Die Tschechien-Tour fällt ohnehin grad etwas unter den Tisch. Wie wichtig ist die für die Kaufentscheidung? Wie willst du reisen, mit Zahnbürste und Kreditkarte oder mit Zelt, Liegestuhl und Weber Kugelgrill? (just kidding!) Anfangs nimmt man oft zuviel Geraffel mit und besitzt auch nicht jeden Ausrüstungsgegenstand in der Version "leicht und volumenoptimiert". Und die ganze Bagage muß irgendwo untergebracht werden. Der gemeine Reiserattler packt - auch wegen der Gewichtsverteilung und des daraus resultierenden Fahrverhaltens - einen Teil nach vorne, in Lowrider-Taschen, die sich nicht wirklich mit Federgabeln vertragen. Die rüsten dann oft ihr Fahrrad auf Starrgabel um.
Mal generell: Seit es MTB gibt, sind sie für mich die erste Wahl für alle Lebenslagen, auch auf Asphalt und gerade in der Stadt, mit ihren sog. "Radwegen", Bordsteinkanten, hie und da einem Treppchen etc. Die Sitzposition, der Lenker und das ganze Arrangement finde ich ideal, um auf der Zeil zwischen den Fußgängern rumzukurven, mich auf der Straße durch die Staus zu wühlen usw. und alles ist so solide gemacht, daß man relativ sorglos über alle Löcher und Kanten drüberbrettern kann. Ein Hardtail habe ich noch nie besessen, sondern anfangs Rigid, danach Fully. Das Rigid habe ich noch immer, verwende es im Winter und, mit Gepäckträger und Packtschen, für längere Touren mit viel Gepäck. Habe noch ein altes Rennrad, das gelegentlich noch ein paar Kurbelumdrehungen macht (wenn's im Wald zu nass ist) und das im Laufe seines Lebens bestimmt mehr Kilometer in Frankreich als in Deutschland zurückgelegt hat. (Rennradfahren in Deutschland halte ich wg. der hiesigen Mentalität der Autofahrer für die Höchststrafe.)
Die ganze Rollwiderstandthematik wird dabei m.E. viel zu verkopft und praxisfremd diskutiert. Es gibt ausgezeichnete
Reifen für's MTB, die pfeilschnell und lautlos geradaus gehen und die auf langen Asphaltetappen keinerlei Nachteil darstellen und es gibt gute Kompromißreifen, die dann in Schräglage oder beim Einsinken im Schlamm ein paar Stollen ins Spiel bringen um für etwas Haftung und Traktion zu sorgen. Mein Favorit für Asphalt und Forststraßen ist hier der Specialized Crossroads. Ist schnell, hält ewig, weiß sich auch auf unbefestigten Untergründen recht gut zu helfen und an eine Panne kann ich mich während der letzten 10 Jahre eigentlich auch nicht erinnern. Den Biß eines guten MTB-Reifens im Schlamm bietet er freilich nicht und auf dem Fully fahre ich zumindest vorne lieber eine rechte "Hummel". Für die Tschechien-Tour wäre er jedoch meine Empfehlung.
Mit dem Rennrad, mit 8bar in den 23mm breiten
Reifen, bin ich in Frankreich schon ein paar mal auf derart rauhen Asphalt geraten, daß es einem die Handgelenke kaputtvibriert hat und an ein flottes Vorwärtskommen nicht mehr zu denken war. Das Fahren wird dann zur Qual. Senkt man den Luftdruck ab, hat man alle Nase lang eine Reifenpanne. Derartiges gibt's auf dem MTB mit Reifenbreiten von 50mm und darüber überhaupt nicht.
Wegen der Tschechientour wird's bei dir wohl auf ein Hardtail hinauslaufen. Du wirst hinten Packtaschen anbringen wollen und dafür brauchst du etwas Platz. Dein Rad sollte deshalb so um die 450mm Kettenstrebenlänge aufweisen, damit die Taschen so angebracht werden können, daß das die Ferse nicht streift. Laufradgröße nach Geschmack, aber von 26" würde ich allmählich die Finger lassen, weil die Auswahl an
Felgen da bereits ziemlich eingeschränkt ist und sich weiter ausdünnen wird. StVO-Konformität wäre mir persönlich völlig wurscht, weil a) die Polizei viel zu tun hätte, wenn sie jedes nichtkonforme Rad aussieben wollte, b) sich die Sache nach zwei Tagen Gebrauch ohnehin erledigt hat, weil irgendwas mit amtlicher deutscher Wellenlinie davongeflogen ist und c) das ganze Geraffel im MTB-Gebrauch ohnehin weitgehend sinnfrei ist. Es gibt gute batterie- oder akkubetriebene Ansteckfunzeln, die auf der geplanten Tour voraussichtlich nicht ein einziges Mal nachgeladen werden müssen und außerdem auch als Taschenlampe gute Dienste leisten. (Eine kleine Stirnlampe sollte zusätzlich mit wg. Kochen etc.)
Gruß,
Clemens