AXS an das andere Rad zu schrauben. Hierdurch konnte ich direkt noch einen Vergleich zwischen GX und X01 AXS ziehen. Aber zuerst mal allgemein empfinde ich die cleanere Optik als herrlich. Nachstellen musste ich das Schaltwerk nie, außer ich hatte Steinkontakt (was in Heidelberg nicht unüblich sein kann) und ein verbogenes Schaltauge. Doch selbst mit einem komplett S-förmigen Schaltauge konnte ich aufgrund des Micro-Adjustments die Ausfahrt retten. Während eines heftigen Kontaktes hört man zudem schön das Surren des Schaltwerkes, wie es versucht auszuweichen.
Das Problem eines leeren Akkus hatte ich auf der Tour bisher nie – wenn dann lustigerweise erst ganz am Ende der Tour. Trotzdem hatte ich mir einen Ersatzakku besorgt, den ich nun immer im Hip-Pack trage. Wenn man vor der Tour jedoch kurz das Akkulämpchen am Schaltwerk checkt, ist dieser unnötig. Man kann das System auch mit einem Garmin-Gerät verbinden und sieht dann den Akkuzustand auf dem Display – auch ganz praktisch.
Trotz mehrerer Steinkontakte und Stürze ist die Performance unverändert. Klar, man muss darauf achten, dass das Schaltauge gerade ist (wie bei jedem Eagle-Antrieb). Die Standard-Wippe habe ich schnell getauscht, da diese für mich ungewohnt war und ich näher an der normalen Haptik eines Triggers sein wollte. Deshalb wurde auch die Schaltlogik in der App getauscht. Was ich tatsächlich im Vergleich zwischen GX und X01 sagen kann: Es gibt gefühlt keinen Unterschied. Ich spüre nicht, welches der beiden Schaltwerke ich gerade nutze.
Fabian
Ich konnte mich sehr schnell daran gewöhnen, keinen klassischen Trigger, sondern nur noch die Taster des Controllers zu bedienen. Die Schaltvorgänge sind sehr schnell und präzise und die Bedienkraft gering, aber definiert. Rein von der Funktion ist alles super. Wenn man im Vergleich dazu wieder eine mechanische Schaltung fährt (in meinem Fall eine SRAM GX Eagle), merkt man aber auch, dass diese im Hinblick auf Funktion keine Nachteile gegenüber dem elektronischen Pendant besitzt. Einzig und alleine für das Bewegen des Hebels kostet es im Schaltvorgang etwas mehr Zeit.
Gar nicht anfreunden konnte ich mich mit der Kassette, die eine Abstufung von 10 bis 52 hat. Den Gangsprung zwischen den letzten beiden Gängen finde ich zu groß. Ein großer Vorteil gegenüber einer mechanischen Schaltung ist, dass man keinen Schaltzug verlegen muss, gerade das Verlegen von innen verlegten Zügen finde ich lästig. Das Wechseln einer AXS-Schaltung geht daher unkompliziert von der Hand.
Nach 3.200 km waren Kette und Kassette verschlissen. Von den Komponenten der höheren Gruppen bin ich eine längere Haltbarkeit gewohnt. Im Anschluss habe ich dann wieder eine X01-Kassette und eine X01-Kette verbaut, außerdem meine XX1-Kurbel montiert. Die GX-Kurbel fahre ich jetzt am Hardtail weiter. Eine gute Sache ist die Funktion, dass man durch längeres Drücken des Tasters mehrere Gänge gleichzeitig schalten kann und diese Funktion auch programmierbar ist. Trotzdem habe ich, wahrscheinlich aus Gewohnheit, diese Funktion eher selten benutzt.
Ungewollte Stillstände wegen eines leeren Akkus hatte ich nicht. Ich war aber immer so vorsichtig und habe den Akku geladen, sobald die LED rot geleuchtet hat. Bei einer Fahrt im Winter leuchtete die LED direkt zu Beginn der Fahrt rot, ich konnte die zweieinhalb Stunden aber trotzdem ohne Probleme fahren. Die längste Laufzeit waren knapp 25 Stunden, die kürzeste Laufzeit neun Stunden. Generell ist mir dabei aufgefallen, dass der Akku sich auch langsam entlädt, wenn man das Fahrrad nicht nutzt. Die längsten Laufzeiten konnte ich erreichen, wenn das Wetter gut war und ich das Rad viele Tage in Folge gefahren bin.
Die AXS-App habe ich mir am Anfang für die Einrichtung der Schaltung installiert, sie aber dann nicht mehr benutzt. An den Einstellungen der Schaltung wollte ich nichts ändern und ansonsten hat mir die App nicht gefallen – unter anderem hat mich gestört, dass die App immer auf den Standort des Gerätes zugreifen möchte. Ich habe das GPS am Smartphone aber meistens ausgeschaltet.
Defekte und Co.
Christian
Richtige Defekte gab es nicht – außer, dass die Clutch-Abdeckung bereits zweimal gerissen ist. Diese kann jedoch (wenn verfügbar) schnell ausgetauscht werden und verhindert sicher schlimmeres. Am GX-Schaltwerk hat nach kurzer Zeit (nach Schnee und Matschfahrten) ein Kugellager der Schaltwerkröllchen den Dienst quittiert. Das ist tatsächlich der einzige Unterschied, den ich zwischen X01 und GX feststellen konnte, beim X01 laufen die Lager noch immer geschmeidig.
Was aber nach längerer Nutzung stark auffällt, ist, dass die Clutch ihre Spannung verliert und das Kettenschlagen zunimmt. Das betrifft tatsächlich nicht nur mich, sondern auch meinen Freundeskreis. Das ist für mich das einzige Manko an der Schaltung.
Fabian
Zu guter Letzt muss man sagen, dass das Schaltwerk den Test nicht überlebt hat. Ein Crash im Oktober hat ordentlich Schrammen hinterlassen und im Nachhinein war die Schaltung in den großen Gängen immer etwas ungenau, trotz Wechsel des Schaltauges und mehrmaliger Neueinstellung. Im Juli hat ein Ast das Schaltwerk dann endgültig zerstört. Der um 90° verbogene Käfig ließ sich zwar wieder richten, aber die Gänge gingen nicht mehr sauber rein.
Weil ich die bereits vorhandenen Komponenten nicht ungenutzt lassen will und mich die Schaltung überzeugen konnte, habe ich gebraucht ein X01 Eagle AXS-Schaltwerk gekauft. Warum die teurere Variante? Die Gewichtsersparnis war es mir wert, obwohl es andersherum dumm ist, viel Geld für ein so exponiertes Bauteil auszugeben.
Einmal schaltete das Schaltwerk bei Betätigung des Controllers plötzlich nicht mehr. Ich habe angehalten, den Akku einmal aus- und wieder eingebaut und schon funktionierte alles wieder. Das Problem trat danach nie wieder auf.
Fazit
Christian
Abschließend lässt sich sagen, dass die Eagle-Funkschaltung echt eine spannende Entwicklung mit hoher Schaltpräzision ist. Sie ist vielleicht nicht für jedermann interessant und definitiv auch nicht nötig, aber ich liebe technische Spielereien und Neuentwicklungen – also bin ich hier wohl auch die Zielgruppe :D. An meinem Tyee brachte mir die Schaltung definitiv einen Mehrwert, da die Züge echt doof verlegt sind und sich der normale Schaltzug durchgescheuert hatte.
Wer Bock auf wenig Montageaufwand und eine cleane Optik sowie tolle Schaltperformance und kein Nachjustieren der Zugspannung hat – Go for it! Wer sich häufig das Schaltwerk komplett zerstört oder keine Akkus lädt – lasst es lieber :D. PS: Eigentlich nicht Gegenstand dieses Testes, aber nehmt das GX AXS – der Aufpreis lohnt sich in meinen Augen nicht. Bessere Schaltröllchen kaufen, wenn diese verschlissen sind und es passt :).
+ Präzise
+ kein Nachjustieren nötig
+ cleanere Optik
+ keine Schaltzüge mehr verlegen – schneller Tausch auf ein anderes Rad!
– Akku laden
– schwerer
– höhere Kosten bei totalem Defekt
Fabian
+ Schnelle und präzise Schaltvorgänge
+ Einfache und schnelle Montage
+ Das „Whiep“-Geräusch beim Hochschalten ;-)
– Preis: der Aufpreis gegenüber einer mechanischen Schaltung wäre mir zu groß, vielleicht ändert sich das in Zukunft noch
– Kassette: Bei der GX ist nur die Abstufung 10-52 Zähne möglich oder man kauft die teurere, höherwertige Kassette
– Kürzere Haltbarkeit der Verschleißteile im Gegensatz zu XX1 und X01
Welche Erfahrungen habt ihr mit der GX AXS-Schaltung gemacht?
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