Polen und Dänemark zeigen, was geht, wenn der Wille da ist: legal übernachten im Wald

jalgrattad

Stahl seit dem grünen Blitz (20")
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Ich bin neulich auf das polnische offizielle Walderholungs-Portal czaswlas.pl gestoßen, das kartenbasiert u.a. die seit dem 1. Mai 2021 legalen Übernachtungsmöglichkeiten im Wald für ganz Polen anzeigt. Das Programm dazu heißt „Zanocuj w lesie” = "Übernachte im Wald".

Leider nur auf polnisch, aber mehr oder weniger selbsterklärend: das Häkchen oben bei "Biwaki" setzen, dann in eine Gegend zoomen und die Details über "Szczegóły" abrufen - am besten in einem neuen Tab.

Regeln:
  • offenes Feuer ist nur auf dafür bestimmten Plätzen erlaubt, Feuerholz ist dafür selbst mitzubringen
  • Gaskocher sind aktuell in > 40 Gebieten erlaubt (Details unten)
  • Maximal 9 Personen ohne Anmeldung
  • Maximal zwei Nächte an einem Platz ohne Anmeldung
  • vorher aktuelle Einschränkungen prüfen (siehe unten)
Die Karte zeigt "klassische" legale Biwakplätze an, die es in Polen schon lange gibt und die neuen Erlaubnisflächen.

Beispiel Biwakplatz => Klick. Da steht dann, wann die Biwakplätze "geöffnet" sind, im Beispiel etwa vom 1. Mai bis 31. Oktober. Die Infrastruktur ist auch aufgeführt (z.b. wiata = Schutzhütte).

Manchmal steht da auch, daß ein Objekt verpachtet ist oder, wenn das Wörter wie harcerstwa, harcerski usw. auftauchen, daß es ein Platz für Pfadfinder ist.

Die Flächenobjekte (Zanocuj w lesie + vierstellige Nummer) sind tatsächlich Waldflächen, in denen es keine Infrastruktur gibt, die zur Übernachtung, genauer zum Biwakieren, freigegeben sind. Beispiel => Klick.

In der offiziellen Walddatenbank BDL gibt es zudem die kartografisch aufbereitete Info, in welchen der > 40 Gebieten (orange) man im Rahmen eines Pilotprojekts vom 14. April 2021 bis zum 14. April 2022 einen Gaskocher nutzen darf, was wohl sonst als offenes Feuer verboten ist. Dafür muß man am unteren Rand auf "Mapy BDL" klicken und dann aus dem sich öffnenden Angebot rechts außen "Mapa zagospodarowania turystycznego" wählen. Von Spirituskochern, Benzinkochern oder Hobos ist da keine Rede :ka:

Über einen weiteren kartenbasierten Dienst kann und sollte man prüfen, ob es gerade Betretungsverbote wegen Waldbrandgefahr (rot), Schutzmaßnahmen (lila) oder aus anderen Gründen (gelb) gibt.

Nachtrag 1: Link zur Karte mit den Einschränkungen.

Nachtrag 2: Titel angepaßt, Infos / Links zu Dänemark in Beitrag #5.
 
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Hilfreichster Beitrag geschrieben von jalgrattad

Hilfreich
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Geht es noch komplizierter? Leider auf Corporate-Ebene noch geiler…wer denkt Deutschland sei bürokratisch sollte sich schnellstens nach PL bemühen. Vermutlich hat dieses Projekt 42 Jahre gebraucht. 😉
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von jalgrattad

Hilfreich
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wer denkt Deutschland sei bürokratisch

In Deutschland....

Da werden öffentlich bereits durch Steuer bezahlte Kartendaten und sonstige "Geheiminformationen" der Behörden lieber dem Markt angeboten, sprich monetarisiert. Gesetze hierüber werden vor leerem Bundestag während einer Fußball-WM abgestimmt.
Statt die Daten der Allgemeinheit in Form von z.B. Openstreetmap-Verwertungsrechten zur Verfügung zu stellen, oder wie hier, eigene Projekte mit OSM als Grundlage zu fahren. Für die Leute.



Bin noch ein bissl lost in translation, finde das aber ne ziemlich gute Sache.
 
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Für Dänemark gibt es sowas auh, vor allem Datenbank der Shelter etc.
Glaube in diesem Video war das:
 
Geht es noch komplizierter? Leider auf Corporate-Ebene noch geiler…wer denkt Deutschland sei bürokratisch sollte sich schnellstens nach PL bemühen. Vermutlich hat dieses Projekt 42 Jahre gebraucht. 😉
Naja, in Deutschland würde es statt einem Portal mindestens 10 geben. Ungefähr eins je Bundesland, wobei ein paar Bundesländer kooperierten, ein paar nicht mitmachten und es vielleicht irgendwo je Regierungsbezirk ein eigenständiges Portal gäbe. Natürlich jeweils mit unterschiedlicher Bedienlogik und Datenangebot.
Dagegen ist die Bereitstellung von Geodaten in Polen doch sehr bequem, mal ein Vorteil des Zentralismus.

Für Dänemark gibt es sowas auh, vor allem Datenbank der Shelter etc.
Glaube in diesem Video war das:
Ja, das Portal ist ganz ähnlich zu bedienen, rechts bei Overnatning kann man bis zu vier Kategorien auswählen => Karte => Detail. Und auch nur in der lokalen Sprache verfügbar.

Kann sein, daß man sich in Polen daran orientiert hat. Aber mit den Waldgebieten, die für Biwakieren und Bushcraft freigegeben sind, geht Polen noch einen Schritt weiter.

Plätze, wo man kostenlos oder für einen kleinen Beitrag sein Zelt aufstellen kann, gibt es in Polen schon seit Jahrzehnten, die hab ich schon Mitte der 1990er genutzt. Wenn sie Geld gekostet hab gab es dafür Luxus wie Trinkwasser und Toilette. Und, die Plätze waren bereits damals in offiziellen Wanderkarten eingetragen.
 
Für Deutschland hab ich hier eine gute kartenbasierte Übersicht gefunden, die kostenpflichtige aber auch kostenfreie Plätze, wie z.B. Wasserwanderrastplätze, enthält.

Nachtrag: auch hier lohnt es sich, die verlinkten Quellen aufzusuchen, ich habe bei wildes-sh.de unter Trekkingplätze den ersten (Ahrensbök) nicht in der Übersicht von trekkingtrails.de finden können.
 
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Danke für den Tipp mit czawlas.pl.

Es gibt auch eine offizielle BDL Android App. Die ließ sich unterwegs für mich wesentlich besser bedienen als die Website im Telefon-Browser.
Die App heißt mBDL.
Hab mal mit der App gespielt, das ist ja ein richtig massives mobiles GIS! Sogar mit englischer Sprachvariante. Die Lasy Państwowe sind unseren Forstverwaltungen offensichtlich Lichtjahre voraus.
Beispiel Singletrek pod Honem bei Cisna (lila) und Główny Szlak Beskidzki (GSB, Hauptwanderweg, rot) bzw. rot markierten Wanderwegen im äußersten Südosten. Mit den Übernachtungsgebieten (gelb), den Übernachtungsgebieten mit legaler Nutzung eines Gaskochers (orange) und den Biwakplätzen (hellgrüne Punkte). Hintergrundkarte ist Esri Topo

Screenshot_20220202-114536.jpg
 
Vielen Dank für die Info mit czaswlas.pl
Wenn die Seite jetzt noch in andere Sprachen übersetzt werden würde (oben steht noch Beta Version, bin da also guten Mutes), dann könnte man ja sogar fast meinen, dass Outdoor-Urlauber die auch mal draußen übernachten wollen ausdrücklich erwünscht sind. Ist ja leider nicht so selbstverständlich...

Anhand der Karte werde ich definitiv den nächsten Bikepacking Trip im September in der Kaschubei planen.
 
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