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TrailTrophy-Organisator Thomas Schlecking im Interview
Warum die TrailTrophy Thüringer Wald ausfällt und wohin sich der Sport entwickelt

Die Firma Bike Projects unter Leitung von Thomas Schlecking ist eine kleine Agentur mit Sitz in Düsseldorf, die sich auf die Konzeption und Umsetzung von Bike-Infrastruktur und Veranstaltungen spezialisiert hat. Zu ihren Events gehören unter anderem die TrailTrophy-Serie, das 3Länder Enduro-Rennen oder die “Germany’s Finest”-Testivals. MTB-News.de ist auch in diesem Jahr Medienpartner der TrailTrophy – und bevor es wieder losgeht, haben wir uns mit Thomas über die kommende Enduro-Saison, Zukunftspläne und die Hürden beim Durchführen von Enduro-Rennen unterhalten. Übrigens: Wer sich für Breitenbrunn anmelden möchte: Die Anmeldung ist ab morgen um 18 Uhr geöffnet.

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Das kleine Team um Thomas Schlecking setzt mittlerweile bis zu zehn Veranstaltungen pro Saison um. Dazu gehören dieses Jahr unter anderem auch das neue Paganella Enduro-Race in Andalo im Tentino oder die TrailGames in St. Moritz. Unterdessen stellen Infrastrukur-Projekte wie das TrailCenter Rabenberg oder der TrailGround in Brilon ein zweites Standbein für die Agentur. Die TrailTrophy-Serie geht 2018 in ihre 9. Saison. Nachdem Ende 2017 ein neuer Stopp im Thüringer Wald angekündigt wurde, kommt nun die Enttäuschung: Das Event muss leider abgesagt werden. Wir haben das als Anlass genommen, die Organisatoren mit ein paar Fragen zu löchern.

# Zur Durchführung eines Enduro-Rennens braucht es immer ein großes Team an Organisatoren und Unterstützern, wie hier in Latsch.

Leider musstet ihr bekannt geben, dass die TrailTrophy Thüringer Wald nicht stattfinden kann. Wird es somit dieses Jahr nur vier TrailTrophys geben?

Der Prozess der Planung und Genehmigung für Veranstaltungen ist gerade in Deutschland sehr schwierig und langwierig. Wir suchen seit Jahren einen attraktiven Standort in Mittel-, beziehungsweise Nordwestdeutschland, der es uns ermöglicht, eine zweitägige Veranstaltung umzusetzen. Bereits letzte Saison hatten wir Probleme, genügend Trails genehmigt zu bekommen. Daher mussten wir die TrailTrophy in Hahnenklee im Harz bereits auf einen Tag verkürzen. 
Aktuell macht uns eine übergeordnete Genehmigungsbehörde für die Location im Thüringer Wald einen Strich durch die Rechnung und wird (auch dem mit uns kooperierenden Verein) 2018 überhaupt keine Veranstaltungen dort genehmigen.

Trotz dieses Rückschlags arbeiten wir die nächsten Wochen mit Hochdruck daran, zu diesem Termin noch einen Ersatzort zu finden. Spätestens Anfang März müssen wir hier Klarheit haben – für uns und für die Teilnehmer, die natürlich auch mit diesen Terminen planen. Denn grundsätzlich ist es so, dass wir die Termine immer früher bekannt geben müssen, als manchmal alle Genehmigungen vorliegen.

# Auch Orga-Chef Thomas Schlecking ist im Einzelfall auf ein paar Stages im Rennen unterwegs

Was genau macht es so schwierig, die Genehmigungen für bestimmte Regionen zu erhalten und gibt es Gegenden, wo es grundsätzlich immer funktioniert? Sind die Gründe für Absagen deiner Meinung nach schlüssig?

Am einfachsten ist es zumeist in den Alpen, am schwierigsten in Deutschland. Zwar bekommen wir bei den Austragungsorten in Südtirol oder der Schweiz nicht alle Details bei der Genehmigung mit, weil diese unsere Partner vor Ort einholen. Aber nur in Deutschland benötigen wir einen offiziellen Gestattungsvertrag vom Forst, die Genehmigung der Naturschutzbehörden, das Einverständnis weiterer Grundstückseigentümer sowie – sobald Straßen außerorts benutzt und überquert werden – eine Erlaubnis des Straßenverkehrsamtes (Verkehrsbehördliche Anordnung). Das ist nicht nur mit dem entsprechenden zeitlichen Aufwand verbunden, da man das eine oder andere vor Ort nochmal anschauen muss, sondern auch oft mit nicht unerheblichen Kosten in vierstelliger Höhe. Letztlich steht und fällt es mit den handelnden Personen: Wenn jemand aus Prinzip dagegen ist, kommt man auch mit allen sachlichen Argumenten nicht weiter. So wurden uns beispielsweise schon Trails verwehrt, die komplett zugewachsen waren und von keinem Fußgänger begangen wurden und die wir erst freigeschnitten hätten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Biker, die nicht einsehen, dass Strecken nur zu einem Event legal befahrbar sind – und dann hinterher da munter weiter fahren oder sogar noch Sprünge et cetera einbauen. Und sich dann wundern, wenn Enduro-Rennen nicht mehr genehmigt werden …

Alle TrailTrophy-Rennen werden auf Sicht gefahren, beim 3Länder Enduro und in Paganella gibt es nur einen Tag eine offizielle Besichtigung. Sollte man nicht lieber ein Pflichttraining einführen, um die Gefahr für die Teilnehmer zu minimieren?

Nein, wir fahren mit dem Konzept sehr gut. Wir wollen eine Jedermann-Serie sein – und nicht jeder kann sich für alle Rennen Donnerstag und Freitag zusätzlich freinehmen. Für viele Teilnehmer ist es wichtiger, ein cooles Wochenende zu haben und am Abend mit Freunden am Lagerfeuer die Zeiten zu vergleichen. Wir versuchen schon beim Aufbau, Gefahrstellen gut zu signalisieren und mit Flatterband klar zu machen, wo es gleich langgeht. Alle Stages lassen sich blind fahren. Daraus resultieren häufig geringere Geschwindigkeiten und eine größere Aufmerksamkeit, was die Gefahr von schweren Verletzungen deutlich senkt. Natürlich können wir nicht verhindern, dass ambitionierte Racer, denen es um eine gute Platzierung geht, in der Vorwoche auf den Trails der jeweiligen Region unterwegs sind. Da wir eng mit den Tourismus-Behörden vor Ort zusammenarbeiten, freuen wir uns über jede Übernachtung, die unsere Teilnehmer in der Destination verbringen.

# #6 Atmosphäre am Lagerfeuer in Breitenbrunn paul masukowitz

Gibt es ansonsten 2018 irgendwelche Änderungen im Reglement der TrailTrophy?

Für die meisten TrailTrophy-Teilnehmer wird sich auch diese Saison nicht viel ändern. Die Klassen für die “normalen” Teilnehmer bleiben die gleichen wie letztes Jahr. Ab sofort stellen wir jedem frei, sich in einer jüngeren Klasse anzumelden – also zum Beispiel statt in der Masters Class in der Rider Class zu starten. Damit wollen wir den sportlichen Ehrgeiz der … Hasen wieder etwas wecken.
 Lediglich die Battle of Brands (BoB) Klasse, in der unsere Sponsoren letztes Jahr gestartet sind, wird es 2018 in der Form nicht mehr geben. Sie wird einer Ambassador-Class weichen, in der die Fahrer einzeln gewertet werden und (wie bei den anderen Klassen auch) als Dreier-Mannschaft in eine Teamwertung kommen.

Zudem wollen wir die Abläufe bei der Rennanmeldung etwas verbessern. Wir hatten letzte Saison teilweise sehr viele Ummeldungen. Diese mussten von Hand in den Startlisten geändert werden. Unser Zeitmess-Partner SPORTident wird für uns die Startplatzbörse etwas überarbeiten, sodass die Teilnehmer einfacher ihren Startplatz bei Bedarf auf einen Ersatzfahrer umschreiben können. Falls sie das selber nicht machen können oder wollen oder von uns einen Ersatzfahrer vermittelt bekommen, werden wir eine Ummeldepauschale erheben. 
Auch der Meldeschluss wird dieses Jahr bei allen Rennen eine Woche vor dem Event sein. Dann werden die Startlisten für die Zeitnahme exportiert und wir können Änderungen nur noch bei der Anmeldung vor Ort vornehmen.

Euer Fahrerfeld von rund 400 Teilnehmern ist oft ausgebucht. Warum vergrößert ihr es nicht?

Uns geht es im Wesentlichen darum, dass die Teilnehmer neben dem Aspekt “Rennen fahren auf Zeit” ein gelungenes Wochenende verbringen – im Mittelgebirge wie in den Alpen. Bei mehr als 400 Teilnehmern geht irgendwann die familiäre Atmosphäre verloren, die uns bisher auszeichnet. Auch die Dauer von Stages und der Gesamtablauf würden leiden, wenn wir höhere Zahlen nehmen würden. Letztlich geht es uns um die Gesamtqualität und nicht um möglichst viele Teilnehmer – auch wenn das am Ende natürlich den Verzicht auf einige Euros bei den Einnahmen bedeutet.

# Bei gutem Wetter und familiärem Ambiente entwickelt sich auch schnell mal ein spontanes Pumptrack-Rennen als Nebenveranstaltung. - Foto: Paul Masukowitz

Für Außenstehende ist der Aufwand hinter einem Enduro-Event oft nicht direkt erkennbar. Wie würdest du die Vorbereitung dafür knapp zusammenfassen?

Unabhängig von der Teilnehmerzahl bleibt der Aufwand der Gleiche. Natürlich dauert es allerdings länger, bis alle Racer die Stages gefahren sind. Der größte Aufwand steckt in der Planung und dem Aufbau: Stages müssen gescoutet werden, Genehmigungen eingeholt, die Strecke festgelegt werden – das nimmt in der Regel einige Wochen pro Event in Anspruch. Das Team reist meist schon am Montag vor dem Event an. Wir bauen mit fünf bis sechs Leuten die Stages in meist alpinem Gelände auf. Gerade oberhalb der Baumgrenze ist das alles andere als einfach. Durchschnittlich verbrauchen wir circa 5 km Flatterband, 70 Weidezaunstäbe und Holzpfosten sowie circa 200 Richtungspfeile, die alle auch wieder abgebaut werden müssen. Beim Rennen selbst müssen die Starter der Stages (wir nennen sie Gate Directors), Streckenposten und die Zeitnahme perfekt funktionieren und zur rechten Zeit am richtigen Ort sein. Nach der Veranstaltung geht es im Sommer meist direkt weiter an den nächsten Ort oder kurz nach Hause, um neues Material zu holen. Das kann mitunter schon sehr stressig sein – allerdings kann ich mich davon im Winter im Büro erholen.

# Im hochalpinen Bereich steht man beim Abflattern der Stages manchmal vor einer ziemlichen Herausforderung … - Foto: David Schultheiß

Wird es 2019 wieder neue Standorte und Events geben?

Das kann und will ich natürlich noch nicht verraten. Wir sind fast immer in Gesprächen mit neuen Destinationen. Für uns ist es vor allem wichtig, die Partnerschaft mit den bestehenden Orten auszubauen, frisch gebaute Trails zu nutzen oder Genehmigungen für Wanderwege zu bekommen. Wir hoffen natürlich immer, neue Events etablieren zu können. Unser Ziel ist sicher der Ausbau der TrailGames und wir würden gerne nächstes Jahr neben der TrailTrophy mit einer Enduro-Serie auf europäischem Niveau durchstarten.

Der Enduro-Sport ist zwar noch jung, in den letzten Jahren ging es jedoch ziemlich auf und ab. Wo siehst Du die Zukunft des Enduro-Racing in Deutschland und Europa?

Nach dem Ende der EES und SSES scheint nun langsam wieder Leben in den europäischen “Enduro-Markt” zu kommen. Bereits die letzten Jahre gab es viele neue, spannende Formate, bei denen es nicht nur um den klassischen Leistungsgedanken ging. Events wie das Enduro2, Enduro Jura oder die Trans Provence legen wieder mehr Wert auf das Mountainbiken, die Natur und den Spaß am Trails fahren. 
Als ich damals (die Idee stammt ja aus 2008) die TrailTrophy gegründet habe, ging es mir darum, ein cooles Wochenende mit Freunden und Bikes in den Bergen zu organisieren – dieser “Spirit of Enduro” macht den Sport zu etwas Einzigartigem. Auch heute noch legen wir Wert darauf, dass unsere Veranstaltungen nicht nur von Profi-Teams besucht werden, sondern ihren Jedermann-Charakter bewahren.

Auf der anderen Seite treibt die EWS die Professionalisierung immer stärker voran. Mit ihren Qualifier-Events und der Continental-Serie schafft sie es, aus MTB-Enduro einen ernsthaften Rennsport zu machen, der Athleten die Chance gibt, innerhalb des Verbands (EMBA) Punkte zu sammeln und sich für höhere Events zu qualifizieren. Grundsätzlich sehe ich es so, dass das Angebot an Enduro-Rennen von Jahr zu Jahr noch wächst und immer vielseitiger wird. Gerade mit dem Blick auf den deutschen Markt lässt es mich hoffen, dass Tourismusregionen stärker erkennen, welches Potenzial die Zielgruppe für den Tourismus bietet. Denn die Veranstaltungen strahlen auf die gesamte Saison einer Region aus und sorgen auch dafür, dass Biker mehrfach im Jahr in diese Regionen fahren.

# #5 In einer Stage der TT Latsch Schultheiss

Die Marketingbudgets der Bike-Industrie werden immer stärker aus dem Enduro in den E-Bike-Markt verlagert. Spürt Ihr als Rennserie das auch? Wird es bald eine E-TrailTrophy geben?

Ganz klar: Ohne Sponsoren ist eine solche Serie wie die TrailTrophy nicht machbar! Wir sind natürlich sehr froh, dass unsere Sponsoren uns meist viele Jahre treu bleiben und einige fast von Beginn an dabei sind. Mit Bike-Components ist über die Jahre die Partnerschaft gewachsen, bis sie letztes Jahr dann sogar das Titelsponsoring übernommen haben. Andere Marken wie Fox, Evoc, e*thirteen oder Sixsixone halten uns seit etlichen Jahren die Treue. Andere, wie Hauptsponsor Santa Cruz, sehen nach wie vor viel Potenzial in unserer Zielgruppe.

Insofern spüren wir eine Verlagerung in den eMTB-Sektor bisher noch nicht so stark. Wir selber diskutieren das Thema eMTB immer wieder – haben uns aber für die TrailTrophy klar dagegen entschieden. Es ist aus unserer Sicht nicht damit getan, einfach nur eine eMTB-Klasse auszurufen und die gleichen Strecken mit einem E-Bike zu fahren. Wenn wir eine eMTB-Veranstaltung angehen, dann soll das absolut stimmig sein, denn die Anforderungen sind für uns einfach anders: Die Wertungsprüfungen müssen anders angelegt sein und die Möglichkeiten, die das eMTB bietet, wollen genutzt werden. Akkuleistung und Reichweite werden plötzlich zu einer limitierenden Größe und das Bereitstellen von Ladeports in großem Umfang stellt eine zusätzliche Anforderung. Klassisches auf Zeit fahren macht für uns erst Sinn, wenn die Industrie eine effektive Lösung gegen Tuning gefunden hat, denn technische Abnahmen und ständige Kontrollen zerstören für uns den Spirit. Dennoch: Für uns ist E-Biken ein wichtiges Thema, dem wir uns in absehbarer Zeit auch mit einem eigenständigen Veranstaltungskonzept widmen wollen.

Du hast dazu beigetragen, den Trailpark- oder TrailCenter-Gedanken in Deutschland zu postitulieren und auch umzusetzen. Wie kommt es, dass es nicht bereits mehr Parks mit diesem Konzept gibt?

Der Grund liegt meiner Meinung nach darin, dass es immer Entscheidungsträger geben muss, die diesen Gedanken, beziehungsweise das Konzept für ihre Region als schlüssig und erfolgversprechend ansehen, das Konzept aufgreifen und sich dafür einsetzen. Außerdem sich dafür stark machen, dass auch die Fläche dafür zur Verfügung steht. Dann müssen viele Beteiligte zustimmen und oft hat immer irgendwer noch Einwände. Vielfach wird das Konzept oberflächlich wie ein Bikepark behandelt, der dann schnell Ablehnung erfährt … dabei will ein TrailCenter oder TrailGround in weiten Teilen eine ganz andere Zielgruppe ansprechen, da jeder Meter der Strecke selbst “erfahren” werden muss.

# Trailcenter, wie hier in Rabenberg, sind in Deutschland immer noch eher rar gesät. - Foto: Paul Masukowitz

Wenn du dir aussuchen könntest, wo ein TrailCenter gebaut werden könnte – welche drei Regionen würdest du sinnvollerweise wählen?

Da es in den Alpen ja oft genug Trails gibt und ich ein Herz für Mittelgebirge habe: In der Eifel, im Odenwald/Spessart und im Harz.

Was ist die größte Herausforderung bei der Organisation eines Enduro-Rennens?

Hm, ganz schwierig, das auf nur einen Punkt konzentrieren. Darf ich zwei nennen? Das eine ist, das Wetter und die Entwicklung in den Bergen abzuschätzen – und ob man dann eine Stage bei kritischer Witterung wirklich durchziehen kann. Das andere ist der Zeitablauf: Wann eine Stage öffnet und wie lange die Teilnehmer dann wirklich für die gesamte Runde brauchen. Das kann man oft nur schätzen, zumal wir die Trailabfolge auch an etablierten Standorten von Jahr zu Jahr meist ändern.

# #11 Angelegter Trail im Trailcenter Rabenberg masukowitz

Wie lang im Vorfeld wird so ein Event geplant?

Hier gilt die Phrase: “Nach dem Event ist vor dem Event”. Oft machen wir ein kurzes Fazit-Gespräch ein bis zwei Tage nach dem Event. Schon frühzeitig geht’s um Termine für das Folgejahr. Alle weiteren Planungen bezüglich Streckenanträge et cetera haben einen Vorlauf von mindestens sechs Monaten. Danach greift ein bestimmter Plan mit verschiedenen Stufen der Vorbereitung.

Vielen Dank für das Interview!

Mehr Informationen: www.trailtrophy.eu

 

Habt ihr schonmal an einem TrailTrophy-Rennen teilgenommen oder seid ihr in diesem Jahr mit dabei?

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