Langweilige Rennen mit einem erwarteten Rennausgang? Fehlanzeige! Die ersten Cross-Country-Rennen des Doppelweltcupevents im tschechischen Nove Mesto schließen sich nahtlos an die Short Track-Rennen an und liefern ein überraschendes Ergebnis nach dem anderen. Bei erneut schwierigen Bedingungen auf nassem und rutschigem Untergrund ging es für die besten Rennfahrerinnen und Rennfahrer heute erstmals auf den verlängerten Rundkurs rund um das Biathlonstadion. Wir haben alle Ergebnisse der bisher sehr überraschenden Rennverläufe.

Herren: Simon Andreassen landet den ganz großen Coup

Dieser Weltcupauftakt war schlichtweg verrückt. Lässt man den U23-Sieg von Tom Pidcock, der durchaus zu den Favoriten im Nachwuchsrennen zählte, außen vor, dann boten die Wettkämpfe im Biathlonstadion von Nove Mesto den TV-Zuschauern ein Spektakel der besonderen Sorte – mit Siegern die im Vorfeld wohl keiner auf der Rechnung hatte.

So war es Simon Andreassen, der in seinem ersten Elite-World Cup-Rennen seinen ersten Sieg feiern durfte. Der frisch gebackene dänische Meister setzte sich in einem packenden Rennen gegen den Franzosen Maxime Marotte und den starken Niederländer Milan Vader durch. Maximilian Brandl überzeugte als bester Deutscher auf Rang elf.

Der Reihe nach: Zu Beginn des Rennens bildete sich eine große, circa zehn Mann starke Spitzengruppe, die meist durch Henrique Avancini angeführt wurde. Ein Großteil der Favoriten war darin vertreten – bis auf Nino Schurter. Der Weltmeister erwischte einen miserablen Start und zeigte sich in den ersten Umläufen nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Doch der Schweizer biss sich durch, fand immer besser in Tritt und startete eine Aufholjagd die den Titel „par excellence“ verdient hat. Am Ende wurde er im Zielsprint Vierter, den er knapp gegen Avancini gewann.

An der Spitze fand währenddessen ein Ausscheidungsfahren statt. Immer mehr Fahrer konnten dem Tempo nicht mehr folgen, für das inzwischen in erster Linie der junge Niederländer Milan Vader verantwortlich war. Der 23-Jährige Simon Andreassen, der gestern seinen Geburtstag feierte, hielt sich stets unter den Top fünf auf und war schließlich der einzige Fahrer, der Vader folgen konnte. Beachtlich war, dass Andreassen von Startposition 41 ins Rennen ging und aufgrund seiner Weltranglistenposition nicht mal für den Short Track am Dienstag eine Startberechtigung inne hatte.

In der vorletzten Runde schloss der stark aufkommende Maxime Marotte zum Duo auf und sorgte im letzten Umlauf für ein enorm hohes Tempo. Nur Andreassen konnte folgen und am vorletzten längeren Anstiegen selbst eine Attacke setzen, der Marotte wiederrum nicht gewachsen war. Der Däne manövrierte sich sauber durch die letzten technisch anspruchsvollen Passagen und feierte überraschend, aber verdient, seinen ersten Weltcupsieg.

Aus deutscher Sicht verlief das Rennen äußerst zufriedenstellend. Der deutsche Meister Maximilian Brandl erwischte nach seinem starken Auftritt am Dienstag, erneut einen guten Tag und hielt sich konstant unter den ersten 15 auf. In der letzten Runde kassierte er noch den zurückfallenden Stephane Tempier und sicherte sich somit in seinem ersten Elite-Weltcup Platz elf. Ebenfalls überraschend war der starke Auftritt von Julian Schelb, der mit Platz 21 sein bestes Weltcupergebnis seiner Karriere einfahren konnte. Manuel Fumic musste nach einem schweren Jahr mit einem Bruch des Schlüsselbeins sowie einer Blinddarm-OP, das Rennen vorzeitig beenden. Der Cannondale-Profi fand nie richtig ins heutige Rennen und stürzte auch noch unglücklich.

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Damen: Französische Festspiele im Generationenkampf

Die etatmäßige U23-Fahrerin und Drittplatzierte des Short Track-Rennens am Dienstag, Loana Lecomte, feierte im Rennen der Elitekonkurrenz der Damen ihren ersten Weltcupsieg. Bei ihrem allerersten Start in der Eliteklasse setzte sich die 21-jährige Französin letztlich souverän durch. Das aus französischer Sicht äußerst erfolgreiche Ergebnis rundeten Pauline Ferrand-Prevot und Lena Gérault auf den Positionen drei und vier ab. Einzig die Niederländerin Anne Terpstra durchbrach die französische Phalanx und sicherte sich den zweiten Platz hinter Lecomte.

Vom Start weg waren es die beiden Französinnen Ferrand-Prevot und Lecomte, die dem Rennen ihren Stempel aufdrückten. Vor allem die Weltmeisterin Ferrand-Prevot forcierte das Tempo derart, dass das Damenfeld in viele Kleingruppen zerbrach. Einzig Lecomte war zunächst in der Lage dem hohen Tempo von Ferrand-Prevot zu folgen und so schien es lange Zeit zu einem Generationenduell der beiden Französinnen zu kommen. Doch während Lecomte ihre Kräfte sehr gut einteilte, verlor Ferrand-Prevot zur Rennhälfte den Anschluss und von da an konstant an Boden gegenüber der späteren Siegerin. Hinter den beiden wesentlichen Protagonistinnen des Rennens waren es die Niederländerin Anne Terpstra, die Österreicherin Laura Stigger und die französische Meisterin Lena Gérault, die in Schlagdistanz zueinander um den dritten Platz kämpften. Insbesondere der Auftritt von Gérault war dabei äußerst bemerkenswert, da sie von Startposition 57 aus erst einen Großteil des Damenfeldes überholen musste, um an der Spitze des Feldes mitmischen zu können.

Anne Terpstra war es schließlich, die sich mit leichtem Vorsprung auf dem dritten Rang festsetzen konnte und in der letzten Runde sogar noch Pauline Ferrand-Prevot auf dem zweiten Rang attackieren konnte. Erst in der letzten Abfahrt zum Ziel schloss die Fahrerin des Ghost Factory Racing Teams zur Weltmeisterin auf und überholte sie unmittelbar. Auf den letzten Metern hatte Terpstra mehr Körner übrig und sicherte sich in einem langgezogenen Zielsprint auf den letzten Metern den zweiten Rang vor Ferrand-Prevot. Lena Gérault landete dahinter auf dem vierten Rang, gefolgt von der 20-jährigen Österreicherin Laura Stigger.

Pech hatte dagegen die deutsche Hoffnungsträgerin Elisabeth Brandau: Bereits in der Startrunde erlitt die Fünftplatzierte des Short Track-Rennens am Dienstag einen Defekt, der sie weit ins Hintertreffen brachte. Mit zwei Runden Rückstand landete sie schließlich auf dem 57. Rang. Deutlich besser schnitt die deutsche Marathon-Meisterin Nadine Rieder ab: Sie landete nach einem konstanten Rennen auf dem 25. Rang.

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U23-Herren: Brite Pidcock mit den besten Beinen

Das nächste Super-Talent im Anmarsch? Der Brite Tom Pidcock, der bereits Nachwuchsweltmeister auf der Straße und im Cyclocross war und zu Beginn dieses Jahres bei den Cyclocross-Weltmeisterschaften in der Eliteklasse nur von Mathieu van der Poel geschlagen wurde, sicherte sich den Sieg in der U23-Klasse beim ersten Rennen des Doppelweltcups in Nove Mesto. Maßgeblich für den Erfolg war neben den mit Abstand besten Beinen im Feld eine taktische Meisterleistung des Briten: Mit Startnummer 103 ins Rennen gegangen, arbeitete sich Pidcock, der im nächsten Jahr für die Straßenmannschaft Ineos Grenadier unterwegs sein wird, bereits in der Startrunde an die Spitze nach vorne.

Gemeinsam mit den beiden Schweizern Alexandre Balmer, Vital Albin, dem Amerikaner Christopher Blevins, dem Kanadier Sean Finchham und dem Chilenen Martin Vidaurre bildete Pidcock dann in der ersten Rennhälfte das Geschehen an der Spitze des Feldes. In der vierten von insgesamt sechs zu fahrenden Runden blies der junge Brite dann zur Attacke und distanzierte die Konkurrenten innerhalb kürzester Zeit mit großem Vorsprung. Diesen gab Pidcock nicht mehr wieder ab und triumphierte damit erstmals bei einem Mountainbike-Weltcup. Dahinter gelang es zunächst Sean Finchham sich auf der zweiten Position festzusetzen, doch der Kanadier verlor in den letzten beiden Runden an Boden. So war es schließlich der Schweizer Alexandre Balmer, der sich auf dem zweiten Rang festsetzen konnte. Dahinter duellierten sich Balmers Landsmann Vital Albin und Martin Vidaurre, der für das deutsche Lexware MTB Team unterwegs ist, um den dritten Rang. In einem packenden Sprint-Finish sicherte sich Albin mit hauchdünnem Vorsprung den dritten Platz vor Vidaurre. Der Kanadier Finchham belegte hinter diesem Duo den fünften Rang.

Lange Zeit in Schlagdistanz zu den besten zehn Fahrern, landete David List als bestplatzierter deutscher Fahrer auf dem 12. Rang. Nur sieben Plätze dahinter konnte Alex Bregenzer auf dem 19. Rang überzeugen.

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U23-Damen: Italienerin Marchet mit Überraschungserfolg

Überraschung im U23-Feld der Damen: Die Italienerin Giorgia Marchet triumphiert vor der Niederländerin Ceylin Alvarado und der Amerikanerin Haley Batten. Das für die U23-Klasse sehr lange Rennen über fast 1:30 Stunden Rennzeit verlief dabei zunächst wie im Vorfeld prognostiziert: Haley Batten, gemeinsam mit der Dänin Annika Langvad Siegerin des Swiss Epic vor einigen Wochen, führte das Rennen vom Start weg souverän an und lag bereits nach der Startrunde mit 20 Sekunden Vorsprung an der Spitze. Mit einem Vorsprung von bis zu 50 Sekunden konnte sich Batten im Folgenden an der Spitze festsetzen. Doch zu Beginn der zweiten Rennhälfte verlor Batten stetig an Boden, ein vermutlicher Defekt eine Runde vor Rennende warf sie zudem zurück.

Somit war die Stunde gekommen für die Verfolgerin Giorgia Marchet, die sich nach einem etwas schwächeren Start von Position sechs konstant an die Spitze vorarbeitete und eingangs zur letzten Runde zur Führenden Batten aufschloss. In der letzten Runde war es schließlich die Italienerin, die sich entscheidend absetzen konnte und somit ihren ersten Weltcuperfolg einfahren konnte. Dahinter verlor Batten weiter an Boden, sodass die Niederländerin Ceylin Alvarado, amtierende Weltmeisterin im Cyclocross in der Eliteklasse, sich ebenfalls noch an ihr vorbeischieben konnte. Bestplatzierte Deutsche wurde Leonie Daubermann die über weite Strecken um einen Platz unter den besten zehn Fahrerinnen kämpfte und letztendlich den 12. Rang belegte.

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Alle Artikel zum XC World Cup in Nove Mesto 2020:

  1. benutzerbild

    matt017

    dabei seit 12/2005

    Der Gedanke mit der Priorisierung (WC vs Weltmeisterschaft) kam mir auch schon.
    Muss ja nicht mal unbedingt sein, dass nicht jeder voll fährt. Es reicht wahrscheinlich schon, wenn man seine Trainingsplanung so gestaltet, dass das Maximum am Ende des Blocks erreicht wird.
    Ob das natürlich mit insgesamt so wenigen Rennen und dann so vielen auf einmal funktioniert, sehen wir dann nach Leogang.

    Erinnert mich bisschen an die Tour, bei der die Klassement-Fahrer ihre 100% auch erst während der Tour bekommen.

  2. benutzerbild

    Dodger79

    dabei seit 09/2014

    Gerade wenn so wenige Rennen sind, kommt es eben auf jedes Ergebnis an. Deiner Logik kann ich echt nicht folgen, sorry smilie
    Wenn kein Titel "Gesamt-WC-Sieger" vergeben wird, kommt es eben nicht auf jedes Rennen an, sondern diese beiden Veranstaltungen mit je 1x Shorttrack und 1x XCO sind eigentlich nichts weiter als einzelne Rennen. Die in einem sehr kurzen Zeitraum stattfinden. Quasi direkt gefolgt von einem Rennen, dass als WM tatsächlich sehr viel mehr bedeutet als "hey, 2020 habe ich bei einem von 2 WC-Rennen auf dem Podium gestanden". Youngster können sich profilieren, Aussenseiter sich mal in den Vordergrund fahren, aber ich halte es nicht für undenkbar, dass sich Favoriten eher auf die WM vorbereiten. Das Regenbogentrikot ist bei einer (hoffentlich) 2021er Saison eben doch prestigeträchtiger als 1 oder 2 Siege mehr im Palmares in dieser Seuchensaison.
  3. benutzerbild

    Deleted 57408

    dabei seit 12/2015

    Lecomte auf einer bisher unbekannten Bikemarke.

    [Bild]

    Marga Fullana ist auf Massi 2008 in Val Di Sole Weltmeisterin vor Sabine Spitz und Irina Kalentieva geworden (bin selbst vor Ort gewesen).
    Ok, sie ist eine überführte Doperin, aber dafür kann/konnte der Hersteller Massi ja nix.
    An dem Tag erlebte übrigens Julien Absalon eine seiner schwärzesten Stunden und Christoph Sauser wurde Weltmeister auf dem damals brandneuen Specialized Epic.
  4. benutzerbild

    ghostmuc

    dabei seit 10/2013

    [Bild]

    Marga Fullana ist auf Massi 2008 in Val Di Sole Weltmeisterin vor Sabine Spitz und Irina Kalentieva geworden (bin selbst vor Ort gewesen).
    Ok, sie ist eine überführte Doperin, aber dafür kann/konnte der Hersteller Massi ja nix.
    An dem Tag erlebte übrigens Julien Absalon eine seiner schwärzesten Stunden und Christoph Sauser wurde Weltmeister auf dem damals brandneuen Specialized Epic.

    Mir schon klar das es die Marke länger gibt, kannte sie aber bis gestern nicht.
    Und auch allgemein gesehen glaub ich ist es nicht die bekannteste Marke
  5. benutzerbild

    Twenty9er

    dabei seit 02/2012

    Man darf gespannt sein, was die Fahrer aus diesem Rennen gelernt haben und in den zweiten Lauf mitnehmen können. Das gab es so ja noch nie.

    David List wurde 12. im U23-Rennen, sah sich aber durch die eigene schlechte Reifenwahl ausgebremst. Drücke ihm die Daumen, dass er im 2. Lauf ein Top10-Resultat einfahren kann.

    Maxim Marrotte wird sich merken, dass man in der letzten Runde in der letzten Abfahrt nicht die längere Linie fahren sollte ;-)

    Nino Schurter wird in der Startrunde sicherlich auch nicht mehr überpacen. Braucht er ja auch nicht. smilie

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