Hallo Ihr
Vorwort:
Ich habe mir heute mal 3 Stunden Zeit genommen um den Rollwiderstand von vier
Reifen zu vergleichen.
Im Jahr 2016 bin ich durchgehend (Touren, Bikepark, Finale)
Continental Baron Projekt 2.4 27,5" (984g) vorne und
Continental Mountain King II (MK2) Protection 2.4 26" (710g) auf meinem
301er gefahren. 2017 soll eine andere Kombi für den gleichen Anwendungsbereich verwendet werden, weil der MK2 etwas pannenanfällig (Bikepark, Finale) ist und der Baron seine Stärken nicht im Trockenen (Finale) hat.
Meine Wahl fällt auf
MAXXIS DHF 3C MaxTerra 2.5 WT 27,5" (941g) vorne und
MAXXIS Aggressor Exo DUAL 2.3 26" (812g) hinten. Alle tubeless. Diese
Reifen sollen nun bezüglich ihres Rollwiderstands verglichen werden.
Testsetup:
Angelehnt an den Rollwiderstandstest des MOUNTAINBIKE-Magazins aus Ausgabe 02/17 habe ich mir ein ca. 420m langes Bergabstück auf einer Waldautobahn ausgesucht, das zu Beginn steil genug ist, um ohne Verzögerung loszurollen, unten jedoch sehr flach ausläuft und es dort wirklich aufs Rollen ankommt.
Die Strecke liegt windgeschützt im Wald, der Boden hart und trocken.

Um den Luftwiderstand etwas zu reduzieren habe ich sitzend mit maximal abgesenkter Sattelstütze getestet.
Die Radlastverteilung ist dabei 33,5% vorne und 66,5% hinten. Systemgewicht 89,6kg.
Gestoppt wurde mit dem Smartphone die Zeit und per GPS wurde die Geschwindigkeit aufgezeichnet.
10 Wiederholungen mit jeder Reifenkombination.
Außentemperatur 5°C.
Reifendruck vorne 1,6bar, hinten 1,8bar.
Run 1: Baron&MK2
Run 2: Baron&Aggressor
Run 3: DHF&Aggressor
Ergebnis:
Run 1: Werte sind normalverteilt und können deshalb statistisch ausgewertet werden und es zeigt, dass das grundsätzliche Testsetup nicht kompletter Unsinn ist.

Mittelwert 60,869 sek..
Vmax: 35,41 km/h
Generell sind 10 Wiederholungen eher wenig, besser wären 20 oder sogar 50.
Run 2:

Mittelwert 63,902 sek..
Vmax 35,02 km/h
Run 3:

Mittelwert 60,700 sek..
Vmax: 34,9 km/h
Vergleich MK2 zu Aggressor:

Die Stichprobengröße reicht aus um mit statistischer Sicherheit zu sagen, dass der Aggressor langsamer rollt.
In der Gesamtzeit macht es 5% gegenüber dem MK2 aus.
Vergleich Baron zu DHF:

Mit statistischer Sicherheit rollt der DHF schneller als der Baron. In der Gesamtzeit sind es 5%. Bereinigt um die Radlast sind es 10%, weil die Radlast auf dem Vorderrad die Hälfte des Hinterrads ist (Annahme Rollwiderstand linear zur Radlast).
Vergleich Paarung Baron&MK2 zu DHF&Aggressor:

Es gibt keinen signifikanten Unterschied im Rollwiderstand der beiden Paarungen unter oben genannten Bedingungen.
Die Maximalgeschwindigkeiten unterscheiden sich statistisch nicht:
Interpretation:
Unter oben genannten Bedingungen rollt der Aggressor 5% schlechter als der MK2.
Dabei ist interessant, dass man auf der Anfahrt zum Wald und beim Hochtreten zum Startpunkt den Unterschied spürt. Man muss auch immer einige Meter früher auf einen kleineren Gang schalten. Ich hätte nicht gedacht, dass man das spürt bevor ich die ersten Messungen gemacht habe.
Desweiteren ist die Geschwindigkeit im flachen Endstück sehr unterschiedlich. Rollt man mit dem MK2 noch locker über die Ziellinie, muss man mit den Aggressor schon deutlich balancieren.
Die Geschwindigkeit im ersten, steileren Teil der Strecke ist zu hoch, womit der Luftwiderstand dominant wird und keine Unterschiede in der Vmax festgestellt werden können.
Unter oben genannten Bedingungen rollt der DHF 10% leichter als der Baron.
Im Gesamtsystem gleicht der leichter rollende DHF den schlechter rollenden Aggressor aus.
Die Prozentzahlen bitte nicht auf die Goldwaage legen. Der Rollwiderstand nimmt zwar linear mit der Geschwindigkeit zu, der Luftwiderstand aber nicht und der spielt bei den gefahrenen Geschwindigkeiten schon eine Rolle. Ohne Luftwiderstand wären die Unterschiede vermeintlich größer.
Zusätzlich muss man wissen, dass der Baron und MK2 1 Jahr gelaufen sind, die Profile haben deshalb schon Verschleiß erfahren, auch wenn das kaum sichtbar ist.
Gerüchten zur Folge verhärtet der Gummi der
MAXXIS Reifen eher als das der Conti-
Reifen.
Vielleicht gleichen sich diese beiden Effekte aus.
Desweiteren kann ich die Schlüsse des MOUNTAINBIKE-Magazins aus ihrem Test nur teilweise bestätigen.
Der Einfluss des Luftdrucks ist eher gering. Das kann ich bestätigen. Bei Run 1 war der Druck im Baron am Anfang 1,6bar am Ende 1,47bar. Warum der Baron in einer Stunde so viel Luft verliert weiß ich nicht. Es ist in der Zeit aber keine Tendenz zwischen erster und zehnter Fahrt zu erkennen.
Das MOUNTAINBIKE-Magazin will festgestellt haben, dass eng beieinander sitzende Profilblöcke und harter Gummi zu niedrigem Rollwiderstand führen. Dies kann ich für den Aggressor nicht bestätigen. Seine Profilblöcke sind deutlich enger als am MK2 und der Dual Gummi in der Mitte ist deutlich spürbar härter als das BlackChili. Dennoch rollt er langsamer. Hier muss der Einfluss der vermeintlich schwereren Karkasse (höheres Gewicht) zuschlagen. Das MOUNTAINBIKE-Magazin hat jedes Reifensetup "über mehrere Tage verteilt mindestens drei Mal gefahren." Die Stichprobe scheint mir für eine statistisch sichere Aussage etwas knapp.
Beim Vorderreifen führen die engeren Blöcke bei gefühlt ähnlich hartem Gummi zusammen mit einer ähnlichen Karkasse (Gewicht von DHF und Baron liegt enger zusammen als vom MK2 und Aggressor) tatsächlich zu geringerem Rollwiderstand.
So, jetzt könnt ihr euren Senf dazu geben.
Wie immer wirft so ein Test auch viele Fragen auf. Das Testsetup mit der hohen Geschwindigkeit ist sicher nicht ideal. Was macht das Alter der
Reifen aus? Welchen Einfluss hat die wenig, eher getrocknete Milch in den Altreifen zu der neuen, frischen Milch in den neuen
Reifen? Inwieweit spielt das Gewicht der
Reifen an sich bei dem Test eine Rolle? Fragen über Fragen.
Am meisten bin ich überrascht, dass man die 5% so deutlich spürt, das hätte ich nicht gedacht.
Gruß