Die Vorbereitungen auf meinen ersten World Cup im Jahr liefen richtig gut. Ich bin bereits vier Rennen zur Vorbereitung gefahren und habe mich von Rennen zu Rennen besser gefühlt. Ich habe körperlich den nächsten Schritt gespürt und den ersten World Cups in Albstadt und Nove Mesto förmlich entgegengefiebert. Wenn ich ehrlich bin, freue ich mich auf Nove Mesto immer deutlich mehr als auf Albstadt, da mir die Strecke deutlich mehr Spaß macht und mir auch besser liegt.
Die Trainingstage in Albstadt waren, wie die letzten Jahre auch, sehr wild! Es hat viel geregnet und die Streckenbedingungen waren somit herausfordernd. Viel Matsch, sehr rutschige Steine und zwei Streckenpassagen, die es sehr in sich haben. Bei nassen Bedingungen ist Albstadt, in meinen Augen, wirklich ganz schön anspruchsvoll, weil man einfach überall rutscht.


Raceday. Frühstücken, Flaschen vorbereiten, Bike ein letztes Mal durchchecken, Luftdruck prüfen und ab geht’s zum Renngelände. Dort angekommen sind schon einige Zuschauer vor Ort und die Stimmung ist gut. Aufwärmen darf ich mich dieses Jahr bei den World Cups am Stand von Schwalbe, was für mich sehr cool ist, da ich somit eine „Base“ vor dem Start habe. Mein Warmup ist eine Mischung aus lockerem Einrollen und kurzen intensiven Vorbelastungen, sodass meine Beine am Start nicht völlig überrascht sind. Meine Aufregung ist vor dem Rennen größer als bei den ersten Rennen der Saison, was mich aber auch nicht allzu überrascht hat. World Cup ist eben World Cup.

Startaufstellung und endlich stehe ich nicht mehr in der letzten Startreihe! Zwar immer noch recht weit hinten, aber Schritt für Schritt arbeite ich mich weiter nach vorne. „Green Lights within the next 15 seconds“, schreit der UCI-Kommissar. Mein Puls ist jetzt schon bei 150 BPM und wir sind noch nicht mal losgefahren. Green Lights, let’s go! Kein Massensturz auf der Startgeraden, wow, wie cool! Ich komme sehr gut weg und kann direkt ein paar Plätze gut machen. Von Platz 65 gestartet arbeite ich mich nach vorne. Im Shimano Dual Climb ist zwar in der Startloop direkt wieder laufen angesagt, es ist aber nicht mehr so hektisch wie im letzten Jahr. Die Startloop ist eine etwas verkürzte Runde, aber dennoch recht schmal. Überholen ist auf den ersten Metern in Albstadt nicht einfach, dafür zieht sich das Feld direkt weit auseinander. Die Fans am Streckenrand sind laut, endlich sind wieder Zuschauer erlaubt. Bullentäle at its best!
Als ich die Ziellinie das erste Mal überquere und eine Platzierung um den 45 rum wahrnehme, denke ich mir direkt, dass es sich aber gelohnt hat, schnell zu starten. Es geht gut weiter und ich kann auch in der zweiten und dritten Runde meinen Rhythmus durchziehen und die Uphills mit konstant hoher Geschwindigkeit fahren. In den Downhills macht es auch immer mehr Spaß, weil immer häufiger „freie Fahrt“ ist und ich so mein eigenes Tempo fahren kann. Immer noch in den Top 50, überquere ich nach Runde 3 die Start- & Zielgerade. Ich habe mir einen Plan zurechtgelegt und will weiterhin konstant bergauf mein Ding machen und bergab mit viel Flow nichts riskieren, um maximal gut regenerieren zu können.


Der rennentscheidende Wendepunkt rückt näher. In der Abfahrt „Devils Corner“ waren die Kurven zwar nicht das Problem, jedoch war ich bei einem Absatz etwas unaufmerksam und habe mein Hinterrad sauber auf eine Steinkante gesetzt. „Kliiiing“, Stein und Felge küssen sich ungewollt. Pffft pffft und ich höre direkt, dass das einen Platten gibt. Einige Ausdrücke, die ich hier nicht schreiben möchte, schießen mir durch den Kopf. Na ja, was will man machen, dann geht’s eben auf der Felge in die Feed- & Tech-Zone. Einige Fahrerinnen überholen mich bereits auf dem Weg dorthin, noch ein paar mehr dann beim Laufradwechsel.

Der geht, dank meines Kumpels und Feedzonen-Mechanikers Lukas, aber sehr flott und ich kann das Rennen fortsetzen. Natürlich ärgere ich mich sehr, allerdings möchte ich auch das Rennen auf der Zielgeraden beenden und trotz des Plattens nicht früher herausgenommen werden (80 %-Regel). Ich versuche meinen Rhythmus wiederzufinden, das gelingt mir aber so semigut. Im ersten Uphill nach meinem Stopp habe ich superschwere Beine und kann nicht mehr so gut pushen wie vor dem Laufradwechsel. Ich versuche, ein paar Plätze gutzumachen, allerdings klappt das leider nicht wirklich und ich muss schnell akzeptieren, einfach nicht mehr so gut in den Tritt zu finden wie zu Beginn des Rennens.

Dennoch bin ich körperlich voll am Limit, ich ärgere mich aber immer noch etwas über den Fahrfehler und den einhergehenden Platten. Als ich dann auf der Zielgeraden mit den zahlreichen Fans, darunter viele Kinder, abklatschen kann, fühlt es sich dennoch für ein paar Sekunden nach einem versöhnlichen Ende an. Ein Fehler beim World Cup wird einfach direkt hart bestraft – ich meine, hier sind die Besten der Besten am Start! Dass ich trotzdem auf Platz 57 gelandet bin und vor allem das Rennen in voller Rundenzahl bestreiten durfte, freut mich und ich bin mir ganz sicher, dass das im letzten Jahr so nicht drin gewesen wäre. Es macht mich stolz, wie mutig ich in der ersten Rennhälfte gefahren bin und es hat richtig Spaß gemacht, mit neuen Gesichtern zu racen, die letztes Jahr noch schneller waren als ich. Das versuche ich als positiven Vibe mit in den nächsten World Cup kommendes Wochenende mitzunehmen. Aus der zweiten Rennhälfte kann ich dennoch viel lernen und versuche es im nächsten Rennen direkt umzusetzen. Ich freue mich auf Nove Mesto und die tschechischen Fans, das wird bestimmt wieder ein Fest!
Hast du Fragen zu meinem World Cup in Albstadt? Schreibe mir gerne in den Kommentaren. 😊
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12 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumToller Bericht von eine sympathische Fahrerin. Schön mal ein paar Einblicke aus dem echten Renngeschehen zu bekommen. Sehr gerne mehr davon. Viel Erfolg und hoffentlich keine Materialpannen in Nove Mesto.
Danke für den schönen Bericht und viel Erfolg am WE!
Wie immer cooler Bericht - weiter so und viel Spaß sowie Erfolg in Nova Mesto!
Es ist immer schade, wenn die Live-Übertragung die aktuellen Platzierungen bis vll. P25 einblendet und dann abbricht.
Es gibt auch ein Rennen dahinter und das ist genauso spannend wie vorn.
Das sie es nicht zeigen ist OK, da muss die Kamera auf der Spitze bleiben aber die Platzierung einfach durchlaufen lassen, wäre schön.
Jede Person im Rennen hat Ziele und wenn deine die volle Rundenzahl und Punkte waren, hast du die erreicht -trotz Panne. Also warst du sogar "vor" deinen Zielen unterwegs!
Mit den Punkten wirst du in NM wieder besser in der Startaufstellung stehen und hast so die Chance in die Top 45 zu fahren. Viel Erfolg!
Ich freue mich schon jetzt auf den Bericht!
Top 40 ist natürlich auch 👍 coooool
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