MT Trail Carbon, erster Erfahrungsbericht (Achtung, lang)

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8. August 2006
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Ort
Salzburg
Liebe Biker im Forum,

Nachdem ich mich gerne im Forum schlau mache bevor ich diverse Teile kaufe, versuche ich mal den umgekehrten Weg.
Ich habe meine XTR BR-M988 in den Ruhestand geschickt, und meine ersten ca 10000hm mit der MT Trail Carbon hinter mir. Daher möchte ich meine Erfahrungen teilen, so lange meine Erinnerung an die XTR noch wach ist. Somit werde ich immer wieder mit der XTR vergleichen. Ich hoffe es interessiert, sonst einfach ignorieren.

Hintergrund:
Ich bin aktuell zwischen 85 und 90kg, je nach Kleidung im Rucksack. Momentan fahre ich eher mit einem sehr vollen Rucksack, da meine Hausstrecke ca 1000hm nach oben führt (saukalt!). Dementsprechend geht es dann direkt 1000hm im Gelände nur Bergab (traumhaft)
Ich fahre frei nach http://www.singletrail-skala.de auf meiner Hausstrecke S3. Eventuell kann man den einen oder anderen Meter auch bis zu S5 sehen...

Vorherige Bremse(n):
Bin anfangs 965 und 975 gefahren. Im Urlaub Leihweise auch mal 2 Wochen die 615, bzw. selbige jetzt 3 Wochen am aktuellen Bike als Überbrückung.
Dazu kenne ich diverse Avid (sind jetzt alle Tot!), und die MT8/MT7 welche heuer an die Bikes meiner bikenden Familie gekommen sind. (Tote Avid, und 975 Dualcontrol getauscht)
Auf meinem Simplon Stomp hatte ich die letzten (ca 5) Jahre jedoch die 988 mit 203/180 mit XT/XTR Ice-Tech Scheiben.
Grundsätzlich scheine ich ein eher unkomplizierter Geselle zu sein, da ich ausser mit der 965 (nach 5* Garantietausch dann aufgegeben) nie große Probleme hatte. Klar, die 615 ist jetzt nicht das Gelbe vom Ei, und bei der Avid steckt halt irgendwann der Kolben, aber wenn man die Limits kennt, kann man mit fast allen fahren.
Retired wurde die 988 jetzt weil die hintere Bremse im Stand einfach so, sich spontan durch die Kolbendichtungen entleert hatte. Selbiges hatte die Bremse vorne schon getan, aber damals innerhalb der Garantie. Da ich keine Lust am spontanen kompletten Verlust der Bremsleistung habe, ist die XTR nun vom Bike geflogen. IMHO hat die 98x Serie diesbezüglich ein Problem.

Montage:
Die Magura ist genial einfach in der Montage. Einfach mal das Video von Magura ansehen, Standardwerkzeug verwenden, und die Sache ist für wirkliche jede halbwegs geschickte Person machbar. Ich habe jetzt schon die 4. Magura der MT Serie montiert (Frau/Tochter MT8, Sohn MT7). Entlüftung über die Schraube am Hebel... einfacher geht es nicht.
Alle Bremsen bisher locker schleiffrei bekommen. Perfekter Druckpunkt, auch im Vergleich mit der XTR,
Interessant: Die 203er XT Scheibe die mit der XTR einen Schlag hatte, ist mit den 4 Kolben der MT Trail jetzt gezähmt. Die 4 Kolben scheinen jede Scheibe gerade zu richten...

Ergonomie:
Ich bin ja grundsätzlich ein Fan der XTR 988. Die Hebel perfekt, super Druckpunkt, kaum Fading, sehr gut dosierbar ... etc. Daher habe ich bei der Magura erst nach 3 Abfahrten das richtige Setup gefunden...
Hebel: Bin ja wirklich kein Zwerg, aber die Schwaben scheinen Latten jenseits der 2m als Durchschnitt zu definieren. Da wo ich die XTR den Hebel in der Griffweite auf das äusserste gestellt hatte, sieht es mit der Magura komplett anders aus. 1. habe ich den Hebel deutlich näher an den Lenker gestellt, 2. ist der Hebel jetzt INNEN montiert, also zwischen Vorbau und Ganghebel. Warum? Ich will mit einem Finger bremsen. Wenn der Hebel wie bei der XTR zwischen Griff und Ganghebel montiert ist, ragt dieser Carbon-Bügel derartig weit in den Griff hinein, da wird mit dem Zeigerfinger nichts. Ich bin mit der jetzigen Einstellung glücklich, aber wenn ich ehrlich bin ist der Hebel von der Ergonomie verbockt. Es gibt zwar Alu Hebel zum Nachkaufen, aber ich würde mir gerne so ein Teil aus Carbon bauen lassen, das deutlich kürzer ist, und für einen Finger optimiert. Da meine Mädls gerne mit der ganzen Hand bremsen, können sie meine Anmerkungen nicht nachvollziehen.:ka:
Druckpunkt: Fällt bei mir unter Ergonomie... Ich habe entgegen anderer Tests den Druckpunkt vorne identisch hart bekommen wie bei der XTR, und hinten sogar noch definierter! Ich mag einen sehr harten Druckpunkt und bin sehr zufrieden mit dem Setting.
Dosierbarkeit:
Die Bremskraft ist sowohl vorne mit den 4 Kolben, als auch hinten spürbar stärker als bei der XTR. Ich fahre weiterhin mit den Ice-Tech Scheiben, und die Dosierung hatte ich nach 200hm im Griff. Aktuell sind die Verhältnisse ja mit dem Tanz auf einer Slackline vergleichbar... Schnee, Eis, nasses Laub auf Felsen und Wurzeln... ein Fehler und du schmierst garantiert ab!
Sonstiges: Ich habe viele Berichte gelesen über Einbremsen, Rubbeln, Schleifen ... etc. Nachdem ich ausser Schleifen diese Probleme irgendwie kaum kenne, kann ich auch diesbezüglich Entwarnung geben. Wo ich im kalten Zustand mit der XTR manchmal vielleicht noch leichtes Rubbeln hatte, zeigt die Magura überhaupt kein Problem, auch mit den Ice Tech Scheiben. Das Theater um das perfekte Einbremsen geht bei mir bisschen vorbei. Ein bis Zwei mal aus ca 60km im Rahmen der Haftungsgrenzen Bremsen, und gut ist.

Bremsen:
Darum geht es ja eigentlich bei dem Teil, oder?
Bremspower:
Ein Hammer! Weit mehr als ich aktuell benötige. Meine Linke Hand ist jetzt beim Bremsen sehr sanft geworden. Dort wo ich mit der XTR richtig in die Eisen greifen musste, genügt jetzt ein sanfter Druck. Ich kann beim Simplon nur bis 2.35 fahren, und habe einmal bei eher wenig Druck (TLR) und guter Haftung spontan den Vorderreifen entleert. Inzwischen habe ich keinen Zweifel das die MT8 komplett gereicht hätte, aber ich wollte mir etwas gönnen ;-).
Fading: Ja, ist schon leicht vorhanden. Leichtes Wandern des Druckpunkts wenn ich es richtig krachen lassen. Auf Grund der Bremskraft kann ich jedoch öfter den Hebel lösen als bei der XTR, und habe dadurch bei meiner Bremstechnik 0 Problem, auch bei 1000hm im Stück.
Standfestigkeit: Zusammen mit den XT Ice Tech Scheiben etwas worüber ich nicht nachdenke. Die Tests von der Bike Bravo wo der Alu-Kern schmilzt kann ich nach 5+ Jahren mit XT/XTR Ice Tech und persönlichen Gewichtsschwankungen bis knapp an 3-Stellig (naked), überhaupt nicht nachvollziehen. Fällt bei mir unter Bild-Zeitung. Man nehme einen 150kg Fahrer, und verbiete ihm alle Regeln des richtigen Bremsens ...

Style & sonstiges:
Optik ist mir am Bike eher egal, aber man kann nicht bestreiten das die MT Trail Carbon einfach gut aussieht. Das Blau passt sogar zufällig zur Farbe meiner Laufräder :D. Ein Thema welches mir nicht egal ist, das ich mit der Magura zumindest theoretisch ein klein wenig Wertschöpfung aus Europa habe. Ausserdem bin ich abgesehen von Kette und Kassette komplett Shimano-Frei. Selber schuld!
P/L Verhältnis finde ich auch sehr gut, da ich das Set incl Storm HC (kommen auf meine anderen LR) um 370€ neu bekommen habe.

Fazit:
Aktuell sehr happy. Mal sehen wie lange die Beläge halten, und wie es ihr nach dem 1. Alpencross geht. Bisschen frage ich wer die Bremspower der 4 Kolben vorne wirklich braucht ... schaden tut es aber sicher nicht. Wer sich also nicht sicher ist, die MT8 sollte eigentlich reichen.
Mein Wunsch an Magura: einen komplett redesignten deutlich kürzeren Carbo Hebel als Option.

Nachdem mir ca 93 ungefragt die Magura HS33 Raceline an mein Bike geschraubt wurde, bin ich irgendwie heimgekehrt. Diese Raceline verrichtet heute noch immer ihren Dienst!
Mal sehen wie es ihrem Nachfolger ergeht.

Grüße aus Salzburg!
 
Zuletzt bearbeitet:
Guter Test,

aber..
was mich aber immer wieder wundert warum so viele den Bremshebel bzw. die Hebelweite kritisieren.
Wie stellt ihr den ein, das ihr den nicht mehr erreichen könnt? Kann das nicht nachvollziehen.
Ich hab wahrlich keine großen Hände (Gr.9), aber sogar meine Frau mit noch kleineren Händen kann die problemlos
bedienen.
Kürzeren Hebel würde ich auch nicht haben wollen, damit würde auch etwas Bremskraft verloren gehen.
 
Kürzere Hebel sind bei dieser Architektur kontraproduktiv. Das, was Magura jetzt macht, haben wir bereits vor sechs Jahren bei der CLEG praktiziert und bemerkt, dass es ein Irrweg war: Nicht nur der an sich schon kürzere Hebel , sondern vor allem die deutlich schlechtere Kinematik durch ungünstig sich verändernde Winkel verringert die resultierende Bremskraft (bei gegebener Handkraft).
 
Guter Test,
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Ich hab wahrlich keine großen Hände (Gr.9), aber sogar meine Frau mit noch kleineren Händen kann die problemlos
bedienen.
Ich habe Handschuhe Größe 10 bei Gore, bei Roeckl Mantua 9,5.
Wenn ich die Magura 1:1 mit der XTR tausche, und den Hebel maximal nach Aussen stelle, dann erreiche ich den Hebel zwar noch, ist aber nicht optimal. Daher jetzt einfach den Hebel nach Innen verlegt, den Hebel näher zum Lenker, und ich kann mit dem Zeigefinger entspannt bremsen. Mein Sohn (14) fährt die MT7, und meine Frau und die Tochter (Fingerlänge kaum kürzer als bei mir) fährt die MT8. Alle 3 greifen die Bremse jedoch mit 2, die Frau sogar mit 3 Fingern. In diesem Fall ist der Hebel sogar optimal.

Kürzere Hebel sind bei dieser Architektur kontraproduktiv. Das, was Magura jetzt macht, haben wir bereits vor sechs Jahren bei der CLEG praktiziert und bemerkt, dass es ein Irrweg war: Nicht nur der an sich schon kürzere Hebel , sondern vor allem die deutlich schlechtere Kinematik durch ungünstig sich verändernde Winkel verringert die resultierende Bremskraft (bei gegebener Handkraft).

Macht Sinn, ziehe also meinen Wunsch zurück, und bin glücklich mit der Bedienung per Zeigefinger so wie ich es eingestellt habe :)
 
Liebe Biker im Forum,
... sich spontan durch die Kolbendichtungen entleert hatte. Selbiges hatte die Bremse vorne schon getan, aber damals innerhalb der Garantie. Da ich keine Lust am spontanen kompletten Verlust der Bremsleistung habe, ist die XTR nun vom Bike geflogen. IMHO hat die 98x Serie diesbezüglich ein Problem...

Ich bin mit der jetzigen Einstellung glücklich, aber wenn ich ehrlich bin ist der Hebel von der Ergonomie verbockt. Es gibt zwar Alu Hebel zum Nachkaufen, aber ich würde mir gerne so ein Teil aus Carbon bauen lassen, das deutlich kürzer ist, und für einen Finger optimiert.
Grüße aus Salzburg!..
Danke für den Bericht.
Das wäre doch ein Fall für eine Shigura. Hast du die XTR-Bremshebel noch? ;)
 
Sehr gut geschriebener Beitrag, der sich mit meinen Erfahrungen mit der Magura Produktfamilie deckt. Ich bin nur in Sachen Deiner Einbremstechnik nicht dabei und hoffe, dass Dir bei einer 1000hm Abfahrt nicht irgendwann die Beläge verglasen.
 
Achso, ich vergas. Ich bremse ebenfalls nur mit einem Finger.
Langen Zeigefinger? :) Spaß beiseite. Zum illustrieren was ich meine, habe ich ein paar sehr üble Bilder mit dem Smartphone gemacht. Wenn ich jetzt mit Softbox und DSLR in den Keller gewandert wäre, hätte mich meine bessere Hälfte für unausgelastet gehalten...

So sieht die Anordnung (links) aus, incl. verrotteten Magura lockout...
IMG_0272.JPG

Finger im Bremsmodus. In dieser Stellung ist der Druckpunkt. Noch 3mm und es geht ab...
IMG_0271.JPG


Entspannte Stellung, aber Bremsbereit. So fahre ich bergabwärts. Hebel ist in max Stellung.
IMG_0269.JPG


Nein, das Bike habe ich am Sonntag nach der Tour nicht gewaschen...
Das Rote im Hintergrund hat kein bisschen Dreck, aber meine Frau fährt auch nur bei Sonnenschein
 

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Sehr gut geschriebener Beitrag, der sich mit meinen Erfahrungen mit der Magura Produktfamilie deckt. Ich bin nur in Sachen Deiner Einbremstechnik nicht dabei und hoffe, dass Dir bei einer 1000hm Abfahrt nicht irgendwann die Beläge verglasen.
Danke für die positive Rückmeldung!
Zum Einbremsen: dachte ein/zwei/drei mal richtig aufheizen sollte reichen? Hat bisher gut geklappt.
Was könnte ich mit minimalen Aufwand besser machen?
Danke & Grüße
 
Danke für den Bericht.
Das wäre doch ein Fall für eine Shigura. Hast du die XTR-Bremshebel noch? ;)
Tja, Schande über mich. Habe schon ein paar PM dazu erhalten :).
Der Händler der mir die XTR eingesendet hat, war so nett mir schnell die Deore zu montieren die ich dann ca 3 Wochen gefahren bin. Dafür habe ich ihm dann die XTR Bremse komplett überlassen, nachdem ich die Magura montiert hatte. Nachdem die vordere ja noch recht top ist, war er nicht unglücklich darüber...
Happy Radladen um die Ecke bedeutet schnelle Hilfe wenn ich mal wieder etwas genau jetzt brauche :D
 
Danke für die positive Rückmeldung!
Zum Einbremsen: dachte ein/zwei/drei mal richtig aufheizen sollte reichen? Hat bisher gut geklappt.
Was könnte ich mit minimalen Aufwand besser machen?
Danke & Grüße

Schau mal hier z.B. rein, ist in diversen Bremsen Threads auch beschrieben worden ...
http://www.mountainbike-magazin.de/...-einbremsen-so-funktioniert-s.1000978.2.htm#1

Ich habe es auch nicht für nötig befunden, bis mir bei einer AX Abfahrt die vordere Bremse quasi versagt hat, einfach Beläge verglast. Seither wechsle ich die Beläge vorn und hinten nur noch zeitversetzt.
 
ich bremse die beläge immer so ein: leicht bergab, etwas bremsen und weitertreten. man merkt dann nachner weile das die bremse immer mehr zupackt bis man es garnicht mehr schafft. dauert bei der MT relativ lange aber so bin ich sehr gut gefahren bis jetzt. weiss garnicht wo ich den tip vor jahren mal gelesen/gehört habe. mache das bei allen bremsen so.
 
Wirklich toller Bericht! :daumen:
Grundsätzlich decken sich deine Eindrücke mit meinen, die ich mit meinen beiden MT6 sammeln konnte. Einmal montiert, entlüftet und eingestellt arbeiten sie seither als absolute Sorglosbremsen. Lediglich ein leichtes Rubbeln bei langsamer Fahrt und moderatem Bremsen nervt hin und wieder ein wenig. Das aber nur am Vorderrad mit einer 180er Storm SL Scheibe. Hinten mit der 160er Storm SL tritt es nicht auf. Die Kritik an den Hebeln kann ich auch nicht so ganz nachvollziehen. Ich habe meine Geber immer schon sehr weit innen am Lenker montiert, um mit einem Finger bremsen zu können und sehe da eigentlich kein Problem. Wer mit mehreren Fingern bremsen möchte, montiert den Geber einfach weiter außen.
 
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