In den letzten Jahren ist es für mich zur Tradition geworden, an dieser Stelle auf das vergangene Jahr zurückzuschauen und einen Ausblick auf unser bevorstehendes Jahr zu liefern – am Schnittpunkt von Bike-Hobby, Bike-Media, Industrie, Racing und was noch so alles dazugehört. Dieses Jahr gestaltete sich das etwas schwierig, da 2020 auf vielen Ebenen anders gelaufen war als wir dachten und wir noch ziemlich im Dunkeln tappen, was uns in 2021 erwarten wird.
Willkommen in meiner Covid-Edition des Jahresrückblicks – hier sind exemplarisch Punkte, die uns dieses Jahr bewegt haben:
Einbrüche – nur virtuell?
Das erste Ausrufezeichen setzte 2020 direkt im Januar mit dem Canyon Hack. Für uns war das der Auslöser, unsere Infrastruktur selbst ein weiteres Mal durchzudenken und mit „Was wäre, wenn“-Fragestellungen verschiedene Szenarien durchzugehen und zu berücksichtigen.
Digital abgesichert ist das eine – nur hatten wir im Büro in Bad Kreuznach ab und zu das komische Gefühl, dass Kleinigkeiten abhanden kommen. So paranoid kann man also werden – oder nicht? Hat einer der Kollegen den Helm zum Testen mitgenommen? Und was ist mit den Schuhen?
Ein paar Wochen später. Abends liegt ein Trikot auf dem Tisch, am Morgen fehlt es. Nachdem uns diese Sache dann doch ziemlich komisch vorgekommen war, statteten wir unser Büro mit einer einfachen Überwachungskamera aus. Bingo! Irgendwann meldete sich die Kamera-App an einem Samstagabend – der Dieb war tatsächlich ins Video gelaufen. So wussten wir, wer der Übeltäter ist (wir kennen ihn vom Sehen, er hat aber nichts mit unserem Team zu tun) und übergaben den Fall an die Polizei.
Not macht erfinderisch
Ja, es klingt abgedroschen – ist aber viel Wahres dran. Bei einem Teamtreffen im Februar haben wir (noch ohne Not) gemeinsam in das bevorstehende Jahr geblickt, geplant und gemeinsam Schwerpunkte und Abläufe festgelegt. Kurz darauf war vieles davon Makulatur und Event-Absage folgte auf Event-Absage. Ich kann mich gut an das Zoom-Meeting erinnern, wo wir uns neue Abläufe für die Zeit während des ersten Lockdowns entworfen haben und gemeinsam nach alternativen Inhalten überlegt haben. Alle Events fallen aus, Neuheiten werden keine präsentiert – gleichzeitig werden unsere Leser*innen aber viel Zeit online verbringen. Durch die geänderte Situation haben wir viel mehr herumprobiert, was gut geht und was nicht so gut geht. Einfach mal machen!
So kam es, dass wir in der ersten Jahreshälfte Neuheitenvorstellungs-Videos und -Artikel unter dem Titel Bikestage für unsere drei Plattformen MTB eMTB und RRN produzierten. Alle Kollegen legten sich massiv ins Zeug und erstellten per Zoom sowie zugeschickten Fotosamples Artikel und Videos – und wir lernten dabei gleichzeitig irre viel über Abläufe, Produktion und alles drum herum.
Zoom-Talkshows wurden kurzfristig aus einem Esszimmer in München gesendet. Wo wir früher noch gedacht hatten: „In so einer Qualität – das können wir nie bringen!” ist das jetzt kein Problem mehr und Episode 1 ist direkt eine sehr interessante geworden. Unser Podcast-Team konnte sich während dieser Zeit mit dem Pokal oder Spital-Podcast noch weiter in die Ohren einer wachsenden Zuhörerschaft diskutieren – und zu der Zeit, wo es nur wenig Neuigkeiten gab, haben wir die Neuigkeiten dann eben selbst produziert.
Unsere Zugriffszahlen haben dieses Jahr einige Rekordzahlen aufgestellt (Marcus geht im aktuellen Podcast darauf ein – es ist interessant!). Falls du es nicht wusstest: Ich hatte MTB-News vor vielen Jahren als virtuellen Treffpunkt gestartet (mehr dazu hier) und genau das sind wir für viele Menschen derzeit. Parallel zu News und Forum wurde unser Bikemarkt dieses Jahr relativ leergekauft. So wenig verfügbare gebrauchte Bikes hatten wir ewig nicht, da einfach alles gekauft wurde. Ihr habt im Bikemarkt dieses Jahr übrigens Bikes und Parts für mehr als 14 Millionen Euro gehandelt.
Ein Großteil unseres Teams arbeitet schon immer verteilt, Zoom (und vorher Google Hangout) nutzen wir schon ewig – deswegen ist die Umstellung auf soziale Distanz erstmal keine große gewesen. Jeder von uns braucht nur sein Notebook und möglichst flottes Internet, um arbeiten zu können. Als der erste Lockdown gelockert wurde, waren wir allerdings mehr als froh, die Kollegen wieder auch mal abseits von Zoom und Google Meet zu sehen.
Positive Nebeneffekte
Die allermeisten Events für uns sind dieses Jahr entfallen, einige davon haben wir sehr vermisst – bei anderen hielt sich die Trauer in Grenzen. Durch die Änderungen war Zeit freigeworden, es wurden mehr Tests produziert und veröffentlicht als in den Jahren zuvor. Außerdem: Keine Rennen und Events! Das heißt, dass auch Zeit war, an den Wochenenden selbst mehr biken zu gehen. So ging es wohl der gesamten Industrie, die sonst von Festival zu Festival oder von World Cup zu World Cup reist.
Negative Nebeneffekte: Goodbye, Jens
Passend zum Jahr haben wir die Weihnachtsfeier fast mit dem kompletten Team per Zoom samt paralleler Bierprobe durchgeführt. Mit lachendem Auge wurde gewichtelt und unsere Neuzugänge Dennis und Harry im Team begrüßt – und mit weinendem Auge habe ich realisiert, dass es wohl vorerst die letzte Weihnachtsfeier mit Jens sein wird, der uns – auch pandemiebedingt – zum 1.1. Richtung Industrie verlassen wird (mehr dazu zwischen den Jahren von Jens selbst).
Ich hatte den ersten Kontakt mit Jens im Dezember 2006 – als ich ihn damals wegen eines Fotos angefragt habe, ob wir das als Foto des Monats nutzen können.
Hy Thomas,
wir hatten per pm über das Foto des Monats geredet. Meine Vorschläge findest du auf meiner Website unter Wallpaper:
http://www.grinsekater.com/frameset.htm
Ich nehme an, dass im Fall, dass eines meiner Bilder genommen wird ich den schwarzen Balken sowie unser Logo entfernen muss. Schreib mir dann einfach eine Email.
Ride on!
jens (Grinsekater)
(Fun Fact: Magura hat später nach genau diesem Foto angefragt und es für eine Anzeige genutzt – und Jens hatte damit seinen ersten Kontakt in die Industrie.)
Über die Jahre folgten zahlreiche gemeinsame Trips zum Biken und auf Events. Anfangs gab es auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit Schockmomente mit „Ich bin gestürzt und bin im Krankenhaus“-Anrufen, Chat-Nachrichten oder Fotos von zerstörten Körperteilen – der Name von Jens alter Website Bruchpilotracing war damals mehr als Programm.
Seit 2010 hat Jens 383 Artikel beigesteuert (und für viele weitere Fotos und Videos geliefert) – auf einem wahnsinnigen Niveau. „Nerdlevel 5.000“ könnten wir es nennen, trotzdem sucht Jens auch die Meinung von unerfahrenen Fahrern und ist extrem engagiert, um die Fragen von uns Lesern in ausführlichen Kommentaren unter den Artikeln zu klären. Zusätzlich hat er uns alle in gewisser Weise mit seinem anspruchsvollen Fotostil geprägt und die Messlatte für Bilder auf unseren Plattformen damit extrem hoch gelegt – und alle Kollegen damit gepusht, das kleine bißchen „Extra Love“ reinzugeben, was uns dann von Anderen unterscheidet.
Danke Jens für die Jahre mit dir als Teamkollege – wir haben zusammen irre viel erlebt und erreicht. Es war eine mehr als wilde Fahrt!
Zum Abschluss noch etwas Positives
Unsere Spendenaktion für den World Bicycle Relief läuft aktuell auf Rekordkurs und es macht mich irre stolz, was wir als Gemeinschaft von Fahrrad-Interessierten gemeinsam bewegen können.
Ich schätze, dass wir inklusive der grandiosen Verdopplungsaktion von Schwalbe und dem WBR selbst am Ende auf rund 150.000 EUR kommen und damit die Leben von über 1.100 Kindern nachhaltig verändern werden. Danke für eure großzügige Unterstützung! Ein Fahrrad für ein Schulkind kostet 134 EUR – damit verändern wir Leben.
Du hast noch nicht mitgemacht? Auch diese Woche gibt es wieder krasse Preise zu gewinnen (und jede Spende an 15 EUR wird verdoppelt) – mach jetzt mit!
So – das war mein ganz kurzer Rückblick mit einigen Low- und Highlights.
Ich und das ganze Team wünschen dir schöne Weihnachten, bleib gesund und komm gut ins nächste Jahr!
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