Weg nach Holzernte unpassierbar - Verkehrssicherungspflicht?

DerBergschreck

...fährt ohne Betäubung
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Ostwestfalen
Ich dachte immer, dass Waldbesitzer nach der Holzernte einen Weg wieder in einem passierbarem Zustand versetzen müssen (Stichwort "Verkehrssicherungspflicht"), finde aber in diversen Gesetzestexten explizit keinen Hinweis darauf. Wer hilft mir auf die Sprünge?
 
Gilt nicht im Wald. Und auch nicht an Waldwegen (Verkehrssicherung). Selbst dann nicht wenn (Premium-) Wanderwege ausgewiesen sind. Nur wenn der Wald explizit als Erholungswald ausgewiesen ist (dann aber meist Kommunal oder Staatswald) gilt das für Wald- bzw. Wanderwege. Im "normalen" Wald muss der "Besucher" mit waldtypischen "Gefahren" rechnen. Der Waldbesitzer muss aber vor "walduntypischen" Gefahren (z.B. Schranken an unübersichtlichen Stellen) warnen.

Natürlich muss ein Forstweg wieder passierbar sein (das z.B. Rettungskräfte rein können). Für "andere" Wege, wie z.B. Wanderwege (wenn sie keine Forstwege sind) oder "Trampelwege" im Wald gilt das nicht.

Dabei gilt das z.B. auch für den Zustand des Wegekörpers an sich. Wenn der Weg kaputt ist, ist er halt kaputt. Ich hab damit bei meiner Arbeit zu tun. Da kann man an den Waldbesitzer hinreden wie man will. Er ist nicht dazu verpflichtet.

Zur VErkehrssicherungspflicht ansich gibt es ein BGH Urteil. Dazu ein Auszug aus der Pressemitteilung des BGH:

Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Verkehrssicherungspflicht im Wald

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Jahr 2012 den Umfang und die Grenzen der Verkehrssicherungspflicht eines Waldbesitzers konkretisiert und dabei die Haftung eines saarländischen Waldbesitzers für die durch einen herabstürzenden Ast verursachte Verletzung eines Fußgängers verneint (Urteil vom 2. Oktober 2012 – VI ZR 311/11).

Bei der Prüfung eines vorliegend in Betracht kommenden deliktsrechtlichen Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB kam es entscheidend darauf an, ob der Waldbesitzer (legal definiert in § 4 BWaldG) eine ihn treffende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

Dazu heißt es in der Pressemitteilung des BGH:
Nach den im Einklang mit § 14 BWaldG erlassenen landesrechtlichen Vorschriften (hier: § 25 des Waldgesetzes für das Saarland) ist das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken jedermann gestattet. Die Benutzung des Waldes geschieht jedoch auf eigene Gefahr. Dem Waldbesitzer, der das Betreten des Waldes dulden muss, sollen dadurch keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten erwachsen.
Er haftet deshalb nicht für waldtypische Gefahren, sondern nur für solche Gefahren, die im Wald atypisch sind. Dazu zählen insbesondere die Gefahren, die nicht durch die Natur bedingt sind. Die Gefahr eines Astabbruchs ist dagegen grundsätzlich eine waldtypische Gefahr. Sie wird nicht deshalb, weil ein geschulter Baumkontrolleur sie erkennen kann, zu einer im Wald atypischen Gefahr, für die der Waldbesitzer einzustehen hätte.
Danach lässt sich konstatieren, dass keine Verkehrssicherungspflicht für waldtypische Gefahren im Waldbestand allgemein und auch nicht auf allgemeinen Waldwegen besteht. Zu den natur- und waldtypischen Gefahren zählen vornehmlich solche, die von lebenden und toten Bäumen, sonstigem Aufwuchs oder natürlichem Bodenzustand ausgehen oder aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes entstehen. Eine Haftung kommt demnach nur für atypische Gefahren, d.h. nicht durch die Natur oder durch die Art der Bewirtschaftung vorgegebene, sondern vom Waldbesitzer selbst geschaffene gefahrbegründende Umstände in Betracht.
 
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Ja gut, das mit den waldtypischen Gefahren ist immer Thema. Hier haben wir es aber doch durch die Holzernte mit einem künstlichen Eingriff zu tun. Die Erholung suchenden Menschen, ob zu Fuss oder mit dem Rad, haben laut Gesetz ein Betretungsrecht, dass der Waldbesitzer zu dulden hat. Wenn ihm das nicht gefällt, kann er aber böswillig Waldarbeiten durchführen, nach denen leider - so ein Pech aber auch - der Weg nicht mehr passierbar ist. Das wäre dann ja ein perfide Methode, um das Betretungsrecht quasi auszuhebeln. Einen Schlagbaum darf er nur mit Genehmigung aufbauen, aber wenn er nach Waldarbeiten einen quer über den Weg umgestürzten Baum "vergisst", ist der Weg nicht mehr passierbar. Hat denn der Gesetzgeber diesen Fall nicht vorhergesehen?
 
Das fällt ja unter die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldes und ist damit waldtypisch. Und das Betretungsrecht ist damit ja nicht ausgehebelt. Man kann ja über den Baum drüberklettern oder drum rum gehen, tragen, was auch immer.

Nur wenn der Weg in einem eplizit ausgewiesenen Erholungswald liegt, muss der Waldbesitzer (meist Kommune oder Staatswald) den Weg (wie auch immer der ausgestaltet ist) freimachen.
 
Es geht hier doch sicher um einen konkreten Fall, oder?

Da wäre erstmal gut zu wissen, ob das ein richtiger Forstweg (Forstautobahn) oder nur irgendein Weg im Wald ist, den man halt mit dem MTB befahren oder drauf laufen kann.

Wenn es ein richtiger Forstweg ist, wäre die nächste Frage, wer die Wegebaulast inne hat. Denn oft werden solche Wege (wenn nicht Staatswald) auch wenn diese durch Privatwald gehen, von Gemeinden übernommen. D.h. im Privatwald ist dann ein Gemeindeweg.

  • Wenn dem so ist, kannst du bei der Gemeinde vorstellig werden und dich darüber beschweren, dass ein Privatwaldbesitzer seine Bäume über den Weg gefällt hat und der die doch wegmachen soll (denn dann liegen die ja auf Gemeindeeigentum).

  • Wenn es im Staatswald ist, gleiches Vorgehen wie bei Gemeinde. Ansprechpartner ist halt dann der Staatsförster.

  • Wenn es ein reiner Privatweg ist (also kein Gemeindeweg), kann man dem WB theoretisch nur über das Thema Waldschutz (wenn es eine Fichte ist - Stichwort Borkenkäfer) beikommen. Oder man macht halt richtig Dampf auf der Gemeinde.

Wenn es kein Forstweg ist, also nur ein Maschinenweg, Hohlweg oder sonstiges, dann kann man nichts machen außer sich beim Waldbesitzer oder der Gemeinde darüber beschweren. Aber eine Pflicht das freizuräumen hat der WB dann nicht. Außer es sprechen Gründe des Forstschutzes dafür.

Als Beispiel:
  • auf einem Teil meines Hometrails ist bei einer der letzten Fällaktionen (nicht mit Harvester) aus vermutbaren Gründen der "Besucherlenkung" ein Maschinenweg, der auch als Wanderweg fungiert, dermaßen mit Reisig zugelegt worden, dass ein Wandern oder Befahren nicht mehr möglich ist. Außer Beschweren kann man da nichts machen.
  • Auf einem anderen offiziellen Wanderweg (Trail) liegen seit drei Jahren drei Buchen die der Wind umgerrisen hat. Gleiches Thema. Kann man ja drum rum gehen.

Es ist halt oft "Besucherlenkung".




 
  • auf einem Teil meines Hometrails ist bei einer der letzten Fällaktionen (nicht mit Harvester) aus vermutbaren Gründen der "Besucherlenkung" ein Maschinenweg, der auch als Wanderweg fungiert, dermaßen mit Reisig zugelegt worden, dass ein Wandern oder Befahren nicht mehr möglich ist. Außer Beschweren kann man da nichts machen.
Naja, wenn man mit ner Gruppe unterwegs ist, kann man solche Sachen, die der Waldbesitzer dort "aus Versehen";) hat liegen lassen, wieder weg räumen und so den schönen Weg auch für den Waldbesitzer wieder benutzbar machen.
 
Ich habe Jahre lang in der Forstbranche gearbeitet (im elterlichen Einschlagunternehmen), bei jedem Einschlag war vertraglich geregelt, das die Forstwege wieder herzurichten sind. Zum einem damit die Holzabfuhr erfolgen kann und auch weil der Waldbesitzer den Weg vorher für teures Geld hat anlegen lassen.

Die erwähnte Reisigdecke auf den Machienenwegen (Rückegasen) dienen dazu den Waldboden zu vor den Reifen der Forstmaschinen zu schützen. Wenn das nicht macht, sieht es nach dem Einschlag auf diesen Wegen aus wie auf dem Truppenübungsplatz.

Als Mountainbiker freue ich mich natürlich auch darüber wenn die Wege frei geräumt sind, aber da ich auch die forstliche Seite kenne habe ich Verständnis dafür, wenn der Reisig auf den Rückegasen liegen bleibt.
 
Dem Thema ist nicht mit der Verkehrssicherungspflicht beizukommen. Ein matschiger Weg ist so hinzunehmen wie er ist. Auch mit einzelnen querliegenden Bäumen muss man rechnen. Es gibt keinen Anspruch des Nutzers auf den Zustand eines Weges.
Einen Anspruch auf Wiederherstellung eines Wegs hätte der Wegträger (Grundeigentümer, evtl. Gemeinde, evtl. beauftragter Wanderverein). Bei markierten Wanderwegen oder sonstigen wichtigen Wegen kann man sich an den Tourismus oder die Gemeinde wenden.

Sollten aber auf Wegen mehrere gefällte Bäume absichtlich den Weg blockieren oder absichtlich kaum überwindbares Gebüsch in den Weg gezogen worden sein, dann dürfte das als Sperrung eines Weges zu werten sein.

Der Grundeigentümer darf den Weg/Wald nur befristet für Holzarbeiten sperren. Bei längerfristigen Sperrungen benötigt er die Genehmigung der Forstbehörde. Näheres regelt das jeweilige Landeswaldgesetz. Es liegt im Ermessen der Forstbehörde wie so ein Fall zu werten ist. Sollte der Weg in einer Karte verzeichnet sein, so spricht dies aber dafür, dass er nicht ohne Genehmigung gesperrt werden kann.

In berechtigten Fällen, wo sich die Situation so darstellt, dass man von einer unzulässigen Sperrung ausgehen kann, sollte man sich an die Forstbehörde wenden und fragen ob die Sperrung genehmigt ist und um Aufhebung bitten.
 
Das mit der Reisigdecke ist mir auch bewußt. Bin auch im Forst tätig. Aber das war (wie t.w. die Schottertaktik der BaySF und anderer WB) gewollt.
 
Als Mountainbiker freue ich mich natürlich auch darüber wenn die Wege frei geräumt sind, aber da ich auch die forstliche Seite kenne habe ich Verständnis dafür, wenn der Reisig auf den Rückegasen liegen bleibt.
Rückegassen sind imho auch oft (zB in Bayern) vom Betretungsrecht für Radfahrer ausgeschlossen
 
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