Fahrtechnik-Spezialist Marc Brodesser von Ridefirst zeigt euch, wie ihr am schnellsten lernt euch auf dem Hinterrad fortzubewegen – sowohl im Wheelie als auch im Manual. Diese beiden Techniken eignen sich nicht nur für die Fahrt zur nächsten Eisiele, sondern erweitern auch eure Fähigkeiten auf dem Trail und sind zudem ideal, um die allgemeine Bikebeherrschung zu verbessern. Im Tutorial findet ihr Tipps zur korrekten Ausführung und Anmerkungen zu den häufigsten Fehlern. Viel Spaß beim Üben!
Wheelie lernen
In Sequenzen abgebildete Bewegungsabläufe oder Zeitlupen-Aufnahmen kennt man aus vielen Fahrtechnik-Tutorials. Ein paar Tipps für Ausführung beim Üben kommen gerne noch hinzu. Wir machen nun aus dem „So geht der Wheelie“ ein „So lernt Ihr den Wheelie!“ Von Fahrtechnik-Coach und Youtuber Marc Brodesser bekommt Ihr hier Hinweise für Eure Hausaufgaben! Die typischen Fehler beim Trainieren von Wheelie und Manual bemerkt man ohne einen Fahrtechnik-Trainer kaum, die eingeschlichenen Fehler sind zu sehr fix einprogrammiert. Die häufig gewünschten Bewegungsabläufe erscheinen vielen als schwierig bis unmöglich – Klassiker sind dabei Wheelie und Manuals. Bleibt dran und nutzt diese Tipps für das Üben!
3 Fehler beim Wheelie-Üben
- Die Armstreckung nach dem Impuls fehlt, da der Reflex des „Am Lenker reißen“ dominant ist. Somit beugt sich der Kopf Richtung Lenker und das Vorderrad „fällt runter“.
Lösung: Geduldig den Umlernprozess starten. Dabei helfen zwei Methoden: Die Bewegung der Wheelie-Einleitung in Zeitlupe durchführen, um die Armstreckung zu spüren. Dann erst die Dynamik hinzufügen, da sich das Gehirn an die neue Bewegung gewöhnen muss! Ebenfalls wichtig ist subvokales Training: Man gibt sich selber laut beim Durchführen der Bewegung Anweisungen, z. B: „Tiefgehen… Arme strecken!“.
- Üben in der Ebene oder bergab mit zu schneller Startgeschwindigkeit: In der Ebene oder leicht bergab wird man direkt deutlich schneller, das dosierte Nutzen der Hinterradbremse und die hohe Geschwindigkeit erschweren das Lernen des Wheelies enorm.
Lösung: Anfangs konsequent NUR leicht bergauf üben und aus Schritttempo den Startimpuls einleiten! So kann man sich auf Wheelie-Impuls, Ausgleichsbewegungen und konstantes Pedalieren zu konzentrieren.
- Seitliches Wegkippen: Die Weite des Wheelies wird verringert, da man seitlich wegkippt und der Fuß vom Pedal abgesetzt werden muss.
Lösung: Mit den Knien gegenwirken – wenn das Bike nach links kippen möchte, das rechte Knie während des Pedalierens nach außen zeigen lassen. Auch die Schultern kann man für solche Ausgleichsbewegungen nutzen.
Der Wheelie braucht Geduld und positives Denken! Wer sich selbst sagt „Verdammt, ich kriege den Wheelie niemals hin!“, läuft Gefahr, eine sich selbsterfüllende Prophezeiung zu verwirklichen. Schritt für Schritt mit häufiger Wiederholungsfrequenz üben und dran bleiben!
Mentales beim Wheelie-Üben
Die angeborene Sturzangst hat jeder, unbewusst sagt das Gehirn „Lass den Mist, gleich liegst Du auf dem Rücken“! Deshalb brechen viele Wheelie-Lehrlinge den Wheelie unabsichtlich und unbewusst ab, z.B., indem der Kopf Richtung Lenker gebeugt wird und das Vorderrad auf den Boden fällt. Wichtig: Man muss bewusst ans Limit gehen – anfangs auch mal bei langsamen Tempo nach hinten absteigen und auf den Füßen landen! Dies sollte aber nicht zur Gewohnheit werden, stattdessen sollte die Hinterradbremse genutzt werden – zieht man diese, fällt das Vorderrad abrupt zu Boden. Diesen Reflex muss man sich antrainieren, sprich: anfangs viele Wheelie-Versuche bewusst mithilfe der Hinterradbremse beenden. Dieser Automatismus hilft auch als Notanker beim Manual, den wir euch jetzt vorstellen.
Manual lernen
Beim Manual steht man im Gegensatz zum Wheelie auf den Pedalen, während man auf dem Hinterrad fährt. Dabei kommt man ohne Pedalieren aus, das Vorderrad wird durch Gewichtsverlagerung in der Luft gehalten.
8 Fehler beim Manual-Üben
- Schrittweise: Bevor man an lange Manuals denkt, sollte der Manual-Impuls sauber sitzen, sprich: die dynamische Bewegung, mit der man das Vorderrad aus der Grundposition startend in die Höhe bringt. Hier zeigen sich zumeist schon Baustellen, die man angehen muss, damit man nachher den Manual beherrscht.
- Gewohnheitssache: Die meisten Biker/innen haben schon als Kind auf dem Schulhof versucht, das Vorderrad aus den Armen hochzureißen – diese dominante Gewohnheit bleibt bei den meisten Leuten bestehen, bis sie in einem Fahrtechnikkurse den Umlernprozess starten.
Lösung: Anstatt sich das Ziel zu setzen, dass Vorderrad nach oben zu bekommen, sollte man sich eher auf die dazu notwendige Bewegung fokussieren. Hilfsmethoden dazu: In körpereigener Zeitlupe die Bewegung durchgehen und spüren. Zentral tief gehen und dann den Lenker nach vorne schieben, die Arme strecken sich dadurch. Nun step-by-step die Dynamik steigern und schon hat man kleine Vorderrad-Anlupfer. Auch hier hilft subvokales Training: Sich laut Kommandos geben, z.B. „Tief – uuund Lenker weg!“ Dies hilft, die alte Gewohnheit zu vermeiden und das „Neue“ auch zu vollziehen.
- Blick: Viele Biker/innen schauen beim Manual-Impuls kurz nach unten, dies kann verschiedene Ursachen haben.
Lösung: Blick schon bewusst vor dem Manual-Impuls nach vorne richten. Hilfreich ist es, eine Mauer oder ähnliches zu fokussieren.
- Zu viel Tempo / Location: Viele üben den Manual direkt mit Top-Speed anfahrend – dies verursacht anfangs eine zu starke Ablenkung, da man mehr Angst hat, nach hinten zu kippen. Bei seitlichen Verreißern erhöht sich die Sturzgefahr!
Lösung: In der Ebene bei moderater Geschwindigkeit üben, ein wenig mehr als Schritttempo ist ideal. Als Locations eignen sich breite und ebene Parkplätze, Schulhöfe mit Gummibelägen oder ebene Wiesen. Der Kopf mag es eher, wenn man das Gefühl hat, weich landen zu können.
- Entschlossenheit: Manuals sind größtenteils Kopfsache! Um Gefahren zu vermeiden, sollte man anfangs schon die Manual-Versuche alle mit der Hinterradbremse beenden, um sich das zur Gewohnheit zu machen und den Kopf zu überzeugen, dass man sich voll entschlossen stark nach hinten wirft. Dass man dies ZU STARK macht, wird so oder so vorkommen – dann muss der Rettungsanker als Reflex automatisiert da sein. Beim Manual besteht ansonsten akute Verletzungsgefahr, da man anders als beim Wheelie auf dem Rücken landet (oder die Handgelenke verletzt, wenn man sich versucht abzufangen). Ein Rucksack mit Rückenprotektor oder voller Trinkblase kann zusätzlich ein sichereres Gefühl geben.
- Wheelie und Manual vermischen: Manche üben so, dass sie im Wheelie starten und daraus dann den Manual trainieren. Diese Taktik geht nach hinten los, da man den sauberen Impuls in der Praxis sowieso braucht. Dann neigt man schnell dazu, beim Manual statt der Beinarbeit die schleifende Hinterradbremse zum „Sweet-Spot“-Ausgleichen (Sweet Spot: Punkt, in dem man sich beim Fahren auf dem Hinterrad in perfekter Balance befindet) zur Gewohnheit zu machen.
- Seitliches Wegkippen: Siehe Wheelie!
- Hektik: Häufig üben Biker/innen Versuch an Versuch direkt hintereinander. Das fördert alte Gewohnheiten und verringert die Konzentration.
Lösung: Für jeden Versuch genug Zeit lassen!
Weitere Manual-Tipps
Hängende Fersen helfen auch, da sich dadurch die Beinarbeit beim Manual noch effizienter einsetzen lässt – durch ein Strecken und Beugen der Beine kann man den „Sweet-Spot“ über der Hinterradachse gut austarieren. Kippt das Vorderrad Richtung Boden, streckt man die Beine (so als ob man das Hinterrad unter sich nach vorne schieben möchte). Fällt man fast nach hinten, beugt man sie wieder!
Mehr zu Marc gibt es auf seiner Homepage, auf der er auch selber Online-Lehrgänge für Fahrtechniktrainer anbietet.
Information: MTB-News.de steht in keiner Weise in finanzieller Verbindung zu Verfasser, Fotograf oder Organisator des Berichts. Der Bericht wurde uns von Marc Brodesser kostenfrei zur Verfügung gestellt. Für weitere Informationen zum Angebot findet ihr den Link zum Anbieter im Artikel.
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