Ende Juni war ich dieses Jahr mit meiner Freundin am nördlichen Rand des Cinque Terre. Es sollte kein reiner Bikeurlaub werden, aber wir wollten schon ab und zu gemeinsam aufs Radl steigen.
Mein Fazit vorweg: Man kann im 5Terre landschaftlich sehr eindrucksvolle Touren finden die enormen Spaß bereiten. Das erfordert aber ausser einer guten Kartengrundlage auch eine gewisse Ortskenntnis, ausreichend Kondition und ist fahrtechnisch definitiv nichts für Anfänger.
Im Folgenden beschreibe ich euch meine Erfahrungen und hoffe mit diesem Bericht könnt ihr besser einschätzen ob ein MTB Urlaub im 5Terre für euch interessant wäre oder ob es besser wo anders hingehen soll.
Ausgangspunkt meiner Touren war Levanto. Vorab konnte ich leider kaum aufschlussreiche Informationen über fahrbare Singletrails in der Umgebung finden. Die Beiträge hier im Thread sind in der Mehrzahl leider wenig aussagekräftig. Da ich der Sprache nicht mächtig bin, halfen mir italienische Foren oder Blogs ebenfalls nichts. Auch auf Trailforks war nur wenig zu finden (inzwischen etwas mehr). Einzig der Blog
https://www.visitlevanto.it/en/blog/ stimmte mich zuversichtlich in direkter Umgebung von Levanto auch spaßige Singletrails zu finden.
So versuchte ich vor Ort als erstes weitere Informationen zu sammeln. An der Rezeption vom Campingplatz und im Tourismusbüro gab es Kartenmaterial mit eingezeichneten MTB Routen. Die Qualität der meisten dort zu findenden Karten ist jedoch bescheiden. Persönliche Fragen an das Personal nach schönen Singletrails führten meist zu Schulterzucken. Unter den diversen Fahrradläden und -vermietern am Ort konnte ich ebenfalls keinen mit zufriedenstellender MTB- oder gar Singletrail-Kompetenz finden. Rückblickend konnte ich mit einer Wanderkarte von edizioni giacche am meisten anfangen.
Wir starteten den ersten Versuch mit einem Tourenvorschlag aus dem Kartenmaterial des Campingplatzes. Diese war zwar landschaftlich recht schön - Panorama ohne Ende - hat meiner Meinung nach mit Mountainbike aber nur gemein, dass Höhenmeter gesammelt werden. Die Tour ist komplett auf Asphalt (was dieser Karte so nicht zu entnehmen war) und kann mit quasi jedem Drahtesel gefahren werden. Da ständig Wanderwege abzweigen und wir keine Lust auf eine Abfahrt im Straßenverkehr hatten, suchten wir uns einen mit - gemäß Karte - möglichst sanftem Gefälle und sind auf den 574 abgebogen. Nach einem Stück unbefestigtem und sehr steilem Wirtschaftsweg mussten wir, wegen einer Baustelle, ohne Vorwarnung auf einen sehr schmalen Singletrail ausweichen. Die Freude stieg, war aber leider nur von kurzer Dauer. Schnell wurde die Macchia teilweise so dicht, dass nicht nur ein breiter Lenker regelmäßig im Gebüsch hängen bleibt, sondern auch Akrobatik gefordert war um Bike samt Fahrer um einige ausgesetzte Stellen zu bugsieren. Zudem ging es oft über felsige Formationen oder loses Geröll. So war die Stimmung bei meiner Freundin, die nicht sehr viel Erfahrung im Gelände hat, nach kurzer Zeit am Boden und auch ich konnte keinen Flow finden.
Nach dieser ersten, sehr ernüchternden, Erfahrung mussten wir einsehen, dass es in der Umgebung von Levanto wohl keine Tour gibt, die uns gemeinsam Spaß bereitet.
Als wir ein Stück des SVA zwischen Levanto und Monterosso entlang wanderten, konnte ich abschätzen welche Teile davon halbwegs fahrbar sind und beschloss alleine einen neuen Anlauf mit dem MTB zu unternehmen:
Aufstieg via SP38 bis zum Abzweig nach Monterosso, dann den Wanderweg Nr. 591 entlang und schließlich über den SVA zurück nach Levanto. Dies ist eine grandiose und, mit guter Technik, weitgehend fahrbare Tour. Die längste Tragepassage beschränkt sich auf eine Strecke von ca. 300 m bis zur Spitze des Monte Negro. Ab dann folgt beinahe durchgehend herrliche Aussicht, die man zum Verschnaufen zwischen meist flachen, aber technisch anspruchsvollen Passagen genießen kann. Bei dieser Mischung hat mich jedes unfreiwillige Abstützen nur noch mehr motiviert die nächste Passage fahrend zu meistern.
Allerdings sollte man vor den ersten Wanderern unterwegs sein. Ich startete morgens kurz vor sechs Uhr und habe die ersten Menschen ab ca. 7.30 getroffen. Spätestens um neun ist auf dem SVA dann so viel Betrieb, dass es bestimmt keinen Spaß mehr machen würde mit dem MTB unterwegs zu sein.
Beim dritten Anlauf - wieder alleine - wollte ich eine der im
Blog beschriebenen Touren finden. Offensichtlich bin ich aber nicht auf dem richtigen Singletrail gelandet. Anstatt auf einem flowigen Pfad bergab zu surfen, schlug ich den 573 gen Berg ein. Nach einer Tragepassage von ca. 1,2 km und 100 Metern Höhenunterschied ging es auf dem 572 wieder ins Tal. Diese Abfahrt ist sehr anspruchsvoll, sodass mir kaum Zeit blieb die Landschaft zu genießen. Wie bei der ersten Abfahrt, geht es hauptsächlich über etwas schroffere Felsformationen und Geröll, aber durch weniger dichte Macchia.
Mein Highlight war definitiv die oben etwas ausführlicher beschriebene Runde über 591 und SVA. Völlig begeistert habe ich diese ein zweites Mal unter die Räder genommen und konnte dabei bereits deutlich mehr Passagen ohne Absteigen fahren.
Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass, sobald man den beliebten Azzurro verlässt, kaum noch Menschen auf den Wanderwegen anzutreffen sind - zumindest im Juni. Im weit verzweigt Netz der Wanderwege lassen sich bestimmt noch mehrere schöne Touren finden. Die Frage ist nur beim wievielten Anlauf man auf diese stößt.
Gerne gebe ich auf Anfrage per PN noch genauere Auskunft über meine Touren oder GPS Daten weiter.