In unserem Trailbike-Test für 2020 haben wir vier Vertreter gegeneinander antreten lassen: Banshee Phantom V3, Bulls Wild Ronin, Nicolai Saturn 14 ST und das Trek Fuel EX steigen in den Ring. Sie verfügen über Federwege von knappen 115 bis 140 mm am Heck, durchaus unterschiedliche Geometrien und man setzt auf verschiedene Rahmenmaterialien. Gemeinsam erheben alle den Anspruch ein Bike zu sein, um den ganzen Berg zu erobern. Also die Auf- und die Abfahrt. Wir zeigen in unserem Test auf wo die jeweiligen Stärken und Schwächen liegen. Vorhang auf für unseren Trailbike-Test 2020: Wer hat das Zeug zum modernen Klassiker?
4 Trailbikes im Vergleichstest
Ganz neu ist die Kategorie Trail nicht. Sie bietet aber Schnittmengen mit Bezeichnungen wie All Mountain, Touren-Bikes und vielleicht auch ein wenig dem neuartigen Down Country. Man kann Trailbikes aber auch einfach zwischen Cross Country und Enduro einordnen. Je nach Hersteller-Ideologie liegen die Eckdaten näher am XC-Rad oder am Enduro-Bike – als Begleiter für längere Ausfahrten sollen sie aber alle Effizienz, Komfort und trotzdem Sicherheit in der Abfahrt bieten. Eine eierlegende Wollmilchsau? Wir haben vier Interpretationen der Trailbike-Kategorie ausgiebig getestet und herausgefunden, für welche Nutzervorlieben welches Bike am besten passt.
Je nach Hersteller-Ideologie liegen die Eckdaten näher am XC-Rad oder am Enduro-Bike – als Begleiter für längere Ausfahrten sollen sie aber alle Effizienz, Komfort und trotzdem Sicherheit in der Abfahrt bieten.
Nicht nur optisch gibt es gewaltige Unterschiede zwischen unseren Testkandidaten. Als einzige Konstante stehen in diesem Testfeld die Laufradgröße 29″ und der vom Hersteller angegebene Einsatzbereich Trail. Während die zwei deutschen Hersteller Bulls und Nicolai beide einen Viergelenker mit Horst-Link in den Test schicken, setzen sie ansonsten auf Konzepte, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Carbon am Rahmen und den Laufrädern beim einen, Alu-Rahmen und Seilspeichen-Alu-Räder am anderen Bike. Alu gibt es auch beim Kanadier im Testfeld, der wiederum aber mit dem Federweg geizt und einen Short-Link-Viergelenker einsetzt. Und dann wäre da noch das Vollcarbon-Geschoss mit abgestütztem Eingelenk-Hinterbau. Diversität wohin das Auge blickt.
Ähnlich variabel geht es bei der Ausstattung weiter und das verdeutlicht, wie wenig in dieser Bike-Klasse in Stein gemeißelt ist. Jeder Hersteller hat hier eine eigene Auffassung, wie die Trailbike-Kategorie ideal zu bedienen ist. Welche Stellschrauben bedient man, um den perfekten Kompromiss zu finden? Auf welche Zielgruppe schneidere ich mein Angebot zu? Diese Mountainbike-Klasse wird mit all diesen Fragen zu einer der aktuell spannendsten. Hier finden sich vom komfortablen Tourer bis hin zum kurzhubigen Enduro-Klon vielfältige Ansätze.
Welche Stellschrauben bedient man, um den perfekten Kompromiss zu finden? Auf welche Zielgruppe schneidere ich mein Angebot zu?
Wir haben das Banshee Phantom V3, das Bulls Wild Ronin, Nicolais Saturn 14 ST und das Trek Fuel EX auf Fahrspaß sowie Up- und Downhill-Qualitäten geprüft und wollen euch vorstellen, welches Rad sich für welche Vorlieben am besten eignet. Los geht es mit dem Trailbike-Vergleichstest, in dem wir euch in den folgenden Tagen die vier Räder einzeln vorstellen, bevor wir zum Abschluss tiefer in den Vergleich tauchen und ein Gesamt-Fazit ziehen wollen.
Die Kandidaten
Banshee Phantom V3
Der kleine, flinke Trailfeger aus dem Hause Banshee wurde mit der Überarbeitung des Portfolios letzten Herbst neu vorgestellt. „Etwas mehr” – so oder so ähnlich könnte das Lastenheft ausgesehen haben. Etwas mehr Federweg und Hauptrahmen-Länge gibt es im Paket mit dem KS2-Link und einem hydrogeformten Aluminium-Rahmen.
- Rahmengröße XL
- Federweg 130 mm / 115 mm
- Gewicht 14,12 kg
- Preis Rahmenset Rolling Chassis 3.659 €, Rahmen 1.754 € (UVP)
- www.bansheebikes.net
Bulls Wild Ronin Team
Mit Christian Textor hat Bulls den aktuell schnellsten deutschen Enduro-Racer unter Vertrag. Die Zusammenarbeit machte sich letztes Jahr mit zwei neuen Modellen bemerkbar – das Wild Creed und das Trailbike Wild Ronin. Letzteres soll mit seinem voluminösen Carbon-Rahmen prädestiniert dazu sein, das Maximum aus jeder Tour zu holen.
- Rahmengröße XL
- Federweg 140 mm / 140 mm
- Gewicht 12,86 kg
- Preis 4.499 € (UVP)
- www.bulls.de
Nicolai Saturn 14 ST
Der Zusatz ST steht für Super Trail und erlaubt der Saturn-Plattform mit einem etwas schwereren Rohrsatz die offizielle Bikepark-Freigabe – mit Geolution/Geometron-Geometrie und einer Ausstattung, die sich schon in Richtung Enduro neigt. Das wandelbare Bike will Nicolais Interpretation eines modernen, aber auch radikalen Trailbikes sein.
- Rahmengröße XL
- Federweg 150 mm / 130 mm
- Gewicht 14,43 kg
- Preis Rahmen ab: 2.499 €, Testaufbau ca. 7.800 € (UVP)
- www.nicolai-bicycles.com
Trek Fuel EX
Mit dem Fuel EX führt Trek schon seit einer ganzen Weile im Programm – die neueste Version ist mit vielen Features wie Flipchip, Rahmen-Fach und eigenständigem Dämpfer das Schweizer Taschenmesser im Testfeld. Ein Zentimeter mehr Federweg an Front und Heck grenzt es vom Down Country-Rad Top Fuel ab und soll es perfekt für Singletrails rüsten.
- Rahmengröße XL
- Federweg 140 mm / 130 mm
- Gewicht 14,31 kg
- Preis 8.090 € (UVP)
- www.trekbikes.com
Laufradgröße | Federweg vorne | Federweg hinten | Gewicht | Preis | |
---|---|---|---|---|---|
Banshee Phantom V3 | 29" | 130 mm | 115 mm | 14,12 kg | Rahmenset Rolling Chassis 3.659 €, Rahmen 1.754 € |
Bulls Wild Ronin Team | 29" | 140 mm | 140 mm | 12,86 kg | 4.499 € |
Nicolai Saturn 14 ST | 29" | 150 mm | 130 mm | 14,43 kg | Rahmen ab: 2.499€, Testaufbau ca. 7.800 € |
Trek Fuel EX | 29" | 140 mm | 130 mm | 14,31 kg | 8.090 € |
Auf den Punkt gebracht
Fassen wir die Anforderungen an die Modelle in unserem Trailbike-Vergleichstest noch in einem Lastenheft zusammen:
- Allround-Fähigkeiten Trailbikes sollen echte Allrounder sein. So mancher würde wohl behaupten, die gesammelte DNA des Mountainbike-Sports sei in dieser Gattung vereint – Alltags-Begleiter für den Hometrail, aber auch längere Touren. Wer ein Bike für alles nutzt, der wird damit vielleicht auch mal ein wenig Parkluft schnuppern mögen. So sollte ein gemäßigter Bikepark-Einsatz ebenfalls mal drin sein. Trailbikes bedienen ein breites Spektrum und möchten dabei leicht und effizient genug sein, um lange Tage im Sattel zu erleichtern. Gleichzeitig sollen sie bergab eigentlich mit jedem Trail fertig werden, wenn auch nicht unbedingt auf Bestzeit.
- Komfort Dieser Punkt steht an Stelle zwei – Trailbikes schlagen in eine ähnliche Kerbe wie die ältere Bezeichnung All Mountain und decken eine große Zielgruppe ab. Vor allem auch Fahrer, die ein komfortables Tourenrad wollen, sollen von diesen Rädern abgeholt werden. Fahrkomfort ist also wichtig – angefangen bei der Sitzposition und Ergonomie, bis hin zur Steifigkeit von Rahmen und Anbauteilen. Besonders auf langen Ausfahrten oder mehrtägigen Biketrips will man gemütlich sitzen und greifen und nicht von zu steifen Teilen schnell ermüden. Die entspannte Sitzposition ist bei dieser Gattung wichtiger, als das letzte bisschen Effizienz.
- Fahrspaß Das Trailbike ist im klassischen Sinne kein Wettkampf-Gerät, sondern eher ein Allrounder. Rennfeilen gibt es zu beiden Enden des Spektrums mit Marathon und XC-Bikes sowie nach oben mit den Enduro Race-Bikes. Gerade die moderne Anwendergruppe sieht in der Trail-Kategorie einen guten Begleiter für entspannten oder auch verspielten Fahrspaß und weniger den kompromisslosen Renneinsatz.
- Sicherheitsempfinden Mountainbikes sind nicht nur vom Fahrwerk leistungsfähiger geworden. Auch die Geometrien haben sich in den letzten 20 Jahren radikal verbessert. Heute erlauben bereits kurze Federwege Abfahrten in technischem Gelände, welches man vor einigen Jahren mit dem Großvater des Bikes nicht mal in Erwägung gezogen hätte. Dass man hier mit einem Enduro mehr Reserven hat, steht außer Frage. Dennoch bleiben moderne Trailbikes erstaunlich lange – oder besser gesagt länger – dran, als noch vor ein paar Jahren. Das weniger fehlerverzeihende Gesamtpaket hilft, die Fahrtechnik zu schulen und sich als Mountainbiker weiterzuentwickeln. Wir wollten wissen, wo die Grenzen der Teilnehmer unseres Testfeldes liegen und ab wann man das Gefühl hatte, das Bike zu überfordern.
- Kletterfähigkeit Richtungswechsel sind ein essenzieller Bestandteil beim Biken – nicht nur von links nach rechts, auch von oben nach unten und umgekehrt. Gewicht und Rollwiderstand der Reifen spielt hier genauso eine Rolle wie die Kinematik des Hinterbaus. Braucht es einen Lockout oder ist es auch schon ohne Helfer-Hebel effizient genug? Letztendlich entscheidet die Stärke am Berg auch darüber, ob man noch ein paar Kilometer dranhängen möchte oder eben nicht.
So haben wir getestet
Im Rahmen unseres Vergleichstests sind wir zunächst im Rahmen der Covid-19 Einschränkungen auf unseren Hometrails unterwegs gewesen. Alle Abfahrten wurden aus eigener Muskelkraft erarbeitet. Nachdem Bikepark-Besuche wieder erlaubt waren, haben wir die Räder auch auf angelegten Strecken mit Liftunterstützung bewegt. Ziel war es dort, im zeitnahen, direkten Vergleich Unterschiede und Feinheiten in der Abfahrtsleistung mit unterschiedlichen Testern zu bewerten. Jedes Bike wurde zunächst in unveränderter Serienausstattung bewegt. Neben individuellen Anpassungen wie Griffen und Pedalen haben wir im Laufe des Tests auch Laufräder und Reifen getauscht, um den Eindruck zu erweitern. Im Fahrwerk haben wir besonderen Wert auf die Abstimmung je nach Vorliebe des jeweiligen Testers gelegt. Dementsprechend wurden neben dem Standard-Prozedere der Sag-Anpassung auch Anpassungen an Dämpfung und Luftkammer-Volumen durchgeführt. Im jeweiligen Einzeltest sprechen wir Empfehlungen aus, die sich an verschiedene Fahrertypen richten und helfen sollen, ein eigenes, passendes Setup zu erarbeiten.
- Fahrstil
- Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Ich fahre hauptsächlich
- Singletrails, sprunglastiger Local Spot, Freeride, DH
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, moderat progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kettenstreben nicht zu kurz (ca. 430 mm oder gerne länger), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
Alle Infos zum bevorstehenden Trailbike-Vergleichstest
Im Laufe der nächsten Tage werden die vier Kandidaten in Einzeltests ausführlich vorgestellt und individuell bewertet. Zum Schluss fassen wir die Ergebnisse zusammen und sprechen Empfehlungen zu Einsatzbereichen und Könner-Stufen aus: Welches Modell ist der beste Allrounder? Wie schlagen sich die Modelle im direkten Vergleich? Welcher Kandidat rockt die Bergab-Wertung? Und welches Trailbike bietet die beste Leistung fürs Geld?
Welches der vier Test-Bikes ist euer persönlicher Favorit?
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