Bremswirkung vs. Bremsleistung

Sorry zur Abwesenheit! Erwerbsarbeit!
Vielen Dank für die bisherige Diskussion und die vielen Antworten.

Zum Teil wurde meine Fragestellung bereits beantwortet. Allerdings wurde immer wieder mit "Nebenwirkungen" wie Dosierbarkeit oder Fading als Nebenbedingung bei der Bremsbetätigung von der reinen technischen Bremswirkung abgelenkt.

Wenn diese Nebenwirkungen nicht berücksichtigt werden, bleibt die pure Wirkung des Reifens auf den Untergrund übrig. Welche Rolle spielt eigentlich der Rollwiderstand?
 
Wenn diese Nebenwirkungen nicht berücksichtigt werden, bleibt die pure Wirkung des Reifens auf den Untergrund übrig.

Jein...

Rein theoretisch kannst Du mit jeder noch so beschissenen Bremse die maximale Bremskraft erreichen. Du musst nur stark genug am Hebel ziehen. Insofern hast Du Recht, dass die Verzögerung dann nur von der Paarung Reifen / Untergrund abhängt.

Aber(!), mit Deiner Popelbremse wirst Du diesen einen Punkt, an dem die Bremskraft maximal ist, gar nicht erreichen. Entweder schießt Du drüber und das Rad blockiert, was zu einer geringeren Bremskraft führt, oder Du kommst nicht an den Punkt ran und hast eben noch nicht die maximale Bremskraft erreicht.

Dir wird es an Feinfühligkeit mangeln, wenn Du wie ein Hufschmied in den Bremshebel langen musst, den optimalen Punkt zu treffen.


Wenn es dagegen (lediglich) Dein Ziel ist, mit schlidderndem Rad die (dann noch) mögliche Bremskraft zu erhöhen, dann ist bei ausreichender Handkraft die Bremse tatsächlich egal und nur der Reifen zählt.

Der Rest von uns hat allerdings andere Vorstellungen einer "guten" Bremsung...
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist keine Ablenkung, sondern das entscheidende im Zusammenhang mit der Dimensionierung der Bremse, da die maximale Bremskraft mit praktisch jeder Bremse erreicht werden kann. Nur halt nicht auf Dauerhaft, da auf Dauer die dazu notwendige Handkraft zu gross ist (Ermüdung der Hände), die Bremse aufgrund der Hitzeeinwirkung sogar vollständig versagen kann und bei einer schlecht zu dosierenden Bremse kann man halt auch unabsichtlich das Vorderrad unabsichtlich blockieren und über den Lenker fliegen. Deswegen wird das nicht in diesem Zusammenhang diskutiert.
Das Zusammenwirken zwischen Reifen und Untergrund ist natürlich sehr relevant und ist ständiges Thema wenn es um Reifen geht. Da wird ständig diskutiert wie gut ein Reifen beim Bremsen ist.
Edit: @Freaky-blue war schneller und bringt es auf den Punkt
 
Die Bremsleistung kann man unter gleichen Bedingungen messen und vergleichen. Für die Bremswirkung wie die Leistung auf den Boden gebracht wird, gibt es tausende verschiedene Varianten aus Reifen, Untergrund, Umwelteinflüsse, mit welchem Rad gebremst wird etc.....
 
Die Fragestellung betrifft Teilgebiete der Physik und Chemie die Gegenstand der Forschung sind. Bisher existieren dazu nur Theorien.

Wer etwas dazu wissen möchte, muss sich entsprechend informieren:
Beispielsweise:
https://juser.fz-juelich.de/record/42969/files/6009.pdfoder neuer
https://juser.fz-juelich.de/record/860473/files/1.5037136.pdf
Kann mir jemand erklären, warum dieses Zusammenwirken bei den Diskussionen keine Rolle spielt?
Das Zusammenwirken spielt ein Rolle, du wirst nur kaum Menschen finden, mit denen du das diskutieren kannst > siehe Paper mit den theoretischen Grundlagen.
 
@Dahigez wo bist du? Das ist DEIN Thread! 😄
Also wenn ich schon herbeizitiert werde… 🤣

Abgesehen davon kann der Reifen auch keine Seitenführungskraft mehr erzeugen.
Das ist richtig. Allerdings kann auch ein noch rollendes Rad bei der maximal möglichen Verzögerung ebenfalls keine Seitenführungskräfte mehr übertragen.
Das ist falsch, denn 👇
Die Reibungskraft kann nur einmal "verwendet" werden. Wohin der Vektor zeigt und damit wofür die Reibungskraft genutzt wird, ist dieser egal.
wie du ja selbst sagst, kannst du es dir nicht aussuchen, wohin dein Kraftvektor zeigt. Und ja, die Gleitreibung ist geringer als die Haftreibung, aber sie ist nicht null. Entsprechend hast du beim Rutschen weniger Bremswirkung und weniger Seitenführung als beim rollenden Bremsen möglich ist (ob du das kannst, ist dann die entscheidende Frage), aber nicht Nichts. Genauso hast du nicht den Fall, dass du quasi „maximal“ bremst und dabei keine Seitenführung mehr hast. Vielmehr hast du weniger mögliche Verzögerung, wenn du gleichzeitig noch deinen Reifen seitlich belastest (zum Beispiel in der Kurve).

Bitte auch beachten, dass der Gleitreibungskoeffizient immer niedriger als der Haftreibungskoeffizient ist. Es ist daher auch "einfacher" ein Laufrad zum Blockieren zu bringen als es mit der größt möglichen Bremskraft abzubremsen.
Das bezieht sich dann aber vor allem aufs Können, ist ansonsten ja so wie „nach fest kommt ab“. Du überträgst immer mehr Bremskraft auf den Boden, dann wird die Bremswirkung größer, bis irgendwann die Grenzen der Haftreibung überschritten werden und du zur Gleitreibung übergehst; dabei fällt dann die Bremswirkung dramatisch ab. Bevor du aber zur Gleitreibung übergehst, kommst du zwingend am Maximum der Haftreibung vorbei. ( Es sei denn, du springst erst ab, blockiert die Räder in der Luft und landest dann. ) Unbenommen davon die Fähigkeit, die Belastung so auf die Räder und die Kraft so auf die Bremshebel zu verteilen, das insgesamt das Maximum dabei herauskommt. Aber bei bestimmter Fahrweise kommst du, wenn du mit rollenden Rädern anfängst, zwingend am Maximum der Haftreibung vorbei, wenn du die Reifen zum Rutschen bringst. Die Kunst ist dann, dieses Maximum nicht zu überschreiten, denn: 👇
Ein blockiertes Rad überträgt nicht die maximal mögliche Bremskraft.

Ansonsten sorry @Freaky-blue dass ich mir da gerade deine Statements herauspicke, denn eigentlich schreibst du ja die richtigen Dinge, zum Beispiel:
Wenn ich mich und mein Bike verzögern möchte und dazu die Bremse benutze, dann achte ich penibel darauf, dass sich vor allem das Vorderrad dennoch dreht und nicht blockiert. Und ich wage zu behaupten, dass ich dann eine größere Verzögerung (kürzeren Bremsweg) erhalte, als wenn ich das Rad zum Blockieren bringen würde.

Diese Bremskraft mag dann vielleicht immer noch nicht die maximal mögliche sein, aber ich bin überzeugt davon, dass diese größer ist als die Gleitreibung des blockierten Rades.
Deshalb gibt es beim Auto ABS, damit man das nicht mehr Können muss, dann kann’s das Auto. Kommt ja jetzt bei E-Bikes auch…

Davon ab machen blockierende Reifen manchmal Spaß und sind in manchen Situationen auch für die Gesamtlösung aus Bremsen und Kurve das Mittel der Wahl.

Na die Maximale Bremskaft die du mit der Bremse erzeugen kannst ist ein sehr theoretischer wert und hat mit der Praxis nix zu tun.
Wenn man mal von thermischer Dauerbelastung absieht, ist das vor allem eine Frage der Muckibude. 🤣
Ach ja, und Gewicht hilft für die Bremskraft, wenn es nur darum geht. Problem ist halt, das Gewicht muss verzögert werden und damit viel Energie abgebaut werden, un da ist das Gewicht dann wieder ein Problem. In Summe ists egal.

Worauf willst Du hinaus? Gewicht an der Bremse sparen, weil es ist ja eh der Reifen?
Dann lieber am Gewicht der Reifen sparen. Zum Beispiel kann man diese komischen Gumminippel wegschneiden, die sind ganz schön schwer. 🤣

Er hat erkannt, was er angerichtet hat und spendet gerade sein Weinachtsgeld ans Pisa Boot Camp.
Oder er wusste, was er tat und sitzt mit Kumpelz und dem dritten Kaltgetränk vorm Rechner. :ka:
Bei PISA habe ich keine Verpflichtungen. Meine Tochter hat trotz bereits über ein Jahr zurückliegendem Abitur und obwohl ich sie überreden musste, die Pisa Fragen auf Spiegel zügig derart beantwortet, dass sie als Mathe-Hoffnung für Deutschland eingestuft wurde. 🙂 Was das aber über die nachfolgende Generation aussagt, will ich nicht kommentieren… 🤣
Aber wie du siehst, weiß ich immer noch nicht, was ich tue.😉

Doch um vielleicht auch noch was Sinnvolles zu diesem Faden hier beizutragen:
Für möglichst effektive Bremswirkung auf dem Trail sollten Reifen UND Bremsen (bestehend aus Scheibe, Belag, Bremssattel und Bremsgriff, wer will kann noch über Leitungen diskutieren) passend gewählt werden, und vor allem sollte man damit umgehen können. Eins allein wird keine Optimierung auf die Spitze treiben können, zumal es eben komplex ist hinsichtlich optimalem Temperaturfenster der Bremsanlage oder Luftdruck des Reifens etc. pp.

Was man aber in den meisten Fällen sagen kann: Wenn es Probleme mit dem Bremsen gibt, liegt es nicht daran, dass die Übersetzung zwischen Finger und Bremsbelag zu gering ist.
 
Ich stimme selbstverständlich allen Feststellungen zu Dosierbarkeit und Fading zu. Eine schlechte Bremse, die schlechte technische Eigenschaften zur Verfügung stellt, braucht kein Mensch.

Klar ist auch, das ein blockierender Reifen nicht zwingend die beste Bremsperformance auf die Straße bringt.

Ich habe folgenden Test (unwissenschaftlich) durchgeführt.
Zweimal das gleiche Rad, aber jeweils verschiedene Reifen auf dem Hinterrad. (Ich erlaube mir zwei gleiche Räder mit unterschiedlichen Reifensätzen zu fahren, für unterschiedliche Untergründe und verschiedene Trainingszwecke.)

Der erste Reifen blockiert deutlich früher bei halbwegs gleichen Bedingungen auf der selben Strecke. Der zweite Reifen blockiert fast garnicht (erst sehr sehr spät).

Ich schließe daraus, das bei gleichen Bremsen, aber unterschiedlichen Reifen, die Bremswirkung unterschiedlich ist. Ist diese Schlussfolgerung zustimmungsfähig?
 
Ich schließe daraus, das bei gleichen Bremsen, aber unterschiedlichen Reifen, die Bremswirkung unterschiedlich ist. Ist diese Schlussfolgerung zustimmungsfähig?
Ja, aber ist das nicht trivial?

Ich würde dir auch noch einen anderen Versuch ans Herz legen: Gleiche Bremse, gleicher Reifen, einmal Straße, einmal Forstweg.

Grundsätzlich ist es so:
Dein Finger zieht mit einer bestimmten Kraft am Bremshebel. Durch eine mechanische Übersetzung (Hebelwirkung) wird dadurch eine andere Kraft auf einen Kolben im Geber ausgeübt, die im hydraulischen System einen Druck aufbaut. Unbeachtlich irgendwelcher Probleme in diesem System kommt der gleiche Druck am Kolben im Bremssattel an, der dann wegen anderer Fläche als im Geberkolben eine andere Kraft auf den Bremsbelag ausübt. Dieser Bremsbelag übt dann über Gleitreibung ein verzögerndes Moment auf die Bremsscheibe aus, welche dieses Moment mit einem Übersetzungsverhältnis an den Reifen weitergibt, wo dann die Bremskraft am Untergrund entsteht. Über die Details der Gleitreibung zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe und wie die von Material und je nach idealisierter Betrachtungsweise von der Fläche des Kontakts abhängt, wurde hier erst kürzlich an anderer Stelle ausfüHrlich diskutiert, @Yukio kann dir dazu aber vielleicht ein paar Paper verlinken. 😉

Um jetzt noch kurz auf die Bremskraft zu sprechen zu kommen: Die Kraft ist tatsächlich abhängig von der Normalkraft, also auch von der Gewichtskraft von Fahrer und Fahrrad. Beim schwereren Fahrer wirkt also tatsächlich eine höhere Bremskraft, allerdings muss das auch so sein, weil ja mehr Masse verzögert werden muss. In Summe kürzt sich das netterweise raus und es ist egal, wie schwer du bist, um gut bremsen zu können. Entscheidend ist da nur der Reibungskoeffizient, vereinfacht ein bloßer Proportionalitätsfaktor zwischen Normalkraft und Bremskraft, was die Bremswirkung demnach unabhängig von zum Beispiel der Auflagefläche des Reifens machen würde. Gilt aber höchstens für glatte Reifen auf glatten Straßen. Zur Realität hat Yukio ja oben schon Paper verlinkt. Die Realität ist in der Tat komplex.

Um es auf den Punkt zu bringen, auf dem Weg vom Finger bis zum Waldboden (alternativ Untergrund der Wahl einsetzen) gibt es einen Haufen Parameter, welche die Bremswirkung beeinflussen. Den einzigen, den du dabei nicht beeinflussen kannst, zumindest nicht, wenn du einen bestimmten Weg fahren willst, ist der Einfluss des Untergrunds auf den Reibungskoeffizenten zwischen Reifen und Boden. Alles andere kannst du beeinflussen. Der Einfluss über die Auswahl von Reifenprofil und Gummimischung bietet dabei wahrscheinlich eine sehr gute Möglichkeit, Dinge zu optimieren. Die Wahl von Bremsscheiben (insbesondere Durchmesser) sind ein weiterer. Über Material von Bremsbelägen wird gerade nebenan diskutiert. Auch über das Übersetzungsverhältnis von Kolben und alles andere wird ausgiebig diskutiert, ist aber fürs Gesamtergebnis wahrscheinlich weniger wichtig wie die Wahl eines passenden Reifens; aber für ein optimiertes Bremssystem auch nicht zu vernachlässigen (Pro-Tipp: Hebelform am Geber kann bei manchen Bremsen eine vergleichsweise einfache Optimierung sein). Es hilft aber alles nichts, wenn Mann/Frau nicht bremsen kann. Viel mehr ist zu dem Thema im Allgemeinen dann nicht zu sagen.
 
Die Frage, warum das Zusammenwirken von Reifen und Untergrund nicht diskutiert wird, ist einfach zu beantworten. Es ist so komplex, dass niemand wirklich etwas sinnvolles beitragen könnte.

Haftreibung <> Gleitreibung sind ja noch überschaubar. Aber der Reifen ist aus Gummi. Dann gelten andere Regeln, weil elastisch: die Fläche wird relevant, dadurch auch der Reifendruck, dann auch Gesamtgewicht Fahrer/Fahrrad, Reifentemperatur, Außentemperatur, Aufbau des Untergrundes, Gummimischung und was weiß ich noch.

Viele Parameter und Unbekannte.
 
Ansonsten sorry @Freaky-blue dass ich mir da gerade deine Statements herauspicke [...]

Passt, schätze ja den Austausch... 🍻


Bevor du aber zur Gleitreibung übergehst, kommst du zwingend am Maximum der Haftreibung vorbei. ( Es sei denn, du springst erst ab, blockiert die Räder in der Luft und landest dann. ) Unbenommen davon die Fähigkeit, die Belastung so auf die Räder und die Kraft so auf die Bremshebel zu verteilen, das insgesamt das Maximum dabei herauskommt. Aber bei bestimmter Fahrweise kommst du, wenn du mit rollenden Rädern anfängst, zwingend am Maximum der Haftreibung vorbei, wenn du die Reifen zum Rutschen bringst. Die Kunst ist dann, dieses Maximum nicht zu überschreiten, denn:

Tatsächlich habe ich nur darauf gewartet, dass sich das jemand herauspickt.

Prinzipiell gebe ich Dir Recht, ich möchte aber zwei Argumente dagegenhalten.

Das eine wäre die Nachgiebigkeit des Reifens, sprich wenn man sehr ruckartig am Bremshebel zieht, dann würde man das Rad schlagartig blockiert bekommen, und erst danach würde sich die Aufstandsfläche des Reifens verformen und die Reibungskraft würde sich aufbauen, dann das Maximum der Haftreibung erreichen bevor der Reifen anschließend mit der verminderten Gleitreibung über den Boden rutscht. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die maximale Haftkraft zwischen Boden und Reifen erreicht wird, profitiert die Handkraft aber bereits vom blockierten Laufrad und der damit verbundenen höheren Haftreibung zwischen Bremsbelags und Bremsscheibe, so dass hierfür weniger Handkraft nötig ist, als wenn man das rollende Rad mit der maximal möglichen Verzögerung abbremsen möchte.
Ich geb zu, alles sehr theoretisch und es müsste alles sehr schnell erfolgen, aber prinzipiell denkbar.

Das zweite Argument hast Du praktisch schon in Extremform selbst genannt. Das wäre der Bunny Hop, währenddessen man die Räder in der Luft blockiert. (Übrigens eine Analogie zu meinem ersten Argument, dass zuerst die Räder blockiert werden und sich erst danach die Haftreibung aufbaut, ihr Maximum erreicht, bevor sie in Gleitreibung übergeht.)
Aber soweit würde ich gar nicht gehen. Auch auf einem unebenen Weg ist die Aufstandskraft des Reifens nicht immer konstant, sondern pendelt um den Mittelwert der Gewichtskraft. Und genau in einer solchen (kurzfristigen) Entlastungsphase könnte mit der zuvor aufgebrachten Handkraft mit der das Rad bei erhöhter Aufstandskraft noch gerollt ist, dann blockiert werden. Für diese lokale Betrachtung wäre auch die maximale Haftreibung erreicht worden aber anschließend gleitet das Rad auch bei der durchschnittlichen Aufstandskraft mit lediglich der Gleitreibung weiter, ohne die maximale Haftreibung für die durchschnittliche Aufstandskraft erreicht zu haben.
 
Die Frage, warum das Zusammenwirken von Reifen und Untergrund nicht diskutiert wird, ist einfach zu beantworten. Es ist so komplex, dass niemand wirklich etwas sinnvolles beitragen könnte.
Aber es wird doch diskutiert. Natürlich nicht auf dem akademischen Niveau der verlinkten Paper. In praktisch jedem Reifenthema hier im Forum wird doch irgendwas dazu geschrieben, wie gut welcher Reifen in welcher Gummimischung auf welchem Untergrund unter welchen Bedingungen gut verzögert.
 
Das eine wäre die Nachgiebigkeit des Reifens, sprich wenn man sehr ruckartig am Bremshebel zieht, dann würde man das Rad schlagartig blockiert bekommen, und erst danach würde sich die Aufstandsfläche des Reifens verformen und die Reibungskraft würde sich aufbauen, dann das Maximum der Haftreibung erreichen bevor der Reifen anschließend mit der verminderten Gleitreibung über den Boden rutscht. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die maximale Haftkraft zwischen Boden und Reifen erreicht wird, profitiert die Handkraft aber bereits vom blockierten Laufrad und der damit verbundenen höheren Haftreibung zwischen Bremsbelags und Bremsscheibe, so dass hierfür weniger Handkraft nötig ist, als wenn man das rollende Rad mit der maximal möglichen Verzögerung abbremsen möchte.
Ich geb zu, alles sehr theoretisch und es müsste alles sehr schnell erfolgen, aber prinzipiell denkbar.

Das zweite Argument hast Du praktisch schon in Extremform selbst genannt. Das wäre der Bunny Hop, währenddessen man die Räder in der Luft blockiert. (Übrigens eine Analogie zu meinem ersten Argument, dass zuerst die Räder blockiert werden und sich erst danach die Haftreibung aufbaut, ihr Maximum erreicht, bevor sie in Gleitreibung übergeht.)
Aber soweit würde ich gar nicht gehen. Auch auf einem unebenen Weg ist die Aufstandskraft des Reifens nicht immer konstant, sondern pendelt um den Mittelwert der Gewichtskraft. Und genau in einer solchen (kurzfristigen) Entlastungsphase könnte mit der zuvor aufgebrachten Handkraft mit der das Rad bei erhöhter Aufstandskraft noch gerollt ist, dann blockiert werden. Für diese lokale Betrachtung wäre auch die maximale Haftreibung erreicht worden aber anschließend gleitet das Rad auch bei der durchschnittlichen Aufstandskraft mit lediglich der Gleitreibung weiter, ohne die maximale Haftreibung für die durchschnittliche Aufstandskraft erreicht zu haben.
Grundsätzlich hast du auf jeden Fall recht, dass es komplex ist. Ich kann deinen Gedankengang auch nachvollziehen, denke aber, dass man sich auf dünnes Eis begibt, wenn man konkrete Annahmen darüber macht, wie da die Abläufe zwischen Kraftübertragung, Verformung von Reifen, Blockieren von Bremsscheiben und Rutschen von Gummi auf Untergrund und so weiter sind. Da gilt dann, was @Yukio sagt: nichts Genaues weiß man nicht.

Von dem her ist es sicher so, dass man Gefühl und Technik braucht, um an der Grenze zum Blockieren die maximale Verzögerung zu erreichen, und wenn man es kann, dann bremst man viel effizienter. Bleibt aber dabei, das ist eine Frage von Können und nicht von Kraft. Und meistens läuft es dann auch auf eine Form von menschlichem ABS raus: Man tastet sich ans Limit, geht drüber und reagiert schnell, um dann nach kurzem Lösen und schnellem, aber nicht abruptem Zugreifen wieder effektiv zu verzögern. Wenn mir einer erzählt, dass er nie einen Reifen blockiert, behaupte ich, er hat entweder einen extrem hohen Grundspeed oder immer einen sehr langen Bremsweg. 🙂

Viele Parameter und Unbekannte.
Ist das eigentlich deinem Intellektuellen-Status geschuldet, dass du in letzter Zeit vor allem die Unbekannten herbeizitierst? Ich schätze ja dein Quellen-Wissen, aber das alles durchzulesen, ist mir zu viel. Ein paar handfeste Kurzzusammenfassungen und Einblicke, auch wenn sie stark verkürzt wären, dürften schon sein. Oder ist das mit dem Schein ernst gemeint?
 
Die Fragestellung betrifft Teilgebiete der Physik und Chemie die Gegenstand der Forschung sind. Bisher existieren dazu nur Theorien.

Eine Theorie im wissenschaftlichen Sinne, in dem du gerade sprichst, ist doch eine geeignete Beschreibung. Gerade da schon im excerpt des ersten Papers darauf Bezug genommen wird, bitte nicht mit Theorie des allgemeinen Sprachgebrauchs verwechseln. Wenn wir als Wissenschaftler eine Theorie haben, können wir erfolgreich Voraussagen treffen.

Wer etwas dazu wissen möchte, muss sich entsprechend informieren:
Beispielsweise:
https://juser.fz-juelich.de/record/42969/files/6009.pdfoder neuer
https://juser.fz-juelich.de/record/860473/files/1.5037136.pdf

Das Zusammenwirken spielt ein Rolle, du wirst nur kaum Menschen finden, mit denen du das diskutieren kannst > siehe Paper mit den theoretischen Grundlagen.

Ich hab das jetzt nur überflogen, aber das erste Paper ist ja erstmal "nur" Handwerk zum Beschreiben bekannter Zusammenhänge. Das zweite Paper wiederum ist für die hier statt findende Diskussion eigentlich unwichtig, meines Erachtens.
Generell ist das doch die falsche Diskussionsgrundlage. Hier geht es um eine Verstehensebene von Ingenieuren, es reicht die Eigenschaften zu kennen ohne deren Ursachen zu verstehen oder komplex zu modellieren.

Das geht ja dann auch weiter, wenn wir nun die Interaktion zwischen Reifen und Boden perfekt modellieren, haben wir davon noch wenig Verständnis, was das für den Bremsvorgang auf einem durch menschen kontrollierten Kontrollkreis bedeutet. Da halte ich - als theoretischer Physiker - den experimentellen Ansatz für klar überlegen. Gemessene Kennlinien und Bremsvorgänge bringen da deutlich weiter, so lange wir davon sprechen, dass ein Mensch sowohl die Bremskraft als auch allgemeine Gewichtsverteilung, etc, kontrolliert.

Kurzum, halte ich in dieser Diskussion diese Richtung für eine Luftnummer.
 
Dann wäre es hilfreich, wenn der TE diesbezüglich etwas konkreter werden würde.
Ich hatte auf Erfahrungswerte gehofft. z.B.: Welcher Reifen bremst denn besonders gut?

Aber ich habe angeregt durch die Diskussion, u.a. auch durch die wissenschaftlichen Paper, etwas dazugelernt.
Auf einer Seite von Schwalbe steht auch ein interessanter Hinweis. Laut Schwalbe ist der Rollwiderstand ein entscheidender Faktor bei der Bremsperformance. Geringer Rollwiderstand = geringere Bremsperformance.

Ich denke an dieser Stelle kann man die Diskussion schließen. Ich melde mich wenn ich zum Thema etwas Neues hinzufügen kann.

Vielen Dank an Alle.
 
gar kein bock jetzt hier irgendwas wissenschaftliches auszudiskutieren, nur soviel:
Wenn du's richtig drauf anlegst kannst du ganz schön reinankern.
Da können die reifen (zumindest kurzzeitig) richtig hohe kräfte übertragen und die erreicht man sinnvoll nur mit starken bremsen.
Griffige reifen, den passenden untergrund und die gute fahr und bremstechnik vorausgesetzt
 
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