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Bionicon Edison Evo – erster Test vom Tegernsee

Letzte Woche hatten wir euch das neue Bionicon Edison EVO bereits in all seinen vielen Varianten vorgestellt. Wir hatten aber auch bereits die Gelegenheit, einmal eine Runde darauf zu drehen – und wollen euch unsere Eindrücke nicht vorenthalten. Einziger Haken: Alle 8 Varianten konnten wir offensichtlich nicht Probe fahren.

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# Wurzelfelder wie dieses - saugt das Evo gierig auf

Testbikes

Stattdessen konnten immerhin 2 Bikes vergleichend gefahren werden: Eines mit und eines ohne Bionicon-System, eines mit 160 und eines mit 180 mm Federweg und beide mit 650b-Laufrädern. Gefahren wurde die „0“ Spezifikation:

# Uphill - Die Stellung ist absolut extrem, der Sitzwinkel liegt irgendwo bei fast 80° (!)
# Downhill - Die Stellung ist abfahrtsorientiert: +/- 65° Lenkwinkel geben die Richtung klar vor.

Das Setup geht trotz zusätzlichem Bionicon-System recht schnell von der Hand: Beim Dämpfer ändert sich durch den separaten Adapter genau gar nichts, bei der Gabel wird der Druck der Pneumatik über den Druck der Gabel direkt mit eingestellt. Zwar arbeiten im Inneren der Gabel drei separate Druckstufen, extern einstellbar ist jedoch nur eine davon, so dass auch hier die Einstellung mit 2 Drehrädern, die hochwertig klicken, erledigt ist. Damit müssen – genau wie bei fast allen anderen Bikes – auch an einem Bionicon nur 2 Mal die Federhärte und jeweils die Dämpfung (Druck- und Zugstufe) eingestellt werden, bevor es losgehen kann.

Da der Dämpfer noch nicht mit Serien-Luftkammer kam, konnte ich zunächst bei 25 % Sag den Hinterbau schon im Parkplatz-Test recht einfach durchschlagen. Einige Milliliter Öl in der Luftkammer später (in Serie kommt eine angepasste Luftkammer) war dieses Problem behoben und es konnte los gehen.

# Die Neon-Optik - muss man nicht mögen. Ich tu's trotzdem.
# Tapered Steuerohr - mit ZeroStack Steuersatz

Testfahrt Bionicon Edison Evo

Auf geht’s, ab geht’s. Weil Seen meistens im Tal und nicht auf dem Berg liegen (der Tegernsee macht hier keine Ausnahme), geht es erst einmal eins: Bergauf. Da dies meine erste Fahrt mit einem Bionicon darstellt, bin ich scharf drauf, das System sofort auszuprobieren. An der ersten Steigung drücke ich den Knopf, lehne mich nach vorne, und: Fahre erst einmal gegen eine Wand. Zum Glück nicht wirklich, sondern nur gefühlt, aber die gefühlte Wand fühlt sich wirklich hart an. Sobald ich die Absenkung rückgängig mache, verschwindet sie Gott sei Dank wieder, und ich trete genau so komfortabel weiter, wie es die eher kurze, bequeme Sitzposition zuerst erwarten ließ.

# Hyper Extension - Nennt Bionicon die Überstreckung, die durch Ausfahren des Dämpfer erreicht werden kann.

Was ist da los? Das habe ich auch die mit mir radelnden Mitarbeiter der Firma Bionicon gefragt. Das beschriebene Gefühl kennt jeder, der schon mal eine weit absenkbare Gabel in der Ebene abgesenkt hat: Durch den veränderten Sitzwinkel sitzt man anders über den Pedalen. Wenn man jetzt weiter tritt,wie bisher, kriegt man keinen Druck mehr auf und schon gar nicht mehr hinter die Pedale. Also merke ich mir: Die Bionicon-Funktion a) in Maßen genießen und b) erst dann, wenn es wirklich bergauf geht. An dieser Stelle gefällt mir, dass die Funktion auch dosiert werden kann, obwohl es die stufenlose Einstellung etwas schwer macht, den richtigen Grad an Vorlage zu finden.

# Aufgeräumt - Die Umwerferaufnahme verschwindet rückstandslos
# Clean - Auch die Ausfallenden machen einen sehr aufgeräumten Eindruck

Wie fühlt sich ein Uphill an, wenn man weiterhin auf dem Rad sitzt, als würde man durch die Ebene fahren? In erster Linie ungewohnt. Zur Gewöhnung auf dem Bionicon Edison Evo reicht auch keine kurze Tour, der Unterschied ist doch ganz schön groß. Als es aber dann mal so richtig steil wird und ich die Funktion komplett nutze, da merke ich, dass das Fahren technischer Passagen doch deutlich erleichtert wird. Es bleibt immer Gewicht auf dem Vorderrad, wodurch man die gewünschte Linie leichter fahren kann. Man fühlt sich nie genötigt, am Lenker zu ziehen, die Arme anzuwinkeln, oder sich sonstwie an die geänderte Fahrsituation anzupassen. Nur das Gefühl, sofort einen Gang runter schalten zu müssen, weil ich gegen eine Wand antrete, das hat mich auf der ersten Ausfahrt nie verlassen.

Der erste Eindruck ist also: Der Uphill wird insofern vereinfacht, als das Vorderrad nicht steigt. Das Gefühl, bergauf weiter zu treten / zu sitzen wie in der Ebene, ist aber höchst gewöhnungsbedürftig. Und: Nur wenige Anstiege (selbst am Tegernsee) sind so steil, dass sie die volle Absenkung der Gabel erfordern. Der kleinste Gang von einer X01 ist mit einem 32 Zähne Kettenblatt und 650b Laufrädern für diese Anstiege aber ehrlich gesagt eigentlich zu groß, um sie lange bequem zu erklimmen. Zur Uphill-Geometrie würde eher ein 28er Blatt passen.

# Gut erreichbar - Der Knopf für die Geometrie-Verstellung lässt sich ideal positionieren
# Implantat - Bionicon Federeinheit in der X-Fusion Metric. Die Performance konnte überzeugen.
# Konventionell - Ohne Bionicon (auch NBS "Non Bionicon System" genannt) wirkt das Rad ziemlich klassisch. Die gezeigte Ausstattung ist nicht final, geht aber bereits in die richtige Richtung.

Davon abgesehen funktioniert die „Hyper-Extension“, die Überstreckung des Hinterbaus, sehr beeindruckend. Während das Ansprechverhalten darunter eigentlich gar nicht leidet, wird die Federung brutal hart, wodurch der Sag reduziert wird und Wippen kein Thema ist. Man nutzt also sehr wenig Federweg, der aber gleich anspricht, was eine ziemlich gute Traktion beschert. Weil die Dämpfung dabei offen bleiben kann, bleibt das Fahrwerk lebendig und schluckt Wurzeln gut weg. Das gefällt.

# Kettenführung: c.guide - Etwas anderes hätten wir an einem Bionicon auch nicht erwartet

Oben angekommen, muss also auch keine Dämpfung geöffnet werden – es genügt, einmal den Bionicon-Knopf und einmal den Kindshock Sattelstützen-Knopf zu drücken. Dann wird aus der furchtbar an alte Votecs erinnernden Bergziege ein ziemliches Abfahrtsgerät, vor allem bei Verwendung der 180 mm Gabel – egal ob von X-Fusion oder Bionicon. Unsere Abfahrt beginnt gemäßigt: Weite Kurven, mäßiges Gefälle, wenig Schläge. Trotz Downhill-Fahrwerk steht kleinen Hüpfern von Wurzeln hier nichts im Weg, das Rad gibt sich erstaunlich verspielt.

# Sämtliche Abfahrtspassagen - empfand ich in der Abfahrtsposition am angenehmsten. Die Uphill-Funktion ist erst dann, wenn es wirklich bergauf geht, empfehlenswert.

Kurz darauf machen nasse Wurzeln die Geschichte etwas spannender, das heißt: Das erwarte ich zumindest. Tatsächlich merke ich von den Wurzeln recht wenig, obwohl einige davon doch recht amtliche Wurzelteppiche bilden. Als mir dann der spritzende Matsch langsam die Sicht einschränkt, verhagle ich die Linie ein ums andere Mal. Statt an der nächsten Querwurzel abzuschmieren, hält das Rad die Spur. Das liegt nicht etwa an den Reifen, sondern in erster Linie am Fahrwerk. Gabel und Dämpfer harmonieren ziemlich gut, liegen richtig satt auf der Strecke. Das Heck gibt immer noch mehr Federweg frei, das ganze aber schön souverän.

Der Magura-Dämpfer, mit dem ich bisher keine Erfahrungen gemacht hatte, kann bei der ersten Probe einen guten Eindruck hinterlassen. Insgesamt saugt die Federung die allermeisten Schläge auf, Popp ist hier nicht inklusive.

# Die Optik der Doppelbrücke - Ungewöhnlich. An ihr Gewicht und ihre Funktion kann man sich aber sehr schnell gewöhnen.

In Spitzkehren fiel mir mit dem Bionicon Edison Evo das Versetzen des Hinterrades eher schwer, ich kann aber ehrlich gesagt nicht schlüssig erklären, woran es lag. Der Lenkeinschlag wird durch die Doppelbrücke jedenfalls in keiner Weise eingeschränkt, das Cockpit passt auch. In jedem Fall braucht das Heck recht viel Überzeugungsarbeit, um sich in Bewegung zu setzen.

# Wer keine Doppelbrücke will - solltet zur Version mit 180 mm Metric greifen

Fazit zum Bionicon Edison Evo

Das hier ist kein Dauertest und erhebt deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit – es ist aber ein erster Charaktertest für einen Neuling, den man bereits ein halbes Jahr vor Lieferung bestellen kann oder gar soll, wenn es ein Schnäppchen werden soll. Das Bionicon Edison Evo kombiniert eine kompaktere Geometrie mit einem sehr schluckfreudigen Fahrwerk. Daraus resultiert ein komfortables, satt liegendes Bike, das aber nicht zur Trägheit verdammt ist.

Mit oder ohne Bionicon-System? Die Frage beantworten der Geschmack und der geplante Einsatzort. Notwendig ist das System in meinen Augen nur für extrem steile Passagen. Schaden tut es aber eigentlich nirgendwo, vor allem nicht, wenn man bergauf weniger auf die Linie achten will und das Mehr an Traktion schätzt. Die Ausstattung des Bikes ist sehr gut, die Preis-Leistung vor allem für den Frühbucher, aber auch zum regulären Preis gut. An dieses Rad gehört bei 1X11 meiner Meinung nach ein kleineres Kettenblatt. An die X01 passen minimal 30 Zähne, das würde ich doch ausreizen. Vorbestellung zum Spezialpreis hier: evo.bionicon.com

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