„In my honest opinion“ – der Titel des Texts ist dem Internet geschuldet, aber doch trifft er den Nagel auf den Kopf: Nichts als die ehrliche Meinung wollten wir im Gespräch mit Dan Atherton hören. 10 Themen, 10 Meinungen, los geht’s.
# Gärtner: Dan Atherton gräbt gründlich um. By Ale Di Lullo
1.) Du warst ein ziemlich schneller 4Xer, hast mit Deinen Geschwistern gemeinsam an einem Wochenende 3 WC-Siege einfahren können. Jetzt ist 4X raus aus dem Weltcup.
Ich befürchte, es war unvermeidbar, dass 4X rausgeworfen wird. Ich glaube, die Organisatoren von 4X-Rennen sahen jede Veranstaltung als einen Zugang zu Ertrag, was sie als Unternehmer natürlich machen müssen. Und dann wurde 4X immer so behandelt, als wäre es nur eine Nebenshow nach dem Downhill. Quasi das Abendprogramm. Aber keine richtige, eigene Veranstaltung. Und um 4X allein herausstechen zu lassen, als eigene Veranstaltung, als eigenen Sport, das wäre schwierig gewesen. Wenn ich ehrlich bin: 4X ist nicht auf gleiche Weise legitimiert wie Downhill, Enduro oder BMX. Die Strecken waren BMX, aber dann doch Steinfelder und Holzbalken rein, ein bisschen hiervon, ein bisschen davon. Das ist keine eigene Identität.
Was auch noch gestört hat: Die Damen mussten die gleiche Strecke fahren, wie die Männer. Einige der Männer, die fuhren, hätten es besser gelassen, weil die Strecke über ihrem Niveau war. Da konnte quasi jeder mitfahren, egal, ob sie die Sprünge fahren konnten oder nicht. Hätte man gesagt: Okay, beim 4X treten die 20 besten der Welt an. Riesige Sprünge, riesige Kurven, massive Action – dann hätte die Disziplin eine Chance gehabt, mehr als eine Abendshow zu sein. Das wäre aufregend gewesen, das hätte Zukunft. Aber mit einer Strecke für alle Profit zu machen – keine Chance, raus damit.
2.) Dann können wir uns Deine Meinung zur 4X-Pro-Tour schon denken?!
Nein, ich glaube nicht, dass ich in der Position bin, dazu eine Meinung zu haben. Ich habe nie an einem Rennen der 4X-Pro-Tour teilgenommen und habe aufgehört, 4X zu fahren, deshalb: Keine Meinung dazu.
# Strecken auf Sicht fahren, ohne Training? Nicht sein Ding. – Ale Di Lullo
3.) Das Verschwinden von 4X war gleichzeitig die Chance für Enduro ins Rampenlicht zu treten – also doch eine gute Sache?
Weißt Du, Enduro war wie ein Schwelbrand, seit einigen Jahren unter der Oberfläche aktiv. Und ich denke, auch das war unvermeidlich. Da gab es einfach eine massive Bewegung hin zu diesen Fahrrädern! Downhill-Bikes sind viel zu teuer, XC-Bikes einfach zu zerbrechlich, und da gibt es einen Riesen-Markt in der Mitte. Außerdem kam Enduro zu einem Zeitpunkt, als viele Downhill-Fahrer an dem Punkt waren, an dem ihnen danach war, etwas anderes zu machen. Warum Enduro so schnell populär geworden ist? Weil so viele Downhiller und 4Xer, die bereits populär sind, da mitfahren: Graves, Vouilloz, Barel, meine Wenigkeit, die Santa-Cruz-Jungs,… die bringen alle ihren Fanclub mit, das macht die Disziplin ganz schnell für ganz viele interessant.
4.) Also ist Enduro ein Altherren-Sport?
Alte Herren, die noch verdammt schnell Rennen fahren wollen. Und alte Herren, die eine lange Vergangenheit haben, und deshalb viele Fans. Und alte Herren, die noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Downhill ist immer noch super populär, aber Enduro ist in kürzester Zeit zu einem Massen-Phänomen geworden.
5.) Sprich: Downhill ist auch die beste Vorbereitung auf Enduro?
Oh nein, das würde ich nicht sagen. Ich denke jede Art des Radfahrens ist eine Vorbereitung auf Enduro. Ich glaube zum Beispiel, viel von meiner BMX-Vergangenheit zu profitieren. Auch XC-Fahrer haben eine Chance!
# „BMX ist eine super Vorbereitung auf Enduro!“ – Foto Ale Di Lullo
6.) Deine Meinung zu Enduro-Rennformaten?
Das ist ein empfindliches Thema und die Achillessehne des Enduro-Sports. Viele Leute wollen den Enduro-Spirit, bei dem jeder mitmachen kann, und bei dem der Sieg nicht im Vordergrund steht, behalten. Aber das ist jetzt ein ernster Sport, und die Leute werden alles machen, um zu gewinnen. Es ist eine World Series! Da wird jede Regel so weit ausgedehnt, wie es nur geht, wenn man dadurch einen Vorteil erlangt. Ich persönlich glaube: Je mehr Regeln sie aufstellen, desto mehr Regeln werden gebrochen werden. Die sind kaum durchzusetzen! Und das würde den Sport auch zu steif machen. Deshalb braucht es eine Entscheidung bezüglich des Formats.
Ich für meinen Teil finde es sehr schwierig, im französischen Stil ohne Training die Strecken zu fahren. Mein ganzes Leben konnte ich die Strecken trainieren, auf denen ich Rennen gefahren bin. Andere Fahrer, wie Clementz oder so, sind großartig darin, Strecken on-sight zu fahren. Da hab ich keine Chance, die müssen die Strecke scheinbar nicht kennen!
7.) Deine Meinung zu Shutteln bei Enduro-Rennen?
Ich liebe es! Da kommt der Downhiller in mir durch. Ich mag Downhill. Und es macht mir keinen Spaß, lange bergauf zu fahren. Klar, das ist eine Herausforderung, die nehme ich an, aber brauchen tue ich das nicht. Für mich: Bau nach jeder Stage einen Lift zur nächsten hin!
# „Für mich gäbe es nach jeder Stage einen Lift!“, sagt Dan Atherton. Foto: Ale Di Lullo
8.) Was ist denn das beste Rad für Enduro-Rennen?
Ohne Marken zu nennen: 26″, 150-160mm Federweg, Fox 34. Für mich ist das perfekte Enduro-Bike ein Mini-Downhill-Bike. Die Uphills sorgen mich nicht so sehr, weshalb ich da vermutlich auch Zeit verliere, aber ich will mich bergab richtig wohl fühlen. Eher ein kleines Downhill-Bike als ein großes XC-Bike.
9.) Deine Meinung zu Frauen im 4X-Weltcup haben wir gehört. Was sagst Du zu Frauen auf Männer DH-Strecken?
Meine Schwester fährt Rennen, was soll ich sagen? Ich hatte lange keine Weltcups geschaut, jetzt hab ich mir Val di Sole reingezogen. Emmeline und Rachel da zuzuschauen, hat mich sehr beeindruckt. Die sind da runter gefahren, dass es den meisten Männern schwindlig wird. Im 4X ist das anders, weil es eine definierte Absprungkante und eine definierte Landekante gibt. Ziemlich Digital. Im Downhill ist es einfach ruppig und hart, aber da kannst Du mit kleinen Schritten schneller werden, ich glaube das taugt den Mädels. Deshalb ist es da egal, dass Frauen und Männer auf der gleichen Strecke fahren.
# Manualt Enduro-Kurse wie Pumptracks – Dan Atherton by Ale Di Lullo
10.) Was hältst Du von der Elektrifizierung des Mountainbikes? Wir sehen den E-I-Shock, Shimano DI, dein Kollege Barel fährt vielleicht auch etwas derartiges durch die Gegend… schöne neue Welt?
Das gefällt mir nicht. Ich mag es, wenn mein Fahrrad schlicht und einfach ist. Mechanische Funktionalität. Schon die ganzen Kabel nerven mich, weshalb ich auch nicht mehr als vier haben will: Schaltwerk, Hinterradbremse, Vorderradbremse, Sattelstütze. Das ist echt das Maximum. Wenn eines Tages Dank Elektrizität die Kabel wegfallen, bin ich vermutlich ein Fan, aber solange ich dafür Stahlkabel, Hydraulikleitungen und Stromkabel an meinem Rad haben soll, werde ich mich wehren.
Danke für die ehrlichen Antworten!
Danke fürs Zuhören!