Saisonfinale für unseren XC-Weltcupblogger Luca Schwarzbauer: Nach einer strapaziösen Saison schaffte es Luca in der Short Track-Weltcupwertung den dritten Rang zu sichern – auch wenn die beiden letzten Weltcuprennen in Lake Placid und Mont-Sainte-Anne nicht ganz rund liefen. Hautnahe Einblicke vom Weltcupfinale in Kanada und den USA plus das Saisonfazit gibt’s im letzten Blogbeitrag des Jahres von Luca!
Mit Höhen und Tiefen – das Saisonfazit
Wieder liegt eine Saison hinter mir und all den anderen Athletinnen und Athleten im Weltcupzirkus: Wie fällt nun mein Fazit aus nach einem langen, strapaziösen Jahr aus? Zunächst einmal lässt sich festhalten, dass der dritte Rang in der Short Track-Gesamtweltcupwertung und der sechste Platz in der Cross-Country-Weltcupwertung zwei Platzierungen sind, die mich wirklich sehr happy machen.
Nichtsdestotrotz war dieses Jahr definitiv von mehr Schwierigkeiten geprägt als das letzte Jahr – wobei das letzte Jahr mit gerade einmal zwei schwierigen Rennen bei insgesamt 25 Stück über das Jahr verteilt einfach auch eine unglaublich gute Bilanz war. Dementsprechend sollte ich das vergangene Jahr in gewisser Hinsicht nicht unbedingt als Maßstab ansehen und die Saison in diesem Jahr etwas differenzierter betrachten.
Über allem steht in einem Jahr wie diesem natürlich das große Saisonhighlight, die Olympischen Spiele in Paris – und das war sicherlich eine große Enttäuschung für mich. Ich hatte meine ganze Saison daraufhin ausgerichtet, meine ganze körperliche und mentale Energie reingesteckt und dann lief es leider nicht so, wie erhofft.
Ich bin mental, aber auch physisch wirklich „All in“ gegangen. Und das ging leider in die Hose!
Luca Schwarzbauer
Leider ist das bei mir dann gerne so, dass ich nach so einem großen Event etwas Schwierigkeiten habe, mich nochmals voll und ganz zu sammeln und zu motivieren – ich war regelrecht ausgebrannt nach den Olympischen Spielen. Bis zu den Weltmeisterschaften konnte ich mich noch ganz gut retten und mit dem siebten Rang auch nochmal ein echtes Erfolgserlebnis einfahren – insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen Herausforderung der Höhe in Andorra.
Und auch sonst konnte ich in dieser Saison eigentlich viele sehr solide Ergebnisse einfahren. In Crans-Montana, Nové Město na Moravě und Les Gets bin ich jeweils Siebter im Cross-Country-Rennen gewesen. Dann wurde ich zum ersten Mal in der Eliteklasse deutscher Meister und wenn auch nicht ganz so erfolgreich wie im Vorjahr, war ich in den Short Track-Weltcuprennen im Weltcup immer vorne mit dabei. Rang zwei in Mairiporã und drei fünfte Plätze über die Saison verteilt sind, so denke ich, allesamt Ergebnisse, mit denen ich mich nicht komplett verstecken muss. Aber natürlich, die richtig großen Höhepunkte fehlen in der Auflistung – es gab einfach, ein, zwei Tage zu viel, an denen die Dinge nicht so laufen sollten, wie ich es mir vorgestellt habe.
Vielleicht jammere ich da auch gerne etwas zu viel herum, immerhin hatte ich kein einziges Rennen dieses Jahr, dass ich vorzeitig aufgeben musste und praktisch kaum technische Probleme: Sicher und gesund durch die Saison zu kommen ist bereits sehr viel wert – das geht gerne einmal nach einer überaus so erfolgreichen Saison wie 2023 unter.
Jetzt geht es für mich darum, die abgelaufene Saison – vielleicht sogar die beiden letzten Jahre – etwas sacken zu lassen und etwas herunterzukommen. Im vergangenen Jahr hat das nicht ganz so gut geklappt, da ich viele verschiedene Termine nach dem Saisonende hatte und dieses Mal habe ich versucht, mir bewusst an dieser Stelle mehr Zeit zu genehmigen.
Der vorletzte Weltcup in Lake Placid: Pech im Short Track, schwere Beine im XC-Rennen
Wenn ich den Blick nochmal auf die letzten beiden Weltcuprennen in Lake Placid und Mont-Sainte-Anne richte, muss ich festhalten: Auch wenn das für mich nicht so besonders ausschlaggebend war, habe ich mir alles ein bisschen anders vorgestellt, als es am Ende lief.
In Lake Placid gab es für uns einen gänzlich neuen Austragungsort mit einer neuen, äußerst schnellen Strecke. Für uns Athletinnen und Athleten sehr praktisch in Lake Placid: Durch die Nähe zur kanadischen Grenze konnten wir direkt nach Montréal fliegen, dann in die USA mit dem Auto fahren und danach mit geringer Distanz nach Mont-Sainte-Anne. Es spart Kosten und Energie gegenüber einer potenziellen, weiteren Flugreise zwischen den Rennen. Auch das Veranstaltungsgelände und die Umgebung in Lake Placid hat uns richtig gefallen – einziges Manko bei den Rennen: Faktisch waren wenige bis gar keine Zuschauerinnen und Zuschauer vor Ort, das ist dann natürlich etwas schade für alle Beteiligten.
Zu den Rennen: Im Short Track von Lake Placid war ich eigentlich ganz gut dabei, bis mir dann nach rund drei Viertel des Rennens die Kette heruntergefallen ist – eigentlich etwas, dass mir, seit ich bei Canyon und auf SRAM-Antrieben unterwegs bin, nie zuvor passiert ist. Nach einer ausgiebigen Analyse kamen wir zu dem Schluss, dass wohl ein Stein aus einer Schotter-Passage zwischen Kette und Kettenblatt gekommen sein muss und so die Kette aus ihrem Lauf geworfen hat. Etwas schade für mich, da ich mich eigentlich gut gefühlt hatte und mir durchaus etwas ausgerechnet hatte an dem Tag.
Ich bin durch dieses Missgeschick ganz ans Ende des Feldes zurückgespult worden und am Ende nur noch 34. geworden. Ich hätte einfach aufgeben können, da eine gute Platzierung nach dem Kettenabwurf völlig außer Reichweite war, aber das wollte ich nicht. Und ein bisschen stolz bin ich auf mich, dass ich das auch durchgezogen habe. Durch den 34. Rang konnte ich noch ein paar wenige Punkte in der Short Track-Weltcupwertung sammeln und genau jene Punkte waren es nachher, die den Ausschlag eine Woche später in der Endabrechnung der Short Track-Weltcupwertung für meinen dritten Rang gaben.
Dann ging es weiter mit dem Cross-Country-Rennen am Sonntag: Nach ein paar erfolgreichen Trainingswochen zuvor war ich recht guter Dinge nochmal ein starkes Ergebnis einfahren zu können und dann doch recht schnell etwas ernüchtert, zu sehen, dass mein Level überhaupt nicht da ist, wo ich es erwartet habe. Natürlich war mir klar nach dem erheblichen Energieeinsatz für die Olympischen Spiele und für die Weltmeisterschaften, dass ich nicht mehr ganz mit Bestform unterwegs sein würde. Aber eigentlich lief es dann trainingsmäßig doch noch halbwegs rund. Aber scheinbar war mein Level dann sogar noch ein bisschen niedriger als erhofft.
Und dann hat es eben am Ende gerade einmal zu einem 19. Rang gereicht – definitiv ein gewisser Rückschlag für mich. Ich dachte eigentlich, dass ich selbst an einem schlechten Tag trotzdem noch in die Top 15 fahren kann. Die Erklärung für das Ganze dürfte recht simpel ausfallen: Ich bin einer der wenigen Fahrer, die wirklich das gesamte Rennprogramm des Jahres von den ersten Weltcuprennen in Brasilien, über Olympia, bis hin zum Saisonfinale mitgemacht haben. Und da kommt man wohl ohne Formtief nicht aus – meines kam eben nun ganz am Ende.
Positive Überraschung zum Saisonabschluss: Der finale Tanz in Mont-Sainte-Anne
Am Montag nach Lake Placid ging es für uns dann direkt weiter nach Mont-Sainte-Anne – der ersehnte letzte Tanz der Weltcupsaison. Ich fühlte mich aber irgendwie doch auch wieder ganz wohl und hatte die leise Hoffnung, es nochmal aufs Podium zu schaffen – vor allem im Short Track. Ich wusste, die Strecke liegt mir und mit etwas Glück könnte ich es noch auf den dritten Rang in der Gesamtwertung schaffen.
Dann habe ich das Ding voll volley genommen! Wenn ich jemals 100 % gegeben habe in einem Rennen, dann an diesem Tag. Ich habe wirklich alles aus mir rausgeholt, was irgendwie noch da war.
Luca Schwarzbauer
Schlussendlich bin ich dann Fünfter geworden und dachte zunächst, dass es wohl nicht klappen würde mit dem dritten Rang in der Short Track-Gesamtwertung. Dann kam aber plötzlich jemand zu mir und meinte, ich müsste schnell zum Podium kommen, umso größer war dann die Überraschung und Freude über den unerwarteten Erfolg. Dass ich schließlich mit den mit Abstand besten Fahrern der Saison, Alan Hatherly und Victor Koretzky, auf dem Short Track-Weltcuppodium stehen durfte – das war definitiv eines der Highlights meiner Saison in diesem Jahr, wenn nicht sogar das größte Highlight.
Es macht mich auch in gewisser Form glücklich zu sehen, dass ich selbst mit einer gefühlt eher mittelmäßigen Short Track-Saison trotzdem in der Lage bin einen derartigen Erfolg einzufahren.
Luca Schwarzbauer
Für das folgende Cross-Country-Rennen nahm ich mir dann besonders vor, sauber und ohne große Schäden durchzukommen. Ich wollte mich definitiv nicht noch im letzten Rennen des Jahres irgendwie verletzen. Dieses Mindset war in gewisser Form auch notwendig, die Strecke in Mont-Sainte-Anne war eben das komplette Gegenteil zu jener in Lake Placid: Viel langsamer, äußerst technisch und an vielen Stellen auch nass und rutschig.
Insbesondere nach meinem hohen Einsatz im Short Track zwei Tage zuvor wollte mein Körper generell nicht mehr viel hergeben: Ich versuchte noch am Anfang mich in den relevanten Gegenden aufzuhalten – sprich Top Ten. Aber das war definitiv nicht drin. Etwas geärgert hat mich das schon, denn mit einem starken Rennen wäre womöglich noch Rang fünf im Gesamtweltcup in der Cross-Country-Disziplin drin gewesen. Am Ende wurde es schließlich der 26. Rang – definitiv nicht das, was ich von mir erwarte.
Nichtsdestotrotz waren die Rennen in Mont-Sainte-Anne ein wirklich schöner Abschluss der Saison: Viele, viele Zuschauer vor Ort und die älteste Strecke des Weltcups machen das Event zu einer besonders ikonischen Veranstaltung. Und so war ich letztendlich auch nicht zu Tode betrübt nach dem Rennen, vielmehr einfach glücklich darüber, dass die Saison vorbei ist.
Ich habe eben noch zu Loana, meiner Teamkollegin, gesagt: „Das Schöne an schlechten Rennen ist, dass man noch motivierter ist, weiter an sich zu arbeiten und sich zu verbessern und gleichzeitig ist man im Anschluss in der Lage erfolgreiche Tage stärker wertzuschätzen und zu würdigen.“ Und genau das nehme ich jetzt mit in die Offseason und anschließend in die Vorbereitung auf die neue Saison! Ich möchte mich bei euch allen bedanken, dass ihr so zahlreich meinen Blog hier verfolgt habt, und ich hoffe, ich konnte ein paar spannende Einblicke in mein Rennfahrerleben geben. Bleibt gesund und munter!
Bis bald,
euer Luca
Alle Blog-Beiträge von Luca:
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Wenn die Ansprüche wachsen – Rennbericht aus Nové Město
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Von Himmel hoch jauchzend zu Tode betrübt…
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Ein gutes Gefühl kann mehr wert sein als das Podium
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: EM & Val di Sole – Herausforderungen des Rennkalenders
- XC WM – Blog Luca Schwarzbauer: Immer im Blick behalten, wo man herkommt
- XC World Cups Andorra & Les Gets – Blog von Luca Schwarzbauer: „Eine gemütliche Spazierfahrt ist das nie!“
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Ich hätte mir sowas niemals erträumt
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Hitze, Feuchtigkeit & Magenprobleme – Rennbericht aus Brasilien
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Falsche Entscheidungen, falscher Zeitpunkt – Rennbericht Nové Město
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Alles für Olympia – das „Licht am Ende des Tunnels“
- XC World Cup – Blog Luca Schwarzbauer: Finaler Endspurt – Lake Placid & Mont-Sainte-Anne
13 Kommentare