Hi,
ich bin fast fertiger Dip.Ing. Maschinenbau und habe mich mit Faserverbundwerkstoffen(FVW) auch etwas befasst (Segelflieger).
Kohlefaser ist ein schönes Material. Steif und fest, eben dass was man bei einem Radl haben will. Im Gegensatz zu Metallen, muss man aber den Werkstoff selbst "designen". Also welche Schichten, Dicke der Schichten, Faserwinkel etc. Bei Stahl muss man nur die Dicke des Materials wählen. Kohlefaserbauteile sind also aufwendiger in der Konstruktion und Berechnung.
Das hat aber den Vorteil, dass man FVW auf die Belastung hin optimieren kann.
Dass heisst, man muss wissen in welcher Richtung eine Kraft wirkt, oder mehrere und kann dann das Material genau darauf auslegen. Damit kann man einen sehr leichtes Bauteil herstellen. Die Fasern werden eben so orientiert, damit die Belastung optimal aufgenommen werden.
Das bedingt aber, dass man genau die Kräfte bestimmen kann, welche auf das Bauteil wirken. Dass dürfte bei so komplexen Beanspruchungen wie dem biken nicht einfach sein. Mann muss dass ja für jeden Stelle am Rahmen wissen.
Man kann aber auch das FVW quasi-isotroph bauen. Also dass es nach allen Richtungen gleich viel aushält. Damit verschenkt man etwas Potential des Werkstoffes, kann jedoch einfacher dimensionieren. Durch die guten Eigenschaften von Kohlefaser ist es auch bei dieser Bauart noch besser (leichter, bzw fester) als Stahl oder Aluminium. Glasfaser wäre hier dann schlechter.
Um einen verdammt leichten Rahmen zu bauen, der das Potential von FVW ausreitzt, ist eine große Entwicklungsarbeit nötig. Die Uni Kassel hat doch glaube ich mal einen Rennradrahmen mit unter 1kg gebaut. Der Aufwand ist aber eben enorm.
Es gibt dann natürlich auch einige Besonderheiten des Werkstoffes zu berücksichtigen. Z.B. die Krafteinleitungen. Die sind nämlich ein "Problem" bei FVW. Man muss die Kräfte gut in das Material einleiten. Am besten geschieht dass großflächig. Gerade Dämpferaufnahmen am Rahmen müssen hier sorgfältig konstruiert und ausgelegt werden. So einfach wie bei einem Alu- oder Stahlrahmen gehts hier nicht.
Die Beulgefahr ist natürlich durch die größeren Wandstärken geringer wie bei Aluminium.
Nun zum Problem der Schlaganfälligkeit des Materials. Kohlefaser ist sehr spröde und reagiert deswegen auf Schläge (Sturz etc) nicht besonders gut. Das soll nicht heissen, dass bei dem ersten Kontakt der Rahmen in zwei Teile bricht

, aber das Material kann hier geschädigt werden ohne dass man es auf Anhieb sieht. Der Lack ist dann meistens beschädigt, aber es ist keine Beule oder sonstige Verformung zu sehen. Da spielt das Bruchverhalten von FVW eben eine Rolle. Durch einen Schlag oder Überbeanspruchung können Fasern von nur wenigen oder einzelnen Schichten betroffen sein. Es tritt z.B. nur ein Bruch in einer Schicht auf. Da die anderen Schichten noch intakt sind, tritt keine Verformung auf, wie z.B. beim Stahl. Die Kräfte müssen dann von den anderen Schichten übernommen werden. Dies kann unter Umständen so gut passieren, dass der Rahmen noch ewig hält, aber meistens pflanzt sich der Riss langsam durch die Schichten des Materials fort. Irgendwann sind dann soviele Schichten kaputt, dass es einen Bruch gibt.
Für den Laien ist dann dieser Bruch, plötzlich und ohne Vorankündigung. Man kann aber die meisten solcher Schäden durchaus ausmachen. Erstes Zeichen ist der Lack. Ist der beschädigt heisst weiter nachzuschauen ob nicht mehr Beschädigung vorliegt. Egal ob der Lack durch einen Sturz weg ist, oder ob Risse im Lack zu erkennen sind. Bei einfachen Stellen (z.B. mittem im Unterrohr) kann man durch abklopfen mit einem harten Gegenstand nachprüfen ob das Material geschädit ist. Ändert sich der Ton plötzlich, ist dass ein Zeichen, dass hier ein Riss im Material vorliegt (der "Klangkörper" ist kaputt). Wer meint diese Prüfmethode wäre Schwachsinn, dem sei gesagt, dies ist dir übliche Prüfmethode bei Segelflugzeugen aus FVW. Und bei Flugzeugen wird hier in Deutschland die Sicherheit verdammt hoch gehängt.
Als Laie sollte man sich vielleicht besser den Fachmann rannlassen für eine Überprüfung. Hier ist nicht unbedingt der Bike-Mechaniker die erste Anlaufstelle. Lieber jemanden aus dem Flugzeugbau, der sich mit der Materie auskennt (z.B.
Segelflug.de -> LTB's und Hersteller und einen Luftfahrt technischen Betrieb (LTB) in der Nähe raussuchen).
Wer sich mal etwas in das Thema einlesen will, kann ich ein Buch von einem Herrn Michaeli empfehlen. Ich glaube der Titel ist: Einführung in die Faserverbundbauweise.
Noch was zum Thema EFBE:
Dir prüfen doch bei MTB's die Belastungen die vom Fahrer ausgehen, oder?
War zumindest vor einiger Zeit so.
Das sind definitiv nicht die Kräfte die ein MTB am höchsten beanspruchen. Die Kräfte aus "Fahrbahnunebenheiten" sind DEUTLICH größer. Ich hatte mal vor einiger Zeit dazu einen Beitrag geschieben -> Suchfunktion.
Alles in allen kann man sagen, dass Kohlefaser durchaus seine Daseinberechtigung im Bikesport hat. Um einen guten Rahmen zu entwicklen ist aber ein größerer Aufwand nötig wie bei "normalen" Rahmen.
Von einem Hersteller von dem ich nicht wüsste, dass der den nötigen Aufwand aufbringen kann, würde ich keinen Rahmen kaufen.
Genauso würde ich bei "günstigen" Rahmen die Augen auf machen. Irgendwo muss da gespart worden sein. Ein guter Kohlefaserrahmen ist nunmal teuerer.
Aber ein gut konstruierter und gebauter Rahmen kann ein langes Leben haben. Man sollte nur bei Beschädigungen ein bisschen mehr aufpassen wie oben beschrieben.
Reparaturen sind ebenso möglich. Je nachdem was am Rahmen und wie es kaputt ist. Das wird bei Segelflugzeugen seit Jahrzehnten so gemacht und die Dinger fliegen immer noch

es sollte halt ein Fachmann rann.
In diesem Sinne: Viel Spaß mit eurer Kohle